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Vortrag

Grundprinzip Vielfalt: Löwenstein erwartet Umstellung der Produktionssysteme

Bei der Wintertagung von Bioland NRW versuchte Felix Prinz zu Löwenstein die Dramatik des Insekten- und Vogelrückgangs zu verdeutlichen. Die Ökosysteme seien vielerorts völlig zerstört, was den zunehmenden Spritzmitteleinsatz erkläre. Er verstehe nicht, warum Ministerin Klöckner dies nicht anerkenne und stattdessen schon wieder ein Monitoring vorschlage.

Lesezeit: 4 Minuten

Die Haltung von Bundesagrarministerin Julia Klöckner zum Thema Artenschwund macht Dr. Felix Prinz zu Löwenstein, den Vorsitzenden des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) ratlos. Für ihn sei es nicht nachvollziehbar, dass die CDU-Politikerin nach der jüngsten Insektenkonferenz im Ministerium erneut ein Monitoring und Studien zum Insektensterben fordere, anstatt die laut Löwenstein „seit Jahrzehnten vorliegenden alarmierenden Beweise“ anzuerkennen.

In seinem Vortrag bei der Wintertagung des nordrhein-westfälischen Biolandverbandes am Montag am Möhnesee (Kreis Soest) untermauerte der Ökolandwirt seine Kritik mit früheren und aktuellen Studien. So habe die Uni Kiel bereits 1981 durch eine Zählung von Laufkäfern auf dem Feld deren massiven Rückgang nachweisen können. Und auch die aktuelle Metastudie des Thüneninstituts (Ausgabe 65) belege die Dringlichkeit: „Uns brennt die Hose, der Rückgang ist wirklich dramatisch“, warnte er und berichtete von seinem 160 ha großen Hof, wo er 2018 kaum noch Singvögel in den Beerensträuchern sah. Als „absurd“, „unlogisch“ und „methodisch falsch“ wertete er dagegen die aktuelle Studie der Uni Göttingen um Prof. Qaim.

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Argumente wie hohe Katzenpopulationen, den Verkehr oder eine Lichtverschmutzung hält der Hesse für Ausreden. Verantwortlich sei die Landwirtschaft mit ihren Pestiziden, aber auch mit vielen weiteren Aspekten, wie Strukturarmut und rauen Bewirtschaftungsmethoden, die zum Rückgang von Vögeln und Insekten beigetragen habe.

Ökosysteme brechen zusammen

Besonders ärgert Löwenstein der seiner Kenntnis nach zunehmende Absatz von Pflanzenschutzmitteln. „Wir haben doch schon seit Jahrzehnten alles niedergemacht, der PSM-Einsatz müsste doch sinken, auch weil die Mittel wirksamer werden und es heute Ökolandbau gibt. Stattdessen steigen die Absatzzahlen“, zeigte der BÖLW-Vorsitzende anhand einer Grafik.

Grund ist seiner Meinung nach der Zusammenbruch von Ökosystemen. „Insektizide wirken nicht mehr, Resistenzen nehmen zu. Und das Überhandnehmen einiger Organismen hat damit zu tun, dass die Konkurrenten weg sind, das verstehen nur viele nicht.“ Seine Berufskollegen warnte er aber, auch Biobauern dürften sich nicht zurücklehnen. Jeder müsse auf seinem Betrieb für den Erhalt des vorhandenen Zusammenspiels aller Faktoren im Ökosystem sorgen. „Die schlechtesten Biobetriebe sichern weniger Kohlenstoff im Boden als die besten konventionellen Bauern“, sagte Löwenstein und machte deutlich, dass es auch Biobauern gibt, die immer mehr (ökol. zugel. Mittel) spritzen müssten, da auch ihr Ökosystem aus den Fugen geraten sei. „Wir dürfen uns nicht als Alleskönner darstellen“, mahnte er. Selbstverständlich habe auch Bio nicht alle Probleme gelöst. „Es gibt Höfe, die es gut machen und von denen müssen wir lernen.“

Die Lösung

Als Ziel einer nachhaltigen, ökologischen Landwirtschaft definierte Löwenstein, dass die Bauern möglichst wenig eingreifen müssten, der Ackerbau in einem intakten Ökosystem müsse selbständig funktionieren. „Eine Fülle von Arten hat große Vorteile für die Landwirtschaft, wir müssen den Weg hin zu stabilen Systemen finden“, erklärte er und verwies auf erfolgreiche Beispiele aus dem Urwald Brasiliens. Es sei aber extrem schwierig, einmal zerstörte Ökosysteme wieder aufzubauen und die verlorenen Arten zurückzugewinnen.

Auf die Frage aus dem Saal, wie man denn Gehör finden soll, empfahl Löwenstein die Mitarbeit in der Kommunalpolitik und die Unterstützung von Abgeordneten auf Kreisebene. Diese würden die aus der Praxis aufgenommenen Argumente multiplizieren.

Wichtig sei bei allem, Veränderungen gemeinsam mit den konventionellen Kollegen anzugehen, es gehe nicht gegeneinander. „Viele konventionelle Betriebe stecken in einer Klemme. Wer einen neuen Stall gebaut hat, wird auf seinem Betrieb nichts verändern, solange der noch nicht abgezahlt ist. Viele Kollegen fühlen sich dann von unseren Vorschlägen direkt persönlich angegriffen, sie sprechen von Berufsehre und moralischer Ehre“, schilderte Löwenstein, der auch im hessischen Bauernverband nach eigener Aussage oft das Gespräch sucht.

Sein Rat: Die konventionellen Bauern sollten aus dieser Sicht raus und offen über ihre Probleme und Lösungen reden. „Am Anfang sollten wir zusammen über Dinge sprechen, die für Biobauern genauso ein Problem sind wie für die anderen, z.B. weiter ansteigende Schleppergewichte oder Nährstoffkreisläufe, die auch bei uns Biobauern nicht geschlossen sind.“ Er rief die Zuhörer auf, die konventionellen Kollegen mitzunehmen, schließlich seien das auch die Biobauern von morgen.

Der Frage aus dem Publikum, wie die zunehmenden Leistungen der Bauern über den Marktpreis finanziert werden sollen, wich Löwenstein aus. Er sieht aber auf die Höfe große Umstellungsprozesse zukommen. So müsse man sich von bisherigen Produktionssystemen trennen, wenn es z.B. dauerhaft Starkregenereignisse gibt. Die staatliche Förderung müsse dementsprechend angepasst werden. Große Hoffnungen setzt er auch in die Digitalisierung, die schwere Maschinen in kleinere Einheiten aufspaltet.

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