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Tiere als Mitarbeiter: „Jeden Tag ein Resümee ziehen“

Coaching für Mensch und Tier: Meike Böhm berät Tierhalter und optimiert ihre Betriebsabläufe.

Lesezeit: 5 Minuten

Diese Interview ist zuerst erschienen im bioland-Fachmagazin für ökologischen Landbau 06/2020

Mit dem neutralen Blick eines Mensch-Tier-Coachs hilft Tierkommunikatorin Meike Böhm, die Kommunikation im gesamten Betriebsablauf zu verbessern. So gehen mehr Tierwohl, verbesserte Abläufe und bessere betriebswirtschaftliche Ergebnisse Hand in Hand. Brigitte Stein hat mit ihr gesprochen:

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bioland-Fachmagazin: Landläufig gilt, dass eine profitable, landwirtschaftliche Nutztierhaltung und Tierwohl einander ausschließen. Sie versprechen auf Ihrer Homepage, beides miteinander zu vereinen. Wie kann es gelingen?

Meike Böhm: Dass Tierwohl und Profitabilität im Widerspruch stehen, ist ein Irrtum. Ich nutze Methoden der Mitarbeiterführung, die in vielen Unternehmen erfolgreich sind. Zugleich verändere ich die Perspektive auf die Rolle der Nutztiere. Denn sie sind ja eigentlich die wesentlichen Mitarbeiter im landwirtschaftlichen Betrieb. Fragt man Mitarbeiter in Bürokonzernen, betonen sie regelmäßig, dass Geld und freie Zeit sie weniger stark motivieren als Anerkennung. Richtig zu motivieren, ist die zentrale Führungsaufgabe.

Diese Erkenntnis übertragen Sie auf den Bauernhof?

Böhm: Jeder Landwirt muss sich als Führungspersönlichkeit begreifen, der alle seine Mitarbeiter, also auch die Tiere, mit Anerkennung motivieren kann. Das liegt im Interesse des Betriebs. Es lohnt sich, jeden Tag ein Resümee zu ziehen über die Leistung der Tiere. Damit verändert sich die Haltung, mit denen Landwirte ihren Tieren begegnen.

Wozu?

Böhm: Wenn die Tiere motiviert mitarbeiten, gehen viele Betriebsabläufe leichter vonstatten und die Tiere sind gesünder. Beispielsweise gibt es Betriebe, da stimmt vordergründig alles, die Hygiene ist vorbildlich. Trotzdem haben die Tiere immer wieder Euterentzündung. Die Behandlung ist aufwendig und teuer. Was ist los? Gesunde Kühe bekommen in solchen Betrieben in der Regel nur wenig Aufmerksamkeit – fühlen sich zu wenig beachtet. Die Tiere müssen aber lernen, dass es eine gute Sache ist, gesund zu bleiben. Dabei helfen nachvollziehbare Übungen, den gesunden Tieren ein Lob zukommen zu lassen. Jedes Lebewesen, das sich nicht verstanden fühlt, hat Stress und Stress mindert die Leistung oder macht sogar krank.

Zeigt sich das wirklich in der Leistung?

Böhm: Eine britische Studie hat in 500 Milchviehbetrieben ermittelt, dass es sich lohnt, seine Tiere freundlich mit Namen anzusprechen. Sie gaben 258 Liter mehr Milch im Jahr. Die Wissenschaftler schlossen daraus, dass die Kühe diese Aufmerksamkeit als Anerkennung empfanden. Wer Nutztiere hält, sollte nicht vergessen: Die Tiere geben jeden Tag alles, was sie haben.

Oft sind auch die baulichen Voraussetzungen nicht optimal. Dann ist Stress mit den Tieren programmiert.

Böhm: Gerade dann sollte der Bauer darauf setzen, dass die Tiere mitarbeiten. Wenn man beispielsweise einen logischen und friedlichen Ablauf am Melkstand plant und das den Tieren klar kommuniziert, dann kann man dort Nerven und Zeit sparen. Eine klare Ansage vor dem Melken schafft Ruhe. Jeder kennt die Situation, dass ausgerechnet dann besonders viele Kühe in den Melkstand koten, wenn man besonders wenig Zeit fürs Melken hat und ohnehin angespannt ist. Die Tiere beobachten uns genau und wissen, wenn etwas nicht stimmt. Wichtige Voraussetzung für ruhige Abläufe ist immer, dass die Führungsperson einen klaren Plan hat und ihn den Mitarbeitern, Tieren wie Menschen, geduldig und rechtzeitig mitteilt. Das reduziert Stress.

Reden hilft im Umgang mit Kühen?

Böhm: Alle reden sowieso mit den Tieren. Und alle Landwirte lieben ihre Tiere, darum sollten sie auch freundlich mit ihnen kommunizieren. Und niemand sollte vergessen: Kühe sind Frauen! Geben Sie ihnen schöne Namen, die Sie gerne aussprechen!

Schweine bekommen ja keine Namen, hilft im Schweinestall auch reden?

Böhm: In manchen Situationen hilft es, zum Beispiel wenn Schweine umgestallt werden. Die Tiere gehen dann stressfrei. Bei problematischen Verhaltensweisen findet man immer Lösungen, wenn man sich in die Tiere hineinversetzt. Ein Schweinemäster hat beispielsweise das Schwanzbeißen in den Griff bekommen, indem er keine Tiere mehr zusammenpfercht, die sich aus irgendwelchen Gründen nicht riechen mögen. Er gibt jetzt den Tieren beim Einstallen Zeit, sich ihre Gruppen selbst zu organisieren. Erst wenn alle entspannt sind, schließt er die Boxen. Die Gruppen bleiben bis zum Ausstallen harmonisch und gesund. Dadurch spart der Mäster letztlich viel Zeit und Geld und erspart den Tieren Leid.

Aber es gibt doch Abläufe auf dem Hof, da geht es nur mit energischem Druck – beim Klauenschneiden zum Beispiel.

Böhm: Diese Maßnahme ist eines der klassischen Missverständnisse zwischen Mensch und Tier! Das ist doch Körperpflege und dient der Kuh, die ja noch lange gut zu Fuß sein soll. Geht man mit dieser Haltung an die Aufgabe heran und nimmt sich anfangs Zeit, bespricht mit den Kühen das Ziel, dann klappt der Ablauf auf die Dauer viel leichter und stressfreier. Die Tiere verstehen sicher nicht jedes Wort, aber sie sammeln Erfahrungen und nehmen intensiv die Atmosphäre wahr. Im Übrigen strahlt es positiv zurück in die Familie und in den Kreis der menschlichen Mitarbeiter, wenn der Stress im Umgang mit den Tieren abnimmt.

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