Die immer neuen Verordnungen und Bestimmungen der Gesetzgeber zum Lebensmittelrecht sind „Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für Juristen“. Diese Einschätzung, die ein Referent kürzlich auf dem 26. Lebensmittelrechtstag in Detmold wiedergab, brachte es laut der Arbeitsgemeinschaft Getreideforschung (AGF) auf den Punkt.
Was die Lebensmittelsicherheit in Deutschland angehe, bestünden „Luxusprobleme“. Bestätigt wird dies der AGF zufolge durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Diese beziffere die jährlichen Todesfälle durch Krankheiten, die durch den Verzehr kontaminierter Lebensmittel übertragen worden seien, also durch „foodborne diseases“ (FBD), auf weltweit insgesamt rund 420 000. In Europa seien es ganze 5 000; mehr als fünf Mal so viele Menschen würden hingegen jährlich bei Verkehrsunfällen sterben. In Deutschland habe es 2015 keinen einzigen aktenkundigen Todesfall aufgrund von FBD gegeben; im Jahr 2016 seien es ganze vier gewesen. Die Tendenz sei stark schwankend, so die AGF.
Mit Blick auf die Kennzeichnungsvorschriften erklärte die Arbeitsgemeinschaft, dass Ehrlichkeit auf Lebensmittelverpackungen eher im Kleingedruckten der Zutatenliste herrsche als auf der „Vorderseiten-Idylle“. Und um klarzustellen, was in der Lebensmittelindustrie legal sei und was nicht, „steht „eine Armee von Juristen auf dem schmalen Grat zwischen Recht und Unrecht bereit, um Produzenten und Konsumenten voreinander zu schützen“.
Zu den FBD zählen durch Parasiten in Lebensmitteln verursachte Erkrankungen, Infektionen durch Mikroorganismen, die Giftstoffe im Magen-Darm-Trakt freisetzen, sowie Erkrankungen aufgrund des Verzehrs von Lebensmitteln, die natürliche Toxine enthalten. Der bisher in der Bundesrepublik schwerwiegendste Fall von Infektionen durch verunreinigte Lebensmittel datiert aus dem Jahr 2011. Die Ursache waren Enterohämorrhagische-Escherichia-coli-(EHEC)-Bakterien.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und das Robert-Koch-Institut (RKI) ermittelten verunreinigte Biosprossensamen aus Ägypten als Infektionsquelle. Bei der EHEC-Epidemie starben 53 Menschen und rund 4 000 erkrankten, mehr als 800 davon schwer.