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Impfen: Was bringt das?

Lesezeit: 6 Minuten

top agrar startet eine Serie zum Thema „Impfen“. Im ersten Teil erklärt Prof. Dr. Kerstin Müller von der FU Berlin, wie Landwirte Impfungen richtig einsetzen und damit Antibiotika sparen können.


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Welche Rolle können Impfungen in der aktuellen Debatte um mehr Tierschutz in der Rinderhaltung spielen?


Müller: Das Tierschutzgesetzt besagt, dass ein Tier so gehalten werden muss, dass es frei von Schmerzen, Verletzungen und Krankheiten ist. Impfen ist für mich angewandter Tierschutz, ähnlich wie z.B. die Klauenpflege. Es hilft Krankheiten zu vermeiden oder ihren Verlauf zu mildern.


In welchen Fällen sind Impfungen eine sinnvolle Prophylaxemaßnahme?


Müller: Erstens spielen Impfungen eine große Rolle im Schutz für neugeborene Kälber. Ich kann mir keinen Betrieb vorstellen, in dem die sogenannte Mutterschutzimpfung keine sinnvolle Maßnahme ist. Dabei werden die Muttertiere gegen Durchfallerreger geimpft und geben die Antikörper über die Biestmilch an ihre Kälber weiter.


Hinzu kommt die Impfung gegen Atemwegserkrankungen bei Neugeborenen. Viren schädigen die erste Abwehrlinie des Atmungstraktes, sie machen ihn sozusagen löcherig. Damit haben Bakterien leichteres Spiel. Sie verändern die Bedingungen in der Lunge, wodurch sich ungewollte Bakterien gegen gute Bakterien durchsetzen können. Atemwegsimpfungen schützen vor dem Ausbruch der Virusinfektion und beugen so diesem Krankheitsverlauf vor.


Wann sind Impfungen auch bei älteren Rindern wichtig?


Müller: Ich denke, dass eine Impfung immer Sinn macht, wenn das betriebliche Risiko einer Erregereinschleppung erhöht ist. Das gilt zum Beispiel für Zukaufbetriebe wie Kälber- oder Bullenmäster, weil dort Tiere aus vielen verschiedenen Betrieben zusammenkommen. Generell gilt außerdem, dass das Risiko für die schnelle Ausbreitung einer Krankheit mit der Herdengröße steigt. Dort gibt es z.B. mehr Kälber im gleichen Alter, die die Krankheit untereinander weitergeben.


Risikobetriebe sind aber auch solche mit Tierkontakten zu anderen Beständen. Das ist z.B. in der Alpung der Fall, wo Tiere aus verschiedenen Herkunftsbetrieben auf einer Weide laufen. Oder bei Züchttieren, die auf Schauen Kontakt zu anderen Rindern haben.


Bei den letzten Tierseuchengeschehen fiel auch auf, dass rinderhaltende Betriebe mit einem Viehhändler in der Nachbarschaft oder Nähe zu einer frequentierten Viehtransportroute gefährdeter für die Einschleppung einer Krankheit sind. Deshalb machen auch dort Impfungen Sinn. Außerdem sind Impfungen bei einer bekannten Krankheit im Bestand wichtig. Wenn der Betrieb z.B. regelmäßig Probleme mit Clostridieninfektionen hat, sollte er seine Herde gegen Clostridien impfen.


Welchen Effekt haben Impfungen bei der Bekämpfung von Tierseuchen?


Müller: In Gebieten mit drohenden Tierseuchen sind Impfungen sehr sinnvoll. Das ist gerade zum Beispiel in Süddeutschland der Fall: In Frankreich breitet sich die Blauzungenkrankheit weiter aus. Die Tierseuchenkasse in Baden-Württemberg unterstützt die freiwillige Impfung gegen das Virus. Eine effektive Maßnahme, denn die Betriebe schützen mit der Impfung nicht nur ihren eigenen Bestand. Sie bilden auch eine Art „Impfwall“ für die Krankheit und können so verhindern, dass sie nach Deutschland eingeschleppt wird.


Können Impfungen eine Alternative zur Behandlung mit Antibiotika sein?


Müller: Wenn ein Tier krank ist, also nachgewiesen eine infektiöse Erkrankung hat, sind auch weiterhin Antibiotika notwendig.


Aber mit Impfungen lassen sich auf jeden Fall Antibiotika sparen, denn im Idealfall verhindert die Impfung, dass eine Krankheit überhaupt ausbricht. Gleichzeitig kann sie auch ihren Verlauf abschwächen, wodurch die Krankheit nicht so heftig auftritt und weniger Tiere erkranken und behandelt werden müssen.


Welchen Vorteil hat das Impfen gegenüber der Behandlung des Tieres?


Müller: Einerseits wird durch die Impfung von vornherein die Immunität des Tieres gestärkt. Krankheitserreger, die zum Beispiel durch zugekaufte Tiere in die Herde eingeschleppt werden, können sich dann nicht so stark vermehren. Einige Tiere der Herde erkranken durch die Immunisierung nicht, bei anderen tritt die Krankheit nur in abgeschwächter Form auf. Das ist in jedem Fall besser als eine Behandlung, da die Tiere durch die vorbeugende Maßnahme gar nicht erst geschwächt werden.


Außerdem helfen Antibiotika nicht gegen Krankheiten, die von Viren ausgelöst wurden. Sie können nur die Bakterien bekämpfen, die sich als Folge der Viruserkrankung und des geschwächten Immunsystems ansiedeln.


Wovon hängt der Erfolg einer Impfung in der Milchkuhherde ab?


Müller: Damit eine Impfung wirken kann, müssen viele Bedingungen erfüllt sein. Erstens muss der Hoftierarzt den Impfstoff abhängig von dem diagnostizierten Erreger und dem Krankheitsgeschehen im Betrieb auswählen.


Zweitens muss der Impfling körperlich in der Lage sein, eine Immunantwort zu entwickeln. Das ist zum Beispiel bei einem mageren oder vorher schon kranken Kalb nicht der Fall.


Gleichzeitig sollte natürlich das Management im Betrieb zu dem jeweiligen Impfstoff passen. Bei einer Mutterschutzimpfung beispielsweise nehmen die Kälber die Antikörper über die Biestmilch auf. Die Impfung funktioniert also nur, wenn die Kälber auch früh genug und ausreichend Biestmilch erhalten. Was Sie auch bedenken sollten: Eine Impfung bekämpft keine Hygienedefizite im Stall. Die Erreger von Neugeborenendurchfall nehmen Kälber z.B. im Abkalbestall oder der Kälberbox auf. Mit regelmäßiger Reinigung, Desinfektion und sauberem Stroh müssen Landwirte den Infektionsdruck dort niedrig halten, sonst hilft auch keine Impfung.


Der Erfolg einer Maßnahme hängt aber auch von den persönlichen Erwartungen des Landwirts ab. Deshalb muss eine Impfmaßnahme auf den Betrieb zugeschnitten sein und zu seiner Philosophie passen. Mit einer Kosten-Nutzen-Rechnung kann der Betriebsleiter entscheiden, ob eine Impfmaßnahme für ihn sinnvoll ist.


Wie äußert sich der Erfolg einer Impfung in der Herde?


Müller: Wenn die Impfung vorschriftsmäßig gelaufen ist, werden Krankheits- und Sterblichkeitsrate sowie Medikamentenkosten spürbar sinken. Das heißt nicht, dass nie ein Krankheitseinbruch möglich ist. Aber insgesamt sind die Tiere durch den besseren Antikörperspiegel gesünder. Geimpfte Kälber haben z.B. bessere Zunahmen und Schlachtkörperqualitäten. Durch das gestärkte Immunsystem sind sie weniger anfällig für andere Erkrankungen.


Am einfachsten fallen Impferfolge natürlich auf, wenn der Betrieb kranke Tiere dokumentiert. Nur in Zahlen werden Erfolge richtig sichtbar. Aber auch Misserfolge zeigen sich und Sie können gegensteuern. Zugleich kann der Betriebsleiter so errechnen, was er durch die Impfmaßnahme einspart.


Neben den Medikamenten kostet ein krankes Tier viele Arbeitsstunden, die ebenfalls in die Rechnung einfließen sollten. Hinzu kommen z.B. Kosten für eine verlängerte Aufzuchtdauer der Jungtiere. Wenn ein Betrieb Impfungen konsequent durchführt, wird sich das auch bezahlt machen. Kontakt: katharina.luetke-holz@topagrar.com

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