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topplus Die faire Milch

Faire Milch des BDM in finanzieller Schieflage

Nur mit einem Kunstgriff und dem Zuschuss von 1,8 Mio. € ist es dem BDM gelungen, „Die faire Milch“ vor der Überschuldung zu retten.

Lesezeit: 5 Minuten

Die Zahlen sind ernüchternd und erschreckend zugleich: Der Jahresabschluss 2017 der DFM Vermarktungs GmbH, die den Geschäftsbetrieb von „Die faire Milch“ des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM) hat, ist tiefrot. Die Verbindlichkeiten liegen bei 2,15 Mio. €, der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag bei 1,34 Mio. €.

Überschuldung mit Trick abgewendet

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Besonders pikant: Die Verbindlichkeiten der DFM Vermarktungs GmbH gegenüber dem BDM sind im Jahr 2017 auf 1,8 Mio. € gestiegen. Im Vorjahr 2016 waren es noch 400.000 €, geht aus den Jahresabschlüssen im Bundesanzeiger hervor.

Dort ist auch schriftlich festgehalten, dass die Verantwortlichen die DFM nur über einen Kunstgriff, der gesetzlich erlaubt ist, vor der Überschuldung gerettet haben: „Zur Vermeidung/Beseitigung einer Überschuldung der Gesellschaft wurde eine Rangrücktrittsversicherung i.S.d. §39 Abs. 1 Nr. 5 InsO getroffen. Der Gläubiger verpflichtet sich darin, seine nachrangigen Forderungen gegenüber der Gesellschaft nur aus zukünftigen Gewinnen, aus einem Liquidationsüberschuss oder aus sonstigem freien Vermögen zu verlangen und nur wenn und soweit die Gesellschaft nicht mehr überschuldet ist und durch Erfüllung des Anspruchs keine Überschuldung im Sinne des § 19 InsO eintritt.“ Im Klartext heißt das: Hätte der BDM das Geld nicht zugeschustert und auf die Rückzahlung verzichtet, wäre die DFM pleite.

In einer schriftlichen Antwort vom 1. Februar 2019, wo der Jahresabschluss 2017 noch nicht veröffentlicht war, gibt Michael Braun von „Die faire Milch“ an: „Die Entwicklung und der Aufbau einer Marke sind mit erheblichen finanziellen Mitteln verbunden. Alle Verbindlichkeiten sind solide abgesichert. Von einer Überschuldung kann keine Rede sein.“ In einer weiteren Antwort vom 11. Februar 2019, als der Jahresabschluss 2017 öffentlich war, will Braun keine Aussagen zu den Zahlen machen. Ein persönliches Gespräch oder Telefonat lehnt er strikt ab. Auch der BDM-Vorsitzende Stefan Mann hat die top agrar-Anfrage dazu bisher nicht beantwortet.

Einige Milchbauern in Hessen unzufrieden

Neben der finanziellen Schieflage hat „Die faire Milch“ auch mit einigen unzufriedenen Lieferanten zu kämpfen. Die MEG Nordhessen und die DFM haben ihre Lieferbeziehung zum 31.12.2018 beendet. Einzelne Milcherzeuger geben gegenüber top agrar an, dass sie mit dem Auszahlungspreis unzufrieden waren. Auf Nachfrage antwortet Michael Braun, dass die DFM in Hessen den dortigen Durchschnittspreis gezahlt habe. In Nordrhein-Westfalen habe die DFM die Milch über die Berliner Milcheinfuhrgesellschaft B.M.G. bezogen und den B.M.G.-Preis bezahlt. Die B.M.G. ist im März 2018 insolvent gegangen. Der ursprüngliche Antritt von „Die faire Milch“ war ein Auszahlungspreis von 40 ct/kg.

Verbrauchertäuschung?

Daneben stört Milcherzeuger, dass die Verbraucher bei „Die faire Milch“ zumindest irritiert, wenn nicht sogar getäuscht werden. Denn sie können nicht eindeutig nachvollziehen, wo die Milch herkommt. Auf der Internetseite von „Die faire Milch“ sind zwar Milchviehbetriebe aufgeführt, allerdings fließt deren Milch nicht zwangsläufig in die Produkte der fairen Milch. Michael Braun gibt an, dass die DFM jetzt mit Partnermolkereien zusammenarbeite, deren Lieferanten die Milch zu den von der DFM geforderten Kriterien produzieren. Auf die top agrar-Nachfrage, wie das mit dem Versprechen des Werbevideos von „Die faire Milch“ zusammenpasse, dass die Marke für Verlässlichkeit und Transparenz stehe, die Landwirte auf der Homepage aufgeführt seien und die Kunden also genau wüssten, wo die Milch herkommt, antwortet Michael Braun am 11. Februar 2019: „Der Werbefilm wurde 2017 erstellt und wird zurzeit aktualisiert an die neuen Vorgaben.“

Geschichte von „Die faire Milch“

„Die faire Milch“ ist eine Marke des European Milk Board (EMB). Für Deutschland hat der BDM die Lizenz. 2010 erfolgte die Markteinführung in Deutschland. Der Vermarkter MVS war mit dem Geschäftsbetrieb und dem Inverkehrbringen beauftragt. Die Marke wurde in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und NRW eingeführt. 2012 wurde der MVS der Auftrag entzogen und der DFM Vermarktungs GmbH übertragen. Die DFM ist eine 100 %-Tochter des BDM. Sie führt die Geschäfte bis heute. 2013 erfolgte der Umstieg von einem Lieferanten auf ein Mehrwertsystem mit Programmteilnehmern und einer Anpassung der Teilnahmekriterien. Die Programmteilnehmer sind in der Fair Food e.G. organisiert.

2010 startete die Milchmarke „Die faire Milch“ mit Milchbauern, die ihre Milch an die MVS lieferten. Diese Milch wurde aber nur zum Teil über diese Marke vermarktet. Nur für diesen Teil wurden 40 Cent/kg bezahlt. Der Rest wurde über Molkereien herkömmlich vermarktet. Nur aktive Lieferanten konnten von der fairen Milch finanziell profitieren. Landwirte, die teilnehmen wollten, aber außerhalb des Einzugsgebietes der Milchsammelwagen oder in Bundesländern waren, in denen keine Milch verarbeitet wurde, hatten keine Chance auf eine Teilnahme.

Mit der Vermarktung von „Die faire Milch“ ab 2013 durch die DFM Vermarktungs GmbH wurde umgestellt auf ein Mehrwertsystem mit Programmteilnehmern. Nun können alle Milchbauern die die Kriterien von „Die faire Milch“ erfüllen am Programm teilnehmen, ohne ihre Molkerei wechseln zu müssen. Die Lieferanten bekommen den vertraglich vereinbarten Milchpreis, der sich in der Regel an dem der umliegenden Molkereien orientierte.

Der mit der fairen Milch erzielte Mehrwert fließt in einen Pool und wird an alle Programmteilnehmer verteilt.

Ende 2018 gab es etwa 70 Programmteilnehmer. Molkereien in Hessen und Nordrhein-Westfalen verarbeiten die Milch zu H-Milch, laktosefreie Milch, Vollmilch und Kakao. Über die Milch- und Absatzmengen macht die DFM keine Aussagen.

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