Kühe fressen durch das Gewicht und die Dauerbeschallung von Kuhglocken angeblich weniger. Forscher der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) wollen herausgefunden haben, dass die Glocken für das Vieh ein wahrer Albtraum seien, nahe der Tierquälerei. Zu dem Ergebnis kommt die Agrarwissenschaftlerin Julia Johns im Rahmen ihrer Doktorarbeit, berichtet Spiegel Online.
Das Ergebnis verblüffte die Bauernverbände in der Schweiz und auch in Frankreich: "Die Kuhglocken anzurühren - ausgeschlossen", schrieb das Onlinemagazin "La France Agricole". "Kuhglocken sind unantastbar", kommentierte "Le Bien Public", die Tageszeitung aus Dijon.
Die Projektleiterin Edna Hillmann verantwortet an der ETH die Forschungseinheit "Verhalten, Gesundheit und Tierwohl" und ging der Frage nach, ob und wie sich Kuhglocken auf das Fressverhalten des Milchviehs auswirken. Auf 25 verschiedenen Schweizer Höfen wurden dazu umfangreiche Tests mit über hundert Kühen gestartet.
Dabei wurden sowohl die Folgen der Dauerbeschallung untersucht als auch die pure Einwirkung des Gewichts einer Fünf-Kilo-Kuhglocke - der Klöppel blieb bei dieser Versuchsanordnung festgeklebt. In beiden Fällen sank der Appetit des Viehs, die Frequenz der Kauschläge nahm ab. Welcher der Negativeinflüsse größer sei, ließ sich vorläufig nicht ermitteln, so die Untersuchung. Johns und Hillman verweisen aber darauf, dass der Schallpegel einer durchschnittlichen Glocke 100 bis 113 Dezibel beträgt - was dem Lärm eines Presslufthammers entspräche.
Bei Menschen würde ein derartiger Geräuschpegel auf Dauer zu Gesundheitsschäden führen. Dabei gilt das Gehör der Kuh als empfindlicher, die betroffenen Tiere müssten folglich unter Schwerhörigkeit leiden. Ein Nachteil für die Kühe, die über Signallaute wie Blöken mit ihren Kälbern in Kontakt stehen.
Eine Lösung des Problems sehen die Forscherinnen aus Zürich im Wechsel zu modernen Ortungsmethoden: Die Kühe könnten auch mit eingepflanzten Chips aufgespürt werden, schlägt Agrarwissenschaftlerin Johns vor. Über ein GPS-Signal könnte der Bauer sein Vieh auf entlegenen Weiden dann per Smartphone aufspüren, sofern auf den Weiden abseits der Ballungszentren ist ein Signal verfügbar sei.
Der Direktor der Schweizer Bauernunion, Jacques Bourgeois, halte nicht viel von der GPS-Idee. Die meisten Kuhglocken, die auf Weiden benutzt würden, seien leichter, als die Schwergewichte, die bei der Doktorarbeit benutzt wurden.