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Milchanalytik: Kleinste Abweichungen kosten richtig Geld!

Wie entscheidend exakte Analysemethoden des Fett- und Eiweißgehaltes der Milch für das Milchgeld der Bauern ist, erklären Dr. Simon Harnisch und Dr. Rhena Kröger vom Verband der Deutschen Milchwirtschaft.

Lesezeit: 6 Minuten

von Dr. Simon Harnisch und Dr. Rhena Kröger, Verband der Deutschen Milchwirtschaft e.V.

Sei es beim bekannten Papierformat DIN A4, beim Aufladen des Handys mittels verschiedener Stecker und Ladegeräte oder beim Grillen und den Abständen der Stäbe auf dem Rost: Normen und Standards sind in unserem Alltag allgegenwärtig.

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Nicht nur im täglichen Leben, sondern auch in vielen vor- und nachgelagerten Bereichen, schreitet die Harmonisierung immer weiter voran. Dabei müssen Produkte und Kenndaten, wenn sie im internationalen Wettbewerb bestehen wollen, miteinander vergleichbar sein. Dies gilt auch für die deutsche Milchwirtschaft. Speziell im Bereich der Milchanalytik kommt der Harmonisierung von Probenahme- und Untersuchungsverfahren eine große Bedeutung zu. Letztlich hängt von der international standardisierten Bestimmung der Milchinhaltsstoffe auch die einheitliche und vergleichbare Bezahlung der Milcherzeuger ab.

Doch warum ist Harmonisierung heute wichtiger als früher? Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass immer mehr Aspekte durch übergeordnete Gesetzgebungen, wie beispielsweise die EU-Lebensmittelhygiene-Verordnung, geregelt werden. Die darin enthaltenen Vorgaben gelten länderübergreifend in allen EU-Mitgliedsstaaten. Ein weiterer Grund ist, dass Milchlieferströme auch über Landes- und Ländergrenzen hinweggehen. So kommen in Bayern rund 10 % der Milcherzeuger, die Milch an bayerische Molkereien liefern, nicht aus dem eigenen Freistaat. Weiterhin agieren große Lebensmittel- bzw. Molkereikonzerne zunehmend international und müssen ihre Mitglieder bzw. Lieferanten vergleichbar behandeln. Beispielsweise sind mehr als 13.500 Milcherzeuger aus Belgien, Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Luxemburg, den Niederlanden und Schweden Mitglied in der Genossenschaftsmolkerei Arla Foods.

In dem Maße, wie rechtliche oder wirtschaftliche Regelungen aufgehoben werden, ist eine Harmonisierung notwendig. Dabei geht es vor allem um die grenzüberschreitende Definition einheitlicher Produktstandards und Untersuchungsmethoden. Nur so lassen sich vergleichbare Ergebnisse erzielen. Dabei können bereits kleinste Abweichungen große Unterschiede ausmachen.

Folgendes Beispiel verdeutlicht dies: Entsprechend der Milch-Güteverordnung sind der Fett- und Eiweißgehalt die Hauptkriterien zur Berechnung des Milchauszahlungspreises. Bei einem angenommenen Basismilchpreis von 30 ct/kg Milch (4,0 % Fett, 3,4 % Eiweiß) wird der Fettgehalt mit 16,216 ct/kg und der Eiweißgehalt mit 13,784 ct/kg bewertet.

Für die Bestimmung des Fett- und Eiweißgehaltes sind in der Milch-Güteverordnung Untersuchungsverfahren festgelegt. Diese sind wiederum in entsprechenden Normen beschrieben. Um Abweichungen zu vermeiden, ist ein standardisiertes Vorgehen bei der Untersuchung gesichert. Angenommen, es würde im Rahmen der Bestimmung des Fettgehaltes zu einer systematischen Abweichung der Messung von nur einem Hundertstel kommen, d.h. statt 4,0 % würden 3,99 % gemessen, hätte dies beträchtliche finanzielle Auswirkungen. Die Bewertung des Fettgehaltes würde auf 16,176 ct/kg sinken. Rechnet man dies auf die jährlich angelieferte Milchmenge von etwa 32,6 Mrd. kg in Deutschland hoch, bedeutet dies eine Differenz in Höhe von etwa 13,2 Mio. € pro Jahr für die Milcherzeuger bzw. für die Molkereien.

Dies zeigt, dass bereits minimale Abweichungen bestimmter Kennzahlen größere finanzielle Auswirkungen haben können. Insbesondere dann, wenn es um die Bestimmung der für die Milchgeldauszahlung relevanten Güteparameter des Fett- und Eiweißgehaltes geht. Um hier die Genauigkeit sicherzustellen, arbeiten die verantwortlichen und akkreditierten Labore nach festgelegten Standards.

Über die Mitgliedschaft beim Deutschen Institut für Normung (DIN) und beim Internationalen Milchwirtschaftsverband (IDF) begleitet und koordiniert der Verband der Deutschen Milchwirtschaft (VDM) die Normungsarbeit im Bereich der Milchanalytik auf nationaler und internationaler Ebene. Dabei engagieren sich Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Verbänden für die Interessen der deutschen Milchwirtschaft.

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Normen als „Anerkannte Regeln der Technik“

Normen sichern die Qualität von Produkten in allen Bereich des Lebens und gelten als „Anerkannte Regeln der Technik“. Normen setzen an verschiedenen Punkten entlang der Wertschöpfungskette an. Sie bilden die Basis zur Qualitätssicherung und ermöglichen einen weltweiten Handel und Marktzugang durch Harmonisierung.

Alltagsbeispiele

  • DIN EN 22339 früher DIN 1: Sorgt für universelle Verbindungen und legt die Maße für Kegelstifte fest, die Maschinenteile zusammenhalten.

  • DIN EN ISO 216: Definiert Formate von Papier und ist wohl dank des DIN A4-Papiers die bekannteste Norm.

  • DIN EN ISO 20126: ist eine Norm aus dem Alltag und sichert ab, dass die Borsten einer Zahnbürste nicht ausfallen und verschluckt werden.

  • DIN EN 62684: Norm für einheitliche Stecker von Handy-Ladegeräten. Viele Hersteller wenden diese Norm an, Apple nicht.

  • DIN EN 1860-1: Definiert, dass die Abstände der Stäbe des Grillrostes nicht weiter als 20 Millimeter sind, damit kein Würstchen in die Glut fällt. Sie zählt zu den kuriosesten Normen.

(Quelle: Die Zeit Nr. 10 vom 1. März 2018)

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Normen in der Wertschöpfungskette Milch

Auf dem Betrieb: Melkanlagen und Milchkühltanks

Grundlagen der melktechnischen Überprüfungen für konventionelle Anlagen sind in der DIN ISO 3919, DIN ISO 5707, DIN ISO 6690 und DIN ISO 14159 geregelt. Die DIN ISO 20966 ist für automatische Melksysteme relevant. Die Normen regeln Anforderungen hinsichtlich der Konstruktion und Leistung, mechanischen Prüfung sowie der Hygiene.

Die ISO 5708 und die DIN EN ISO 13732 definieren Fertigungskriterien, Betriebseigenschaften sowie Leistungsstufen von Milchkühltanks. Sie sichern, dass die Kühlleistungen eingehalten werden und der Milcherzeuger seine Milch entsprechend der Vorgaben kühlen kann.

Abholung der Milch

Die DIN 11868 legt die Anforderungen für die Überprüfung von Probenahmeanlagen in Milchsammelwagen auf Repräsentativität der Probe sowie auf die Verschleppung von Probe zu Probe fest. Sie stellt eine einheitliche Probenahme über alle Betriebe hinweg sicher. Dies ist besonders relevant, da die Probe die Grundlage zur Überprüfung der Milchgütekriterien und somit die Grundlage zur Milchpreisabrechnung ist.

Milchanalytik im Labor

Im Labor kommen eine Vielzahl von Normen zum Einsatz. Diese beschreiben die Untersuchungsverfahren für die Bestimmung der Milchgüte-Kriterien. Die Bestimmung des Fettgehaltes beruht beispielsweise auf der DIN EN ISO 1211 und die Bestimmung des Eiweißgehaltes auf der DIN EN ISO 8968. Entsprechend der Milch-Güteverordnung sind dies die wesentlichen Gütekriterien zur Berechnung des Milchpreises. Weitere Beispiele für Normen, welche auch für das Herdenmanagement von Bedeutung sind, liegen in der Bestimmung der Zellzahl, der Keimzahl oder des Aceton- und Harnstoffgehaltes.

Herstellung von und Handel mit Milchprodukten

Beim Handel mit Milchprodukten finden unter anderem die Standards des Codex Alimentarius ihre Anwendung. Der Codex Alimentarius wurde 1963 von der FAO und WHO ins Leben gerufen und hat die Entwicklung international anerkannter Lebensmittelstandards sowie Grundsatzrichtlinien für die Lebensmittelerzeugung zum Ziel. Damit einhergehend sollen ein weltweiter Verbraucherschutz und der Abbau von Handelshemmnissen ermöglicht werden. Beim Codex Alimentarius existieren neben horizontalen Standards für Käse auch individuelle Standards, die sich auf bestimmte Sorten wie Emmentaler, Cheddar oder Brie beziehen. In den Standards wird unter anderem festgelegt, wie hoch der Milchanteil im Käse sein muss. Der Standard beeinflusst somit die Verarbeitung der Molkerei und die Herstellung der einzelnen Milchprodukte.

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