Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

topplus Interview

Wann liefert das DMK endlich?

Niedriger Milchpreis, schlechte Stimmung: Viele Mitglieder des Deutschen Milchkontors (DMK) sind unzufrieden. Geschäftsführer Ingo Müller bezieht Stellung.

Lesezeit: 7 Minuten

Dieses Interview ist als erstes beim Wochenblatt für Landwirtschaft & Landleben erschienen.

Herr Müller, 2017 erreichte der DMK-Milchpreis den Bundesschnitt. 2018 lag er wieder darunter, 2019 vermutlich auch. War 2017 nur ein Strohfeuer?

Das Wichtigste zu den Themen Rind + Milch mittwochs per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Müller: Kein Strohfeuer. 2017 hatten wir sehr gute Marktpreise für genau die Produkte, die wir produzieren. Deshalb konnten wir höhere Milchpreise zahlen, teilweise besser als manche Markenmolkerei aus Bayern. Vergangenes und auch dieses Jahr sieht das anders aus.

Warum fällt es dem DMK so schwer, wettbewerbsfähige Milchpreise zu zahlen?

Müller: Unser Milchpreis hängt zu zwei Dritteln vomMarkt ab, zu einem Drittel von internen Verbesserungen. Rund 80 % unserer Verarbeitung geht noch in Standardprodukte wie Käse, Butter und Pulver. Deshalb sind wir von den allgemeinen Rohstoffverwertungen abhängig. Und diese waren 2018 schlechter als 2017 und sind 2019 nochmals schlechter als 2018.

Ihre Nachbarmolkerei Ammerland zahlt aktuell einen um 4 Cent/kg höheren Grundpreis. Können Sie noch ruhig schlafen?

Müller: Das ärgert mich. Und es tut mir leid für die landwirtschaftlichen Betriebe, die Existenznöte haben. Aber: Ich kann noch in den Spiegel schauen. Denn alle Schritte zur Verbesserung, die ich angekündigt habe, sind eingeleitet. Das DMK hat noch viel Potenzial – dieses werden wir heben. Und man muss auch sagen, dass die Grundpreisdiskussion den Blick verfälscht: Wir haben 14-tägiges Milchgeld, zahlen einen Logistikbonus sowie Zuschläge für die Inhaltsstoffe. Da sind viele DMK-Landwirte näher dran als die genannten 4 Cent/kg.

Zum Jahreswechsel mussten Sie den Verlust von mehr als 1 Mrd. kg Milch verkraften. Wie sehr schmerzt das noch?

Müller: Nicht so sehr wie viele vermuten. Vermutlich belasten uns die höheren Fixkosten momentan durch die geringere Milchmenge noch etwas. Aber die Werklohnverträge laufen jetzt an, dadurch haben wir die Menge wieder ausgeglichen. Die Frage ist doch: Würde es uns besser gehen, wenn wir stattdessen noch 1 Mrd. kg zusätzliche Milch in schlechten Verwertungen zu Standardprodukten hätten?

Sind alle Werke ausgelastet?

Müller: Wir strukturieren um. Die Standorte Rimbeck und Bad Bibra haben wir bereits geschlossen, Rügen ebenfalls. Parallel fahren wir den Pulverturm in Beesten sowie die Babynahrungproduktion in Strückhausen neu an. Das dauert etwas und kostet Geld. Zudem bauen wir die Kooperation mit FrieslandCampina in Georgsmarienhütte sowie Arla in Nordhackstedt aus. Danach sind wir besser aufgestellt und produzieren mehr Produkte mit höherer Wertschöpfung.

Das bezweifeln einige. Im Kreis Cuxhaven sowie im Sauerland denken Mitglieder ernsthaft über die Kündigung nach. Kann das DMK eine weitere Kündigungswelle überleben?

Müller: Drei Punkte dazu: Erstens haben wir den Verlust von mehr als 1 Mrd. kg Milch gut weggesteckt, was uns viele nicht zugetraut haben. Zweitens sind wir mit einer Eigenkapitalquote von über 30 % finanziell gut aufgestellt. Und drittens will ich Kündigungen unbedingt vermeiden und die Landwirte überzeugen, bei uns zu bleiben. Dazu informieren wir so transparent wie möglich, beispielsweise auf den zahlreichen Versammlungen oder in unserem Unternehmensmagazin.

Zum Teil sind Ihre ehemaligen Mitglieder zu anderen Genossenschaften gewechselt. Im Klartext: DMK baut mit Bauerngeld Werke zurück, andere Genossenschaftenbauen mit Bauerngeld Werke auf. Ist das nicht Wahnsinn?

Müller: Das ist Wettbewerb.

Auch Ihr Tochterunternehmen Fude + Serrahn saugt immer mehr Milch auf und erfasst mittlerweile über 1 Mrd. kg Milch. Welche Strategie steckt dahinter?

Müller: F + S ist eine Tochter, die sich vom klassischen Händler zum Produzenten entwickelt hat. Sie hat mehrere Werke anderer Molkereien übernommen und liefert ordentliche Ergebnisse.

DMK hat die Richtung „Marge vor Menge“ sowie „hin zu einem kunden- und konsumorientierten Lebensmittelhersteller“ herausgegeben. Was haben die Landwirte davon?

Müller: Ihnen gehört die Molkerei, deshalb sollen sie direkt profitieren. Wir wollen weniger Standardprodukte, dafür mehr Produkte mit höherer Wertschöpfung produzieren. So wollen wir ein nachhaltiges Geschäft mit weniger Volatilität erreichen und den Mitgliedern mehr Stabilität liefern. Das geht aber nicht von heute auf morgen.

Was haben Sie schon erreicht?

Müller: Wir sind auf Kurs. Schauen Sie sich einmal Milram an – die Marke haben wir mutig neu aufgestellt. Sie wächst in nahezu allen Kategorien. Wir müssen uns weiter bewegen – und das tun wir. Mit Dr. Frank Claassen haben wir hier zudem auf der Finanzseite einen anerkannten Experten gewinnen können.

Konkret: In Strückhausen haben Sie 145 Mio. € in die Produktion von Babynahrung investiert und zudem die Marke „Alete“ gekauft. Wie erfolgreich ist das Babygeschäft?

Müller: Es gab leichte Verzögerungen beim Anfahren des Werkes. Das ist jetzt überwunden. Wir sehen einen wachsenden Markt, auf dem sich Geld verdienen lässt.

Das wollten Sie auch mit Eis, haben zuletzt aber rote Zahlen geschrieben. Und jetzt baut der Discounter Lidl auch noch sein eigenes Eiscremewerk aus.

Müller: Auch ein Beispiel, das wir angefasst haben und jetzt Ergebnisse sehen: Unser Eisgeschäft ist wieder im schwarzen Bereich. Das haben wir durch angepasste Produkte sowie Kooperationen geschafft, zum Beispiel mit Baileys, Bahlsen oder Eis mit der Marke Milram.

Und die gemeinsame Mozzarella-Produktion mit Arla in Nordhackstedt?

Müller: Hier haben wir das Werk im gesteckten Zeitraum umgebaut. Der Käse fließt vom Band. Die Zusammenarbeit mit Arla ist für sieben Jahre angelegt und läuft gut.

In der Branche hält sich hartnäckig das Gerücht, dass es der Einstieg für die Fusion von Arla mit dem DMK ist.

Müller: Da ist nichts dran! DMK strebt keine Fusionen an und auch keine Übernahmen kleinerer, möglicherweise schwächelnder Molkereien.

Ihr Qualitätsprogramm „Milkmaster“ hat für Unruhe bei den Mitgliedern gesorgt. Ihre Einschätzung?

Müller: In Deutschland waren wir damit Vorreiter. Und ja, wir haben uns eine blutige Nase geholt und vermutlich hat uns das auch einige Kündigungen gekostet. Trotzdem würde ich es wieder machen. Denn wir sind der viertgrößte Lieferant des deutschen Lebensmittelhandels. Da müssen wir Antworten auf die Fragen liefern, die die Gesellschaft beschäftigen. Wir haben ein Programm geschaffen, bei dem wir Themen aufsatteln oder abschalten können. Den Landwirten verspreche ich, dass wir es nachbessern und einfacher machen.

Welche Antworten liefert DMK zur Klimadiskussion?

Müller: Noch nichts Konkretes, weil die Rahmenbedingungen unklar sind: Kommt eine Steuer auf tierische Produkte? Kommt eine CO2-Steuer? Wie geht es mit Plastik weiter? Klar ist, dass wir in den vergangenen Jahren viele Dinge für das Unternehmen umgesetzt haben, die gleichzeitig auch gut fürs Klima sind: Beispielsweise haben wir Blockheizkraftwerke oder Wärmetauscher installiert oder ein Forschungsprojekt zur Lebensmittelverschwendung gestartet.

Die Branche sollte das Thema Tierwohl gemeinsam angehen – und zwar proaktiv! - Müller

Und zum Tierwohl?

Müller: Viele Punkte deckt das Milkmasterprogramm ab. Beispielsweise nehmen wir keine Betriebe mit ganzjähriger Anbindehaltung neu auf. Allerdings bin ich von zwei Dingen überzeugt: Zum einen erfüllt Deutschland im weltweiten Vergleich sehr hohe Tierwohlstandards. Zum anderen sollte die gesamte Branche das Thema Tierwohl gemeinsam angehen – und zwar proaktiv nach vorne. Wir sollten klar benennen, was gut läuft und was wir schon alles tun. Aber auch sagen, was noch nicht optimal ist, wie wir das ändern wollen und bis wann.

Kann das die Sektorstrategie Milch leisten, die Sie angestoßen haben?

Müller: Ich bin sehr davon angetan, dass jetzt sechs Verbände der Milchbranche an einem Tisch sitzen und sich konstruktiv austauschen. Und auch Punkte vereinbaren, die vor einem Jahr noch nicht vereinbar gewesen wären. Wir können Teil der Lösung werden.

Was genau ist vereinbart?

Müller: Ende September zur Agrarministerkonferenz in Mainz liefert die Sektorstrategie Milch erste Ergebnisse an Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Bis dahin müssen Sie sich gedulden.

Die Redaktion empfiehlt

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.