Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

Aus dem Heft

Abluftfilter – ein teures „Vergnügen“

Lesezeit: 5 Minuten

NRW und Niedersachsen wollen mit ihren Erlassen zur Abluftfilterung das Wachstum in der Veredlung ausbremsen. Auf die Schweinehalter kommen dadurch deftige Kosten zu.


Das Wichtigste zum Thema Schwein mittwochs per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

NRW legt vor, Niedersachsen zieht nach: In puncto Abluftreinigung machen die beiden grünen Landwirtschaftsminister Johannes Remmel und Christian Meyer jetzt ernst. Per Erlass schreiben sie den Einbau von Abluftfiltern in Schweineställen vor.


In beiden Ländern gilt die Regelung generell für alle Neubauten mit mehr als 2 000 Mast- oder 750 Sauenplätzen (Spalte 1 der 4. BImSchV). Bestehende Ställe in der gleichen Größenordnung müssen in NRW nachgerüstet werden, sofern diese über eine zentrale Abluftführung verfügen.


In Niedersachsen muss ein Stall bzw. eine Anlage nachgerüstet werden, wenn bestimmte immissionsschutzrechtliche Anforderungen nicht eingehalten werden. Dies ist bis zum 1. Mai 2015 zu über­prüfen. Die Nachrüstpflicht gilt ab dem 1.11.2015 und zieht sich über einen Zeitraum von fünf Jahren. Das gilt für alle Betriebe mit mehr als 2 000 Mast- bzw. 750 Sauenplätzen – und zwar unabhängig vom Abluftsystem und von der Anzahl der Tiere pro Stalleinheit.


In NRW droht im Falle einer Betriebserweiterung eine Nachrüstung. Laut Erlass muss bereits ein neuer Maststall mit „nur“ 300 Plätzen einen Filter haben, wenn durch den Bau des Stalles die Größe von 2 000 Mastplätzen insgesamt überschritten wird. Und die Behörde kann verlangen, dass die gesamte Anlage „abgefiltert“ wird!


Stallbau wird ausgebremst.

In NRW gehen Experten davon aus, dass von demFiltererlass aktuell rund 30 Mastbetriebe betroffen sind, weil diese Stallgebäude mit mehr als 2 000 Plätzen in einer Bauhülle und zentraler Abluftführung bewirtschaften. In Niedersachsen dürften nach Expertenschätzungen zwischen 300 und 350 Betriebe betroffen sein.


Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn weitaus ungemütlicher wird die Situation für die Schweinehalter, die ihren Betrieb erweitern wollen. Das Problem: Bereits ab 1 500 Mastplätzen (Spalte 2 der 4. BImSchV) können die Behörden in beiden Bundesländern Bioaerosol-Gutachten fordern. Zum Beispiel dann, wenn die nächste Wohnbebauung weniger als 350 m entfernt liegt oder sich andere Bioaerosol-emittierende Anlagen im 1-km-Radius befinden.


Die Vorgabe entfällt nur dann, wenn der neue Stall „freiwillig“ mit einem Abluftfilter ausgerüstet wird. Viele bauwillige Schweinehalter dürften deshalb von vornherein auf die „Filterlösung“ setzen, um sich zumindest die hohen Kosten eines Keimgutachtens zu ersparen. Die Rede ist von 10 000 bis 20 000 €.


Erschwerend kommt hinzu, dass sich ein Schweinehalter mit z. B. 1 600 Mastplätzen kaum dazu entschließen dürfte, einen neuen Stall mit 399 Mastplätzen zu bauen. Er wird stattdessen 1 000 oder 1 500 neue Mastplätze anstreben. In diesem Fall wird er die 2 000er-Grenze überschreiten und zumindest im neuen Stall einen Filter einbauen müssen.


Ungemütlich könnte es auch für die Schweinehalter werden, deren Ställe bislang nach Baurecht (max. 1 500 Mast- bzw. 560 Sauenplätze) genehmigt wurden. Wer erweitern will und dafür eine BImSchG-Genehmigung benötigt, dem könnte die Behörde vorschreiben, die Abluft in den neuen und alten Ställen zu filtern. Denn durch den Wechsel vom Bau- ins BImSch-Recht wird eine komplette Neugenehmigung nötig.


Experten schätzen, dass durch die Erlasse 80 % der neuen Mast- und 60 % der neuen Sauenställe filterpflichtig werden. Damit hätten die beiden grünen Landwirtschaftsminister im Hinblick auf das Ausbremsen des Wachstums in der Veredlung ihr Ziel erreicht!


10 €/Platz höhere Stromkosten:

Mit großer Sorge sehen viele Fachleute auch die steigenden Kosten, die die Filtertechnik mit sich bringt.


Wer in einem Maststall mit 2 000 Plätzen einen Biowäscher installiert, muss rund 100 000 € in die Hand nehmen (siehe Übersicht). Allein aus der Investitionssumme errechnen sich Jahreskosten für AfA, Zins und Reparatur von 13 000 €. Die zweimal jährliche Wartung der Anlage kostet 800 €, und die täg-lichen Wartungs- und Kontrollarbeiten schlagen mit 1 275 € pro Jahr zu Buche.


Auch die Kosten für den Einsatz von Säuren, die für die Ammoniakbindung benötigt werden, sind erheblich. In dem hier vorgestellten Beispiel mit Bio-wäscher liegen sie bei 1 500 €. Und sie steigen sogar auf 10 000 € an, wenn ein Chemowäscher installiert wird.


Der mit Abstand größte Kostenblock sind aber die Stromkosten. Allein die Pumpen, die das Wasser-Säuregemisch kontinuierlich auf das Filtermaterial pumpen, verbrauchen 60 000 kWh Strom pro Jahr. Der Mehrverbrauch der Lüfter durch den höheren Gegendruck liegt bei rund 20 000 kWh. Alles in allem ergeben sich dadurch Strommehrkosten von 20 000 € – pro Jahr versteht sich!


Abschlämmwasser kostet 5 €.

Weitere 5 € pro Platz kosten Lagerung und Ausbringung des Abschlämmwassers.


Beim Biowäscher, bei dem ständig Waschwasser erneuert werden muss, fallen laut Praxiserfahrungen zwischen 0,8 und 2,5 m3 Waschwasser je Platz und Jahr an. Das abgeschlämmte Wasser darf über die anfallende Gülle entsorgt werden, da hier nur abgeschiedene, stickstoffhaltige Reststoffe enthalten sind.


Für das Abschlämmwasser muss allerdings zusätzlicher Lagerraum geschaffen werden. In der Kalkulation liegen die Jahreskosten bei einer Abschlämmwassermenge von 0,8 m3 je Platz und Jahr bei 1 760 €. Steigt die Menge auf 1,2 m3 je Platz und Jahr, sind es 2 500 € pro Jahr.


Auch das Ausbringen des Abschlämmwassers kostet Geld. In dem hier gewählten Beispiel wurde mit 5 € je m3 kalkuliert. Dabei dürfte klar sein, dass die Kosten in viehdichten Regionen, in denen schon jetzt ein Teil der Gülle exportiert werden muss, zum Teil doppelt so hoch liegen. Tendenz steigend!


Und die Kostensituation wird sich weiter zuspitzen, wenn im Rahmen der EU-Agrarreform ökologische Vorrang-flächen aus der Produktion genommen werden müssen und durch die Novellierung der Dünge-Verordnung noch mehr Druck am Flächenmarkt aufkommt (siehe top agrar 3/2013, Seite 30).


Dann dürften die Kosten eines Abluftfilters die derzeit kalkulierten 23 € je Mastplatz bzw. 8,50 € je Mastschwein noch übersteigen.


Marcus Arden

top agrar besser machen. Gemeinsam
Sie sind Schweinehalter oder lesen regelmäßig den top agrar Schweine-Teil und/oder die SUS? Dann nehmen Sie an einem kurzen Nutzerinterview teil.

Die Redaktion empfiehlt

top + Das Abo, das sich rechnet: 3 Monate top agrar Digital für 9,90€

Unbegrenzter Zugang zu allen Artikeln, Preis- & Marktdaten uvm.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.