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Befunddaten nutzen, erfolgreicher mästen

Lesezeit: 7 Minuten

Die Befunddaten vom Schlachthof liefern wichtige Hinweise zur Verbesserung der Bestandsgesund-heit. Deshalb lohnt es sich, hin und wieder beim Schlachten der eigenen Schweine dabei zu sein.


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Die Befunddaten, die am Schlachtband von Schweinen erhoben werden, erzählen viel über das Leben der Tiere. Ging es ihnen während Aufzucht und Mast gut, oder hatten sie gesundheitliche Probleme? War das Stallklima optimal? Wirken die Impfungen noch, oder muss das Impfkonzept für den Betrieb neu überdacht werden? Wird ausreichend gereinigt und desinfiziert? Und wie wurden die Schweine beim Verladen und während des Transports behandelt?


Auf viele dieser Fragen können die Schlachthofbefunde Antworten liefern. Insbesondere bei Atemwegsproblemen im Bestand kann man am Schlachtband anhand der Lungenbefunde in manchen Fällen sogar ziemlich genau eingrenzen, welcher Erreger als Ursache für die Probleme in Frage kommt. Deshalb lohnt es sich, hin und wieder die eigenen Schweine zum Schlachthof zu begleiten und dem amtlichen Personal am Schlachtband über die Schulter zu schauen.


Hilfreich für die Diagnostik


Davon ist auch Schweinemäster Philipp Gersmann aus dem westfälischen Ennigerloh überzeugt. Der 36-jährige Landwirt bewirtschaftet gemeinsam mit seinen Eltern einen Ackerbau-Mastbetrieb mit 2600 Mastplätzen. Gersmann mästet Kreuzungen von Danzuchtsauen, die mit dem Maxter-Eber von Hypor angepaart werden. Die Läufer bezieht er schon seit Jahren von zwei festen Ferkel-​erzeugern. Der Bestand ist in drei Einheiten unterteilt, die im Rein-Raus belegt werden.


„In den letzten zehn Jahren bin ich insgesamt sechs oder sieben Mal mit zum Schlachthof gefahren, immer dann, wenn es tiergesundheitliche Probleme gab, denen wir auf den Grund gehen wollten“, berichtet Gersmann.


Zuletzt war das der Fall, als in einem Mastdurchgang immer mehr Schweine unter Atemwegsproblemen litten. Zahlreiche Tiere husteten und viele von ihnen kümmerten.


„Husten kann viele Ursachen haben, von Mykoplasmen bis hin zu Influenza- oder PRRS-Viren. Häufig handelt es sich auch um Mischinfektionen oder Managementfehler. Klarheit, welcher Erreger die Hauptursache ist, bekommt man häufig erst, wenn man sich die Lungen der Tiere anschaut und eventuell im Labor untersuchen lässt. Denn die Krankheitsbilder unterscheiden sich deutlich“, begründet Gersmanns Hoftierarzt Marius Fillmer, warum sich die beiden für einen Schlachthof-Check entschieden.


„Wenn ich nur ein einzelnes Schwein untersuchen lasse, ist die Gefahr groß, dass ich einen Erreger nachweise, der mit dem Krankheitsgeschehen vielleicht nur indirekt zu tun hat. Auf dem Schlachthof haben wir dagegen die Gelegenheit, auf einen Schlag 150 Lungen unter die Lupe zu nehmen“, lobt Fillmer die Vorteile des Schlachthof-Checks.


Landwirte willkommen


Philipp Gersmann ist Westfleisch-Vertragsmäster. Das genossenschaftliche Schlachtunternehmen begrüßt es ausdrücklich, wenn Mäster ihre Schwei-ne zum Schlachten begleiten. „Unser Hauptziel sind zufriedene Landwirte, und das sind die Mäster in der Regel dann, wenn die Preise stimmen und es am Schlachtband wenig oder gar keine Beanstandungen gibt“, argumentiert Westfleisch-Beratungstierärztin Dr. Ulrike Bernemann.


Aber auch das Schlachtunternehmen profitiert davon, wenn die Schweinehalter ihr Tiergesundheitsmanagement aufgrund der am Schlachtband gewonnenen Erkenntnisse anpassen. Dr. Bernemann dazu: „Je weniger Teilschäden und Brustfellentzündungen in einer Lieferpartie auftreten, desto weniger Tiere müssen am Schlachtband ausgeschleust werden. Jede Beanstandung kostet Geld, macht obendrein zusätzliche Arbeit und verursacht unter Umständen vermeidbare Kosten.“ ▶


Deshalb rät das genossenschaftliche Schlachtunternehmen den Landwirten dazu, sich die eigenen Schlachtpartien direkt vor Ort mit ihrem Hoftierarzt anzuschauen. Einige Mäster tun das regelmäßig ein- bis zweimal pro Jahr, andere wie Philipp Gersmann dann, wenn es tiergesundheitliche Probleme im Bestand gibt, deren Ursachen nicht eindeutig sind.


In der Regel reiche es, erklärt Gersmann, dem zuständigen Westfleisch-Außendienstmitarbeiter eine Woche vorher Bescheid zu sagen. „Ideal ist es, wenn auch mein Hoftierarzt dabei ist, denn er kann die Befunde viel besser interpretieren als ich und sich auch gleich für das weitere Vorgehen entscheiden“, sagt Philipp Gersmann.


Landwirt und Tierarzt stehen dabei direkt am Schlachtband und können dem amtlichen Tierarzt bzw. den amtlichen Fachassistenten über die Schulter schauen. So bekommen sie unmittelbar einen Eindruck davon, wie viele Schweine Milkspots in der Leber, angewachsene oder entzündete Lungen so-​wie entzündete Herzbeutel aufweisen.


Mittlere Partie ideal


„Wird der Stall in drei Etappen geräumt, sollte man möglichst die mittlere Verkaufspartie für den Schlachthof-​Check auswählen“, rät Westfleisch-Tierärztin Dr. Bernemann. Denn die Vorläufer seien in der Regel gesundheitlich fit und daher nicht repräsentativ. Und die Nachläufer in der dritten Gruppe bilden in puncto Tiergesundheit ebenfalls nicht den Stalldurchschnitt ab. Am Schlachtband selbst muss dann alles ruck zuck gehen. Im Westfleisch-​Fleischcenter Coesfeld zum Beispiel werden stündlich rund 650 Schweine geschlachtet. „Pro Schicht übernehmen ein Tierarzt und sechs Fachassistenten die Fleischuntersuchung am Schlachtband“, erläutert Dr. Katja Bleis, stellvertretende Leiterin des Fleischhygiene-​amtes im Kreis Coesfeld.


Die amtlichen Tierärzte bzw. Fachassistenten inspizieren jede Schlachthälfte bzw. die Innereien und markieren Auffälligkeiten direkt am Schlachtkörper. Das Entfernen der beanstandeten Teilstücke übernehmen dann Schlachthofmitarbeiter. Besonders auffällige Schlachthälften werden ausgeschleust und gesondert begutachtet.


Die Befunde werden direkt am Band in ein Online-Terminal eingegeben und im Veterinärverwaltungsprogramm gespeichert. Insgesamt gibt es bei der Westfleisch neun Befundblöcke:


  • Teilschäden
  • Leber
  • Pleuritis (Brustfell)
  • Pneumonie (Lunge)
  • Pericarditis (Herz)
  • Untauglichkeit (z.B. mehrf. Abszesse)
  • Ohrveränderungen
  • Schwanzveränderungen
  • Hautparameter.


Ist alles in Ordnung, bekommt das Schwein den Stempel für die Genusstauglichkeit.


Gerade bei Atemwegsproblemen sind die Befunddaten oftmals sehr aussagekräftig. „Veränderte Spitzenlappen der Lungen sind zum Beispiel häufig das Ergebnis bakterieller Infektionen mit Mykoplasmen, Pasteurellen oder dem Erreger der Glässerschen Krankheit“, berichtet Tierarzt Fillmer. Auch eine Verklebung der Lunge mit der Brustwand, die Pleuritis, ist häufig die Folge bakterieller Mischinfektionen.


Entzündungen der Lungenhauptlappen hingegen können viele Ursachen haben, angefangen bei Managementfehlern bei der Lüftung über bakterielle Infektionen bis hin zu Infekten mit Circo- oder Influenzaviren.


Auswertungen im Extranet


Zusammen mit dem Wiegeprotokoll bekommt Gersmann die Befunddaten seiner Schlachtpartie noch am gleichen Tag per E-Mail zugeschickt. Zusätzlich entwickelt die Westfleisch derzeit eine App, mit der die Vertragsmäster wichtige Betriebsinformationen sowie Schlacht- und Befundauswertungen direkt auf dem Smartphone angezeigt bekommen.


Ihren Vertragspartnern bietet die Westfleisch zudem einen kostenlosen Zusatzservice an. Im Extranet, einem nur für Vermarktungspartner zugänglichen Online-Infosystem, finden Vertragsbetriebe umfangreiche Schlachtdaten-Auswertungen in tabellarischer und in grafischer Form (siehe Übersicht 1 auf der linken Seite).


Hier kann Philipp Gersmann die eigenen Lieferpartien über einen längeren Zeitraum mit den Durchschnittswerten aller an den gleichen Schlachthof gelieferten Schweine vergleichen. Dazu gehören z.B. die Verteilung der Schlachtgewichte und Indexpunkte, aber auch die Streuung der Schinkenwerte und der Speckmaße. So wird schnell deutlich, wo noch Verbesserungspotenzial besteht.


„Die 5% Betriebe mit den höchsten Befundraten werden zudem von uns angeschrieben. Ihnen wird eine individuelle Beratung angeboten“, erläutert Westfleisch-Tierärztin Dr. Bernemann. Für Vertragsbetriebe ist dieser Service kostenlos. In Nordrhein-Westfalen erfolgt die Beratung durch den Schweinegesundheitsdienst (SGD), Kunden außerhalb von NRW werden direkt von Dr. Ulrike Bernemann beraten.


Werte vergleichbar machen


„Die Interpretation der Befunddaten ist ein wertvolles Werkzeug, um das Tiergesundheitsmanagement der Betriebe anzupassen“, ist Dr. Bleis überzeugt. Die derzeitige Befunderhebung ist nach der AVV (allgemeinen Verwaltungsvorschrift) Lebensmittelhygiene vorgegeben.


Um eine vergleichbare Datenerfassung zu gewährleisten, werden die amtlichen Mitarbeiter regelmäßig geschult. Für die Westfleisch-Gruppe wurde dazu ein Befundkatalog erstellt. Bundesweit entwickelt das MRI (Max-Rubner-Institut) in Kulmbach zurzeit eine Standardisierung. Für Schweine wird noch in diesem Jahr mit ersten Ergebnissen gerechnet.


Auch die Westfleisch forscht im Bereich der systematischen Erfassung von Tierwohlkriterien. Aktuell werden in einem Pilotprojekt am Schlachtband installierte Kameras erprobt.


Philipp Gersmann will jedenfalls auch in Zukunft von der Befund-Auswertung und dem Schlachthof-Check Gebrauch machen: „Die Befunddaten liefern eine breit gefächerte Auswertung zum Gesundheitszustand meiner Mastschweine. Das hilft mir, Gesundheitsprobleme früher zu erkennen und rechtzeitig gegenzusteuern.“


henning.lehnert@topagrar.com

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