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Drei-Punkte-Plan gegen Nährstoffüberschüsse

Lesezeit: 6 Minuten

Die Schweine und Bullen von Jan-Gerd Weilinghoff produzieren zu viele Nährstoffe. Um die Überschüsse zu senken, hat der Betriebsleiter gleich mehrere Gegenmaßnahmen ergriffen. Pro Schweine-Mastplatz spart er jetzt 100 Liter Gülle.


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Mit über 2,5 Großvieheinheiten (GV) zählt der Kreis Borken zu den viehstärksten Standorten im westlichen Münsterland. Jedes Jahr fallen im Landkreis rund 1 Mio. m3 zu viel Gülle an. „Die hohe Viehdichte macht uns schon seit Jahren stark zu schaffen, und spätestens seit der Verschärfung der Düngeverordnung im Juni 2017 sind die Herausforderungen noch größer geworden. Es wird immer schwieriger, Wirtschaftsdünger zu einigermaßen vertretbaren Preisen abzugeben“, schildert Landwirt Jan-Gerd Weilinghoff die angespannte Situation.


Güllekosten steigen:

Der 31-jährige Landwirt hält in Ahaus-Heek im Kreis Borken gut 400 Sauen im geschlossenen System und bewirtschaftet 600 Bullenmastplätze. Jährlich muss Weilinghoff einen Großteil seiner Gülle abgeben. Zahlte er vor einigen Jahren noch 10 bis 11 € pro m3, sind die Kosten im Frühjahr dieses Jahres auf 15 € je m3 gestiegen. Für diesen Winter kalkuliert er mit Preisen von 18 € je m3. „Wenn die Kosten weiter so explodieren und die Abgabepreise auf deutlich über 20 € je m3 steigen, rechnet sich die Tierhaltung kaum noch“, warnt Weilinghoff vor den Folgen einer weiteren Preisexplosion.


Gemeinsam mit seinem Vater Heinrich versucht der Agrarbetriebswirt deshalb schon seit längerer Zeit, die Güllemengen zu reduzieren. Im ersten Schritt haben Vater und Sohn die Tränken im Stall überprüft und überlegt, ob sie eventuell bei der Stallreinigung Wasser einsparen können. Letztendlich ist das Einsparpotenzial aber klein.


Sehr stark N-/P-reduziert:

Deutlich mehr Potenzial sah Weilinghoff im Bereich der Fütterung. Der Landwirt fragte sich bereits vor einigen Jahren, ob die Sicherheitszuschläge in den Futterrationen der Ferkel und Mastschweine überhaupt nötig sind. Doch wie stark darf man an der Nährstoffschraube drehen, wann ist die Versorgung der Tiere gefährdet? Jan-Gerd Weilinghoff wollte und konnte das Risiko nicht allein eingehen und holte sich mit Fütterungsberater Josef Gövert sowie Dr. Gerhard Stalljohann von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen im Jahr 2016 professionelle Beratung ins Haus.


Beide Experten rieten dem Landwirt, seine Tiere künftig sehr stark N-/P-reduziert zu füttern. Bei dieser Fütterungsstrategie liegen die Rohproteingehalte in allen Mastabschnitten etwa 0,5 bis 1%-Punkte niedriger im Vergleich zur stark N-/P-reduzierten Fütterung, wie die Übersicht 1 zeigt. „Gegenüber der N-/P-reduzierten Mast liegen die Werte beim Eiweiß sogar 2%-Punkte und beim Phosphor rund 0,045%-Punkte niedriger“, erklärt Kammerexperte Stalljohann.


Für die Ferkelaufzucht haben die Futtermittelberater vier Futterrezepturen entwickelt, in der Mast bis 120 kg Lebendgewicht werden drei Mischungen eingesetzt. Sowohl die Ferkel- als auch die Mastmischungen für die Jungeber werden über sechs bis sieben Tage verschnitten, sodass ein fließender Futterübergang gewährleistet ist.


„Trotz der im Vergleich zu früher deutlich geringeren Nährstoffausstattung des Futters haben wir keine Probleme mit dem Wachstum der Tiere und auch die Schlachtleistungen passen“, zeigt sich Landwirt Weilinghoff zufrieden. Die Aufzuchtferkel erreichen 450 bis 500 g Tageszunahmen, die weiblichen Tiere und Jungeber liegen bei 850 g. Die Futterverwertung schwankt um 1:2,55, die Indexpunkte pro kg Schlachtgewicht liegen bei über 1,0 IXP. Als Genetik setzt der Landwirt Danzucht-Sauen ein, die mit dem Eber 408 der PIC besamt werden.


Fermentation on top:

Parallel zur sehr stark nährstoffreduzierten Fütterung entschied sich Weilinghoff zusammen mit seinen Fütterungsberatern, das nährstoffreduzierte Ferkel- und Mastfutter zu fermentieren. Für rund 150000 € baute der Unternehmer Mitte des Jahres 2016 eine vollautomatische Fermentationsanlage mit zwei jeweils 30 m3 großen Edelstahlfermentern.


Das Warmwasser erzeugt ein mit Erdgas betriebenes Blockheizkraftwerk mit 44 kW thermischer und 20 kW elektrischer Energie. Damit werden täglich 20000 l Wasser auf gut 70°C erwärmt. „Mithilfe der Fermentierung wollen wir die Nährstoffe, die in den Futterkomponenten sitzen, noch besser ausnutzen und die Mineralfutterergänzung, insbesondere Phosphor, weiter reduzieren. Ich will mit meiner Futterstrategie so wenig Nährstoffe wie möglich zukaufen“, beschreibt Jan-Gerd Weilinghoff den Ansatz.


Fermentiert werden seit knapp zwei Jahren neben Roggen noch Gerste, Weizengrießkleie, Triticale und Raps. Der Fermentanteil beträgt bei den Ferkeln je nach Futtermischung 10 bis 40%, in der Mast sind es 50 bis 65%.


Der Fermentationsprozess läuft ausschließlich im Batchverfahren. Dabei wird ein Fermenter befüllt, das Futter fermentiert 24 Stunden lang und wird dann komplett verfüttert. Zeitversetzt wird im zweiten Fermenter frisches Futter angesetzt. Damit der Prozess gut startet, setzt der junge Landwirt gezielt Milchsäurebakterien zu.


100 l weniger Gülle pro Platz:

Nach gut zwei Jahren Erfahrung mit der Fermentation von Schweinefutter sieht sich Jan-Gerd Weilinghoff in seiner Entscheidung bestätigt. „Die Technik kostet zwar viel Geld, die positiven Effekte sind in unserem Betrieb aber da“, erklärt der Landwirt.


Positiv hervor hebt er die sehr gute Homogenität des Futters sowie die verbesserte Schmackhaftigkeit. „Weil das Fermentfutter im Trog problemlos auseinander läuft, fressen bei uns jetzt alle Schweine immer das gleiche Futter. Das macht sich in den Mast- und Schlachtleistungen bemerkbar, wir haben weniger Probleme mit Auseinanderwachsen“, betont er. Auch Durchfälle treten bei den Schweinen seltener auf.


Positiv überrascht ist der experimentierfreudige Landwirt von dem geringeren Gülleanfall im Stall. Und dass das nicht nur gefühlt so ist, sondern der Wirklichkeit entspricht, hat er schwarz auf weiß. Denn zusammen mit Theresa Rewer von der Kammer NRW hat Jan-Gerd Weilinghoff die Güllemengen im Maststall gemessen. Ergebnis: Der Gülleanfall pro Mastplatz liegt etwa 7% unter dem üblichen Standardwert von 1,5 m3. „Je nach Abgabepreis spare ich dadurch rund 2 € pro Mastplatz bzw. 10000 € pro Jahr“, ist der Unternehmer begeistert.


Doch wie ist das zu erklären, warum produzieren die Schweine jetzt weniger Gülle? Fütterungsexperte Dr. Gerhard Stalljohann betont, dass die Tiere beim Einsatz von nährstoffreduziertem Futter in Verbindung mit warmem Fermentfutter das Futter besser verwerten. „Wenn die in den Rohkomponenten enthaltenen Nährstoffe besser aufgeschlossen werden, wird der Stoffwechsel des Tieres weniger stark belastet, die Harnbildung sinkt und die Tiere scheiden weniger aus“, erklärt der Fütterungsreferent der Landwirtschaftskammer die Zusammenhänge.


1 kg weniger N pro Platz:

Da Weiling-hoff im gewogenen Mittel einen RP-Gehalt von 14,2% und einen P-Gehalt von 0,40% nachweisen kann, wird seine Fütterung als sehr stark N-/P-reduziert eingestuft. Wie in Übersicht 2 dargestellt, kann er bei Stickstoff deshalb mit Nährstoffausscheidungen von nur noch 8,7 kg pro Platz und Jahr kalkulieren.


„Die sehr stark nährstoffreduzierte Fütterungsstrategie verschafft mir weiter Luft, ich muss jetzt weniger Gülle abgeben als früher. Bedenklich ist aber noch, dass die von uns gemessenen Güllemengen und Analysedaten noch nicht 100%ig mit den Bilanzwerten übereinstimmen, die bei der Berechnung der Nährstoffausscheidungen von der Wissenschaft angesetzt werden. Hier suchen wir noch nach den Ursachen“, betont der Landwirt. Kontakt:


marcus.arden@topagrar.com

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