Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

topplus Aus dem Heft

Tschechien tilgt die ASP

Lesezeit: 6 Minuten

In Polen flammt die ASP wieder auf, in Tschechien scheint man die Seuche dagegen in den Griff bekommen zu haben. Was können wir von den Tschechen lernen? top agrar sprach mit Dr. Zbynek Semerad, Direktor der staatlichen Veterinärverwaltung.


Das Wichtigste zum Thema Schwein mittwochs per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

In Tschechien wurde im Sommer 2017 erstmals die Afrikanische Schweinepest (ASP) bei Wildschweinen bestätigt. Welche Gebiete waren betroffen?


Semerad: Die beiden Kadaver wurden im Katastergebiet von Příluky in der Ortschaft Zlín gefunden. Die Region liegt rund 300 km südöstlich von Prag an der Grenze zur Slowakei.


Sofort wurden Bekämpfungsmaßnahmen eingeleitet? Wer hat diese koordiniert?


Semerad: Bei der ASP-Bekämpfung arbeiten unsere nationalen und regionalen Behörden eng zusammen. Die staatliche Veterinärbehörde nimmt jedoch eine Schlüsselposition ein, sie ordnet im Falle eines Seuchenausbruchs Notfallmaßnahmen an. Die Überwachung des Seuchengeschehens vor Ort übernimmt die jeweils zuständige regionale Veterinärbehörde, die die zentrale Veterinärverwaltung informieren muss.


Wer wird noch einbezogen?


Semerad: Neben der Kommunalverwaltung sitzen Vertreter des Landwirtschaftsministeriums, der Jagdverbände, der Schweinehalter, der Tierkörperbeseitigungsanstalten sowie der staatlichen Laboratorien mit am Tisch. Jedem soll bewusst werden, wie wichtig ein koordiniertes Vorgehen ist.


Wie hat die tschechische Veterinärverwaltung auf die ersten ASP-Funde bei Wildschweinen reagiert?


Semerad: Nach dem ersten Seuchenausbruch haben wir sofort ein sogenanntes Kern- bzw. Hochrisikogebiet eingerichtet. Die Größe betrug knapp 6000 ha. Das Kerngebiet haben wir größtenteils mit Elektrozäunen abriegeln lassen. Zudem durften bestimmte Ackerflächen nicht abgeerntet werden, in der Kernzone durften keine Wildschweine gejagt werden und der Zutritt war streng verboten. Mit all diesen Maßnahmen wollten wir erreichen, dass das Schwarzwild Ruhe hat, an Ort und Stelle bleibt und die ASP nicht weitergetragen wird.


Darüber hinaus haben die regional zuständigen Dienststellen von uns sofort eine aktuelle Liste von allen Betrieben mit Hausschweinebeständen im Kerngebiet erhalten. Für diese Betriebe wurde ein Transportverbot erlassen. In der gesamten Tschechischen Republik sind zudem die Biosicherheitsmaßnahmen in Schweine haltenden Betrieben verschärft kontrolliert worden.


Haben Sie weitere Schutzzonen eingerichtet?


Semerad: Ja, rund um das Hochrisikogebiet, aus dem alle ASP-positiven Fälle kamen, haben wir einen sogenannten „Gefährdeten Seuchenbezirk“ eingerichtet. Dieser hatte einen Radius von rund 15 km. Daran schloss sich die Pufferzone an, die 850000 ha groß war.


Was passierte mit toten Wildscheinen?


Semerad: Alle gefangenen und toten Wildschweine wurden in einer Tierkörperbeseitigungsanstalt entsorgt.


Die Jäger spielen bei der ASP-Bekämpfung eine wichtige Rolle. Wie haben Sie die Waidmänner motiviert?


Semerad: Wir haben je nach Risikogebiet Abschussprämien bzw. Fundgeld von über 300 € für jedes erlegte, gefangene oder tot aufgefundene Wildschwein gezahlt. Zusätzlich erhielten die Jäger aus dem Haushalt des Landwirtschaftsministeriums Geld für gefangene Wildschweine, die nicht vermarktet werden konnten.


ASP-Bekämpfung geht nur gemeinsam. Was waren die größten Hürden?


Semerad: Das größte Problem war die Koordinierung und Festlegung der Bekämpfungsmaßnahmen. Hier hat jeder seine eigenen Vorstellungen, die Jäger beurteilen die Situation anders als Landwirte oder Behörden. Bei jedem Fall mussten wir neu entscheiden und einen Kompromiss finden. Dass uns das ganz gut gelungen ist, zeigt die Tatsache, dass die Tschechische Republik bislang das einzige Land ist, das die ASP in den Griff bekommen hat.


Was müssen Sie noch verbessern?


Semerad: Wir haben gelernt, dass einige gesetzliche Rechtsvorschriften noch nicht optimal aufeinander abgestimmt sind. Das kostet viel Zeit. Deshalb haben wir damit begonnen, die Vorgaben dort zu ändern bzw. aufeinander abzustimmen, wo es nötig ist. Dadurch haben wir künftig mehr Flexibilität bei der Bekämpfung der hochansteckenden Seuche.


Wie haben Sie die Bevölkerung informiert und motiviert?


Semerad: Nach dem ersten ASP-Fall haben wir sofort eine Pressekonferenz einberufen. In dieser haben wir die Öffentlichkeit über das Auftreten von ASP in unserem Gebiet und die ergriffenen Maßnahmen informiert.


Parallel dazu hat die Presseabteilung der staatlichen Veterinärbehörde sofort alle wichtigen Fragen und Antworten zum Thema ASP zusammengestellt. Ich kann nur dazu raten, bei einem Seuchenausbruch das Internet sowie die sozialen Netzwerke intensiv zu nutzen. Sie sind die mit Abstand wichtigsten Kommunikationskanäle.


Die unmittelbar Betroffenen haben wir persönlich informiert. Im Bezirk Zlín zum Beispiel haben wir Gespräche mit Jägern und Tierhaltern geführt und das weitere Vorgehen mit den Vertretern der tierärztlichen Aufsicht abgestimmt.


Welche konkreten Maßnahmen wurden ergriffen, um Hausschweine zu schützen?


Semerad: Das A und O ist der Schutz der Hausschweine vor Wildtieren. Für uns ist die strikte Einhaltung aller Biosicherheitsmaßnahmen maßgeb-lich, das gilt besonders bei einem Seuchengeschehen. In Tschechien haben wir die Kontrollbehörden deshalb während der akuten ASP-Gefahr beauftragt, die Einhaltung besonders gründlich zu überprüfen. Kontrolliert wurde u.a., ob das Verbot der Verfütterung von Küchenabfällen eingehalten wurde und ob Personen, die mit Wildschweinen in Kontakt gekommen sind, der Zugang zu Hausschweinebeständen untersagt wurde.


Sie haben den Wildschweinebestand in den betroffenen Gebieten sehr schnell reduziert. Wie sind Sie vorgegangen?


Semerad: Wir haben außergewöhnliche Maßnahmen eingleitet. Im gesamten Staatsgebiet haben wir alle Altersstufen von Wildschweinen zum Abschuss freigegeben, parallel dazu haben wir Fallen aufgestellt. Besonders effektiv war der Einsatz von Scharfschützen der Polizei mit Nachtsichtgeräten und Schalldämpfern. Betonen möchte in diesem Zusammenhang: Wenn Sie solche Maßnahmen ergreifen, müssen Sie dafür sorgen, dass die Rotten nicht versprengt werden. Daher war die Einzäunung des Kerngebiets auch so wichtig.


Ihre Strategie funktioniert. Wie schützen Sie sich jetzt vor Neuinfektionen?


Semerad: Wir haben uns für ein mehrstufiges Modell entschieden. Erstens untersuchen wir weiter alle gefangenen Wildschweine und gefundenen Kadaver auf ASP. Zweitens fahren die Veterinärbehörden häufiger als früher zu Landwirten und kontrollieren die Einhaltung der Biosicherheitsmaßnahmen in Hausschweinebeständen. Drittens schauen wir an den Grenzen sehr genau hin, ob womöglich Risikoprodukte wie Fleisch- und Wurstwaren aus dem Ausland mitgebracht werden. Ganz besonders im Fokus haben wir dabei Personen, die aus Ländern einreisen, in denen ebenfalls ASP-Fälle bestätigt wurden. Parallel dazu informieren wir die Fluggesellschaften, Spediteure und Touristen sehr genau und detailliert über die Gefahren, die von der Seuche ausgehen.


Generell verboten haben wir die Einfuhr von Wildschweinetrophäen aus Ländern mit ASP-Ausbrüchen. Zudem dürfen die tschechischen Schweinehalter kein Heu oder Stroh aus betroffenen Ländern kaufen. Das Problem ist aber eher theoretischer Natur, weil die meisten Schweinehalter in Tschechien mittlerweile ohne Stroh arbeiten. Kontakt:


marcus.arden@topagrar.com

top agrar besser machen. Gemeinsam
Sie sind Schweinehalter oder lesen regelmäßig den top agrar Schweine-Teil und/oder die SUS? Dann nehmen Sie an einem kurzen Nutzerinterview teil.

Die Redaktion empfiehlt

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.