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A.pp.: Impfen allein reicht nicht

Die A.pp.-bedingten Probleme nehmen zu. Wie sich die Erkrankung äußert, warum die Biestmilchaufnahme so wichtig ist und welche Impfstoffe zur Verfügung stehen, erläutert Prof. Dr. Isabel Hennig-Pauka, Tierärztliche Hochschule Hannover.

Lesezeit: 7 Minuten

Es passierte an einem Herbsttag 2018 und traf Mäster Heiner Frerks (Name geändert) völlig unvorbereitet: Beim morgendlichen Kon-trollgang fand er plötzlich drei Mastschweine tot in der Bucht vor. Am Tag zuvor hatten sich die rund 70 kg schweren Tiere noch vollkommen unauffällig verhalten. Dem einen oder anderen Schwein machte zwar die für die Jahreszeit ungewöhnliche Wärme zu schaffen. Trotzdem schienen die Tiere munter und ihr Appetit normal zu sein.

Das einzige Auffällige war etwas blutig-schaumiger Ausfluss, der vor den Rüsselscheiben der verendeten Tiere auf dem Spaltenboden zu erkennen war. Frerks und sein Hoftierarzt tippten deshalb sofort auf eine A.pp.-Infektion, verursacht durch das Bakterium Actinobacillus pleuropneumoniae. Allerdings wird im Betrieb schon seit mehreren Jahren gegen den A.pp.-Serotyp 2 geimpft, der in Deutschland derzeit am häufigsten vorkommt. Wirkte die Impfung womöglich nicht mehr? Oder bereitete im Betrieb inzwischen ein neuer Serotyp Probleme?

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Leider konnten die verendeten Schweine nicht im Labor untersucht werden. Das Anzüchten des Erregers zur genauen Typisierung gelingt nur selten, wenn die Tiere schon mehrere Stunden tot sind.

Mütterliche Antikörper

Um die Ursache eingrenzen zu können, untersuchten Frerks und sein Hoftierarzt deshalb zunächst den gesamten Bestand. Dabei achteten sie vor allem auf hustende Tiere und Schweine, die nicht fressen wollten. Zum Zeitpunkt der Untersuchung war jedoch kein Tier so schwer erkrankt, dass es getötet und für die Diagnostik geopfert werden konnte.

Es fiel allerdings auf, dass einzelne ältere Saugferkel bereits an der Sau husteten. Auch im Flatdeck und in der Mast beobachteten die beiden in allen Altersgruppen einzelne Tiere, die Atemwegsprobleme hatten. Der Tierarzt beprobte deshalb bei diesen Tieren mit einem Tupfer die Mandeln (Tonsillen). Außerdem wurde ein Endmasttier zur Sektion gebracht, das einige Tage nach der Bestandsuntersuchung verendet war.

Ergebnis: Bei 80% der beprobten Saugferkel konnten Antikörper gegen A.pp. nachgewiesen werden, die die Ferkel mit der Biestmilch von ihren Müttern aufgenommen hatten. Bei zwei Wurfgeschwistern, bei denen sich keine Antikörper nachweisen ließen, konnte der Erreger allerdings per Tupferprobe im Rachen gefunden werden.

Das zeigt: Mütterliche Antikörper, die von den Ferkeln mit der Biestmilch aufgenommen werden, können die Gefahr einer frühen Besiedelung der Ferkel mit dem A.pp.-Erreger zumindest verringern. Auch bei dieser Erkrankung ist es also enorm wichtig, dass die Ferkel in den ersten 24 Lebensstunden ausreichend Biestmilch aufnehmen.

Das Problem: Saugferkel, die nur unzureichend durch maternale Antikörper geschützt sind, können im Flatdeck, wenn die mütterlichen Antikörper abfallen und noch keine eigenen Antikörper gebildet wurden, zu einer massenhaften Keimvermehrung beitragen. Und bis zur Mast sind dann in der Regel nahezu alle Tiere besiedelt, wie wissenschaftliche Untersuchungen zeigen.

Diese Erkenntnis deckt sich mit den Untersuchungsergebnissen im Betrieb Frerks: Die Mandel-Tupferproben zeigten, dass im Aufzuchtstall bereits die Hälfte aller untersuchten Tiere im Rachen mit dem Erreger besiedelt war. Und in der Mast waren schließlich alle untersuchten Schweine A.pp.-positiv.

Externe „Triggerfaktoren“

Wenn die A.pp. dann zum Ausbruch kommt, liegt dies meistens nicht daran, dass neue A.pp.-Stämme in den Bestand hineingetragen wurden, sondern daran, dass es externe Auslöser gab. Die auf den Mandeln vorhandenen Keime werden dabei durch sogenannte „Triggerfaktoren“ aktiviert. Welche Auslöser dazu in der Lage sind, ist noch nicht abschließend geklärt. Im Labor konnte gezeigt werden, dass das Bakterium unter Einfluss von Stresshormonen wie z.B. Andrenalin vermehrt krankmachende Eigenschaften ausbildet.

Stress könnte also ein Auslöser für die A.pp.-Erkrankung sein. Doch was stresst die Schweine? Tatsache ist, dass die großen Tag-Nacht-Temperaturschwankungen im Frühjahr und im Herbst vielen Schweinen massiv zu schaffen machen. Das könnte eine Erklärung dafür sein, warum sich die Verdachtsfälle auf Pleuropneumonie in den Frühjahr- und Herbstmonaten häufen. Auch Zugluft mögen Schweine nicht.

Begleitinfektionen

Daneben können aber auch begleitende Infektionen Auslöser für einen A.pp.-Ausbruch sein, zumal man häufig zeitgleich auch Infektionen mit PRRS- oder Influenzaviren nachweisen kann. Inzwischen verdichten sich Hinweise, dass auch andere bakterielle Erreger zum Ausbruch der Erkrankung beitragen können, wenn die Umstände im Bestand das begünstigen. Zurzeit wird z.B. wissenschaftlich untersucht, ob dies für das Bakterium Streptococcus suis zutrifft. In Infektionsversuchen konnte nachgewiesen werden, dass nicht alle Schweinerassen bzw. Linien gleich empfänglich für Actinobacillus pleuropneumoniae sind. Für die angeborene Abwehrbereitschaft ist vor allem das sofort bereite, sogenannte unspezifische Immunsystem verantwortlich. Dieses unspezifische Immunsystem kann durch Stress und ungünstige Haltungsbedingungen geschwächt werden. Das würde erklären, warum die A.pp. vermehrt in Stresssituationen zum Ausbruch kommt.

In den letzten Jahren wurden einige kommerzielle Impfstoffe gegen A.pp. entwickelt, deren Wirksamkeit durch Infektionsversuche bestätigt ist. Im deutschsprachigen Raum gibt es einen Serotyp 2+9-Totimpfstoff, eine Serotyp2-Totvakzine, einen Kombinationsimpfstoff, der die beiden toxinbildenden A.pp.-Serotypen 1+2 enthält, und eine Subunit-Vakzine (s. Übersicht 1). Lassen sich im Bestand mehrere Serotypen nachweisen, sollte man sich möglichst für einen Impfstoff entscheiden, der vor mehreren Serotypen schützt. Denn zwischen den A.pp.-Serotypen besteht kaum Kreuzimmunität.

Wichtig ist zudem, dass der Impfzeitpunkt für die Ferkel nicht zu früh gewählt wird. Die mütterlichen Antikörper sollten bereits verschwunden sein, wenn die erste Impfung gesetzt wird. Das volle Potenzial der Impfung wird jedoch erst mit der Wiederholungs- bzw. Boosterimpfung ausgeschöpft.

Im Stall von Heiner Frerks ließen sich zwei unterschiedliche Serotypen nachweisen. Der Serotyp 2, gegen den Frerks bis dahin geimpft hatte, gehörte zwar nicht dazu. Trotzdem empfahl der Hoftierarzt dem Landwirt, den verwendeten Impfstoff weiter einzusetzen. Denn bisher gelang es in diesem Betrieb nicht, den Keim aus krankhaft verändertem Lungengewebe anzuzüchten.

Das verendete Masttier wies zwar Symptome einer schweren Lungenentzündung auf. Neben A.pp.-Erregern ließ sich mit Pasteurella multocida jedoch ein weiterer Atemwegserreger in großer Menge nachweisen. Und welcher Erreger letztlich verantwortlich war, ließ sich deshalb nicht klären.

Die Impfung wurde daher beibehalten. Zudem wurden die hustenden Tiere auf Anweisung des Tierarztes antibiotisch behandelt. So konnten weitere Todesfälle verhindert werden, und die Leistungen stabilisierten sich wieder.

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Nicht alle Serotypen machen krank

Weltweit unterscheidet man inzwischen 18 verschiedene A.pp.-Serotypen. Im deutschsprachigen Raum spielt vor allem der Serotyp 2 eine bedeutende Rolle, denn er lässt sich in krankhaft verändertem Lungengewebe verendeter Schweine häufiger nachweisen als andere Serotypen. Das bestätigen auch Auswertungen der Außenstelle für Epidemiologie der Tierärztlichen Hochschule Hannover in Bakum (siehe Übersicht rechts).

Auch die kaum voneinander zu unterscheidenden Serotypen 9 und 11 wurden sehr oft nachgewiesen. Sie gelten aufgrund ihres Toxinbildungsvermögens als sehr krank machend.

Untersucht man Blutproben von Schweinen auf Antikörper gegen die unterschiedlichen Erreger-Serotypen, findet man sogar noch ein wesentlich breiteres Spektrum von Serotypen. In einer deutschen Studie wurden in mindestens 70% aller untersuchten Proben aus A.pp.-positiven Betrieben Antikörper gegen die Serotypen 1, 3, 4, 6, 7, 8, 9 oder 11 gefunden. Antikörper gegen den Serotyp 2 wurden dagegen in wesentlich weniger Proben nachgewiesen.

Man vermutet daher, dass die einzelnen Serotypen über ein unterschiedlich großes Potenzial verfügen, Schweine krank zu machen. Manche Serotypen scheinen zeitlebens harmlose Besiedler der Mandeln zu bleiben. Andere verursachen häufiger Krankheitssymptome.

Daher ist es durchaus sinnvoll, die am Krankheitsgeschehen beteiligten Serotypen im Labor genau bestimmen zu lassen. Nicht selten findet man dabei allerdings auch Stämme des Erregers, die sich mit den verfügbaren Verfahren gar nicht einordnen lassen. Das erschwert die Einschätzung ihrer Bedeutung bzw. Gefährlichkeit für den Bestand.

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