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Beregnung: Jetzt einen Wasserverband gründen?

Lesezeit: 7 Minuten

Wer seine Kulturen künftig beregnen will, hat es als Einzelkämpfer schwer. Was der Zusammenschluss zu einem Verband bringen kann, zeigt Ralph Gockel vom Landesverband der Wasser- und Bodenverbände in Rheinland-Pfalz.


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Bisher sind Bayern und Baden-Württemberg auf der Karte der Wasser- und Bodenverbände (WaBo) im Vergleich zu Norddeutschland weitgehend ein blinder Fleck. Warum ist das so?


Ralph Gockel: Im Süden der Republik war die Dringlichkeit für die Gründung solcher Verbände bisher nicht so hoch. Sie waren eher in Gebieten mit vielen Sonderkulturen, wie etwa Gemüse oder intensivem Obstbau, verbreitet. Politik und Verwaltung im Süden haben dieses Thema vielleicht auch nicht besonders forciert.


Spätestens durch das Trockenjahr 2018 wird die Dringlichkeit, Kulturen gezielt zu bewässern, auch hier im Süden höher. Werden wir künftig sogar Hack- und Getreidefruchtfolgen beregnen müssen?


Gockel: Nein, ich glaube nicht, dass sich eine Bewässerung für normale Ackerkulturen in Zukunft rechnet. Bei höherpreisigen Kulturen wie Kartoffeln, Zuckerrüben oder Körnermais wird sie dagegen interessanter. Künftig gewinnt der Aspekt, Erträge und Qualitäten mit ausreichend Wasser sicherzustellen, an Bedeutung. Das ist z.B. besonders bei Vertragsware, bei sehr kleinen Produktionsmengen oder besonderen Qualitäten der Fall.


Warum raten Sie beregnungswilligen Landwirten zur Gründung und einer Mitgliedschaft in einem WaBo?


Gockel: Weil der Verband für sie im jeweiligen Gebiet die Rechte zur Entnahme des Wassers sicherstellt und sich um die nötige Infrastruktur kümmert. Sie haben als Verband gegenüber der Verwaltung eine viel bessere Position als ein einzelner Landwirt, der mit jedem Eigentümer der Grundstücke, durch die er Leitungen legen will, privatrechtliche Vereinbarungen treffen muss. Als Körperschaft des öffentlichen Rechtes dürfen die Wasser- und Bodenverbände auf der Basis des Wasserverbandsrechts alle Grundstücke und Wirtschaftswege queren bzw. zum Zwecke der Bewässerung betreten. Dieses Recht leitet sich von dem öffentlichen Interesse ab, dass die WaBos das Grundwasser als Ressource überwachen und für einen stabilen Grundwasserhaushalt sorgen.


Würde eine lose Beregnungsgemeinschaft mit ein paar Berufskollegen nicht den gleichen Zweck erfüllen?


Gockel: Im Prinzip ja, aber sie können damit nicht so schlagkräftig auftreten wie ein WaBo, um die landwirtschaftlichen Interessen durchzusetzen. In einer kleinen Beregnungsgemeinschaft hätte ein einzelner Landwirt auch mehr Arbeit. Denn wenn es z.B. um die Querung einer Autobahn oder den Bau einer Straße durch ein landwirtschaftliches Gebiet geht, sind wir erster Ansprechpartner und kümmern uns darum. Die Wasser- und Bodenverbände sitzen außerdem mit am Tisch, wenn es um neue Gesetze, z.B. um die Wasserrahmenrichtlinie, geht. Zudem hat auch die Verwaltung, wie etwa das Wasserwirtschaftsamt oder der Wasserversorger, ein Interesse daran, dass sich die Landwirte größtmöglich bündeln.


Bietet die Mitgliedschaft in einem Wasserverband auch dann Vorteile, wenn die zulässige Entnahmemenge vom Amt, z.B. nach einer längeren Trockenphase, gekürzt wird?


Gockel: Ja, der WaBo ist dann erster Ansprechpartner und kümmert sich um eine gerechte Verteilung der verfügbaren Restmenge. Ein einzelner Landwirt ist dagegen unmittelbar von einer Kürzung betroffen. Ein WaBo hätte in solchen Situationen auch die Möglichkeit zur Wasserentnahme aus größeren Flüssen. Manche Verbände verfügen über Speicherbecken, um im Winter Wasser zu sammeln.


Gab es bei der Verteilung des Wassers in Trockenjahren schon Probleme?


Gockel: Ja, bei der Bewässerung von Frühkartoffeln hatten wir schon Engpässe. Das Problem war, dass die Frostnächte im letzten Jahr nicht nur von 4 bis 7 Uhr andauerten, sondern von 23 bis 8 Uhr. Für diese Zeitspanne hat das Wasser für die Frostberegnung nicht überall ausgereicht. Um allen gerecht zu werden, durfte jeder nur in einem bestimmten Zeitraum Wasser entnehmen. Am Wasserdruck konnten wir überwachen, ob sich alle an die vorgegebenen Zeiten gehalten haben.


Mitglied in einem WaBo sind die einzelnen Grundstücke im Gebiet, nicht die Eigentümer. Wie bekommt man sie alle unter einen Hut?


Gockel: Die WaBos verfolgen durch ihre Aufgabe des Grundwasserschutzes und der Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen ein öffentliches Interesse. Da kann eigentlich nur schwer jemand sagen, das will ich nicht. Wenn man eine sinnvolle Einheit der Grundstücke mit einer klaren Abgrenzung hat, klappt das in der Regel. Probleme gibt es nur in Einzelfällen. Das hängt letztlich auch davon ab, welches Standing die Landwirte in der Region haben. Eigentümer von Grundstücken, die niemals bewässert werden, kann man besänftigen, indem man sie eventuell aus den Mitgliedsbeträgen herausnimmt. Das gilt es sorgfältig zu prüfen. Schäden an den Grundstücken entschädigt der Verband natürlich.


Was sollte man bei einer Verbandsgründung sonst noch beachten?


Gockel: Wichtig ist, die Gründung eines Wasser- und Bodenverbandes gut vorzubereiten und sich rechtliche Hilfe zu holen. Hier kann man sich auch mit anderen Landesverbänden oder mit dem Bundesverband der Wasser- und Bodenverbände in Hannover kurzschließen. Ist man sich mit der Verwaltung einig, ist die Gründung einfach.


Wie werden die Verbände finanziert? Gibt es Zuschüsse durch die Länder?


Gockel: Im Wesentlichen finanzieren wir uns über Mitgliedsbeiträge. Entweder ist in der Satzung ein Betrag je Grundstück oder je verbrauchtem Kubikmeter Wasser festgelegt. Häufig ist der Betrag eine Mischung aus beidem. Gemeinsame Investitionen zu Beginn kommen als einmaliger Beitrag hinzu. In manchen Bundesländern, wie etwa in Rheinland-Pfalz, kann man sich diese Kosten aber auch fördern lassen.


Können WaBos auch noch andere Aufgaben übernehmen?


Gockel: Ja, das Wasserverbandsrecht ist ein Bundesrecht und sieht einen ganzen Katalog an weiteren möglichen Aufgaben vor. So kann z.B. die Entwässerung, die Gewässer- und Wegeunterhaltung oder das Aufhängen von Pheromonfallen im Weinbau in die Satzung aufgenommen werden.


Wie lange werden Genehmigungen zur Wasserentnahme in der Regel erteilt und welche Mindestlaufzeit sollte man anstreben, um als Verband Planungssicherheit zu haben?


Gockel: Man sollte Entnahmerechte für 20 Jahre anstreben, um die Investitionen abschreiben zu können. Wichtig ist zu wissen, dass das Entnahmerecht aufgrund wasserrechtlicher Bestimmungen jederzeit wieder entzogen werden kann. Zum Beispiel, um für eine Gemeinde die Trinkwasserversorgung abzusichern.


Gibt es, was die Genehmigungen angeht, eine einheitliche Richtschnur für die Wasserwirtschaftsämter?


Gockel: In Rheinland-Pfalz ist das landesweit nach einheitlichen Kriterien geregelt. Auf ein abgestimmtes Vorgehen der Ämter sollte der Berufsstand jetzt auch in Bayern und Baden-Württemberg unbedingt drängen! Fränkische Landwirte haben unseren Bundesverband zu dieser Frage bereits um Unterstützung gebeten.


Im Südwesten ist das Verhältnis zwischen Wasserversorgern und Landwirten zerrüttet. Was raten Sie ihnen?


Gockel: Bei uns ist das Verhältnis zwischen Wasserversorgern und den Bauern sehr gut. Ich führe das auf die regelmäßige, sehr offene und sachliche Kommunikation, die auch Themen wie hohe Nitratüberschüsse nicht auslässt, zurück. Die Wasserversorger merken, dass wir es mit dem Grundwasserschutz ernst meinen.


Welche Unterstützung wünschen Sie sich von der Politik?


Gockel: Ich finde, es ist an der Zeit, die Bewässerung als modernes Produktionsmittel anzuerkennen. Die Politik sollte sich aus meiner Sicht zudem mehr Gedanken über die mittelfristigen Perspektiven unserer Nahrungsmittelproduktion machen und wie wir die Folgen des Klimawandels beherrschen können. Welche alternativen Wasserquellen wir neben dem Grundwasser künftig für die Beregnung heranziehen können, ist dabei eine der zentralen Fragen. Es gibt mit „Kliwa“ ein Projekt, das die Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserwirtschaft beleuchtet. Hier gehört die Landwirtschaft stärker in den Fokus.


Im Herbst stand die Investitionsförderung von überbetrieblicher Bewässerungstechnik politisch auf der Kippe. Ist das Thema vom Tisch?


Gockel: Bis 2023 lässt der Bund diese Förderung noch zu. Es ist nun an den Ländern, diese Möglichkeit zu nutzen. In Rheinland-Pfalz haben wir z.B. einen Fördersatz von 50%. Daneben ist eine einzelbetriebliche Förderung in Höhe von 25% über AFP möglich.


silvia.lehnert@topagrar.com


Mehr zum Thema lesen Sie in unserer Serie im top agrar-Hauptheft ab 5/2019, Seite 58.

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