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Braugerste: Ärger mit der BayWa

Lesezeit: 7 Minuten

Ein BayWa-Lagerhaus in Baden-Württemberg zog einem Landwirt für seine Braugersten-lieferung vorläufig 50 €/t für möglichen Spelzenriss ab. Doch das war nicht das einzige Problem, das den Landwirt an seiner Abrechnung ärgerte.


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Auch ein Kontrakt schützt nicht vor bösen Überraschungen. Diese Erfahrung musste Martin Schmid aus Holzgerlingen im Landkreis Böblingen bei der Vermarktung seiner Braugerste im Jahr 2014 machen.


Der Landwirt hatte im Februar letzten Jahres mit der BayWa Agrar in Holzgerlingen einen Verkaufskontrakt über 35 t Braugerste der Sorte Grace zu einem Preis von 185 €/t (plus MwSt.) ab Feld in Containern abgeschlossen. Die BayWa sicherte Schmid vertraglich zu, ihm die dafür notwendigen drei Con-tainer kostenlos zur Verfügung zu stellen. Der Landwirt wollte die Ernte möglichst straff organisieren, weil sein Betrieb mit 50 Pensionspferden sehr arbeitsintensiv ist.


Zwei statt drei Container:

Doch vieles kam anders, als Schmid es sich vorgestellt hatte. So stellte ihm die BayWa zur Ernte Anfang August nur zwei Container bereit. Und auch das mit einigen Tagen Verzögerung. Folge: Der Landwirt musste die restlichen 10,7 t Braugerste selbst zum 16 km entfernt gelegenen BayWa-Lager in Tailfingen transportieren. Weil er auf die Schnelle keinen großen Anhänger organisieren konnte, musste er zweimal fahren. Eine Vergütung für seinen Mehraufwand bekam Schmid bis heute nicht, obwohl er dies mehrfach angemahnt hat.


Bei der Anlieferung erlebte er seine zweite Überraschung. Das Ganzkornmessgerät der BayWa ermittelte für die Partie einen Feuchtegehalt von 15,9 %, was dem Landwirt sehr hoch vorkam. Das Getreide in den beiden Containern lag mit 15,7 % Feuchte knapp darunter.


Mit seinem hofeigenen Feuchtemessgerät hatte Schmid jedoch 14,4 % gemessen. Das vermerkte er auch auf seinem Lieferschein, bevor er ihn unterschrieb. Eine Feuchte-Untersuchung der Rückstellprobe mit einem geeichten Gerät in einer Mühle ergab 14,6 %, die TS-Untersuchung im privaten Backofen 14,8 %.


Laboruntersuchung abgelehnt:

Wegen der großen Abweichung bat der Landwirt die BayWa, Rückstellproben an ein unabhängiges Labor zu schicken, um dort den Feuchtegehalt noch einmal im Trockenschrank ermitteln zu lassen. Dies empfiehlt auch Josef Mahl vom Bayerischen Bauernverband zusammen mit den Vorsitzenden der Erzeugergemeinschaften im bayerischen Schwaben immer wieder. „Der Laborwert ist dann Basis für die Abrechnung, weil der Trockenschrank am genauesten misst“, so Mahl. Die Analysekosten von knapp 20 € (plus MwSt.) trage in der Regel die unterlegene Partei.


Laut Mahl wurden in der Ernte 2014 häufiger als sonst Abweichungen zwischen den Ergebnissen von Ganzkornmessgeräten und Geräten, die gemahlenes Getreide untersuchen, ermittelt. Der Vermarktungsexperte vermutet, dass die feuchte Witterung die Oberfläche der Körner verändert und so Einfluss auf die Messung hatte.


Doch die BayWa Holzgerlingen lehnte eine Laboruntersuchung ab. Begründung: Das Ganzkorngerät sei vom zuständigen staatlichen Eichamt geeicht und damit laut Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Abrechnung zugelassen.


Tatsächlich hätte Schmid die Messung rechtlich nur dann beanstanden können, wenn er nachweisen könnte, dass die Ergebnisse außerhalb der Eichtoleranz liegen. Doch weil die Kosten für eine derartige Prüfung sehr hoch sind, sah er davon ab. Zudem ist die Eichtoleranz für Schnellmessgeräte für den Feuchtegehalt von Getreide hoch. Die Ergebnisse eines solchen Gerätes dürfen vom ermittelten Referenzfeuchtegehalt um 4 % dieses Wertes nach oben oder unten abweichen.


Nur 113 €/t Braugerste:

Endgültig bedient war der Landwirt, als er die Abrechnung seiner Vertragsware zu Gesicht bekam, die ihm die BayWa erst auf Aufforderung einige Tage nach Ablauf des Zahlungszieles schickte. Für insgesamt 37 t Braugerste sollte Schmid laut Abrechnung nur 4 190 € (ohne MwSt.) erhalten. Das entspräche rund 113 €/t und wäre gut 70 €/t weniger als der Kontraktpreis.


Wie kam es zu diesem gewaltigen Abschlag? Allein der Trocknungsschwund und die Trocknungskosten summierten sich auf fast 20 €/t.


Ärgerlich für den Landwirt, aber weniger durchschlagend waren die Abzüge für die Staubentsorgung und der Abschlag für Sortiergerste. Die BayWa verrechnet eigenen Angaben zufolge für die Staubentsorgung pauschal Kosten von 50 ct/t vermarktungsfähiges Getreide. Begründung: Man reinige die Ware vom Staub und entsorge ihn fachgerecht, weil die Abnehmer der BayWa eine einwandfrei gereinigte Ware erwarteten. Die Anlieferungsmenge wurde jedoch zuvor bereits um den „unverwertbaren Ausputz“ und die Sortiergerste bereinigt. Letztere stufte die BayWa als „verwertbaren Ausputz“ bzw. „Abputzgerste“ ein und bezahlte für sie nur 50 €/t.


Den niedrigen Preis begründet die BayWa damit, dass Sortiergerste, die mit 75 €/t bezahlt werde, in diesem Jahr aufgrund des hohen Vollgerstenanteils kaum angefallen sei. Die 50 €/t seien der Preis für Abputzgerste, die 2014 wegen des starken Regens erheblich von Pilzbefall betroffen gewesen sei und somit nicht einmal zur Verfütterung eingesetzt werden könnte.


50 €/t einbehalten:

Der schlimmste Knackpunkt der Abrechnung war ein vorläufiger Qualitätsabschlag von 50 €/t für den Fall, dass bei einer späteren Untersuchung der Rückstellproben versteckter Aufwuchs und Spelzenrissigkeit nachgewiesen werden sollte. Spelzenriss bedeutet, dass ein hoher Anteil an Körnern bzw. Spelzen aufgeplatzt ist. Das wird auch als Premalting bezeichnet. Im Falle eines „Gutbefundes“ sollte Schmid wie die übrigen Braugersten-Lieferanten auch eine „Korrektur“ zu seiner Abrechnung erhalten.


Die BayWa begründet den Abschlag damit, dass Mälzereien zuvor Lieferungen wegen Spelzenrissigkeit und verstecktem Auswuchs zurückgewiesen hätten. Die 50 €/t spiegele die Preisdifferenz von Braugerste zu Futtergerste wider. Laut Kontrakt müsse die angelieferte Ware „gesund und handelsüblich“ sein, und Spelzenrissigkeit widerspreche dieser Bedingung.


„Kein Abzug auf Verdacht!“

In Fachkreisen löst das Vorgehen der BayWa Holzgerlingen jedoch Verwunderung aus. „Prophylaktische Abzüge waren noch nie ein Thema und kann es nicht geben“, so der einhellige Tenor unter Vermarktungsexperten. Hinzu kommt, dass es für die Einschätzung der Spelzenrissigkeit noch keine festen Richtlinien gibt, weil sie selten auftritt. Die Einstufung wird per Handauszählung vorgenommen und richtet sich meist nach dem Anteil der gerissenen Körner.


Wegen dieser Unsicherheit hat Martin Schmid das Einsenden seiner Rückstellproben an ein Labor abgelehnt und vorgeschlagen, seine Braugerste gemeinsam mit dem Lagerhausverwalter auf Premalting zu prüfen. Dieser ging darauf ein und akzeptierte auch den Test, den sich der Landwirt aus dem Internet heruntergeladen hatte. Nach diesem Test liegt der kritische Wert bei 4 % aufgeplatzten Körnern. Bei seinen beiden Proben lag der Spelzenriss unter diesem Wert.


Gut sechs Wochen nach Ende des Zahlungsziels schrieb die BayWa Schmid den Qualitätsabschlag von 50 €/t wieder gut, ohne ihm jedoch Verzugszinsen zu zahlen.


Landhandel war kulanter:

Viel unkomplizierter lief für den Landwirt die Vermarktung von gut 19 t Braugerste an einen privaten Landhändler, die er ohne Kontrakt vermarktete. Hier erlöste er einen Grundpreis von 190 €/t. Der Landhändler verrechnete keine Kosten für die Staubentsorgung und stellte bei 15,3 % Feuchte kulanzhalber auch keine Trocknungskosten in Rechnung. Auch auf Abzüge für Spelzenriss verzichtete er, obwohl die Mälzereien auch bei seinen Lieferungen aufgeplatzte Körner bestraften. So verblieben Schmid von seinem Grundpreis von 190 € noch rund 185 €/t.


Landwirt Schmid zieht aus dem Abrechnungs-Desaster folgende Lehren für künftige Kontrakte:


  • So will er den Passus „gesund und handelsüblich“ streichen. „Jedes Qualitätsmerkmal, das Abzüge verursachen könnte, muss konkret genannt sein“, so Schmid.
  • Der Preis für Sortiergerste muss genannt und höher als 50 €/t sein.
  • Kosten für Staubentsorgung sollen definitiv ausgeschlossen sein.
  • Es wird vermerkt, dass bei verspäteter Zahlung Verzugszinsen anfallen.
  • Eine Trocknungstabelle soll Vertragsbestandteil sein, damit nicht überhöhte Trocknungskosten abgezogen werden.
  • Zudem will Schmid künftig auf Abholung mit dem Container verzichten. „Wenn keine Container geliefert werden, habe ich in der Ernte zusätzlichen Stress, und ich habe keine Kontrolle wie die Probenahme erfolgt“, begründet der Landwirt. Klaus Dorsch

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