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„Dialog war nicht erwünscht“

Lesezeit: 6 Minuten

Milchviehhalter Robert Volkert engagiert sich seit 30 Jahren für den Schutz von Kiebitzen & Co.Doch mit seinen Einwänden stieß er bei den Initiatoren des Volksbegehrens Artenvielfalt auf taube Ohren. Seine Erwartungen an den Runden Tisch halten sich deshalb in Grenzen.


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Das Festhalten an ihrer Ideologie ist vielen Naturschützern offenbar wichtiger als die Auseinandersetzung mit Fakten.“ Dieses harte Urteil fällt Robert Volkert nach seinen Erfahrungen mit den Initiatoren des Volksbegehrens Artenvielfalt in Bayern.


Der Milchviehhalter aus Schwanstetten im Landkreis Roth, der bereits mit 13 Jahren seine ersten Bienenvölker betreute, ist engagierter Vogelschützer. Seine hofnahen Flächen sind ein Eldorado für Bodenbrüter wie Kiebitz und Lerche. Und in seiner Scheune brüten neben Schleiereulen regelmäßig auch Schwalben und Turmfalken.


Als Volkert vor circa einem Jahr erstmals vom Volksbegehren Wind bekam und sich damit auseinandersetzte, war er sprachlos. „Vieles von dem, was dort gefordert wird, widerspricht meinen jahrzehntelangen Erfahrungen und auch neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen“, erläutert der Landwirt.


Kiebitze Mögen MaisÄcker


Das betrifft vor allem den Kiebitz, mit dem sich Volkert seit 30 Jahren beschäftigt. Damals hat er den Bodenbrüter zum ersten Mal auf seinem Acker hinter dem Hof wahrgenommen. Der Standort, ein sandiger Boden mit hohem Humusanteil und mehreren Wassergräben, behagt dem Vogel offenbar so sehr, dass dorthin immer wieder Paare zum Brüten kommen.


Allerdings nur dann, wenn Mais angebaut wird. Wie aktuelle Forschungsergebnisse bestätigen, ist die Kultur für den Kiebitz deshalb attraktiv, weil Maisfelder zur Zeit des Brutbeginns im April kaum Bewuchs aufweisen. Zudem kann er Feinde auf der vegetationsfreien Flur sehr gut wahrnehmen.


Wenn die Kiebitze brüten, sucht Volkert die Nester und achtet bei der Bewirtschaftung darauf, dass er sie nicht stört. Seit einigen Jahren lockt er die Kiebitze an, indem er im Herbst mit einem Grubber an feuchten Stellen gezielt 3 m breite und etwa 10 m lange Mulden anlegt.


Mulden wirken wie Magnete


Diese etwa 20 cm tiefen Senken, in denen im Frühjahr oft Wasser steht, sind potenzielle Tränke- und Futterstellen. „Sie wirken auf die Kiebitze nach ihrer Rückkehr aus ihrem Winterquartier wie ein Magnet“, berichtet Volkert. „An einzelnen Tage habe ich 50 Kiebitze gezählt.“ Etliche von ihnen bleiben, um ihre Nester dort zu bauen. „2016 haben sechs Paare auf meinem Acker hinter dem Hof gebrütet“, erzählt der Landwirt.


Diese Erfolge konnten sich auch deshalb einstellen, weil sich die ersten Gehölze erst in mehreren Hundert Meter Entfernung befinden. „In Heckenlandschaften ist der Kiebitz nicht zu finden, weil dort Beutegreifer auf den Bodenbrüter lauern können“, verweist der Landwirt auf eine neue Studie der Universität Gießen und der Hochschule Rottenburg zum Thema „Nachhaltige Landnutzung und Artenvielfalt“.


Als ihn das Landratsamt zu einer Eingrünung an seinem Jungviehstall, der direkt an den „Kiebitzacker“ grenzt, verpflichten wollte, lehnte Volkert dies mit Verweis auf die Folgen für die Kiebitze ab. Die Behörde nahm ihre Androhung mit Zwangsgeld jedoch erst dann zurück, als Volkert den Mitverfasser der Studie und bundesweit bekannten Vogelkundler Prof. Thomas Gottschalk einschaltete.


Drei mal abgeblitzt


Nach dieser Erfahrung war Volkert klar, dass Behörden stur nach Gesetzen entscheiden und nicht nach Sachlage, auch wenn eine Vorschrift dem Artenschutz zuwiderläuft. „Weil es sich beim Volksbegehren um eine Gesetzesänderung mit weitreichenden Konsequenzen handelt, war es mir wichtig, mit den Verfassern ins Gespräch zu kommen und auf die kritischen Punkte hinzuweisen“, erläutert der Landwirt.


Er besuchte im Vorfeld des Volksbegehrens drei Veranstaltungen der ÖDP und bat jedesmal darum, seine Erfahrungen vorzutragen. Doch keiner der Initiatoren kam auf Volkerts Hof, um sich seine Argumente anzuhören. Erst nach der Durchführung des Volksbegehrens organisierte der ÖDP-Kreisverband Roth eine kleine Gesprächsrunde, bei der der Landwirt seine Bedenken gegen das Volksbegehren vortragen konnte.


Viele Kritikpunkte


Konkret hat Volkert folgende Kritikpunkte:


  • Das Volksbegehren macht die vorherrschende Landwirtschaft nach der guten fachlichen Praxis für den Artenverlust verantwortlich. Nach Volkerts Erfahrung ist diese aber die Basis für die Artenvielfalt.
  • Die Initiatoren des Volksbegehrens beurteilen Pflanzenschutzmittel grundsätzlich negativ. Auf Kiebitzflächen wäre die mechanische Unkrautbekämpfung jedoch viel gefährlicher für die Gelege und die Küken als der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.
  • Bei Zwischenfrüchten führt die gelegentliche Behandlung mit Glyphosat nach der Getreideernte dazu, dass frühzeitig eine Zwischenfrucht eingesät werden kann. Diese kann bereits ab August über mehrere Monate blühen und bietet Nahrung für viele Insekten. Müssen dagegen Wurzelunkräuter nach der Ernte mehrfach mechanisch bekämpft werden, kann die Zwischenfruchtaussaat erst deutlich später erfolgen, sodass den Insekten deutlich weniger Nahrung zur Verfügung steht.


keine Mulden mehr


  • Das Volksbegehren schreibt vor, dass auch selbst angelegte Bodensenken nicht mehr verfüllt werden dürfen. Volkert wird deshalb keine Mulden mehr für die Kiebitze anlegen, weil er sich damit dauerhaft Bewirtschaftungserschwernisse schaffen würde.
  • Die Verpflichtung zum Biotopverbund würde dazu führen, dass Volkert in seinem Kiebitzacker Landschaftselemente anlegen müsste, um sogenannte Kernflächen zu verbinden. Das würde dazu führen, dass die Kiebitze diese Flächen meiden.
  • Die Verpflichtung zu Gewässerrandstreifen wird dazu führen, dass dort vermehrt Hunde von Spaziergängern herumlaufen werden, die schon jetzt die größte Gefahr für Bodenbrüter und Niederwild sind.
  • Die Verpflichtung, 10% des Grünlandes nach dem 15. Juni zu mähen, hätte zur Folge, dass Volkert Futter fehlt, das er durch mehr Zwischenfruchtfutter ausgleichen müsste. Das wiederum hätte zur Folge, dass er weniger Zwischenfrüchte anbauen kann, die blühen und auf dem Feld verbleiben. Damit würde auch den Rebhühnern im Herbst und Winter eine wichtige Deckung vor Beutegreifern fehlen.
  • Besser für den Artenschutz wäre laut Volkert beim ersten Schnitt, der für die Milchviehhalter extrem wichtig ist, keine Terminvorgabe zu machen und dafür den zweiten Schnitt, der wenig Obergräser enthält, länger stehen zu lassen.


Große Ernüchterung


Angesichts seiner bisherigen Erfahrungen mit den Initiatoren und ihren aktuellen Verlautbarungen, ist bei Landwirt Volkert aber große Ernüchterung eingetreten: „Ich bezweifele, dass die Naturschützer beim Runden Tisch für sachliche Positionen offen sind und habe diesbezüglich auch keine großen Erwartungen mehr.“


klaus.dorsch@topagrar.com

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