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topplus Nach Volksbegehren

Heidl: „Artenschutz ist nicht nur ein landwirtschaftliches Thema!“

Die bayerischen Bauern bekennen sich zu ihrer Mitverantwortung für den Erhalt der Artenvielfalt. Bei den jetzt anstehenden Verhandlungen über die Ergebnisse des bayerischen Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ erwartet der Präsident des Bayerischen Bauerverbandes, Walter Heidl, aber auch, das landwirtschaftliches Fachwissen beachtet und das Eigentum respektiert wird.

Lesezeit: 6 Minuten

Haben die Initiatoren des Volksbegehrens den Bayerischen Bauernverband (BBV) eingeladen, am Gesetzentwurf mitzuarbeiten?

Heidl: Wir führen regelmäßig Gespräche mit Naturschutzverbänden und den Grünen. Doch vonseiten der Initiatoren des Volksbegehrens gab es keine Kontaktaufnahme und keinen Versuch, den Bauernverband in das Volksbegehren oder bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfs einzubinden.

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Wie erklären Sie sich das?

Heidl: Ich will keine Mutmaßungen anstellen. Eines ist klar: Als Landwirtschaft haben wir eine Mitverantwortung für den Erhalt der Artenvielfalt in Bayern. Und dieses Thema nehmen wir ernst. Das zeigt auch ein Blick auf die Zahlen: jeder zweite bayerische Landwirt (50.000 Betriebe) macht auf insgesamt 40 % der Landwirtschaftlichen Nutzfläche Bayerns (1,3 Mio. Hektar) bei den Agrarumweltprogrammen mit, das Volumen im Vertragsnaturschutz hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Aber wir setzen dabei auf Naturschutz auf Augenhöhe, Freiwilligkeit vor Ordnungsrecht ist die Devise. Das ist ein grundlegender Unterschied zum Volksbegehren in der Herangehensweise, im Umgang mit den Bewirtschaftern und Eigentümern.

Warum sind die nachvollziehbaren Mahnungen des BBV vor und während des Volksbegehrens nicht bei den Wählern angekommen?

Heidl: Das Volksbegehren hat mit der Artenvielfalt ja nicht nur ein wichtiges Thema aufgegriffen, sondern es hatte mit der Biene ein sympathisches Maskottchen und in der Landwirtschaft einen vermeintlich klaren Schuldigen. Dem komplexen Thema wird das nicht ansatzweise gerecht, aber es war für viele Unterstützer ein verlockendes Angebot: Wer etwas für die Umwelt und sein grünes Gewissen tun will, muss einfach nur ins Rathaus gehen und unterschreiben. Gegen diese einfache und verlockende Botschaft ist mit Sachargumenten nur schwer anzukommen. Trotzdem war die Arbeit des Verbandes und der vielen Landwirte, die sich zu Wort gemeldet haben, wichtig: Erst durch die dadurch angestoßene Debatte, wurde über die Probleme des Gesetzentwurfs und die Anliegen der Bäuerinnen und Bauern geredet.

Hat die Agrarbranche zu wenig über die Leistungen der Landwirte für die Artenvielfalt, über das Kulturlandschaftsprogramm oder den Vertragsnaturschutz bekannt gemacht?

Heidl: Sicherlich hätten Politik, Ministerium und Bauernverband in den letzten Jahren noch deutlich mehr und offensiver über das sprechen müssen, was in Bayern bereits alles auf den Feldern und Wiesen für die Artenvielfalt gemacht wird. Aber gleichzeitig darf man sich nichts vormachen: Mit dem Volksbegehren zielen die Initiatoren gegen die bayerische Staatsregierung, die moderne Landwirtschaft dient als willkommenes Feindbild, die Bäuerinnen und Bauern werden in dieser Situation einfach in Geiselhaft genommen. Eine Debatte, in der nur zwischen Schwarz und Weiß, Gut und Böse, Landwirtschaft oder Artenschutz unterschieden wird, lässt sich eben nicht mit Prozentzahlen zu den Agrarumweltmaßnahmen gewinnen.

Hätte sich der Bauernverband in der Debatte offener zeigen müssen?

Heidl: Die Bäuerinnen und Bauern sind bereit, ihren Teil beizutragen. Daran haben wir genauso wenig Zweifel gelassen, wie an unserer Forderung, dass diese Leistungen auch honoriert werden müssen. Und da steckt bereits das Problem des Volksbegehrens. Denn es handelt sich ja nicht um eine nette Unterschriftenaktion für Bienen, sondern um ein klar definiertes Gesetzgebungsverfahren. Der Gesetzentwurf, so wie er jetzt auf den Weg gebracht wurde, hätte viele Einschränkungen und Verbote für die Landwirtschaft zur Folge. Wie soll denn ein bayernweit einheitliches Walzverbot ab 15. März funktionieren, wenn zu diesem Zeitpunkt in manchen Teilen Bayerns noch Schnee liegt? Die Probleme gehen aber deutlich über solch unrealistische Vorgaben hinaus. Kommen die Regelungen aus dem Gesetzentwurf, dürfte aus förderrechtlichen Gründen zum Beispiel bei den Gewässerrandstreifen oder bei späteren Schnittzeitpunkten im Grünland kein Geld mehr oder nur noch eine geringerer Ausgleich gezahlt werden. Das muss man so klar benennen, sonst stehen am Ende diejenigen mit leeren Händen da, die schon heute viel für den Natur- und Artenschutz in Bayern tun.

Wie intensiv und vertrauensvoll ist aktuell der Dialog des BBV mit den landwirtschaftskritischen Institutionen?

Heidl: Am 20. Februar haben sich zum ersten Mal alle Beteiligten zu einem runden Tisch in der Staatskanzlei getroffen. Der Bauernverband hat sich offen gezeigt für die Diskussion, weil wir auch eigene Anliegen in den Prozess einbringen wollen, z.B. Maßnahmen gegen den rasanten Verlust von landwirtschaftlichen Flächen und damit von Lebensraum für Pflanzen und Tiere. Nach der Debatte rund um das Volksbegehren wollen und müssen wir jetzt an einer praxistauglichen Lösung für unsere Bauern in Verbindung mit kooperativem Artenschutz mitarbeiten. Wir haben uns zu diesen Themen in der Vergangenheit mit den unterschiedlichsten Organisationen, Parteien und Interessengruppen ausgetauscht und bieten auch jetzt Dialog und Zusammenarbeit an. Die Alternative wäre eine Diskussion, die ohne die Landwirtschaft geführt wird. Das ist keine Option für mich.

Wie muss sich der Berufsstand in Zukunft aufstellen, um mehr Mitsprache und Einfluss auf Volksbegehren und andere Aktivitäten mit landwirtschaftlichen Bezug von nichtlandwirtschaftlichen Initiatoren zu bekommen?

Heidl: Darauf gibt es keine einfache Antwort, denn die Anzahl der Themen und Akteure in der politischen und gesellschaftlichen Debatte rund um die Landwirtschaft nimmt tagtäglich zu. Das eine ist die klassische Arbeit als Interessenverband, in der der Bauernverband nicht nur den Überblick über aktuelle Trends und Entwicklungen behalten muss, sondern in dieser Situation auch als kompetenter und konstruktiver Ansprechpartner zur Verfügung stehen muss. Seit 2011 setzen wir z. B. gemeinsam mit dem Landesverband der bayerischen Imker die Aktion „blühende Rahmen“ um Ackerflächen erfolgreich um. Das andere ist die Öffentlichkeitsarbeit und das Image der Landwirtschaft. Um hier wirklich ausreichend Gewicht in die Waagschale zu legen, müssen wir Kräfte bündeln und neue Schlagkraft entwickeln. In Bayern haben wir uns 2016 gemeinsam mit anderen Organisationen im Umfeld der Landwirtschaft mit dem Verein „Unsere bayerischen Bauern“ auf diesen Weg gemacht.

Was erwarten Sie jetzt vom runden Tisch und anschließend von der bayerischen Staatsregierung?

Heidl: Ich erwarte, dass das Wissen und die Erfahrungen der Landwirtschaft zum Tragen kommen, dass der Eigentumspakt zum Beispiel mit dem Grundsatz „Freiwilligkeit vor Ordnungsrecht“ beachtet wird und die Leistungen der Landwirte für den Natur- und Artenschutz nicht nur anerkannt, sondern auch honoriert werden. Und vor allem darf die Diskussion nicht beim Thema Landwirtschaft stehen bleiben. Wir brauchen beim Artenschutz einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz.

Zur Person:

Walter Heidl (59) ist seit 2012 Präsident des Bayerischen Bauernverband und seit 2015 Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes.

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