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Güllezusätze: Nur die Säure bringt’s

Zusatz in die Gülle kippen, Stickstoff schützen – und damit von der Schleppschuhpflicht befreit sein: So die Hoffnung vieler Praktiker. Doch bayerische Agrarforscher winken ab.

Lesezeit: 6 Minuten

Das Ergebnis vorweg: Nichts wirkt so gut gegen Geruch und Ammoniakverluste, wie die Gülle im Boden abzulegen.

Güllezusätze könnten Ammoniakverluste aber bereits im Stall und Lager reduzieren, und das zusätzlich zur bodennahen Ausbringung. Händler und Praktiker loben Pflanzenkohle, Mikroorganismen, Leonardit (Braunkohle) oder Gesteinsmehl. In Dänemark ist der Zusatz von Schwefelsäure gängige Praxis, dies jedoch vor allem in Kombination mit streifenförmiger Ausbringung.

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Vor zehn Jahren wurden die wissenschaftlichen Erkenntnisse über Güllezusätze zum letzten Mal zusammengefasst.

Zukunft für Breitverteiler?

Doch nun rückt das Thema wieder ins Rampenlicht. Ab 2025 ist die streifenförmige Ausbringung bzw. Injektion auch auf Grünland und bei mehrschnittigem Feldfutterbau Pflicht. Laut Düngeverordnung können die Bundesländer Ausnahmen erlassen, wenn es eine Alternative gibt, die zu vergleichbar geringen Ammoniakemissionen führen. Könnten Güllezusätze diese Alternative sein?

Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) hat die Güllezusätze nun selbst neu untersucht. Im Rahmen einer Masterarbeit befragte sie Händler, durchforstete bisherige und neue Forschungsergebnisse gründlich und führte selbst Versuche durch. Sie testete im Labor, welche Zusätze die Ammoniakausgasung im Güllelager verringern. Und auf dem Spitalhof in Kempten testete sie dies auch für die Gülleausbringung.

Alte Erkenntnis

Doch auch mit den neuen Erkenntnissen warnt die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft: Die Gülle mit Schwefelsäure zu behandeln, ist neben einer starken Verdünnung die bislang einzige bekannte Maßnahme, die sicher zu einer deutlich geringeren Ammoniakemission gegenüber Breitverteilung mit unbehandelter Gülle führt. Bei anderen derzeit beworbenen und bekannten Behandlungsmaßnahmen gebe es keine ausreichende oder sichere Wirkung.

Ammoniak schadet Arten

Doch warum diese Fokussierung auf Ammoniak? Häufig wird vergessen, dass es bei der Düngeverordnung nicht nur um Stickstoff in Form von Nitrat geht, sondern auch um Ammoniak.

Denn Deutschland hat sich im Rahmen der sogenannten NEC-Richtlinie (Europäische Richtlinie für nationale Emissionshöchstmengen) verpflichtet, seinen Ammoniakausstoß bis 2030 um 29% im Vergleich zum Jahr 2005 zu reduzieren.

Rund 95 % der deutschen Ammoniakemissionen stammen aus der Landwirtschaft. Ammoniak aus der Landwirtschaft trägt mit etwa 50 % zur Versauerung und mit etwa 58 % zur Eutrophierung von empfindlichen Ökosystemen aus der Luft bei und wirkt sich damit auch auf die Artenvielfalt aus.

Die größten Verluste treten beim Lagern und nach dem Ausbringen von Wirtschaftsdüngern auf.

Verlust halbiert

In den LfL-Versuchen konnte nur die Säure die Ammoniakausgasungen mindern. Beim Lagerungsversuch reduzierte die Behandlung mit Schwefelsäure die Ammoniakemissionen um 71 % im Vergleich zur unbehandelten Gülle.

Beim Ausbringungsversuch waren es 33 % weniger Emissionen im Vergleich zur unbehandelten Gülle.

Säure (noch) in Diskussion

Sofort einsatzbereit wäre die Säure jedoch nicht. Laut Düngemittelverordnung (DüMV) ist die Schwefelsäure ein Aufbereitungsmittel oder Anwendungshilfsmittel.

Zu beachten ist hier die Qualität der Schwefelsäure. Diese muss frei von Schadstoffen sein, weshalb eine Verwendung von Abfallsäuren ausscheidet. Wer die Gülle im Stall oder Lager ansäuert, muss möglicherweise damit rechnen, dass die angesäuerte Gülle nicht mehr als „Jauche-Gülle-Sickersaft (JGS)“ im Sinne der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) eingestuft wird. Stattdessen könnte sie als angesäuerter Wirtschaftsdünger in eine Wassergefährdungsklasse fallen.

Daraus ergäben sich gegebenenfalls weitere Anforderungen, z. B. an die baulich-technische Ausgestaltung in Stall und Lager. Wird die Säure am Pumpwagen mittransportiert, um die Gülle während der Ausbringung anzusäuern, so benötigt der Fahrer einen sogenannten ADR-Schein für den Gefahrguttransport im öffentlichen Verkehrsraum. Und es gibt weitere rechtliche Bedenken bezüglich Verkehrs- und Arbeitssicherheit im Umgang mit einer hochkonzentrierten Säure.

Verkäufer versprechen viel

Nur wenige Händler von Biokohle, Gesteinsmehl und effektiven Mikroorganismen versprechen ausdrücklich eine Minderung der Ammoniakemission. Eine Geruchsminderung hingegen versprechen fast alle. In einigen Fällen werben sie auch damit, dass die Zusätze die Nährstoffe besser pflanzenverfügbar machen. Die Fließfähigkeit der Gülle sollen einige Gesteinsmehle fördern.

Mikroorganismen: Bakterien helfen nicht

Effektive Mikroorganismen (EM) sind Mischungen aus verschiedenen mikrobiellen Stämmen, die sich je nach Händler unterscheiden.

Ob die EM den Geruch der Gülle beim Ausbringen reduzieren können, ist bislang nicht quantitativ untersucht. Im Güllelager ist der Effekt unklar. Tendenziell ist er aber auch dort eher gering.

Was die Ammoniakausgasung angeht, zeigen Literatur und Versuche der LfL: Diese können die Effektiven Mikroorganismen weder im Lager noch beim Ausbringen mindern.

Pflanzenkohle: Gut für die Nase

Kohle wirkt sowohl im Lager als auch beim Ausbringen meist geruchsmindernd. Wie sehr, das schwankt jedoch stark.

Im Lager kann Kohle die Ausgasung von Ammoniak möglicherweise leicht mindern, bei der Ausbringung hat sie manchmal gar einen leicht steigernden Effekt, manche Kohlen auch einen mindernden.

Kohle ist offensichtlich nicht gleich Kohle. Hier sind weitere Forschungen nötig, um zu klären, welche Eigenschaften Kohlen haben müssen, um wirkungsvoll zu sein.

Schwefelsäure: Ja, aber...

Die neuen Versuche sowie die ältere Literatur bestätigen: Kein Zusatzstoff mindert die Ammoniakverluste bei der Güllelagerung und -ausbringung so sehr wie Schwefelsäure. Durchschnittlich gehen 50 bis 60% weniger verloren.

Und das, obwohl sie die Geruchsemissionen bei der Lagerung sogar leicht erhöht. Prinzipiell kann die LfL die Säure also zur Ammoniakminderung empfehlen.

Für Praktiker bleiben jedoch offene Fragen: Was macht die Säure mit dem Beton des Güllebehälters? Bleibt die Privilegierung der JGS-Anlage bestehen? Und kann sich möglicherweise vermehrt Schwefelwasserstoff durch die Zugabe von Schwefelsäure bilden? All das ist bisher noch nicht geklärt.

Gesteinsmehl: Nutzt, aber nicht immer

Zerkleinertes Gestein mit einer Korngröße von unter 0,2 mm wird als Gesteinsmehl verkauft. Es gibt „Urgesteine“ mit hohem Silikatanteil wie z. B. Diabas, Granit und Basalt. Auch Tone werden als Gesteinsmehl verkauft, z. B. unter den Namen Bentonit oder Montmorillionit.

Forschungsergebnisse zeigen, dass einige Gesteinsmehltypen die Ammoniakausgasung vor allem im Güllelager mindern können. Dort mindern sie meistens auch den Geruch.

Zeolith, Na-Bentonit und Catomin schafften in Studien mehr als 50 % Ammoniakminderung, Biolit mehr als ein Drittel. Allerdings schwankten die Ergebnisse für jeden einzelnen Stoff stark. Welchen Stoff und wann und wie man die Stoffe einsetzt, scheint daher großen Einfluss auf das Ergebnis zu haben. Auch gibt es weitere offene Fragen.

Dieser Beitrag stammt aus der Südplus 8/2019. Jetzt testen.

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