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Nicht alles Sonnenschein bei der Wetterprognose

Lesezeit: 8 Minuten

Kann eine kostenlose App zuverlässig vorhersagen, ob es in 14 Tagen regnet? Wir haben mit dem Meteorologen Dr. Meeno Schrader und Landwirten gesprochen, warum einige Prognosen oft komplett falschliegen und wie es andere genauer können.


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Ich suche mir einfach jeweils die mit dem besten Wetter aus“, sagte uns ein Landwirt auf die Frage, welche seiner vier Wetter-Apps am besten ist. So geht’s vielen Praktikern: In den App-Stores, auf vielen Homepages, im Radio, im Fernsehen – Wetter ist überall Thema. Und oft unterscheiden sich die Prognosen. Beim einen regnet es auf die Stunde genau wie vorhergesagt, der andere meldet Sonnenschein und erkennt die Gewitterzelle gar nicht.


Die Wetterprognosen basieren auf Rechenmodellen. Physikalische Größen und Vorgänge werden beobachtet und in die Zukunft gerechnet. Wie ändert sich das Wetter mit hoher Wahrscheinlichkeit in Bezug auf Temperatur, Wind, Windrichtung, Feuchte, Niederschlag?


Unterschiedliche Rohdaten:

Die Vorhersagen basieren auf unterschiedlichen Rohdaten, die meist von staatlichen Wetterdiensten oder ähnlichen Organisationen gerechnet und an die privaten Wetterdienste verkauft werden. Diese privaten Anbieter gehen unterschiedlich damit um: Einige vermarkten sie direkt, andere veredeln die Daten mithilfe von selbst entwickelten Vorhersageverfahren. Diese erlauben eine häufigere Aktualisierung und eine kleinräumige Berechnung.


Bei der Aufbereitung der Daten entscheidet sich die Qualität der Prognosen. Vor allem die Anbieter von kostenlosen Apps oder Homepages verwenden meist ein einzelnes Rechenmodell. Meistens handelt es sich um dasselbe US-amerikanische Programm. Diese Apps nutzen die Wetterprognose quasi als Werbeträger und finanzieren sich über diesen Weg. Das US-Rechenmodell gilt in der Branche aber nicht als das treffsicherste.


Unternehmen mit kostenpflichtigen Angeboten arbeiten die Rohdaten meist auf, sie veredeln die Daten. Sie setzen dazu verschiedene statistische Verfahren ein und bilden aus den einzelnen Prognosen eine Art Mittelwert (Ensemble-Methode). So weit wie möglich beobachten sie die Treffsicherheit der einzelnen Rechenverfahren und entscheiden danach, mit wie viel Gewicht das Ergebnis in die Prognose eingeht. Meteorologe Meeno Schrader, der u.a. auch beim NDR 3 auftritt, arbeitet in seinem Unternehmen WetterWelt z.B. mit sieben unterschiedlichen Verfahren. Trotzdem, es bleibt das Wetter, und auch der leistungsfähigste Supercomputer bringt niemals die 100%ige Treffsicherheit.


Einige aufwendige Rechenmodelle gleichen ihre Prognose außerdem automatisch mit ähnlichen Entwicklungen ab. Das Verfahren heißt Model-Output-Statistics – es checkt die Plausibilität durch den Vergleich mit den Aufzeichnungen der Vergangenheit. Damit das einigermaßen passt, muss das System mindestens 15 Jahre zurückblicken können. Wettermann Schrader hat aber festgestellt, dass es seit etwa zehn Jahren mehr und mehr extreme, lokale Wetterereignisse gibt, wie z.B. Starkregen, die diese Methode weniger sicher machen. Er führt das eindeutig auf den Klimawandel zurück.


Viele – vor allem die kostenlosen Apps – blicken weit in die Zukunft. So traut sich z.B. wetter.com eine ZwölfTages-Prognose zu, wetteronline acht Tage. Meteorologen halten das nicht für realistisch.


Das Wetter ist ein chaotisches System, auch kleine Effekte können große Änderungen nach sich ziehen – die komplett ins Gegenteil führen. Es ist relativ leicht, in einer stabilen Hochdrucklage die nächsten Sonnentage vorherzusagen. Schwierig wird es bei wechselndem Wetter und kleinräumigen Lagen. Während bei einigen Modellen drei Tage im Voraus hohe Treffsicherheiten eher die Ausnahme sind, trauen sich die guten Modelle vier bis fünf Tage mit „guter Qualität“ zu. Alles darüber sei keine Prognose mehr, sondern nur ein Trend, sagt Schrader. Es geht dabei eher um Größenordnungen, wie z.B. „es wird um 1 bis 3°C kälter“.


Beim Trend lassen sich einige Teile des Wetters einfacher vorhersagen als andere. Temperaturen und die Wind- richtung gehören zu den leichteren. Weniger leicht wird es schon bei der Windgeschwindigkeit, vor allem in bergigen Gegenden. Noch schwieriger sind Regenmengen, relative Feuchte und besonders auch die Verdunstung, die vom Boden, der Feuchte, Temperatur und dem Wind abhängt. Gewitterzellen sind sehr mobil und ihr Weg lässt sich über einen längeren Zeitraum nicht vorhersagen – nur die allgemeine Gefahr von Gewittern.


Örtlich ist schwierig:

Generell sind lokale Wetterereignisse die Königsdisziplin. Entscheidend ist das Raster – die Maschenweite des Netzes – der Prognosemodelle. Die einfacheren, wie z.B. das amerikanische Programm, arbeiten in Deutschland mit relativ großen Abständen. Die Maschenweite kann bis zu 60 km betragen. Das Programm glättet die Zwischenräume, sodass der Eindruck einer kleinräumigen Vorhersage entsteht. Andere, meist kostenpflichtige Dienste, versuchen mit einem möglichst engen Raster zu arbeiten. Dabei sind künftige Maschenweiten von ca. 5 km, teils sogar enger, mittlerweile realistisch.


Ein weiterer wichtiger Faktor für die lokalen Wetterereignisse ist der Zeitraum zwischen den Aktualisierungen. Die meisten kostenlosen Angebote aktualisieren sich höchstens alle drei Stunden. In Kombination mit einem weiten Prognosenetz lassen sich Gewitterzellen dann kaum treffsicher lokalisieren – sie rutschen teils durch. Bei den besseren Angeboten gibt es eine stündliche Aktualisierung – teils gegen Aufpreis als in-App-Kauf. Bei der recht guten App WeatherPro kostet das Premiumangebot, u.a. mit stündlicher Aktualisierung, 9,99 € Aufpreis im Jahr.


Gutes Regenradar?

Viele Landwirte nutzen zur kurzfristigen Planung gerne das Regenradar. In Deutschland betreibt der DWD dazu 17 Stationen – die eine gute Abdeckung bieten. Wie auch bei den anderen Wetterdaten verkauft der DWD die Radardaten an private Anbieter. Auch hier entscheidet das Aufbereiten der Daten über die Qualität – werden z.B. Störsignale richtig interpretiert und herausgerechnet oder verfälschen sie die Abbildung.


Die meisten Radar-Angebote blicken eine bis maximal 1,5 Stunden recht treffsicher voraus. Darüber hinaus wird es meist ungenau, denn viele Berechnungsprogramme rechnen den Regenzug einfach linear weiter und berücksichtigen dabei keine dynamische Entwicklung, wie z.B. drehenden oder ab-schwächenden Wind.


Professionell und genauer:

Neben den mehr oder weniger kostenlosen Apps können Landwirte auch professionellere Angebote nutzen, die auf den Agrar-Bereich zugeschnitten sind. Dabei gibt es unterschiedliche Formate neben der App. Einige Dienste sind nur html-basiert. Sie laufen also als Internetseite, die man aber natürlich auch per Smartphone abrufen kann.


Oft bedienen die Dienste andere „Verteiler“ oder Anbieter mit Wetterinformationen. Unsere Rubrik Acker + Agrarwetter unter www.topagrar.com nutzt bspw. die von uns ausgewählten Parameter des Dienstleisters Qmet – mit guten Resonanzen aus der Praxis. Das Unternehmen WetterWelt von Meeno Schrader beliefert derzeit den schleswig-holsteinischen Lohnunternehmerverband mit Wetterprognosen für die Landwirtschaft. WetterWelt bietet auch den speziellen Service einer individuellen Telefonberatung an. Beim Agrartelefon zahlt der Kunde 29 € Grundgebühr pro Jahr und 5 bis 10 € für ein persönliches Gespräch mit einem Meteorologen. Er erhält dann eine sehr genaue Prognose für die nächsten fünf Tage. Ähnliche Angebote gibt es auch von anderen Anbietern. Vor der Gras- oder Getreideernte kann diese hoch genaue Prognose bares Geld bringen. So interessant wie die Prognosen auch sind: Die Landwirte brauchen auch die aktuellen Wetterdaten bzw. den Blick zurück: Wie warm ist es, wie stark weht der Wind aus welcher Richtung, wie viel Liter hat der Schauer in der Nacht gebracht?


Eigene Station:

Im Handel bzw. Internet gibt es eine ganze Fülle elektronischer Wetterstationen. Alle arbeiten per Funk und versorgen ein Display im Haus mit Informationen. Auch der Anschluss ans WLAN ist möglich. Dann lassen sich die Daten von unterwegs per Smartphone abrufen. Die Preise starten – teils sogar inklusive Regenmesser – bei rund 100 €.


Oft schwankt die Qualität sogar innerhalb eines Anbieters bzw. beim gleichen Modell. Diese Erfahrungen haben wir auf unserem Testbetrieb Frerk Francksen, Butjadingen, gemacht. Während die Station Mobile Alerts des Herstellers Technoline (ca. 130 €) bei zwei Nachbarbetrieben seit einem Jahr super läuft und auch wir die Daten genutzt haben, kam es bei der gleichen, neueren Station bereits mehrfach zu Störungen. Einmal war die Funkübertragung gestört, zurzeit gibt es ein mechanisches Problem mit dem Regenmesser, der wie üblich mit einer Zählwippe arbeitet. Dieser Anbieter ist zwar sehr kulant und schickt direkt Ersatz. Doch generell sind die Erfahrungen der Praxis mit den einfachen und günstigen Geräten eher durchwachsen. Schwachstelle ist durch seine mechanischen Teile häufig der Regenmesser.


Doch eine Profistation scheidet für landwirtschaftliche Betriebe aus. Ihr Preis liegt zwischen 12000 und 18000 €. Im halbprofessionellen Bereich gibt es allerdings Stationen u.a. vom amerikanischen Hersteller Davis, die recht gute Bewertungen bekommen (www.davis- wetterstationen.de). Je nach Händler starten die Preise bei rund 700 €. Da-für gibt es ein Wanddisplay und die Messstation inklusive Halter. Die Messtechnik umfasst bei dieser Ausstattung einen Regenmesser, Temperatur- und Feuchtesensoren sowie einen Windmesser für Richtung und Geschwindigkeit. Die Übertragung läuft per Funk, die Messstation versorgt sich über ein Solarpanel mit Strom. Bei weiten Strecken zwischen Station und Display kann man Repeater (Solar- oder Netzstrom) zwischenschalten. Gegen rund 200 € Aufpreis gibt es auch einen Datenlogger zum Anbinden der Station an den PC oder WLAN. Wer die Daten z.B. in der Schlagkartei weiter verarbeiten möchte, sollte sich aber vorher genau informieren, ob die Datenformate kompatibel sind. Eventuell empfehlen auch die Anbieter der Schlagkarteien spezielle Wetterstationen zum Sammeln der Daten.


Guido Höner

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