Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Milchpreis Maisaussaat Ackerboden Rapspreis

topplus Aus dem Heft

100% Biofütterung: Wie realisieren?

Lesezeit: 4 Minuten

Seit Jahresbeginn schreibt die neue EU-Bioverordnung die 100%-ige Biofütterung bei Schweinen ab 35 kg vor. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Praxis?

Für Turbulenzen am Biofuttermittelmarkt sorgt zusätzlich zu der insgesamt knappen Versorgungslage aktuell auch die seit dem 1. Januar 2022 in Kraft getretene neue EU-Bioverordnung. Die neuen Vorgaben schränken den Einsatz von konventionellen Eiweißfuttermitteln deutlich ein. Bis vor Kurzem konnten Bioschweinehalter unter bestimmten Bedingungen die Rationen noch mit bis zu 5% konventionellen Eiweißfuttermitteln optimieren.

Das Wichtigste zum Thema Schwein mittwochs per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Seit Jahresbeginn ist das jedoch anders: Die EU-Bioverordnung schreibt seit Januar eine 100%-ige Biofütterung für Schweine ab 35 kg vor. Für Tiere bis 35 kg gilt bislang noch die Ausnahmeregelung, maximal 5% konventionelle Eiweißkomponenten einzusetzen. Ab 2027 soll auch diese Möglichkeit wegfallen und die vollständige Biofütterung umgesetzt werden.

Obwohl die Änderungen allen Marktbeteiligten schon lange bekannt waren, kommt es punktuell zu Engpässen in der Versorgung mit Eiweißfuttermitteln, verbunden mit erheblichen Preissteigerungen. Auch wenn die aktuellen Auswüchse wohl nur vorübergehend sind, bleibt die 100%-ige Biofütterung bei Schweinen eine Herausforderung, die zu deutlichen Veränderungen in der Rationsgestaltung führt.

Eiweißlücke schließen

Die Schweinefütterung im Biobereich unterliegt einigen Regelungen, die zu deutlich anderen Rationsgestaltungen führen, als man sie aus der konventionellen Fütterung kennt. Unter anderem ist der Einsatz von synthetischen Aminosäuren, Phytasen und Extraktionsschroten untersagt.

Bioschweinehalter müssen also den Aminosäurebedarf komplett aus den eingesetzten Futterkomponenten decken. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der bedarfsgerechten Versorgung mit essenziellen Aminosäuren. Da diese in vielen Futtermitteln oftmals nur in geringen Mengen enthalten sind, stellt eine bedarfsgerechte Versorgung, insbesondere mit den schwefelhaltigen Aminosäuren Methionin und Cystein, die Schweinehalter vor große Herausforderungen.

Bislang konnten Biobetriebe diese Lücke durch den Einsatz von Kartoffeleiweiß (KEW) schließen. Wie Übersicht 1 zeigt, ist KEW im Vergleich zu Erbsen, Ackerbohnen und Sojakuchen ein hoch konzentrierter Eiweißlieferant. Dabei handelt es sich um ein Nebenprodukt, das bei der Herstellung von Kartoffelstärke anfällt. Die Erzeugung von Kartoffelstärke spielt im Biobereich allerdings kaum eine Rolle, so dass man Bio-KEW nur in geringen Mengen und zu entsprechend hohen Preisen auf dem Markt bekommt.

Mit der 100%-Biofütterung ab 35 kg entfällt diese Möglichkeit und alternative Eiweißquellen sind gefragt.

Ölkuchen als Alternative

Viele Bioschweinehalter ersetzen die konventionellen Eiweißkomponenten jetzt vor allem durch Ölkuchen von Soja, Raps, Sonnenblumen und anderen Ölpflanzen. Denn im Biolandbau kommen nur Produkte aus Abpressverfahren infrage. Extraktionsverfahren sind nicht zulässig. Der Vergleich in Übersicht 2 zeigt jedoch, dass KEW nicht eins zu eins gegen Ölkuchen ersetzt werden kann. Für eine bedarfsgerechte Fütterung sind deutlich höhere Anteile von Ölkuchen nötig.

Welcher Ölkuchen eingesetzt wird, hängt von der lokalen Verfügbarkeit, den Preisen sowie der Ration ab. Oft stehen die Komponenten nicht regional zur Verfügung und erhebliche Anteile von Bioölsaaten und Eiweißfuttermitteln werden aus dem osteuropäischen Ausland sowie aus Übersee importiert.

Aktuell ist die Situation am Biofuttermittelmarkt geprägt von Knappheit, sowohl bei den Eiweißkomponenten als auch bei der Rohware. Sondereinflüsse wie der Krieg in der Ukraine verschärfen die Situation. Neben einer erhöhten Nachfrage und voraussichtlich weiter steigenden Frachtkosten werden die Kosten für importierte Ölkuchen hoch bleiben.

Kleegrassilage hat Potenzial

Unter den heimischen Leguminosen kommen hauptsächlich Ackerbohnen und Erbsen als Eiweißfuttermittel infrage. Sie eignen sich vor allem für den Einsatz in der Mast und bei der Fütterung tragender Sauen. Denn in diesen Phasen sind der Proteinbedarf sowie die Ansprüche an die Qualität der Eiweißkomponenten geringer. Der relativ geringe Gehalt schwefelhaltiger Aminosäuren und die besonders in Ackerbohnen vorkommenden antinutritiven Substanzen begrenzen jedoch den Einsatz von Erbsen und Ackerbohnen.

Die Sojabohne aus regionalem Anbau kann eine interessante Alternative zur Versorgung junger Tiere und säugender Sauen sein, erfordert aber deutlich höheren Aufwand bei Anbau, Aufbereitung und Vermarktung. Auch Nebenprodukte wie Schlempe, Molke oder Pülpe können eine Option sein und lassen sich gut einsetzen, wenn eine Flüssigfütterung und geeignete Lagermöglichkeiten vorhanden sind.

Bisher kaum genutztes Potenzial als regionale Eiweißquelle stellen feinsamige Leguminosen wie Klee, Kleegras und Luzerne dar (siehe Reportage auf Seite S16). Sie sind fester Bestandteil der meisten Fruchtfolgen im Biolandbau und werden als Silage oder frischer Aufwuchs verfüttert. Die Blattmasse liefert Rohproteinerträge je Hektar, die deutlich über denen von Körnerleguminosen liegen. Und auch das Aminosäuremuster bei jungem Erntegut macht sie zu einer interessanten Eiweißkomponente.

Zudem laufen Projekte für weitere Ansätze, um regionale Proteinquellen zu erschließen. Ein Beispiel ist das Abpressen von Flüssigstoffen aus der Frischmasse von Klee oder Luzerne, um ein Aminosäurekonzentrat zu gewinnen. ▶

Ihr Kontakt zur Redaktion:caroline.juecker@topagrar.com

Unser Autor

Martin Kötter-Jürß, Fachberatung Schwein, Bioland, Münster

top agrar besser machen. Gemeinsam
Sie sind Schweinehalter oder lesen regelmäßig den top agrar Schweine-Teil und/oder die SUS? Dann nehmen Sie an einem kurzen Nutzerinterview teil.

Die Redaktion empfiehlt

top + Zum Start in die Maisaussaat keine wichtigen Infos verpassen

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.