Mittlerweile haben sich fünf Lebensmittelkonzerne zu 5xD – unter anderem deutsche Geburt – bekannt. Darf das so weitergehen?
Hortmann-Scholten: Gerne, denn die Richtung stimmt auf jeden Fall. Jetzt ist wichtig, dass die Ankündigung nachhaltig ist und der Handel seine Zusagen langfristig einhält. Am Ende muss die Schweinefleischerzeugung über die gesamte Kette hinweg auf eine höhere Haltungsstufe gehoben werden.
Ein wichtiger Schritt war, dass auch die beiden großen Discounter eindeutig Flagge für die deutsche Veredelung zeigen. Damit bekennen sie sich zu einer gegenüber dem europäischen Durchschnittsniveau deutlich höheren Qualität in der Nutztierhaltung. Man hat offensichtlich erkannt, dass ein Unterlaufen der Tierschutz- und Sozialstandards in der Lebensmittelerzeugung auf Dauer nicht nachhaltig sein kann.
Ein wenig Wasser muss ich aber in den Wein gießen: Nur wenn auch der stark wachsende Großverbraucher sowie die Gastro- und Kantinenbereiche folgen, ist das Konzept nachhaltig.
Die beiden großen deutschen Discounter wollen auf 100% deutsche Ware umstellen. Ist das realistisch?
Hortmann-Scholten: Mit Einschränkungen ja. Denn abgesehen von Marktspitzen kann zumindest der Frischfleischbedarf Deutschlands aus den hiesigen Ferkelerzeugerbetrieben ohne Probleme gedeckt werden, selbst wenn momentan ein dramatischer Strukturwandel stattfindet.
Geht man langfristig von einem Zuchtsauenbestand von nur noch 1,3 Mio. Tieren aus, stehen immerhin noch 38 bis 40 Mio. Ferkel aus deutscher Erzeugung zur Verfügung. Das reicht für die Versorgung des heimischen Frischfleischsektors allemal aus.
Lidl startet mit der Umstellung bereits zu Jahresbeginn, Aldi im Herbst. Ist das die Rettung für einen Teil der deutschen Ferkelerzeuger?
Hortmann-Scholten: Ich befürchte, dass für viele Ferkelerzeuger die jetzt angekündigte Umstellung auf 5xD zu spät kommt. Viele Betriebe sind finanziell ausgeblutet und nur durch die Corona-Überbrückungshilfe in der Produktion geblieben. Falls das Aldi-Konzept im Herbst 2022 greift, könnte es für viele Ferkelerzeugerbetriebe schon zu spät sein. Von daher ist die Ankündigung von Lidl, bereits im Januar mit der Umstellung auf 5xD zu starten, richtig und wichtig. Jetzt zählt jeder Tag!
5xD bringt den Schweinehaltern nur etwas, wenn das Konzept auch langfristig finanziell honoriert wird. Was glauben Sie, wie viel höher könnte der Erlös für deutsche Ware sein?
Hortmann-Scholten: Das ist schwer vorherzusagen. Klar ist aber, dass ein deutlicher finanzieller Anreiz notwendig ist. Die immer größer werdenden Wettbewerbsnachteile der deutschen Erzeuger gegenüber Betrieben aus Dänemark und Holland müssen endlich ausgeglichen werden. Vorstellbar sind vollkostenbasierte, langfristig vertraglich abgesicherte Regelungen zwischen den Ferkelerzeugern, Mästern und dem LEH.
Aldi ist nicht mehr der Platzhirsch, gibt im Handel aber noch immer den Takt vor. Glauben Sie, dass neben Rewe, Lidl und Kaufland weitere Handelsketten nachziehen?
Hortmann-Scholten: Aldi ist bekannt dafür, rechtzeitig Vermarktungstrends zu setzen und sich verlässlich an die Aussagen zu halten. Jetzt gilt es, Druck aufzubauen und weitere Handelskonzerne wie zum Beispiel die Edeka von der Dringlichkeit zu überzeugen. Aber nicht nur dass: Meines Erachtens müssen auch die Fleisch- und Wurstwarenbetriebe sowie die Kantinen und Gaststätten dem Haltungswechsel folgen. Erst dann wird das Konzept rund.
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marcus.arden@topagrar.com
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Mittlerweile haben sich fünf Lebensmittelkonzerne zu 5xD – unter anderem deutsche Geburt – bekannt. Darf das so weitergehen?
Hortmann-Scholten: Gerne, denn die Richtung stimmt auf jeden Fall. Jetzt ist wichtig, dass die Ankündigung nachhaltig ist und der Handel seine Zusagen langfristig einhält. Am Ende muss die Schweinefleischerzeugung über die gesamte Kette hinweg auf eine höhere Haltungsstufe gehoben werden.
Ein wichtiger Schritt war, dass auch die beiden großen Discounter eindeutig Flagge für die deutsche Veredelung zeigen. Damit bekennen sie sich zu einer gegenüber dem europäischen Durchschnittsniveau deutlich höheren Qualität in der Nutztierhaltung. Man hat offensichtlich erkannt, dass ein Unterlaufen der Tierschutz- und Sozialstandards in der Lebensmittelerzeugung auf Dauer nicht nachhaltig sein kann.
Ein wenig Wasser muss ich aber in den Wein gießen: Nur wenn auch der stark wachsende Großverbraucher sowie die Gastro- und Kantinenbereiche folgen, ist das Konzept nachhaltig.
Die beiden großen deutschen Discounter wollen auf 100% deutsche Ware umstellen. Ist das realistisch?
Hortmann-Scholten: Mit Einschränkungen ja. Denn abgesehen von Marktspitzen kann zumindest der Frischfleischbedarf Deutschlands aus den hiesigen Ferkelerzeugerbetrieben ohne Probleme gedeckt werden, selbst wenn momentan ein dramatischer Strukturwandel stattfindet.
Geht man langfristig von einem Zuchtsauenbestand von nur noch 1,3 Mio. Tieren aus, stehen immerhin noch 38 bis 40 Mio. Ferkel aus deutscher Erzeugung zur Verfügung. Das reicht für die Versorgung des heimischen Frischfleischsektors allemal aus.
Lidl startet mit der Umstellung bereits zu Jahresbeginn, Aldi im Herbst. Ist das die Rettung für einen Teil der deutschen Ferkelerzeuger?
Hortmann-Scholten: Ich befürchte, dass für viele Ferkelerzeuger die jetzt angekündigte Umstellung auf 5xD zu spät kommt. Viele Betriebe sind finanziell ausgeblutet und nur durch die Corona-Überbrückungshilfe in der Produktion geblieben. Falls das Aldi-Konzept im Herbst 2022 greift, könnte es für viele Ferkelerzeugerbetriebe schon zu spät sein. Von daher ist die Ankündigung von Lidl, bereits im Januar mit der Umstellung auf 5xD zu starten, richtig und wichtig. Jetzt zählt jeder Tag!
5xD bringt den Schweinehaltern nur etwas, wenn das Konzept auch langfristig finanziell honoriert wird. Was glauben Sie, wie viel höher könnte der Erlös für deutsche Ware sein?
Hortmann-Scholten: Das ist schwer vorherzusagen. Klar ist aber, dass ein deutlicher finanzieller Anreiz notwendig ist. Die immer größer werdenden Wettbewerbsnachteile der deutschen Erzeuger gegenüber Betrieben aus Dänemark und Holland müssen endlich ausgeglichen werden. Vorstellbar sind vollkostenbasierte, langfristig vertraglich abgesicherte Regelungen zwischen den Ferkelerzeugern, Mästern und dem LEH.
Aldi ist nicht mehr der Platzhirsch, gibt im Handel aber noch immer den Takt vor. Glauben Sie, dass neben Rewe, Lidl und Kaufland weitere Handelsketten nachziehen?
Hortmann-Scholten: Aldi ist bekannt dafür, rechtzeitig Vermarktungstrends zu setzen und sich verlässlich an die Aussagen zu halten. Jetzt gilt es, Druck aufzubauen und weitere Handelskonzerne wie zum Beispiel die Edeka von der Dringlichkeit zu überzeugen. Aber nicht nur dass: Meines Erachtens müssen auch die Fleisch- und Wurstwarenbetriebe sowie die Kantinen und Gaststätten dem Haltungswechsel folgen. Erst dann wird das Konzept rund.