Die erste Euphorie darüber, dass der Branche mit Cem Özdemir ein Hardliner wie Anton Hofreiter als Agrarminister erspart blieb, ist kaum verflogen. Da kehrt auch schon die erste Ernüchterung ein: Fachfremd und nur ins Amt getragen durch ein starkes Erststimmenergebnis und die Macht des Realo Flügels, hadert mancher mit dem neuen Hausherrn im BMEL. Der bezeichnet sich selbst als „anatolischen Schwaben“ und ernährt sich auch noch vegetarisch.
Zur Wahrheit gehört aber, dass ein Minister nicht Horst heißen oder Fleisch essen muss, um zu verstehen, dass die Landwirtinnen und Landwirte Respekt für ihre tägliche Arbeit verdienen. Wichtig ist vielmehr, dass er die richtigen Fragen stellt und erkennt, dass er mehr Tierwohl, Klima- und Umweltschutz nur mit den Bauern vorantreiben kann. Landwirtschaft ohne Wirtschaft gibt es nicht. Und man ist geneigt zu glauben, dass auch der Oberrealo Özdemir das so sieht. Er wird für die schwierigen Aufgaben, die in der Landwirtschaft vor ihm liegen, wichtige Fähigkeiten mitbringen dürfen: Die Gabe Menschen zu gewinnen und mitzunehmen, gehört dazu. Genauso wie das Moderationstalent und der analytische Verstand, um die komplexen Interessen- und Zielkonflikte auszutarieren.
An gereizter Stimmung und harten Zielkonflikten mangelt es in der Landwirtschaft nicht. Da muss ein politisches Schwergewicht mit einem Gespür für Wirtschaft, wie Cem Özdemir es zweifellos in seiner Partei ist, nicht der schlechteste Makler für die Interessen der Landwirtinnen und Landwirte sein.
Er steht dabei vor keiner einfachen Aufgabe: Der linke Flügel seiner Partei wird bei grünen Kernthemen wie der Agrarwende Ergebnisse fordern. SPD und FDP haben hart verhandelt: Für Mindestlohnbezieher und Autofahrer – nur nicht für Landwirte.
Es wird Kraft brauchen damit die Interessen der Branche nicht bei der Umsetzung der vagen Absichtserklärungen im Koalitionsvertrag hinten runterfallen. Obwohl mit dem Bericht der Zukunftskommission und den Borchert-Vorschlägen Konzepte auf dem Tisch liegen, die der Minister zur Not auch gegen die Hardliner in den eigenen Reihen durchsetzen sollte. Sowohl die Landwirtinnen und Landwirte als auch der neue Minister haben eine Chance verdient. Beide Seiten sollten sie nutzen.
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Die erste Euphorie darüber, dass der Branche mit Cem Özdemir ein Hardliner wie Anton Hofreiter als Agrarminister erspart blieb, ist kaum verflogen. Da kehrt auch schon die erste Ernüchterung ein: Fachfremd und nur ins Amt getragen durch ein starkes Erststimmenergebnis und die Macht des Realo Flügels, hadert mancher mit dem neuen Hausherrn im BMEL. Der bezeichnet sich selbst als „anatolischen Schwaben“ und ernährt sich auch noch vegetarisch.
Zur Wahrheit gehört aber, dass ein Minister nicht Horst heißen oder Fleisch essen muss, um zu verstehen, dass die Landwirtinnen und Landwirte Respekt für ihre tägliche Arbeit verdienen. Wichtig ist vielmehr, dass er die richtigen Fragen stellt und erkennt, dass er mehr Tierwohl, Klima- und Umweltschutz nur mit den Bauern vorantreiben kann. Landwirtschaft ohne Wirtschaft gibt es nicht. Und man ist geneigt zu glauben, dass auch der Oberrealo Özdemir das so sieht. Er wird für die schwierigen Aufgaben, die in der Landwirtschaft vor ihm liegen, wichtige Fähigkeiten mitbringen dürfen: Die Gabe Menschen zu gewinnen und mitzunehmen, gehört dazu. Genauso wie das Moderationstalent und der analytische Verstand, um die komplexen Interessen- und Zielkonflikte auszutarieren.
An gereizter Stimmung und harten Zielkonflikten mangelt es in der Landwirtschaft nicht. Da muss ein politisches Schwergewicht mit einem Gespür für Wirtschaft, wie Cem Özdemir es zweifellos in seiner Partei ist, nicht der schlechteste Makler für die Interessen der Landwirtinnen und Landwirte sein.
Er steht dabei vor keiner einfachen Aufgabe: Der linke Flügel seiner Partei wird bei grünen Kernthemen wie der Agrarwende Ergebnisse fordern. SPD und FDP haben hart verhandelt: Für Mindestlohnbezieher und Autofahrer – nur nicht für Landwirte.
Es wird Kraft brauchen damit die Interessen der Branche nicht bei der Umsetzung der vagen Absichtserklärungen im Koalitionsvertrag hinten runterfallen. Obwohl mit dem Bericht der Zukunftskommission und den Borchert-Vorschlägen Konzepte auf dem Tisch liegen, die der Minister zur Not auch gegen die Hardliner in den eigenen Reihen durchsetzen sollte. Sowohl die Landwirtinnen und Landwirte als auch der neue Minister haben eine Chance verdient. Beide Seiten sollten sie nutzen.