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Abzüge für Anbindehalter: So gehen Molkereien vor

Lesezeit: 5 Minuten

Weil Lebensmitteleinzelhändler Milch aus ganzjähriger Anbindehaltung künftig nicht mehr listen wollen, zahlen erste Molkereien Milchpreise nach Haltungsform. Die Preismodelle unterscheiden sich.

Der Druck des Lebensmitteleinzelhandels auf die Anbindehaltung für Kühe macht sich bereits jetzt in den Geldbeuteln vieler Milchviehhalter bemerkbar. Erste bayerische Molkereien zahlen für Milch aus ganzjähriger Anbindehaltung einen geringeren Preis als für Milch aus Laufstall- oder Kombihaltung.

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Hochland Verkauft Anbindemilch an andere Molkerei

Die Preisdifferenzierung soll Lieferanten mit ganzjähriger Anbindehaltung dazu bewegen, auf Kombinations- oder Laufstallhaltung umzustellen. Wie das die Hochland Deutschland GmbH umsetzt, erläutert Werner Giselbrecht, Geschäftsleitungsmitglied und u.a. zuständig für den strategischen Milcheinkauf: „Wir haben mit unseren Landwirten die Vereinbarung getroffen, dass sich alle Milcherzeuger mit Anbindehaltung verpflichten, ihren Milchkühen mehr Bewegungsfreiheit zu gewährleisten, vorzugsweise an mindestens 120 Tagen im Jahr zu mindestens sechs Stunden auf der Weide oder gemäß der Kriterien für Haltungsformstufe 2 zu halten.“

Die Neuregelung sei lange mit den Vertragslandwirten besprochen, so Giselbrecht. Sie sei mit dem Angebot an die Landwirte verbunden gewesen, sich von einer unabhängigen Organisation beraten zu lassen, die ihnen Lösungen für einen Wechsel auf die Kombinationshaltung aufzeigt. Die Kosten für die Beratung habe Hochland übernommen.

Die Molkerei sammelt seit diesem Jahr die Milch aus ganzjähriger Anbindehaltung separat und verkauft sie an eine andere Molkerei. Die Lieferanten dieser Milch erhalten den gleichen Basispreis wie die übrigen Milcherzeuger. Davon abgezogen werden die höheren Kosten für die getrennte Erfassung. Zur Höhe der Kosten wollte Giselbrecht aus kartellrechtlichen Gründen nicht Stellung nehmen. Dem Vernehmen nach sollen sie aber bei 5 ct/kg Milch begrenzt werden.

Da bei Hochland nur noch 3 bis 4% der erfassten Milch von ganzjährigen Anbindehaltern kommt, dürften die tatsächlichen Erfassungskosten noch höher liegen. Der Käsehersteller sucht jedenfalls ab 2023 einen neuen Abnehmer für seine Lieferanten mit ganzjähriger Anbindehaltung.

Orientierung am Kieler Rohstoffwert für Milch

Die Privatmolkerei Bechtel differenziert ebenfalls den Milchpreis und hat mit ihren Lieferanten zwei unterschiedliche Preismodelle abgeschlossen.

Bei der ersten Variante, die die meisten Lieferanten nutzen, gewährt sie Laufstall- und Kombihaltern eine Tierwohlprämie. Diese betrug im Vorjahr 1,0 ct/kg, erhöhte sich dieses Jahr auf 1,25 ct/kg und soll nächstes Jahr auf 1,5 ct/kg steigen. Ganzjährige Anbindehalter erhalten diesen Zuschlag nicht. Sie haben aber die Garantie, dass ihre Milch für die Laufzeit des jeweiligen Liefervertrages von der Molkerei abgenommen wird.

Bei der zweiten Variante, die Bechtel mit zwei Milcherzeugergemeinschaften (MEGs) abgeschlossen hat, orientiert sich der Milchpreis für ganzjährige Anbindehalter an der Verwertung für Magermilchpulver und Butter. Preisbasis ist der Kieler Rohstoffwert abzüglich der von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft monatlich kalkulierten Erfassungskosten für Biomilch. Diese bewegten sich 2021 zwischen 2,27 und 2,51 ct/kg.

Viel größer sind die Schwankungen beim Kieler Rohstoffwert. Während er im Februar 2022 auf über 56 ct/kg hochschnellte, lag er ein Jahr zuvor noch bei knapp 33 ct/kg und Anfang 2016 sogar nur bei 20 ct/kg. Welchen Preis die Anbindehalter der beiden MEGs erhalten, wenn sie 2023 erstmals an Bechtel liefern, ist völlig offen.

Gemischte Stimmen In der branche

In der Branche gibt es gemischte Stimmen zu diesem Preismodell. Die Befürworter loben es, weil es eine marktgerechte Verwertung für die Anbindemilch bietet. Kritiker befürchten, dass die großen Preisdifferenzen zwischen den Haltungsstufen zu riesigen Diskussionen innerhalb der Lieferanten führen könnten.

Daneben gibt es weitere Privatmolkereien, die ihre Milchpreise nach der Art der Haltung differenzieren.

Die Molkerei Bauer zieht seit Januar Betrieben mit Haltungsstufe 1, unter die ganzjährige Anbindehalter fallen, 1,5 ct/kg ab. Der Abzug soll ab 2023 auf 3 ct/kg und ab 2024 auf 5 ct/kg steigen. Andererseits erhalten Lieferanten, die eine Teilnahmeerklärung für QM+ unterschrieben haben, einen Tierwohlzuschlag von 1 ct/kg. Zugleich sichert Bauer Lieferanten zu, dass sie bei einer Umstellung auf QM+ Standardabzüge rückwirkend bis zu 18 Monate erstattet bekommen.

Die Molkerei Zott führt ab April dieses Jahres einen Tierwohlbonus von 1,5 ct/kg für Kombihalter und Laufstallbetriebe ein. Die ganzjährigen Anbindehalter, deren Milch nun getrennt erfasst wird, bekamen dafür die Zusage, dass ihre Milch bis zum Ende der Laufzeit ihrer Lieferverträge abgenommen wird.

Genossenschaften mitPreisDifferenzierung

Auch einige Genossenschaftsmolkereien differenzieren die Milchpreise nach Haltungsformen.

Am längsten und stärksten tut dies die Molkerei Berchtesgadener Land, die den Abzug für Milch aus ganzjähriger Anbindehaltung von 2 auf 3 ct/kg erhöht hat. Allerdings fallen laut Molkerei nur noch ca. 100 Lieferanten in diese Kategorie. Für alle anderen Haltunsgformen gibt es gestaffelte Zuschläge von bis zu 3,5 ct/kg, je nachdem, ob Laufstall, Laufhof und/oder Weide vorhanden sind.

Die Hochwald-Tochter Almil AG zieht ganzjährigen Anbindehaltern seit diesem Jahr 1,5 ct/kg vom Milchpreis ab. Da diese auch den Sonderzuschlag von 0,5 ct/kg für Laufstall- oder Kombinationshaltung, den die Almil AG seit letztem Jahr bezahlt, nicht erhalten, sind die ganzjährigen Anbindehalter jetzt 2 ct/kg im Nachteil.

Die Goldsteig Käsereien GmbH zahlt seit letztem Sommer einen Tierwohlbonus von 1,5 ct/kg für Laufstall oder Kombinationshaltung.

„Landwirte nicht abstrafen“

Daneben gibt es noch etliche Molkereien, die Milch aus ganzjähriger Anbindehaltung nicht mit Abschlägen versehen. So macht die Molkerei Gropper keine Preisdifferenzierung zwischen Haltungsstufe 1 und 2 und plant sie offenbar auch nicht.

Weil der Lebensmitteleinzelhandel angekündigt hat, künftig auf Haltungsstufe 3 und 4 zu setzen, fokussiert sich Gropper auf diese Qualitäten. Nach Informationen von top agrar verarbeitet die Molkerei bereits 100 Mio. kg Milch für Haltungsstufe 3 und 35 Mio. kg für Haltungsstufe 4. Weiteres Argument: In Zeiten rückläufiger Milchmengen könne man auf die Milch aus der Anbindehaltung gar nicht verzichten.

Auch die Hohenloher Molkerei plant keine Abschläge für Anbindehalter. „Wir wollen die Landwirte nicht abstrafen, die seit Jahrzehnten Milch für uns erzeugen“, begründet Geschäftsführer Martin Boschet. Das würde nur zu einer Spaltung unter den Lieferanten führen.Ihr Kontakt zur Redaktion:klaus.dorsch@topagrar.com

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