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Als Biobauer pfluglos ackern: Wie klappt das?

Lesezeit: 9 Minuten

Bei einer optimalen Bodenbiologie haben Unkräuter und Ungräser keine Chance. Davon ist Biobauer Friedrich Wenz überzeugt. Doch die gibt es nicht umsonst.


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Einen Dinkelbestand im April, „ver­unkrautet“ mit Klettenlabkraut und Ehrenpreis und ohne zusätzliche Stickstoff-Düngung, den würden wohl die meisten Ackerbauern schon gedanklich abhaken. Nicht so Biobauer Friedrich Wenz (50) aus Schwanau in der Oberrheinischen Tief­ebene: „Wenn das Verhältnis der Bodenbakterien zu den -pilzen und zur Hauptkultur stimmt, und die N-Versorgung aus der Vorfrucht gesichert ist, kann daraus immer noch ein guter Bestand werden“, erklärt er. Und in der Tat: Im Juni war das Klettenlabkraut kein Thema mehr und Wenz erzielte in diesem Jahr einen Deckungsbeitrag von über 2 000 €/ha.


Bodenbiologie in Balance:

Mit diesem Beispiel veranschaulicht der Demeter- Landwirt seine „Anbauphilosophie“. Zentral ist für ihn dabei die Bodenbiologie. „Wir müssen die chemischen und physikalischen Bedingungen so gestalten, dass die Bodenbiologie im Gleichgewicht ist“, erklärt Wenz. „Dafür muss das Verhältnis von Bodenbakterien zu -pilzen 1 : 1 betragen. Ist das der Fall, haben Un­kräu­ter, wie etwa das Kletten­labkraut im Dinkel, weniger Chancen.“


Durch die tiefe Bodenbearbeitung mit dem Pflug würden die Bakterien im Boden oft zu einseitig gefördert, sodass Bodenpilze keinen Platz mehr hätten. Daher setzt der viehlose 34 ha-Betrieb bereits seit über 30 Jahren auf Minimalbodenbearbeitung.


Als Demeter-Betrieb, der keine Herbizide einsetzen darf, ist das eine große Herausforderung. Dass sie zu stemmen ist, belegen heute Erträge von bis zu 40 dt/ha beim Dinkel und bis zu 75 dt je ha beim Körnermais. Er wirtschaftet auf sandigem Lehm und lehmigem Sand (40 bis 55 BP). Seine Fruchtfolge: Dinkel/Wick-Roggen-Gemenge/Mais/Kleegras/Soja. Als Untersaat verwendet er Weidelgras mit Weiß- und Rotkleeanteil.


Doch der Betriebsleiter verschweigt nicht, dass sein Vater Manfred und er dafür viel experimentieren und Lehrgeld bezahlen mussten. So wurde der komplette Sojabestand, den er direkt in niedergewalzte Winterrübsen eingesät hatte, ein Opfer der Schnecken. „Ich habe nicht daran gedacht, dass Leguminosen nach Kreuzblütlern keine gute Idee sind“, erklärt er. „Zudem hätte ich die Rübsen sauberer ein­arbeiten müssen.“


Eigene Technik entwickelt:

Zu Beginn setzten Vater und Sohn Wenz ihre „Anbauphilosopie” erfolgreich mit dem sogenannten Kemink-Dammkultursystem um (Bodenlockerung, feste Fahrspuren). Im Laufe der Zeit war dieses Verfahren – auch weil noch Flächen hinzukamen – arbeitswirtschaftlich nicht mehr zu bewältigen, sodass Friedrich Wenz begann, selbst eine besser geeignete Technik zu entwickeln. „Wir brauchten ein System zur Bodenbearbei­tung, das flach, präzise und bei Bedarf ganzflächig arbeitet“, so seine damaligen Überlegungen. „Zudem sollte die Technik organische Substanz zerkleinern und gleichmäßig einmischen, aber den Boden nicht rückverfestigen.“


Das Ergebnis jahrelanger Tüftlerarbeit war schließlich die sogenannte ­Weco-Dyn-Technik (s. Kasten). Dabei handelt es sich um ein Kombigerät zum flachen Schälen von Ernterückständen, zur partiellen Tiefenlockerung und zur Aussaat.


Schälen statt fräsen:

Ernterückstände mit der herkömmlichen Fräse umzubrechen und einzuarbeiten, davon hält Wenz wenig: „Die intensive Bearbeitung belastet den Boden zu sehr.” Er schält das Material lieber flach. Das heißt: Er schneidet die Pflanzen im durchwurzelten Bereich etwa 3 bis 5 cm tief ab. Je flacher man abschält, desto weniger Erde haftet an den Wurzeln und umso schneller ist das Wachstum beendet.


Alternativ zum Weco-Dyn-System setzt Wenz zum Schälen oder besser „Schälmulchen“ vor allem bei dichten Gras- oder Weißkleebeständen eine modifizierte Fräse ein. Für eine bessere Tiefenführung hat er sie mit vier statt zwei Reifen ausgestattet. „Dadurch sitzt sie direkt auf dem Boden auf und schaukelt sich nicht auf.“ Dies ermöglicht eine Geschwindigkeit von bis zu 10 km/h. Bei viel organischer Masse rät er davon ab, beim Schälen die Kurzscheibenegge einzusetzen. Der Grund: Die Packerwalze rückverfestigt den Boden und behindert dadurch den Gasaustausch.


In der Regel schält er gemulchte Stoppeln, Rückstände von Zwischenfrüchten oder Untersaaten (Gräser) zweimal ab. Der erste Durchgang erfolgt meist mit einer Arbeitstiefe von 3 bis 4 cm. Beim zweiten Mal nach sieben bis zehn Tagen schält er ganzflächig ca. 1 cm tiefer, weil dann die Kluten kleiner sind. „Beim ersten Schäldurchgang muss die hintere Klappe offen sein“, erklärt Wenz. „So kann das abgeschnittene Material frei nach hinten rausfliegen und zügig abtrocknen. Beim zweiten Arbeitsgang kann man die Klappe schließen.“


Ein Vorteil des Schälmulchens: Mit dem eingemulchten Pflanzenbewuchs gelangen große Mengen an Zucker in den Boden, sodass die Umsetzungsprozesse, die viel Sauerstoff benötigen, schneller beginnen. Der nächste Arbeitsgang ist dann bereits die partielle Tiefenlockerung kurz vor oder kombiniert mit der Direktsaat.


Partielle Tiefenlockerung:

Dabei wird der Boden mit schmalen Zinken in Streifen im Abstand von 60 cm etwa 20 bis 25 cm tief gelockert. „Die dabei entstehenden feinen Haarrisse und Hohlräume rechts und links des Schlitzes können die Pflanzenwurzeln später gut erschließen“, so der Landwirt. „Dazwischen entstehen tragfähige Bodenbrücken für den Maschineneinsatz.“


Wenz hat die Erfahrung gemacht, dass die Ablage der Körner ca. 3 cm neben dem Lockerungsschlitz für einen guten Anschluss an Boden und Wasser besser ist, als sie direkt darauf zu legen. „Die Wurzeln finden allein den Weg zum Schlitz“, so seine Beobachtung. „Man sollte dabei aber nicht schneller als 6 km/h fahren, damit der Lockerungs­schlitz nicht auseinanderreißt.“ Außerdem dürfe es nicht zu kalt und nicht zu feucht sein: „Sonst wird es eher ein Drainageschnitt!“ warnt der Profi. Eine Rückverfestigung ist danach nicht nötig.


Nach der Saat erfolgt keine weitere Bearbeitung des Bestandes mehr. „Unser oberstes Ziel ist eine Flächenkompostierung der Pflanzenreste, bei der sämtliche Nährstoffe lebend verbaut sind und eine gute krümelige Bodenstruktur entsteht“, erklärt Wenz. „Optimal ist ein Humusgehalt von 4 bis 8 %“, meint er. „Denn dann können chemische Prozesse besser durch biologische kompensiert werden.“ Bislang enthalten die meisten seiner Böden erst 2 % Humus.


Zentral sind Zwischenfrüchte:

Zwischenfrüchte spielen bei der Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit eine entscheidende Rolle. „Dabei lege ich Wert auf optimale Pflanzengemeinschaften, weil sie sich gegenseitig durch ihre Wurzelausscheidungen unterstützen und das Bodenleben fördern“, sagt er.


Gute Erfahrungen hat er mit seinem „Bodenaufbau-Gemenge“ aus Sonnenblumen, Sorghum, Phacelia, Blaue Lupine, Sommererbse, Alexandriner-, Perserklee und Senf gemacht. Wichtig sei, dass Gräser, Leguminosen und Kreuzblütler dabei sind. Bisher gelang es ihm jedoch nicht immer, die Zwischenfrucht erfolgreich zu etablieren. „Wenn dabei etwas schief geht, merkt man es bei unseren Boden- und Anbaubedingungen Jahre später noch“, so seine Erfahrung. Deshalb ist er nicht mehr zu Kompromissen bereit und setzt auch hier auf die partielle Tiefenlockerung vor der Saat, um den Unterboden mit zu erschließen. Der ideale Saattermin der Zwischenfrucht ist direkt nach der Ernte, wenn bis zur nächsten Bearbeitung noch mindestens 4 Wochen Zeit sind.


Mittlerweile baut Wenz auch zweimal hintereinander Zwischenfrüchte an, um den Boden noch besser für die Hauptkultur vorzubereiten. So folgt im Herbst oft auf das Bodenaufbau-Gemenge als zweite Zwischenfrucht noch ein modifiziertes Wick-Roggen-Gemenge. Diese Mischung (Roggen, Pannonische Wicke, Winterrübsen, Inkarnatklee) nach Dinkel nutzt er als Silage für die Biogas-Anlage oder als Gründüngung. Danach schält er die Fläche zweimal ab. Etwa eine Woche später erfolgt die Tiefenlockerung, kombiniert mit der Maissaat.


Das Saatgut impft er mit „Azoarcos“, das sind N-fixierende Bakterien. Nach Mais folgt in der Regel Kleegras, das einmal geschnitten und dann abgeschält wird. „Das oberflächlich eingearbeitete organische Material sorgt eine gewisse Zeit für eine Keimhemmung der Begleitpflanzen“, so Wenz. Vor allem mit Rotklee lasse sich der Boden vor Getreide gut aufbauen. Nach der Ernte erfolgen zwei Überfahrten mit dem Weco-Dyn-System, letztere in Kombination mit der Dinkelaussaat.


Untersaaten mit Weidelgras:

Weil die Pflan­zenwurzeln nach der Getreideernte abgestorben sind, setzt Wenz auch auf Untersaaten. Vor allem dann, wenn die Zeit für die Zwischenfrucht nicht mehr reicht. Bei Getreide und Mais verwendet er langsam wachsendes Weidelgras (9 kg/ha) mit etwas Rot- und Weißklee-Anteil (je 1 kg/ha) als Untersaat. Sie wird gemeinsam mit dem Getreide gesät oder bei Mais im 6- bis 8-Blattstadium mit dem Rollstriegel eingearbeitet.


Dabei handelt es sich um ein spezielles Weidelgras aus dem Garten- und Landschaftsbau mit maximalem Wurzelwachstum und hohem Zuckergehalt. „Wenn das Getreide und der Mais geerntet sind, mulche ich die Stoppeln und der Bestand geht mit einem grünen Teppich in den Winter.“ Hat sich der Weißklee schlecht entwickelt – was bereits öfter der Fall war – sät er Grobleguminosen wie Wintererbse oder Wicke nach. Wenz ist begeistert, wie sich durch Untersaaten die Tragfähigkeit des Bodens verbessern lässt.


Biologische Präparate:

Der Demeter-Landwirt setzt auch biologisch-dynamische Präparate für die „mikrobielle Prozesssteuerung“ ein. Er schwört auf Komposttee (100 l/ha), den er selbst aus guten Komposten mit viel Huminsäuren, Enzymen und Sauerstoff herstellt und als Blattspritzung einsetzt. Zum Teil wendet er Huminsäuren kombiniert mit effektiven Mikroorganismen (EM, 50 l/ha) an. Ziel dabei ist, die Blattoberflächen zu schützen und die Photosynthese anzuschieben, um somit den Zuckergehalt im Pflanzensaft zu steigern. Mit einer Mischung aus Komposttee und EMs erzielte er beim Dinkel zudem bereits Erfolge gegen Gelbrost.


Ähnliche Effekte wie vom Komposttee verspricht sich der Landwirt von Hornkiesel, den er mit 4 g/ha im Frühjahr und Herbst in den jungen Beständen ausbringt. Mit Milchsäurebakterien will er die Grundlage für die Besiedlung des Bodens mit Mikroorganismen schaffen und die Nährstoffe aus den Zwischenfrüchten nutzbar machen.


Regelmäßige Bodenproben:

Weil der Boden eine so wichtige Rolle spielt, begnügt sich Wenz nicht mit der Standardbodenuntersuchung der LUFA. Er lässt jährlich drei bis vier Flächen nach dem System von Kinsey (s. top agrar 6/2015, S. 68) analysieren. „Hier werden die Nährstoffe in Relation zueinander gesetzt und konkrete Düngeempfehlungen gegeben“, erklärt Wenz die Vorzüge.


Was den Unkrautdruck betrifft, ist Friedrich Wenz jedenfalls zufrieden: „Unsere Flächen sind heute deutlich sauberer als in meiner Jugend, als ich noch stundenlang Disteln ausstechen musste.“


Silvia Lehnert

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