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Die Sorten des Südens

Lesezeit: 9 Minuten

Zweizeiler liefern auch bei Hitze oft noch gute Kornqualitäten und stehen im Süden auf Platz 1. Daran ändern die Hybriden nichts. Welche Gerstensorten bei Ihnen passen, weiß Ulrike Nickl, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Freising.


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Mit rund 227000 ha nahm der Anbau von Wintergerste in Bayern gegenüber dem Vorjahr leicht ab. Hinter Mais und Winterweizen zählt sie aber nach wie vor zu den wichtigsten Ackerkulturen in Süddeutschland.


Seit jeher dominieren im Süden die zweizeiligen Sorten. Ihr Anbauanteil lag in Bayern in den letzten Jahren bei 80 bis 85%. Die mehrzeiligen neueren Hybridgersten standen auf rund 3% der bayerischen Wintergerstenflächen.


Starke Zweizeiler:

Dass die Zweizeiler im Süden das Rennen machen, hat folgende Gründe: Die häufiger als im Norden auftretenden Hitzeperioden führen zu abrupter Abreife. Unter diesem Stress erzielen zweizeilige Sorten mit einer genetisch bedingten guten Kornqualität noch am ehesten akzeptable Hektolitergewichte (hl-Gewichte), eine gute Kornausbildung und hohe Tausendkorngewichte (TKG). In der Regel bilden sie die größten Körner aus. Diese Vorteile schätzen vor allem Marktfruchtbetriebe.


Für die Dominanz der Zweizeiler im Süden spricht auch ihre geringe Lagerneigung bei guter Halm- und Ährenstabilität. Obwohl die Mehrzeiler in punc-to Standfestigkeit und Strohstabilität in den letzten Jahren züchterisch verbessert wurden, erreichen sie immer noch nicht das Niveau der Zweizeiler. Die meist etwas niedrigeren Erträge der zweizeiligen Sorten nehmen die Anbauer in Kauf.


Bei der Suche nach den passenden Sorten für Ihren Standort, bieten die neutralen Landessortenversuche (LSV) eine wichtige Hilfe. In Bayern ist dafür die bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) und in Baden-Württemberg das Landwirtschaftliche Technologiezentrum (LTZ) Augustenberg verantwortlich.


Die Spitzenreiter im Ertrag:

Der Ertrag ist wichtig, sollte aber nicht das alleinige Kriterium bei der Sortenwahl sein. Was die Sorten in den drei süddeutschen Anbaugebieten mehrjährig leisten, entnehmen Sie der Übersicht1. Die Auswertung umfasst die Ergebnisse der letzten fünf Jahre aus LSV und vorangegangener Wertprüfung.


Dargestellt sind die relativen Erträge der Sorten. Dabei bedeutet z.B. ein Relativertrag von 101% in der intensiv geführten Behandlungsstufe 2 bei der Sorte California, dass der Ertrag um 1% über dem Versuchsmittel der Stufe 2 liegt. Diese Vorgehensweise erleichtert den Sortenvergleich, weil man damit auf einen Blick erkennt, welche Sorten überdurchschnittlich ertragreich sind (alle mit Relativerträgen von über 100%).


Da die Versuche für zwei- und mehrzeilige Sorten in Bayern meist getrennt angelegt werden, lassen sich die Sortimente nicht direkt vergleichen. An Standorten, an denen beide stehen, übertrumpfen die Mehrzeiler die Zweizeiler im Ertrag um etwa 5%.


Die wichtigsten LSV-Ergebnisse (2012 bis 2016): Die meisten zweizeiligen Sorten unterscheiden sich im Ertrag nicht wesentlich. Lediglich die Braugerste KWS Liga fällt in allen Anbaugebieten deutlicher ab. Bei den Mehrzeilern bringt SU Ellen insbesondere in Stufe 1 (ohne Fungizide und Wachstumsregler) mehrjährig gute Leistungen. Damit macht sie der derzeit bedeutendsten Sorte KWS Meridian Konkurrenz. Die Hybriden Wootan, Trooper und Bazooka können sich in den Anbaugebieten ertraglich nicht abheben. Sie bewegen sich auf Niveau des mehrzeiligen Mittels.


Achten Sie bei der Sortenwahl aber nicht nur auf die optimal behandelte Stufe 2, sondern auch auf das Ergebnis der Stufe 1. Sorten, die dort gute Leistungen erzielen, sind unproblematischer in der Bestandesführung.


Welche Kornqualität?

Wintergerste dient in erster Linie als Viehfutter. Nur ein kleiner Anteil kommt z.B. als Braugerste zum Einsatz. Bei der Vermarktung von Futtergerste ist in der Regel ein hl-Gewicht von 62, teils auch 63 kg gefordert. Die höchsten hl-Gewichte erzielen die Zweizeiler. In den bayerischen Versuchen schnitt dabei die zweizeilige Sorte Caribic am besten ab, die zusätzlich eine Doppelresistenz gegen Gelbmosaikviren aufweist. Danach folgen SU Vireni und Sandra. Nicht ganz so hohe Naturalgewichte bringen die besten Hybriden Bazooka und Wootan.


Im Marktwareertrag – der sich aus Kornertrag abzüglich der Kornfraktion ergibt, die durch das 2,2 mm Sieb fällt – übertrifft das mehrzeilige Sortiment die Zweizeiler in den bayerischen Versuchen im Schnitt um etwa 5%. Hohe Marktwareerträge erreichen die Mehrzeiler SU Ellen, KWS Tonic und KWS Meridian, dicht gefolgt von den Zweizeilern Sandra und SU Vireni. Wie die neuen Sorten in diesem Merkmal abschneiden ist in Übersicht 2 dargestellt. Den Zusammenhang zwischen Ertrag, Marktwarertrag und Kornfraktion kleiner 2,2 mm der bewährten Sorten entnehmen Sie der Übersicht 3.


Sorten für Viehhalter:

Bei viehhaltenden Betrieben gelangen regelmäßig organische Dünger auf die Flächen. Wird der Stickstoff aus diesen Böden mineralisiert, führen die Wachstumsschübe zu erhöhter Lagergefahr. Legen Sie in diesen Fällen besonderen Wert auf standfeste Sorten mit geringer Neigung zu Halm- und Ährenknicken.


Am besten kombinieren zweizeilige Sorten diese drei Merkmale. SU Vireni und Caribic fielen diesbezüglich positiv auf. Nicht ganz so standfest, aber mit geringer Neigung zu Halm- und Ährenknicken hat sich auch California bewährt. Bei den Mehrzeilern sind Bella und SU Ellen wenig lageranfällig. Letztere neigt jedoch zum Ährenknicken. Die Einstufung weiterer Sorten finden Sie in Übersicht 4 auf Seite 80.


Fungizide einsparen:

In der Regel ist ein einmaliger Fungizideinsatz in Wintergerste am wirtschaftlichsten. In Jahren mit höherem Befallsdruck gelingt das aber nur mit Sorten, die gute und breite Resistenzen aufweisen.


Wegen der Strahlung nach Schlechtwetterperioden beeinflussen vor allem Ramularia-Blattflecken die Erträge im Süden. Befall tritt oft nach dem Ährenschieben auf, dann aber massiv. Weitere Krankheiten sind Netzflecken, Zwergrost, Rhynchosporium und Mehltau.


Als blattgesund erwiesen sich in den Versuchen Bella (mz) und die lageranfälligere Zirene (zz). Wichtig ist es aber in erster Linie, die Schwachpunkte zu kennen. So muss man z.B. bei Wootan und KWS Kosmos besonders auf Zwergrost und bei KWS Liga auf Mehltau achten.


Nachdem Wintergerste lange Zeit als wenig problematisch in Bezug auf Fusarium galt, wurden im letzten Jahr wieder höhere DON-Werte gemessen. Sortenunterschiede in der Anfälligkeit lassen sich wegen geringer Datengrundlage jedoch nicht herausarbeiten. Von der Tendenz her sind zweizeilige Sorten weniger mit DON belastet als mehrzeilige.


Virusresistent und winterhart:

In Betrieben mit viel Wintergerste in der Fruchtfolge ist oft das bodenbürtige Gelbmosaikvirus Typ 1 vorhanden. Die meisten Sorten sind dagegen resistent (wie auch gegenüber dem Milden Gerstenmosaikvirus BaMMV).


Tritt bei diesen Sorten jedoch trotzdem Virusbefall auf, deutet das auf den Virustyp 2 hin. Dann empfiehlt es sich, doppelresistente Sorten wie Caribic (zz) oder Joker (mz) anzubauen.


Zur Winterhärte von Sorten liegen nur vereinzelt neuere Daten vor, da seit 2012 kaum Auswinterungsschäden auftraten. Im Mittel ist das mehrzeilige Sortiment etwas winterhärter als das zweizeilige. Überdurchschnittlich winterhart eingestuft sind Bella, Daisy, KWS Kosmos und KWS Meridian (mz). Als auswinterungsgefährdeter gelten Colonia, KWS Glacier und Sandra (zz).


Hybridgerste lohnt nicht:

Bis jetzt konnte keine der geprüften Hybridgersten, deren Saatstärke auf Züchterwunsch um 25% gegenüber den Liniensorten reduziert wurde, ertraglich in den Versuchen hervorstechen. Negativ zu Buche schlagen auch die Saatgutkosten, die trotz der niedrigen Saatstärke höher ausfallen. Die besseren Liniensorten haben in der Wirtschaftlichkeit im Süden daher die Nase vorn.


Die Ergebnisse zu den Hybriden zeigen Folgendes: Während die älteren Sorten Schwächen in der Halm- und Ährenstabilität aufwiesen, wurde die 2016 zugelassene Bazooka in diesem Merkmal verbessert. Auch die anfänglich schwache Sortierung und das niedrige TKG wurden bei den neueren Sorten gesteigert. Positiv zu erwähnen sind die guten hl-Gewichte der geprüften Hybriden Bazooka und Wootan.


Ob sich Hybridgersten künftig durchsetzen, bleibt abzuwarten. Derzeit beschäftigen sich mehrere Züchter intensiv damit. Neben dem erwarteten Ertragsfortschritt macht der jährlich erforderliche Saatgutneukauf die Hybridzüchtung für die Firmen interessant.


Bewährte Sorten für den Süden:

Bei den Zweizeilern sind diese Sorten zu empfehlen:


  • California liefert im mehrjährigen Vergleich zu anderen Zweizeilern leicht überdurchschnittliche Erträge. Die Sorte kombiniert eine mittlere bis gute Standfestigkeit mit guter Halm- und Ährenstabilität. Bei mittlerer Zwerg-rostresistenz ist sie überdurchschnittlich blattgesund.
  • Sandra bringt in der intensiven Stufe2 mittlere bis gute Ergebnisse. Besonders gut schneidet sie in der extensiven Stufe 1 ab (Relativerträge von 103 bzw. 106%). Hervorzuheben sind ihr hohes hl-Gewicht, das sehr große Korn und das hohe TKG. Achten Sie bei der früh abreifenden Sorte allerdings auf Ährenknicken, Ramularia-Blattflecken und Zwergrost. Die Winterhärte ist unterdurchschnittlich, die Mehltauresistenz aber gut.
  • SU Vireni zeigte sich im letzten Jahr sehr ertragsstark. Mehrjährig bringt sie sehr gute Ergebnisse in der extensiven Stufe. Bei intensiver Bestandesführung ist sie mit Relativerträgen von 98 bis 101% nicht die ertragsstärkste. Die sehr standfeste und halmstabile Sorte bildet große Körner und bringt hohe hl-Gewichte und TKGs. Geeignet ist ein Anbau vor allem auf Güllebetrieben. und auf Standorten, die viel Stickstoff nachliefern.
  • Colonia reift früh ab und erzielt überdurchschnittliche Erträge. Weniger gut sind ihre erhöhte Anfälligkeit für Netzflecken und ihre mittlere Neigung zu Mehltau und Ährenknicken. Die Bestandesdichte ist meist etwas geringer als bei anderen Zweizeilern. Die Winterhärte ist unterdurchschnittlich.
  • Caribic schnitt 2016 ertraglich sehr gut ab. Mehrjährig sind ihre Leistungen ebenfalls gut, insbesondere in der Stufe1. Die standfeste später reifende Sorte mit hohen hl-Gewichten neigt gering zu Halm- und Ährenknicken. Gegenüber Mehltau und Rhynchosporium ist sie anfällig. Widerstandsfähig ist sie jedoch gegen Ramularia. Hervorzuheben ist, dass die Sorte resistent gegen das bodenbürtige Gelbmosaikvirus Typ 1 und Typ 2 ist. An Standorten, die mit Virustyp 2 befallen sind – erkennbar an Befallssymptomen einer einfachresistenten Sorte – empfiehlt sich der Anbau dieser doppelresistenten Gerste.


Bei den Mehrzeilern eignen sich folgende Sorten:


  • KWS Meridian bringt im Vergleich zu den anderen mehrzeiligen Sorten mittlere Erträge bei guter Korngrößensortierung. In den Versuchen neigte sie stärker zu Lager und Halmknicken. Gegenüber Ramularia ist die Sorte widerstandsfähig. Auch ihre Winterhärte ist überdurchschnittlich. Die Mehltau-resistenz ist dagegen mittel.
  • KWS Tonic erzielt mehrjährig in der extensiven und intensiven Stufe überdurchschnittliche Erträge. Allerdings ist die Sorte gegenüber allen wichtigen Blattkrankheiten eher anfällig.
  • SU Ellen ist vor allem in der extensiven Stufe ertragsstark. Sie bildet zwar große Körner, aber nur ein mittleres bis geringes hl-Gewicht. Die Bestände der früh abreifenden Sorte präsentieren sich eher dünn. Im mehrzeiligen Sortiment ist sie die standfesteste Kandidatin, jedoch mit Hang zum Ährenknicken. Ihre Resistenz gegen Mehltau ist gut, anfälliger ist sie gegenüber Zwergrost und Ramularia-Blattflecken. Gegen die bodenbürtigen Gelbmosaikvirustypen 1 und 2 (BaYMV) ist sie resistent. Das gilt allerdings nicht für das Milde Gerstenmosaikvirus (BaMMV), das nach derzeitigem Kenntnisstand aber weniger ertragswirksam ist als die anderen Typen. -mb-

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