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Drahtwürmer: Ist ihr Vormarsch noch zu stoppen?

Lesezeit: 8 Minuten

Immer häufiger verursachen Drahtwürmer Schäden in Kartoffeln. Ein neues Bodengranulat verspricht gute Wirkung. Über Versuche und erste Praxiserfahrungen informiert Hans-Jürgen Meßmer, LTZ Augustenberg, Donaueschingen.


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Drahtwürmer sind auch auf Kartoffelflächen weiter auf dem Vormarsch. Durch ihre Fraßtätigkeit verursachen die Larven deutliche Qualitätsminderungen und damit schwere wirtschaftliche Schäden. Die Verluste im Kartoffelbau liegen meist bei 500 bis 2 500 € pro ha. Starkbefall kann sogar dazu führen, dass sich die gesamte geerntete Ware nicht verkaufen lässt.


Einen Weg, Drahtwürmer in Kartoffeln erfolgreich zu bekämpfen, haben in län-derübergreifender Zusammenarbeit das LTZ Augustenberg (Außen­stelle Donaueschingen), die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft und das DLR Raum Rheinland-Pfalz in enger Kooperation mit dem Landwirtschaftlichen Beratungsdienst Kartoffelanbau Heilbronn, gefunden. Zu dem neuen Ködergranulat Goldor Bait liegen nun mehrjährige Versuchsergebnisse und erste Praxis­erfah­rungen vor.


Praxiserfahrungen mit neuem Bodengranulat


Im Anbaujahr 2010 hatten z. B. baden-württembergische Vermarkter deutlich weniger Partien mit starkem Drahtwurmfraß zu beanstanden. Neben den Jahreseffekten beim Befall (s. Kasten auf Seite 64) war das darauf zurückzuführen, dass den Erzeugern mit dem Mittel Goldor Bait (Fipronil) erstmalig eine effiziente Lösung zur Bekämpfung des Drahtwurms in Kartoffeln zur Verfügung stand. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hatte am 22. Januar 2010 eine auf 120 Tage befristete Ausnahmegenehmigung für die Anwendung dieses Mittels zur Bekämpfung des Drahtwurms in Kartoffeln erteilt. Für diesen Zweck genehmigte es eine Menge von 100 t. Diese reichte aus, um in den Befallsgebieten etwa 10 000 ha zu behandeln. Das entspricht knapp 4 % der gesamten Kartoffelfläche in Deutschland. Der Einsatzschwerpunkt lag im Süden.


Landwirte, die das Mittel in Befallsgebieten angewendet hatten, stellten fest, dass mit dem Bodengranulat Goldor Bait behandelte Flächen deutlich weniger befallene Knollen aufwiesen als unbehandelte Schläge. Damit bestätigten sie die Ergebnisse aus den Versuchen.


Genehmigung nur mit strengen Auflagen


Die Genehmigung war mit strengen Auflagen verbunden, da der Wirkstoff für Bienen und Vögel giftig ist. Zur Ausbringung von Goldor Bait waren nur Granulatstreuer mit je zwei Reihen zugelassen. Dies soll gewährleisten, dass die Fallrohre bzw. Fallschläuche in möglichst gerader Linie zum Applikationsschar verlaufen und sich die granulatführenden Schläuche schon vor dem Ausheben der Legemaschine vollständig entleeren.


Durch den kombinierten Arbeitsgang (Legen und Granulatanwendung) wird das Mittel vollständig mit Erde abgedeckt. Sollten dennoch Granulatkörner an der Oberfläche bleiben, mussten diese in einem weiteren Arbeitsgang in den Boden eingearbeitet werden. In einem begleitenden Monitoring hatte die Vertriebsfirma nachzuweisen, dass tatsächlich keine Verdriftung von Abriebstäuben auftritt.


Die Ausbringung des Bodengranulats verursacht zusätzliche Kosten. Der Preis für die speziellen „zweireihigen“ Granulatstreuer beträgt laut Hersteller 1 800 bis 2 300 €. Bei 4-reihigen Legemaschinen müssen wegen der Auflagen zwei Granulatstreuer montiert werden. Das erhöht entsprechend die Kosten.


Trotz des technischen Aufwandes und der nur für 120 Tage geltenden Ausnahmegenehmigung investierten neben einzelnen Landwirten vor allem Lohnunter­neh­mer in diese Technik. In Baden-Württemberg erfolgte die Pflanzung mit der kombinierten Ausbringung von Goldor Bait meist über Lohnunternehmer. Der zusätzliche Aufwand der geforderten Ausbringtechnik im Lohn lag bei ca. 30 bis 35 €/ha. Die Mittelkosten betrugen ca. 200 €/ha.


Das einzige wirksame Mittel


Die Anwendung des Köder­granulates Goldor Bait ist derzeit die einzige Möglichkeit, den Drahtwurmbesatz zufrieden­stellend zu dezimieren. Das zeigen die Versuchser­gebnisse unseres gemeinsamen Projektes der letzten fünf Jahre. Nach der Auswertung konnten die guten Wirkungsgrade länderübergreifend in Bayern, Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz bestätigt werden. Die Wirkungsgrade bei der Reduktion der Fraßstellen an den Knollen schwanken von 70 bis 90 % (s. Übersicht 1). Im direkten Vergleich dazu führte das biologische Insektizid Naturalis (Naturstoff Beauveria bassiana) in den Versuchsjahren 2008 und 2009 nicht zum erhofften Erfolg (s. Übersicht 2, S. 64).


So wirkt das neue Granulat


Die Drahtwurm-Larven nutzen den vorhandenen CO2-Gradienten, um im Boden sich zersetzende und frische Pflanzenteilen aufzuspüren. Dieses Verhalten nutzt das Ködergranulat Goldor Bait. Ausgangsbasis der guten Wirkung ist modifiziertes Maismehl, das bei der langsamen Zersetzung im Boden kontinuierlich CO2 abgibt und Drahtwürmer anlockt.


Der Köder wirkt spezifisch auf Drahtwürmer. Er ist geruchsneutral. Durch Kontakt- und Fraßwirkung ist er hoch aktiv. Der Wirkstoff ist nicht systemisch. Das heißt: Er wird nicht in den Pflanzen transportiert und gelangt somit auch nicht in die Wassertropfen, die sie ausscheiden. Ihr so genanntes Guttationswasser ist bei diesem Wirkstoff also keine Gefahr für Bienen.


Befallskontrolle vor Bekämpfung!


Unmittelbar vor der Bekämpfung sollten Sie den Drahtwurmbesatz ermitteln. Das verlangt die gute fachliche Praxis. Prüfen Sie bei Befall erst, ob Sie mit dem Kartoffelanbau auf eine andere, nicht befallene Fläche ausweichen können. Die Kontrolle auf Drahtwurmbefall geht wie folgt: Legen Sie Kartoffelscheiben 15 bis 20 cm tief an mindestens 5 Stellen/ha im Frühjahr ab Anfang April oder im Herbst (bis ca. Ende September) in den Boden. Die Bodentemperaturen sollten nicht unter 8 °C liegen, da es sonst zu Fehldiagnosen führen kann. Denn Drahtwürmer sind bei diesen Temperaturen bereits im Herbst in tiefere Bodenschichten abgewandert und im Frühjahr kommen sie erst wieder hoch, wenn es wärmer als 8 °C ist. Bei Befall kann die Bekämpfung mit Goldor Bait erfolgen, denn das Mittel hat auch 2011 vom BVL eine Genehmigung zur Bekämpfung des Drahtwurms in Kartoffeln erhalten.


Das Granulat muss mit Boden bedeckt sein!


Wird Goldor Bait für 2011 zugelassen, ist beim Einsatz einiges zu beachten. So hat das BVL das Ködergranulat 2010 in Bandapplikation mit einer Aufwand­menge von 10 kg/ha ausschließlich gegen Drahtwurm in Kartoffeln genehmigt. Der Abstand zu Oberflächengewässern ist auf 10 m festgelegt. Das Mittel darf aber nicht auf Flächen angewendet werden, von denen eine Abschwemmungsgefahr in Gewässer, vor allem durch Regen oder Bewässerung, besteht. Auch bei Windgeschwindigkeiten von mehr als 5 m/s darf keine Ausbringung erfolgen.


Die Einstufung der Bienengefährlichkeit wurde mit B 3 festgelegt. Grundsätzlich wird der Wirkstoff Fipronil aber als sehr bienengefährlich eingestuft. Deshalb ist strengstens darauf zu achten, dass von Bienen besuchte Pflanzen auf keinen Fall mit Produktstäuben in Berührung kommen. Als Anwender sollten Sie unbedingt auch Folgendes beachten:


Bringen Sie das Bodengranulat beim Legen der Pflanzkartoffeln zuverlässig in den Damm ein und bedecken Sie es vollständig mit Boden.


Vermeiden Sie sorgfältig auf der Bodenoberfläche verstreute Ködergranulate. Passiert dies trotzdem, z. B. beim Befüllen oder durch technische Fehler, müssen Sie dies sofort mind. 15 cm tief in den Boden einarbeiten (z. B. mit einer Fräse).


Entfernen Sie sofort Granulate, die auf befestigte Oberflächen (z. B. Hofflächen, Feldwege) gelangen. Denn es besteht die Gefahr, dass Vögel (z. B. Fasane) sie fressen und dadurch geschädigt werden.


Dies ist auch ein Grund, warum Goldor Bait nur mit eigens dafür zugelassenen Granulatstreuern, die auf den Pflanzmaschinen angebracht sind, ausgebracht werden darf. Das Granulatstreugerät muss wie folgt beschaffen sein:


Es darf nicht pneumatisch arbeiten.


Es muss mit separater Abschaltvorrichtung der Dosiereinheit versehen sein.


Der Granulatbehälter muss über einen dicht schließenden Deckel verfügen.


Es muss zur Bandapplikation mit einem speziellen Applikationsteller (fish-tail Schar) ausgestattet sein.


Das Fallrohr muss in gerader Linie zum Applikationsschar verlegt sein.


Die Dosiereinrichtung des Granulatstreuers muss rechtzeitig – spätestens jedoch 4 m vor dem Vorgewende – ausgeschaltet werden, um ein vollständiges Bedecken des Granulates sicherzustellen.


Geräte mit bodenunabhängigem Antrieb (elektrisch oder hydraulisch) müssen darüber hinaus mit einer Zwangsabschaltung (Not-Aus-Funktion) der Dosiereinrichtung ausgestattet sein, die den Granulatstreuer beim Anheben der Legemaschine automatisch stoppt.


Geräte, die die Anforderungen für die Ausbringung von Goldor Bait erfüllen, werden in einer „Liste für die Ausbringung von Goldor Bait geeigneter Granulatstreugeräte“ des Julius Kühn-Instituts (JKI) aufgeführt (s. Übersicht 3). Die jeweils aktuellste Fassung steht im Internet unter www.jki.bund.de/geraete.html. Der Einsatz anderer Geräte ist nicht zulässig!


Fazit für Eilige


Wegen des Entwicklungszyklus der Drahtwürmer ist die Bekämpfung im zeitigen Frühjahr und im Herbst schwierig.


Derzeit gibt es neben Goldor Bait keine weitere erfolgversprechende Bekämpfungslösung. Die Ausbringung ist nur mit speziellen Granulatstreugeräten erlaubt.


Das Produkt Naturalis, das 2008 befristet zugelassen war, zeigte in der Praxis keine zufriedenstellende Wirkung. Daher ist es für Kartoffeln auch nicht zugelassen.


Ob alternative Bekämpfungsmethoden mit Senfölen und Sudangras bei der Draht­wurmbekämpfung über Jahre hinweg ausreichend wirken, bleibt abzuwarten.


Ergreifen Sie vorbeugende Maßnahmen, denn sie sind der Dreh- und Angelpunkt einer erfolgreichen Bekämpfung. Eine wohlüberlegte, ausgewogene Fruchtfolge ist vor allem auf besonders gefährdeten Flächen von Vorteil.


Auch im Jahr 2011 ist eine Genehmigung von Goldor Bait für 120 Tage über den § 11 Absatz 2 des Pflanzenschutzgesetztes (Gefahr in Verzug) erteilt. Die Zulassung des Mittels wäre aus Sicht eines wirtschaftlichen, qualitätsbetonten Kartoffelanbaus wünschenswert.

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