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Drahtwurm: Welche Strategien bleiben noch?

Lesezeit: 5 Minuten

Auch 2017 hat der Drahtwurm in einigen Betrieben wieder zugeschlagen. Große Schäden im Bestand zu vermeiden, wird immer schwieriger. Was raten die Experten?


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Wir brauchen dringend mehr wirksame Möglichkeiten, um den Drahtwurm zu bekämpfen. Denn Kartoffeln mit Fraßstellen sind immer schwerer zu vermarkten“, sagt Martin Hauß von der Erzeugergemeinschaft für Früh- und Spätkartoffeln Baden-Württemberg e.V.


Obwohl sich die Schäden durch den Drahtwurm in diesem Jahr vielerorts in Grenzen halten, sind die Praktiker beunruhigt. Vielen ist das Drahtwurmjahr 2016 noch in guter Erinnerung. Nach Aussage der Fachberater in Baden-Württemberg und Bayern ist der Drahtwurm sowohl auf konventionellen als auch auf ökologisch bewirtschafteten Flächen seit Jahren auf dem Vormarsch. Hans-Jürgen Meßmer vom LTZ Augustenberg schätzt die jährlichen Verluste auf 500 bis 2500€/ha. Bei Extrembefall – vor allem bei Frühkartoffeln – kann der Schaden deutlich höher sein. Bis hin zum Totalausfall.


Gefährlichere Arten:

Der Befallsdruck könnte weiter steigen, so die Experten. „Durch eine reduzierte Bodenbearbeitung, zunehmenden Zwischenfruchtanbau und eine ganzjährige Begrünung kehrt der Drahtwurm in die klassischen Anbaugebiete zurück“, glaubt Prof. Michael Zellner von der LfL Bayern.


In den letzten Jahren trat die Larve des Schnellkäfers (lat. Agriotes) bereits nicht nur in warmen Gebieten, sondern zunehmend auch in kühleren Regionen, wie der Schwäbischen Alb auf. Im Rahmen des landesweiten Monitorings des LTZ in Baden-Württemberg wurden vier bis fünf Agriotes-Arten gefunden. Dabei treten im Frühkartoffelgebiet um Bad Krozingen andere Arten auf als im Spätkartoffelgebiet bei Donaueschingen (siehe Übersicht).


Große Sorgen bereitet der Praxis die wärmeliebende Art Agriotes sordidus. Denn sie hat mit zwei Jahren einen viel kürzeren Entwicklungszyklus als die anderen Arten mit fünf. Ihre Larven sind bereits im ersten Jahr so groß, dass sie Kartoffeln und andere Kulturen massiv schädigen können.


Laut Michael Zellner werden wir es im Zuge des Klimawandels künftig vermutlich noch stärker mit solchen Arten zu tun haben. Im Rahmen eines Kooperationsprojektes mit der Universität in Temeswar in Rumänien untersucht er gerade die dort vorkommenden wärmeliebenden Arten.


Was ist 2018 noch zugelassen?

Nach dem Wegfall von Goldor Bait, das einen Wirkungsgrad von bis zu 90% erzielte, sind die Möglichkeiten der chemischen Bekämpfung des Drahtwurms mittlerweile sehr begrenzt. 2018 wird wahrscheinlich nur das biologische Pilzprodukt Attracap von Biocare im Rahmen einer Notfallgenehmigung (Artikel 53) zur Verfügung stehen. Für Velifer, ebenfalls ein Pilzpräparat, will BASF im nächsten Jahr – zumindest für Deutschland – keine Notfallgenehmigung beantragen. Der Produkteinsatz habe 2017 in der Summe nicht den Erwartungen entsprochen, teilt BASF auf Anfrage mit. Und auch Spiess-Urania strebt für Mocap, das in der Wirkung fast mit Goldor Bait gleichzieht, in Deutschland 2018 keine Zulassung an – vermutlich aus politischen Gründen.


Was leisten die Pilze?

Für die Zurückhaltung der Kartoffelbauern bei den biologischen Präparaten dürfte vermutlich deren bisher relativ geringe Wirksamkeit mitverantwortlich sein. In Versuchen von Hans-Jürgen Meßmer am LTZ Augustenberg erreichte Attracap, das auf dem Pilz Metharizium brunneum basiert, nur einen Wirkungsgrad von bis zu 40%. Je nach Bodenfeuchte nach der Anwendung kann er höher oder niedriger sein.


Velifer mit dem Pilzstamm Beauveria bassiana erzielte gemeinsam mit einem Lockköder eine Wirkung von 55%. Für viele Praktiker waren solche Wirkungsgrade in Anbetracht der zum Teil stolzen Produktpreise – Attracap kostete 2017 fast 400€/ha – zu gering. Zurzeit läuft ein von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) finanziertes Projekt, das die Wirkung von Attracap verbessern will.


Landwirt Martin Hauß hat seine komplette Kartoffelfläche trotzdem damit behandelt. Mit dem Ergebnis ist er zufrieden: „Der Befallsdruck war 2017 allerdings auch nicht so hoch.“ In Jahren mit hohem Schädlingsdruck reiche das nicht aus. Dabei verweist er auf Österreich oder die Niederlande, wo mehr wirksame Mittel, z.B. Mocap in Kartoffeln oder Belem in Mais, zugelassen sind.


Für Berater Mark Mitschke vom Beratungsdienst Kartoffelanbau in Heilbronn wäre es bereits ein Fortschritt, wenn Attracap und Velifer auch in den Vorkulturen vor der Kartoffel einsetzbar wären. Denn dadurch ließe sich ihr Wirkungsgrad noch erhöhen. „Die Landwirte brauchen für den erfolgreichen Einsatz dieser Pilzmittel, mehr Zeit, sich langfristig auf neue Anbaustrategien einstellen zu können. Und zwar bevor alte und bewährte Wirkstoffe wegfallen!“, kritisiert Mitschke.


Hier sei bei den Zulassungsbehörden und der Industrie ein Umdenken und mehr Kontinuität gefordert.


Wie vorbeugen?

Eine intensive Bodenbearbeitung sehen die Experten als wirksamste mechanische Maßnahme gegen den Drahtwurm an. Christian Landzettel von Bioland empfiehlt, in Kartoffelfruchtfolgen jährlich von Mai bis September eine z.B. zweiwöchi-ge Bearbeitungspause mit ggf. mehr-maliger Bodenbearbeitung einzulegen. Damit soll der Oberboden ca. 10 cm tief austrocknen und so die Popula-tionsentwicklung nachhaltig gestört werden.


Biokartoffelerzeuger sollten Kleegras bereits nach einem Jahr im Sommer umbrechen oder durch eine „Zwei-Phasen-Brache“ ersetzen. Dabei folgt auf den Umbruch einer winterharten Kultur wie Wickroggen Anfang Juni eine dreiwöchige „Johannibrache“ und danach je nach Wasserangebot eine Zwischenfrucht mit längerer Standzeit.


Im konventionellen Anbau kann der Drahtwurm v.a. bei niedrigem bis mittleren Befall über die Fruchtfolge bekämpft werden. Bei Mais z.B. mit Sonido-gebeiztem Saatgut aus Frankreich oder Österreich. Die Berater sind sich allerdings einig: Bei sehr starkem Befall kommen ackerbauliche Maßnahmen oft an ihre Grenzen.


Martin Hauß grubbert seine Flächen durch den Anbau von Frühkartoffeln schon Anfang August mehrmals: „Würde ich den Boden allerdings später bearbeiten, hole ich mir wieder Probleme mit der Mineralisierung und dem Wasserschutz.“Silvia Lehnert

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