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Gelbe Blüten für Bienen und Bauern

Lesezeit: 7 Minuten

Neue Anbau- und Ernteverfahren und die Greeningfähigkeit machen die Silphie beliebt als Maisersatz für Biogasanlagen. Sie wächst inzwischen auf über 3000 ha in Deutschland.


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Kaum hat der Feldhäcksler mit der Ernte des Silphie-Felds begonnen, erscheint ein Schwarm Vögel über dem Feld. Sie wissen genau, dass viele Insekten in den Blüten nach Nahrung suchen und bei der Erschütterung durch die Vorpressrolle des Häckslers auffliegen. „Das beobachten wir sehr oft“, sagt Landwirt und Dienstleister Ralf Brodmann von der Metzler & Brodmann Saaten GmbH. Der Landwirt aus Ostrach (Baden-Württemberg) betreibt mit seinem Kollegen Thomas Metzler nicht nur die Biogasanlage Energiepark Hahnennest, sondern hat sich auch auf die Vermehrung und Aussaat der Silphie spezialisiert. Seit 2016 haben sie rund 3000 ha deutschlandweit ausgesät.


Saatverfahren war Durchbruch:

Die Möglichkeit, die Pflanze zu säen, hat ihr den Durchbruch verschafft. Vorher wurde sie ausgepflanzt. Das verursachte nicht nur Kosten von bis zu 8000 €/ha für die Anlage. „Das dauert auch viel zu lange, bindet viele Arbeitskräfte und bei Trockenheit müssen die Setzlinge bewässert werden“, sagt Dr. Maendy Fritz, Leiterin Sachgebiet Rohstoffpflanzen am Technologie- und Förderzentrum (TFZ) aus Straubing (Bayern).


Heute hat sich die Untersaat bzw. förderrechtlich der „Mischanbau mit Mais in Reihen“ bewährt. „Der Mais beschattet die Silphie und unterdrückt so das Unkraut. Außerdem hat der Landwirt bereits im ersten Jahr Erlöse von der angebauten Fläche“, erklärt Brodmann.


Untersaat im Mais:

Die Saat sollte aber trotzdem auf Flächen mit wenig Unkrautdruck erfolgen, da die Silphie im Anlagejahr wenig konkurrenzstark ist und chemischer Pflanzenschutz bei einer „Ökologischen Vorrangfläche“ entfällt. Ungünstige Vorfruchtpflanzen sind Raps, Sonnenblumen, Erbsen oder Kartoffeln, da die Silphie wie diese von Sclerotinia befallen werden kann.


Die Aussaat läuft zwischen Mitte April bis Ende Mai. Brodmann und Kollegen verwenden dafür eine Einzelkornsämaschine mit 37,5 cm Reihenabstand. Abwechselnd werden eine Silphie- und eine Maisreihe gelegt, sodass Mais und Silphie jeweils im Abstand von 75 cm stehen. Bei dem Untersaatverfahren werden nur 5 bis 6 Maispflanzen/ha ausgesät. Bei der Reinsaat sind es 8 bis 10 Pflanzen. Die Silphie wird mit 4 bis 6 Pflanzen/m2 gesät (Aussaatdichte von 15 bis 25 Körnern/m2).


Auch das Zentrum für Nachwachsende Rohstoffe (ZNR) aus dem nordrhein-westfälischen Bad Sassendorf hält die Einzelkornsaat für die bessere Alternative. „Bei der Drillsaat gibt es mehr Bestandeslücken der Silphie, die von Unkräutern gefüllt werden. Auswirkungen auf den Ertrag hatte das Verfahren bisher nicht“, berichtet Michael Dickeduisberg.


Für die Dienstleistung berechnen Brodmann und Kollegen 1950 €/ha. Darin enthalten sind das Saatgut für Silphie und Mais, die Anbauberatung, die Aussaat sowie eine Auflaufgarantie. Donau-Silphie verkauft auf Wunsch aber auch nur das Saatgut. Ein weiterer Anbieter von Silphie-Saatgut ist die Firma NL Chrestensen aus Erfurt.


Bei Imkern beliebt:

Ein großes Plus der Blühpflanze ist die Biodiversität: Sie bietet in der langen Blütezeit von Juli bis September Bienen und anderen Blütenbesuchern Lebensraum und Nahrung. „Die Pflanze ist für Bienen und viele andere Insekten äußerst attraktiv und liefert reichlich Nektar und Pollen, insbesondere in einer Jahreszeit, in der das sonstige Nahrungsangebot sehr begrenzt ist“, urteilt das Baden-Württembergische Landwirtschaftsministerium in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage im Jahr 2016. „Wie die Saison 2018 ergeben hat, liefert ein Bienenvolk 20 kg Honig allein aus der Silphie“, hat Brodmann von Imkern erfahren.


Dieses Ergebnis gilt aber nicht überall. Nach Untersuchungen des Bienenzentrums an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) fliegen Bienen die Silphie gern zur Nahrungssuche an. Eine Honigernte war aber in keinem der beiden Untersuchungsjahre festzustellen. „Vor allem in strukturärmeren Regionen ist die Silphie jedoch eine sehr wertvolle Bienenweide“, ergänzt Dr. Maendy Fritz (TFZ).


Ernte bei rund 25% TS:

Als richtiger Erntezeitpunkt hat sich Ende August erwiesen. „Das ist das Ende der Hauptblüte“, erläutert Brodmann. Zu der Zeit hat die Pflanze einen TS-Gehalt von 22 bis 25% und liefert auch den höchsten Methanertrag mit 300 m3/t TS. Damit kann der Biogasertrag auch nach Ansicht des Fachverbandes Biogas an günstigen Standorten mit denen von Mais mithalten. „Früher hat man angenommen, man könnte mit einem höheren TS-Gehalt wie beim Mais den Energieertrag steigern, aber das hat sich als falsch erwiesen“, erklärt Brodmann. Denn die Pflanze verlagert Nährstoffe und Energie in die Wurzel. Schon eine Ernte vier Wochen später kann den Methanertrag auf 250 bis 260 m3/t TS reduzieren. Da die Pflanze auch bei 22% TS im Silo – anders als Mais – kaum Sickersaft produziert, sind niedrigere TS-Gehalte also auch für die Lagerung kein Problem. Das bestätigt das ZNR aus Bad Sassendorf. Hier wird Silphie aus betrieblichen Gründen zum gleichen Termin geerntet und einsiliert wie Mais. „Die Gasausbeuten liegen bei ungefähr gleichen Biomasseerträgen bei ca. 66 bis 75% vom Mais“, sagt Energiepflanzenexperte Dickeduisberg.


Neue Erntetechnik:

Die Ernte erfolgt per Feldhäcksler, wobei sich herkömmliche Maisgebisse nicht eignen. Der Landmaschinenhersteller Zürn hat ein Silphie-Kit für sein Direktschneidwerk entwickelt. Es besteht aus einem drehbaren Rollenniederhalter, der die Pflanzen vor dem Abschneiden nach vorn drückt und so für einen besseren Schnitt vorspannt. Außerdem sollen zwei rechts und links am Schneidwerk senkrecht stehende Seitenmesser, die „Seitentrenner“, die Pflanzenmasse in Schneidwerksbreite auseinander schneiden. Zudem ziehen spezielle Mitnehmer auf der Einzugsschnecke das Erntegut „aggressiver“ ein.


Laut Hersteller eignen sich für die Silphieernte auch die Erntevorsätze 445, 400plus oder 460plus von Kemper für die John Deere Feldhäcksler, der Vorsatz XDisc 620 für den Feldhäcksler Big X von Krone und die Direct Disc-Modelle 500 und 600 von Claas.


„Wegen des Insektenflugs empfehlen wir eine Ernte erst in den frühen Abendstunden“, sagt Markus Heinz, Leiter der Abteilung Pflanzenbau und Versuchswesen der Landwirtschaftlichen Lehranstalten Triesdorf. Eine Vorpresswalze am Schneidwerk, die die Pflanzen vor dem Einzug bewege, sei positiv zu bewerten. Denn die Insekten haben dann genug Zeit, wegzufliegen.


Nach Angaben der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft (TLL) lieferte die Silphie in Versuchen auf einem typischen Ackerstandort am Rande des Thüringer Beckens im zehnjährigen Schnitt höhere Trockenmasseerträge als Mais. Die Pflanze kann mit ihrem weitverzweigten Büschelwurzelsystem Wasser bis in eine Tiefe von 2 m erschließen und somit Trockenperioden tendenziell besser als Mais überstehen – das zeigte auch die Erfahrung aus dem Jahr 2018.


Trockene Böden ungeeignet:

Nur Bestände, die jünger als zwei Jahre waren und nicht genug Wurzelmasse hatten, haben unter der Trockenheit gelitten. „Auch auf leichten oder flachgründigen Böden ohne Bodenwasservorrat gab es massive Trockenschäden und deutliche Ertragseinbußen“, berichtet Fritz (TFZ). So sank der Ertrag auf einem Standort mit kiesig-sandigem Boden auf 6,5 t TS/ha, während er an günstigeren Standorten noch 17,6 t TS betrug. Das TFZ empfiehlt daher sehr trockene und leichte Standorte nicht für den Silphieanbau.


Unter bayerischen Standortbedingungen werden 60 bis bestenfalls 75% des Methanhektarertrags von Mais erreicht, berichtet sie. Die Daten stammen aus einem Dauerkultur-Projekt von insgesamt sechs Standorten jeweils mit Maisreferenz. Trotzdem sei die Silphie wirtschaftlich interessant, da nach dem ersten Jahr weder Pflanzenschutz noch Bodenbearbeitung nötig sind und die lange Nutzungsdauer die Anfangsinvestition amortisiert.


„Bei uns haben wir im Schnitt der Jahre 12 t TS/ha bei der Siliphie geerntet, während es bei Silomais 16 t TS waren“, schildert Marcus Heinz aus Triesdorf. Die Lehr- und Versuchsstation baut bereits seit zehn Jahren Silphie an. „Wir halten nach bisheriger Erfahrung eine Nutzungsdauer von 15 Jahren für realistisch“, sagt er. „Der Maisertrag im Etablierungsjahr lag trotz halber Aussaatstärke bei 75% des Maisertrags in Reinanbau“, berichtet Dickeduisberg von den Erfahrungen in Nordrhein-Westfalen.


Für viele Landwirte ist die Silphie inzwischen eine ernstzunehmende Alternative geworden – so z.B. für Rolf Weibler. Zurzeit wächst die gelb blühende Becherpflanze auf 2 ha in dem Betrieb in Bretzfeld (Baden-Württemberg), in dem es neben Weinbau, Ochsenmast und Direktvermarktung seit dem Jahr 2010 eine Biogasanlage mit 380 kW gibt. Wegen der hohen Arbeitsbelastung im Betrieb ist die Low-Input-Dauerkultur sehr interessant. Weibler ist sicher: „Wenn sie auch bei der Biogasproduktion das bringt, was die Experten uns versprechen, werden wir in den nächsten Jahren noch mehr davon anbauen!“ Kontakt:


hinrich.neumann@topagrar.com

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