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Gerstensorten – die Favoriten für den Norden

Lesezeit: 8 Minuten

Ramularia, Netzflecken und Virosen – gesunde Sorten müssen nun zeigen, was in ihnen steckt. Welche gleichzeitig auch hohe Erträge und gute Qualitäten liefern, weiß unser Autor.


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In Veredlungsregionen hat der Anbau von Wintergerste nach wie vor den höchsten Stellenwert. Aber auch in vielen Marktfruchtbetrieben wird sie als frühräumende Vorfrucht geschätzt, insbesondere wenn man z.B. vor der Rapssaat noch organische Dünger ausbringen will. Vorteile bringt die frühe Ernte ebenfalls hinsichtlich einer sicheren Bestandsetablierung nachfolgender Zwischenfrüchte. Denkbar ist auch, dass die Gerste weiter an Bedeutung gewinnt, wenn die Politik den Anbau vielfältiger Kulturen künftig noch stärker fördert.


Ziel: hohe und stabile Erträge


In den vergangenen teils sehr trockenen Jahren hat sich Wintergerste vergleichsweise ertragsstabil gezeigt. In diesem Jahr war während der Abreife häufig ein stärkerer Befall mit Ramularia- Blattflecken festzustellen. Da der Wirkstoff Chlorthalonil nicht mehr zur Verfügung steht, müssen Sie je nach Ramulariadruck mit stärkeren Ertragsschwankungen rechnen. Die Unterschiede bezüglich der Sortenanfälligkeit sind eher marginal. Daher gilt es, Sorten zu finden, die in den weiteren Merkmalen möglichst wenig Defizite aufweisen. Neben Standfestigkeit, Strohstabilität und Winterhärte ist dabei selbstverständlich die Blattgesundheit zu beachten. Als Grundvoraussetzung muss eine Sorte aber über ein ansprechendes Ertragspotenzial und für eine Vermarktung über eine gute Kornqualität verfügen.


In der Übersicht 1 finden Sie die mehrjährigen Durchschnittserträge der jeweiligen Anbauregion in Niedersachsen. Bei neueren Sorten fließen auch Ergebnisse aus Vorversuchen wie Wert- und EU-Prüfungen mit ein, sodass diese schon verlässlich beurteilt werden können.


Ertragsstärkste Sorten


In fast allen Regionen finden sich auf den vorderen Plätzen die im letzten Jahr neu zugelassenen Sorten Esprit, Viola, KWS Flemming und Teuto. Außerdem zeigen die etablierten Sorten KWS Orbit, KWS Higgins und Journey fast durchgängig überdurchschnittliche Erträge. Die doppelt GMV-resistente Sorte KWS Memphis kann vor allem auf den schwereren Standorten überzeugen.


Ist es trocken und die Gerste reift schnell ab, sind zweizeilige Sorten qualitativ häufig überlegen und kommen deshalb vor allem auf leichten Standorten zum Anbau. Unter den Zweizeilern erbringen KWS Moselle und Bordeaux ansprechende Ertragsleistungen.


Hybride punkten auf Problemstandorten


Die Hybridsorten stehen in den Landessortenversuchen (LSV), wie praxisüblich, mit reduzierter Saatstärke. Bei 180 Körner/m2 (2 Einheiten/ha) liegen die Saatgutkosten trotzdem noch ca. 50 bis 70 €/ha über denen einer konventionellen Sorte. Bei einem angenommenen Preis für Futtergerste von 18 €/dt, zehren die Mehrkosten also etwa 3 bis 4 dt/ha des Ertrages auf, was wir in der Ertragstabelle entsprechend berücksichtigt haben.


Ohne Einbeziehung der höheren Saatgutkosten würde z.B. die Hybridsorte SY Galileoo ca. 3%-P. besser abschneiden und in einigen Regionen an erster Stelle stehen. Trotz guter Leistungen neuerer Hybridsorten, reicht deren Ertragsabstand aber häufig nur aus, um die höheren Kosten zu decken. Tendenziell fällt der Ertragsvorteil unter nicht optimalen Wachstumsbedingungen, z.B. auf leichten Sandböden, etwas höher aus. Auch bei reduzierter Düngung, wie in den roten Gebieten gefordert, haben Hybride nach letztjährigen Ergebnissen eine höhere Vorzüglichkeit. Ob sich dieses in den aktuellen Versuchen bestätigt, bleibt abzuwarten.


Lager kostet Ertrag


Um das Ertragspotenzial auch unter wechselnden Umwelt- und Witterungsbedingungen umsetzen zu können, sollte eine Sorte über eine gute Standfestigkeit und Strohstabilität verfügen. Vor allem frühes Lager kann hohe Ertragsverluste verursachen. Die Auswahl einer standfesten Sorte führt zusammen mit dem angepassten Einsatz von Wachstumsregulatoren zu mehr Sicherheit in der Standfestigkeit. Insbesondere Betriebe mit organischer Düngung und schwer zu kalkulierender Stickstoffnachlieferung sollten auf standfeste Sorten wie Viola, KWS Memphis, Quadriga, SU Jule und die zweizeilige Bordeaux setzen.


Wuchsregulatoren vermindern auch Halm- und Ährenknicken. Dies ist vor allem bei wechselhaftem Erntewetter von Bedeutung, sowie bei Sorten, wie SY Galileoo, KWS Higgins, KWS Flemming und Paradies, die zu Halm- bzw. Ährenknicken neigen.


Blattgesundheit ist gefragt


Die Sortengesundheit gewinnt angesichts wegfallender Wirkstoffe und zunehmender Fungizidresistenzen an Bedeutung. Zwergrost ist hinsichtlich der Ertragswirksamkeit an erster Stelle zu nennen. Hoch anfällig sind die Sorten KWS Higgins, KWS Kosmos, KWS Orbit, SY Baracooda, Quadriga und Viola. Der Rostbefall lässt sich durch eine standardmäßige ein- bis zweimalige Fungizidbehandlung aber gut kontrollieren. Schwieriger wird es bei Rynchosporium und vor allem bei Netzflecken. Hier wirken Strobilurine und Carboxamide aufgrund fortschreitender Resistenzen nicht mehr sicher.


Die Blattsprenkelkrankheit Ramularia collo-cygni ist in diesem Jahr wieder stärker aufgetreten. Unterschiede in der Sortenanfälligkeit sind durch das schnelle Auftreten während der Abreifephase nur für kurze Zeit sichtbar und schwer zu bonitieren. Die Einstufungen in der Beschreibenden Sortenliste differieren daher kaum. Anhand der dies​jährigen Versuche scheinen neben den Hybriden SY Galileoo, Jettoo und SY Baracooda, die Sorten Melia, Jule, Paradies, Teuto und Esprit eine etwas geringere Anfälligkeit für Ramularia zu haben.


Letztlich gilt es, sich an den Erträgen in den LSVs zu orientieren. Eine gute Ertragskonstanz über Jahre und Standorte sprechen für eine gute Krankheitstoleranz. In der Übersicht 2 sind die Ertragsverluste ohne Fungizid- und Wachstumsreglereinsatz der LSV 2020 abgebildet. Geringe Verluste kennzeichnen widerstandsfähige Sorten. Als überdurchschnittlich ertragsstabil haben sich neben den zweizeiligen Sorten Bordeaux und KWS Moselle auch SU Jule, KWS Flemming, Mirabelle, Quadriga, Teuto, Jettoo und SY Galileoo gezeigt.


Resistent gegen Virusbefall


In engen Gerstenfruchtfolgen kann vor allem in feuchten kühlen Frühjahren auf schweren Standorten das Gelbmosaikvirus vom Typ 2 (BaYMV-2) auftreten. Hier steht mit KWS Memphis eine doppelt GMV resistente Sorte zur Verfügung, die gegenüber den älteren doppelt resistenten Sorten ansprechende Erträge bei besserer Kornqualität verspricht.


Bei milder Herbst- und Winterwitterung steigt die Infektionsgefahr durch Blattläuse. Neben ackerbaulichen Maßnahmen, wie der gezielten Bekämpfung von Ausfallgetreide sowie späterer Aussaattermine, sind Insektizide gegen Blattläuse noch das Mittel der Wahl. Auch im vergangenen Herbst konnte darauf häufig nicht verzichtet werden.


Als erste mehrzeilige Wintergerste mit Verzwergungsvirusresistenz (BYDV-Resistenz) wurde 2019 die Sorte Paradies in Deutschland zugelassen. Hinzu kamen die Sorte Contra und die zweizeilige Sorte Idilic. Die EU-Sorte Sensation ist nicht nur gegenüber dem Gelbverzwergungsvirus, sondern zusätzlich auch gegen beide Typen des Gelbmosaikvirus (BaYMV) resistent. Laut Züchterangaben soll Sensation bei früher Reife eine vergleichsweise gute Strohstabilität bei guter Qualität und Blattgesundheit aufweisen.


In Problemlagen sollten Sie resistente Sorten probeweise anbauen, da der Virusdruck durch milde Herbste, längere Vegetationsdauer und zunehmenden Resistenzdruck auf die Insektizide zunehmen wird.


Diese Sorten empfehlen sich


Für den diesjährigen Anbau ergeben sich unter Berücksichtigung der mehrjährigen Erträge und Sorteneigenschaften (ohne diesjährigen LSV-Ergebnisse) folgende vorläufige Empfehlungen:


  • Mit Esprit, Viola und Teuto stehen drei vielversprechende neuere Sorten zur Verfügung. Während Esprit und Teuto vor allem mit guter Blattgesundheit und hohen hl-Gewichten punkten, präsentiert sich die Sorte Viola mit guter Strohstabilität und Standfestigkeit.
  • KWS Flemming empfiehlt sich, zweijährig geprüft, in allen Anbauregionen. Bei hohen hl-Gewichten und einer guten Blattgesundheit ist eine schwächere Strohstabilität zu berücksichtigen.
  • KWS Orbit erreicht in allen Regionen überdurchschnittliche Erträge. Sie hat ein gutes hl-Gewicht, ist standfest und stabil hinsichtlich Halm- und Ährenknicken, zeigt aber Schwächen gegenüber Zwergrost.
  • Mit Ausnahme der Marschregion und den Sandböden Nordwest wird KWS Higgins in den übrigen Regionen aufgrund guter Erträge und hohen hl-Gewichten empfohlen. Mangelnde Standfestigkeit und Strohstabilität sowie die ausgeprägte Schwäche gegenüber Zwergrost sind zu beachten.
  • Journey zeichnet sich durch gute Strohstabilität und Blattgesundheit aus und wird in allen Regionen außer den Lehmstandorten Südhannovers und der Marsch empfohlen.
  • Quadriga ist auf Marsch-, Lehm-, Löß- und Höhenstandorten geeignet. Ein hohes hl-Gewicht, eine gute Standfestigkeit und der mit Ausnahme gegenüber Zwergrost recht guten Blattgesundheit sprechen für einen Anbau.
  • Melia kann lediglich in den Höhenlagen und auf den Lehmböden Nordwest überzeugen. Schwächen hinsichtlich Lagerneigung könnten speziell in den Veredelungsregionen mit intensiver organischer Düngung Probleme bereiten.
  • SU Jule zeigt sich im Kornertrag wechselhafter und eignet sich nur auf den Lehmböden Nordwest und Südhannover. Gute Qualitäten sowie eine sehr gute Strohstabilität sprechen für ihren Anbau, allerdings ist die Mehltauanfälligkeit zu beachten.
  • SY Galileoo und Jettoo können als Hybridsorten ertraglich überzeugen, jedoch bei höheren Saatgutkosten. Bei mittleren hl-Gewichten und einer guten Blattgesundheit sind Schwächen in Standfestigkeit und Ährenknicken einzukalkulieren.
  • Die Hybridorte SY Baracooda fällt durch ein hohes hl-Gewicht auf. Nachteilig ist die hohe Anfälligkeit für Zwergrost.
  • KWS Memphis ist als doppelt GMV- resistente Sorte strohstabil und erreicht insbesondere in der Marsch und in den Höhenlagen überdurchschnittliche Erträge und gute Kornqualitäten. Ist standortbedingt ein Virusbefall zu erwarten, sollte Memphis zum Anbau kommen.
  • Unter den zweizeiligen (zz) Sorten zeigte KWS Moselle in allen Anbauregionen relativ konstante Leistungen, während Bordeaux stärkere Schwankungen aufwies. Beide Sorten sind strohstabil und erreichen hohe hl-Gewichte.


Neue Sorten zur Probe


Die vielversprechendsten Zulassungskandidaten 2021 stehen bereits den diesjährigen niedersächsischen LSV, sodass von ihnen bereits aktuelle Ernteergebnisse vorliegen und ein Vergleich mit den bewährten Sorten möglich ist. Welche Sorten sich für einen Probeanbau eignen, lesen Sie unter www.topagrar.com/gerstensortennord2021


anne-katrin.rohlmann


@topagrar.com

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