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Gewässerschutz: Jeder Tropfen zählt

Lesezeit: 5 Minuten

Bereits in 2015 sollen sich alle Gewässer in einem „guten ökologischen“ Zustand befinden. Das fordert die EU in der Wasserrahmen-Richtlinie. Ist das ehrgeizige Ziel erreichbar?


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Die Uhr tickt: An einigen Grundwasser-Messstellen liegen die Gehalte an Pflanzenschutzmittelwirkstoffen über dem Grenzwert für Trinkwasser von 0,1 µg/l. Gemäß der EG-Wasserrahmen-Richtlinie (WRRL) sollen sich aber alle Gewässer in der EU bereits in 2015 in einem „guten ökologischen und chemischen Zustand“ befinden. Erreicht ein Mitgliedsstaat dieses Ziel nicht und legt zudem keine Maßnahmen fest, um die Wasserqualität zu verbessern, drohen rechtliche Schritte durch die EU-Kommission.


Mammutaufgabe:

Um den Verpflichtungen der WRRL nachzukommen, laufen bundesweit Maßnahmen zur Gewässerverbesserung, die Deutschland im Abstand von sechs Jahren der EU-Kommission berichten muss. Zu diesen Maßnahmen zählen z. B. das Reduzieren von Nährstoffen und Chemikalien in Gewässern, aber auch der Bau von Kläranlagen. Die Planung erfolgt dabei für jeden einzelnen Wasserkörper (Wasserkörper sind z. B. Seen, Flüsse, Kanäle). Bundesweit gibt es fast 10 000 Wasserkörper als Oberflächengewässer und etwa 1 000 als Grundwasser.


Zu diesem umfassenden Regelwerk kommen noch nationale Wasserschutzgesetze wie das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) oder die Trinkwasserverordnung. Das WHG bildet den Hauptteil des deutschen Wasserrechts. Neben Schutzbestimmungen befugt es die zuständigen Behörden auch dazu, z. B. Wasserschutzgebiete oder Heilquellen auszuweisen. Bei der Trinkwasser-VO geht es vor allem um Grenzwerte schädlicher Substanzen.


Für die Landwirtschaft ergeben sich aus dieser Gesetzgebung zwei zentrale Forderungen:


  • Das Einhalten des Grenzwertes für Nitrat von 50 mg/l. Dieser stammt aus der Nitratrichtlinie, die Teil der europäischen WRRL ist. Die Umsetzung erfolgt in Deutschland über die Düngeverordnung. Die Novelle dieser VO befindet sich zurzeit in Abstimmung mit der EU-Kommission und soll im Frühjahr 2015 Inkrafttreten.
  • Der Eintrag von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen in Gewässer ist soweit wie möglich zu begrenzen. Im Trinkwasser gilt der Grenzwert von 0,1 µg/l. Das entspricht fast einer Nulltoleranz.


Wie ist die Situation?

Mit der WRRL wurde die Überwachung der Gewässer auf Belastungen bundeseinheitlich geregelt. Für Oberflächengewässer unterscheidet man drei Arten:


  • Überblicksüberwachung,
  • operative Überwachung und
  • Überwachung zum Ermittlungszweck.


Die Überblicksüberwachung bewertet den Gesamtzustand in jedem Einzugsgebiet oder jeder Flusseinheit. Sie zeigt langfristige Veränderungen auf. Hierfür haben die Bundesländer in Deutschland knapp 400 Messstellen festgelegt. Diese liegen meist an Hauptströmen großer Flüsse und an Einmündungen.


Das operative Überwachen erfolgt an Wasserkörpern, welche die Umweltziele möglicherweise nicht erreichen. Das Netz ist mit bundesweit fast 8 000 Messstellen engmaschiger. Die meisten von ihnen werden mindestens einmal pro Jahr auf insgesamt 40 unterschiedliche Chemikalien, die sogenannten prioritären Stoffe, untersucht. Darunter befinden sich auch Pflanzenschutzmittelrückstände oder Nitrat. Bei etwas stärker belasteten Stellen erfolgt die Untersuchung dagegen monatlich, bei 2 % der Messstellen sogar täglich.


Die Überwachung zu Ermittlungszwecken findet bei Unfällen mit Schadstoffeinleitungen statt.


Zusätzlich erfolgt in allen Bundesländern ein intensives Grundwassermonitoring. Mit den empfindlichen Messmethoden ist es heute sogar möglich, einen Tropfen eines Wirkstoffs im Bodensee (536 km2) nachzuweisen.


Die Messungen zeigen Folgendes: In Bayern ließen sich in den untersuchten Fließgewässern z. B. häufiger die herbiziden Wirkstoffe IPU, Glyphosat, Terbuthylazin und Bentazon nachweisen. In der Donau trat das seit 1991 verbotene Atrazin auf, allerdings mit abnehmender Tendenz. Vereinzelt wurden Chloridazon, MCPA und Chlortoluron gefunden. In den kleineren Fließgewässern Bayerns ließen sich Spuren von Fungiziden wie Propiconazol und Azoxystrobin identifizieren. Nach Angabe der Bayerischen Staatsregierung waren im Jahr 2012 in 14 von mehr als 800 Oberflächenwasserkörpern Überschreitungen der Umweltqualitätsnorm festzustellen. Diese betrafen Herbizide, Insektizide wurden dagegen nicht gefunden.


In Niedersachsen ließen sich z. B. beim Grundwasser-Monitoring in den Jahren 2008/09 in über 1 000 Messstellen 104 Wirkstoff-Funde mit 42 Überschreitungen des Trinkwassergrenzwertes ermitteln. Neben aktuellen Wirkstoffen lassen sich auch Altwirkstoffe, die bereits vom Markt verschwunden sind, identifizieren. Diese Belastungen stammen aber nicht nur von landwirtschaftlichen Flächen, sondern auch von Bahngleisen, Verkehrsflächen usw.


Stark in der Diskussion stehen derzeit die verschiedenen sogenannten „nicht relevanten Metabolite“. Das sind Abbauprodukte von Wirkstoffen, die biologisch nicht mehr aktiv sind, sich aber im Wasser nachweisen lassen. Die Wasserversorger wollen, dass auch für diese der Grenzwert von 0,1 µg/l gilt. Aus pflanzenschutzrechtlicher Sicht liegt er aber bei 10 µg/l. Im vorauseilenden Gehorsam hat das Umweltbundesamt bereits „Gesundheitliche Orientierungswerte“ (GOW) für diese Metaboliten veröffentlicht. Diese liegen bei 1 bzw. 3, vereinzelt und vorübergehend bei 10 µg/l. Die Liste beinhaltet derzeit 19 Wirkstoffe. Häufig treten z. B. auf


  • Desphenylchloridazon (Metabolit B aus Chloridazon),
  • Metazachlorsäure und -sulfonsäure (Wirkstoff: Metazachlor)
  • S-Metolachlorsäure und -sulfonsäure (Wirkstoff: S-Metolachlor).


Alle müssen mithelfen!

Um die Ziele der WRRL zu erreichen, wird der Gesetzgeber die Daumenschrauben weiter anziehen, wenn sich die Situation der Gewässer in Deutschland nicht zügig verbessert. Und Fakt ist: Jeder von uns möchte Trinkwasser in bester Qualität!


Bekommen wir das Problem der Wirkstoff­einträge in Gewässer nicht in den Griff, werden die Zulassungsbehörden zusätzliche Anwendungsbestimmungen für Wirkstoffe, die sich häufiger an den Messstellen finden lassen, erlassen. Das kann – wie bereits beim Wirkstoff Isoproturon (IPU) geschehen – zu Einsatzbeschränkungen führen. So lässt sich IPU beispielsweise auf drainierten Flächen nicht vor dem 1. März einsetzen. Zudem laufen wir Gefahr, dass bei regelmäßigen Funden die betroffenen Wirkstoffe ganz vom Markt verschwinden.


Ausblick:

Deutschland wird im kommenden Jahr nicht alle Wasserkörper in einen guten ökologischen Zustand versetzen können. Daher wird es voraussichtlich eine Fristverlängerung bis 2021 bzw. 2027 (2. bzw. 3. Bewirtschaftungseinheit) geben. Diese kann ein Mitgliedsstaat aber nur beantragen, wenn er entsprechende Maßnahmen bereits begonnen hat. Matthias Bröker

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