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Grünland: Gülle muss direkt auf den Boden!

Lesezeit: 8 Minuten

Durch richtigen Gülleeinsatz sparen Sie teuren Mineraldünger. Künftig ist aber nur noch bodennahes Ausbringen erlaubt, um Stickstoff-Verluste zu senken. Ob davon auch die Grünlandnarbe profitiert, erklärt Dr. Richard Neff, Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen.


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Wer Gülle hat, kann (fast) auf den Mineraldünger verzichten ohne Ertrag einzubüßen. Denn ihre Nährstoffe können Grünlandbestände hervorragend verwerten. Wie viel Mineraldünger sich einsparen lässt, hängt neben dem Nährstoffgehalt der Gülle stark von der Ausbringtechnik ab. Diese beeinflusst vor allem die Höhe der Stickstoff-Verluste und die Narbenzusammensetzung. Ein effizienter Gülleeinsatz auf Grünland setzt somit regelmäßige Gülle- und Bodenanalysen sowie einen standortangepassten Technikeinsatz voraus.


Um bereits im Ausbringungsjahr eine möglichst hohe Düngewirkung zu erzielen, sollten Sie mit der ersten Güllegabe im zeitigen Frühjahr (Ende der Sperrfrist: 31. Januar) beginnen. Die Nährstoffe darin sind nur etwa zur Hälfte direkt pflanzenverfügbar. Der Rest ist in der organischen Masse gebunden und steht den Pflanzen erst nach der Mineralisation zur Verfügung. Je nach Witterung verläuft der Abbau schneller oder langsamer. Er kann sich über zwei bis drei Jahre erstrecken. Bei wiederholtem Gülleeinsatz überlappen die Mineralisationsprozesse der Gaben, sodass die Grasbestände Phospor, Kalium und Magnesium fast zu 100 % ausnutzen können.


Wegen des erhöhten Verlustrisikos ist auf solchen Flächen beim Stickstoff (N) nur mit einer Ausnutzungsrate von 70 bis 80 % zu rechnen. Vorausgesetzt, die gedüngte N-Menge ist gleich, lassen sich dennoch bereits nach wenigen Jahren kaum noch Unterschiede im Ertrag bei Mineral- oder Gülledüngung erkennen. Das belegen unsere langjährigen Versuche von 1993 bis 2003 am Standort Bad Hersfeld (siehe Übersicht 1). Der Bestand erhielt je 200 kg N/ha, die wir bei der organischen Düngung in Gaben von 20, 20 und 10 m3/ha Rindergülle zu den drei Aufwüchsen aufgeteilt haben.


Die Ursache für die annähernd gleichen Erträge der Weidelgras-reichen Dauernarbe liegt meist an den höheren Weißklee-Anteilen in gegüllten Beständen (siehe Fotos Seite 90). Diese konkurrenzschwache Leguminose profitiert davon, dass aus der Rindergülle nur etwa 50 % des Gesamt-N sofort pflanzenverfügbar sind. Aus Mineraldünger sind es nahezu 100 %. Dabei kommt der Stickstoff besonders den Gräsern zugute. Güllegaben bremsen dagegen die Konkurrenzkraft der Gräser, sodass sich der Weißklee besser entwickeln kann. Vor allem im ersten Aufwuchs sind die Klee-Anteile meist höher und der zusätzlich von den Knöllchenbakterien gebundene Stickstoff sichert den Ertrag.


N-Verluste vermeiden:

Die N-Menge, die dem Bestand aus der Gülle zur Verfügung steht, hängt davon ab, wie viel von der Lagerung bis nach der Ausbringung verloren geht. In der flüsssigen Phase der Gülle liegt der gelöste Stickstoff als Ammonium-Ionen (NH4+) und leicht flüchtiges Ammoniak (NH3) vor. Das Verhältnis von Ammonium zu Ammoniak beeinflusst der Gülle-pH-Wert. Bei einem pH-Wert über 7 verschiebt es sich zum Ammoniak. Dadurch nehmen die gasförmigen N-Verluste stark zu. Bei der Güllelagerung gehen bis zu 30 % und beim Ausbringen bis zu 15 % des Ammoniaks verloren. Die restlichen Verluste entstehen unmittelbar nach dem Gülleausbringen. Denn dann kommt es zu einer raschen Oxidation organischer Säuren, wodurch der pH-Wert steigt. Die Folge: Ammonium wird zu Ammoniak und kann, je nach Düngungsbedingungen, in großem Umfang in die Atmosphäre entweichen. Unterschiedliche Versuche zeigen, dass sich der pflanzenverfügbare NH4-N innerhalb weniger Stunden nach dem Ausbringen zu über 80 % als Ammoniak verflüchtigen kann. Das gilt vor allem bei Temperaturen über 20 °C, Wind und kleintropfiger Breitverteilung. Um diesen beträchtlichen Nährstoffverlust zu minimieren, sollten Sie die Gülle nur bei bedecktem Himmel oder leichtem Regen ausbringen. Das schont die Umwelt und Ihr Düngerkonto.


Ausbringtechnik im Test:

Immer mehr Landwirte setzen mittlerweile auf verlustmindernde Ausbringtechniken. Diese reduzieren den Kontakt der Gülle mit der Luft und verkürzen ihre Verweildauer auf dem Boden. Neben gängigen Breitverteilern unterscheidet man Systeme mit streifenförmiger und bodennaher Ablage. Dazu zählen Schleppschlauch- und Schleppschuhgeräte sowie das Schlitzverfahren (Details siehe Kasten Seite 89). Nach aktueller Vorgabe der neuen Dünge-VO (Stand Anfang Januar 2014) sind ab 2025 nur noch diese Systeme auf Grünland zugelassen.


Wie gut die verschiedenen Gülleverteiltechniken N-Verluste reduzieren können und wie sie sich auf die Grasnarbe auswirken, wurde in vielen Feldversuchen verglichen. Diese bestätigen, dass sich die gasförmigen N-Verluste durch Schleppschlauch- und Schleppschuhverteiler im Vergleich zum Prallkopf um etwa die Hälfte reduzieren lassen. Wer den Schlitzverteiler nutzt, verringert die Verluste im Schnitt sogar um 80 %. Das lässt erwarten, dass die Graserträge durch die bodennahe Gülleverteilung deutlich steigen. Doch die Erträge erhöhen sich nur leicht, da die Verteiltechniken häufig den Pflanzenbestand verändern.


Gülletechnik beeinflusst Narbe:

Wie eine Dauergrünlandnarbe auf die verschiedenen Gülleverteilwerkzeuge reagiert, haben wir daher in einem Feldversuch in Bad Hersfeld überprüft. Der schluffige Gley-Braunerde Standort ist mit 600 mm Regen im Jahr niederschlagsarm. Die ersten beiden Aufwüchse wurden mit 20 m³/ha Rindergülle gedüngt. Durch den Einsatz des Versuchs-Güllefasses kam es zu keiner starken Narbenbelastung. Doch auch ohne Bodendruck und Radschlupf waren die Effekte deutlich:


  • Der Prallkopf hinterließ keine sichtbaren Spuren im Bestand.
  • Auch beim Einsatz des Schleppschlauches gab es keine auf die Technik zurückzuführende Narbenveränderung.
  • Die Begrenzung der Güllemenge auf 20 m³/ha je Einzelgabe sorgte dafür, dass in den acht Versuchsjahren fast keine Güllereste bis zur Ernte des gedüngten Aufwuchses auf dem Boden überdauerten. Und dies, obwohl der TS-Gehalt der Gülle mit ca. 8 % relativ hoch war. Eine Futterverschmutzung findet somit unter diesen Bedingungen nicht statt.
  • Der Schleppschuh ritzte die Narbe ganz leicht an. Er schaffte dadurch auf einem schmalen Streifen offenen Boden, der das Eindringen flüssiger und darin gelöster Güllebestandteile begünstigte. Nachteilig war dabei jedoch, dass die Samenunkräuter dort bessere Keimbedingungen fanden als in der geschlossenen Narbe bei Breit- oder Schleppschlauchverteilung. Es ließen sich daher Längsstrukturen in Arbeitsrichtung mit erhöhten Anteilen an Löwenzahn und Herbstlöwenzahn erkennen, aber auch an Gemeiner Rispe.
  • Am deutlichsten waren die Narbenveränderungen beim Einsatz des Schlitzverteilers. Die Rillen verletzten die Narbe und Bodenoberfläche erheblich und schafften so Eintrittspforten für zahlreiche Samenunkräuter. Löwenzahn und vor allem der Stumpfblättrige Ampfer waren die Hauptnutznießer dieses Verfahrens (siehe Übersicht 2).


Ändert Bodendruck die Narbe?

Neben den Verteilwerkzeugen kann auch der Bodendruck und Radschlupf von Transport- und Zugfahrzeugen die Grasnarbe nachhaltig verändern. Vor allem die Düngung des ersten Aufwuchses soll möglichst früh erfolgen, damit viel Zeit für die Mineralisation der organisch gebundenen Nährstoffe bleibt. Viele Grünlandstandorte, wie zum Beispiel das Dauergrünland in Niederungen und Flussauen, sind dann zum Befahren aber noch zu nass. Mit Breitreifen, Doppelachsen und spurversetztem Fahren können Sie dafür sorgen, dass die Fahrspuren weniger tief sind. Dennoch wird die Luft bei feuchten Bodenverhältnissen aus der Hauptwurzelzone der Gräser (oberste 10 cm) herausgedrückt.


Bei genauem Hinsehen stellt man häufig fest, dass in diesen Spuren leistungsfähige, ansaatwürdige Gräser schnell verschwinden und anderen Arten Platz machen. Am meisten profitiert davon die flachwurzelnde Gemeine Rispe. Sie verträgt eine oberflächige Verdichtung gut. In den zurück­liegenden 20 Jahren hat die Gemeine Rispe enorm an Bedeutung gewonnen. Häufig nimmt sie auf intensiv bewirtschafteten Silageflächen Ertragsanteile von mehr als 50 % in den Frühjahrsaufwüchsen ein. Zu dieser Entwicklung hat neben der veränderten Gülletechnik auch der Wandel bei der Futterernte beigetragen. Der Schnitttermin wurde immer weiter vorverlegt und mit dem Einsatz schlagkräftigerer Technik der oberflächliche Bodendruck größer.


Gemeine Rispe im Vorteil:

Die durch Bodendruck bzw. Sauerstoffmangel im Boden verursachte Narbenveränderung vollzieht sich rasant. Das zeigt eine Untersuchung der Bestandsentwicklung in der Fahrspur und in der benachbarten, unbelasteten Fläche (siehe Übersicht 3). Der Bodendruck entstand bei der Ernte des ersten Aufwuchses. Nur vier Wochen später zum zweiten Schnitt wurden die Pflanzenbestände bonitiert. Während der Kriechhahnenfuß, die Quecke und die Gemeine Rispe in der unbelasteten Narbe einen Ertragsanteil von 35 % erreichen, sind es auf dem befahrenen Boden bereits 64 %. Die Gemeine Rispe hat ihren Ertragsanteil von 30 auf 53 % fast verdoppelt. Das trittverträgliche Deutsch Weidelgras hält seinen Anteil. Löwenzahn, Wiesenrispe, Weißklee, Schafgarbe und Knaulgras gehen um drei Viertel von 41 auf nur noch 11 % zurück. Mengenmäßig am stärksten betroffen sind Wiesenrispe und Weißklee. Die weniger stark vertretene Schafgarbe und Knaulgras verschwinden ganz. Mit der deutlich verschlechterten Narbenproduktivität geht der TM-Ertrag in der Belastungszone um 25 % zurück.


Diese Ergebnisse lassen sich auch auf vergleichbare Praxisflächen mit zur Verdichtung neigenden, wechselfeuchten Böden übertragen. Wägen Sie daher gut ab, welche Technik sich für Ihren Standort eignet. Klar ist, dass sich bei Düngemaßnahmen und der Ernte nicht auf Schlagkraft verzichten lässt. Unter den künftigen gesetzlichen Rahmenbedingungen (Novelle Düngeverordnung) sind bodennahe Gülleverteiler unumgänglich, trotz ihrer Risiken für die Narben­entwicklung. Beobachten Sie auf jeden Fall die Entwicklung Ihrer Pflanzenbestände genau und reagieren Sie sofort durch Striegeln mit Nachsaat, wenn sich die Gemeine Rispe breit macht.

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