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Gülle – wertvoller als ihr Ruf

Lesezeit: 11 Minuten

Wirtschaftsdünger führen Ackerflächen alle wichtigen Nährstoffe zu. Gleichzeitig verbessern sie durch die Zufuhr organischer Substanz die Bodenfruchtbarkeit. Warum Gülle, Gärreste und Co. für Ackerbauern lukrativ sind, erläutert Lüder Cordes, LWK Niedersachsen.


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Über das Futtergetreide gelangen hohe Nährstoffmengen aus den Ackerbau- in die Veredlungsregionen. Nach der Passage durch die Tiermägen konzentrieren sie sich in Wirtschaftsdüngern. Um den überregionalen Nährstoffkreislauf zu schließen, ist es wichtig, dass diese Nährstoffe wieder in die Ackerbaugebiete zurückfließen. Für Ackerbauern hat das durchaus zahlreiche Vorteile:


  • Die in Wirtschaftsdüngern enthaltenen Nährstoffe sind preiswert.
  • Mineraldünger lassen sich einsparen.
  • Langfristig erhöhen sich die Bodenfruchtbarkeit und Ertragsfähigkeit.


Allerdings stellen Gülle und Co. auch eine Herausforderung dar. Die Transport- und Lagerlogistik müssen kostengünstig organisiert werden. Zudem sind die hohen Gewichte der Ausbringtechnik in Bezug auf den Bodenschutz zu berücksichtigen. Und nicht zuletzt muss der Landwirt die spezifische Stickstoffwirkung in der Düngeplanung kalkulieren. Lohnt sich dieser Aufwand?


Wissen, was drin ist.

Für den optimalen Einsatz und um Wirtschaftsdünger ökonomisch bewerten zu können, müssen die jeweiligen Nährstoffgehalte bekannt sein. Die meisten Fehler passieren bereits bei der Probenahme. Handelt es sich um flüssige Dünger, ist ein gutes Aufrühren wichtig. Entnehmen Sie die Gülle mindestens an vier bis fünf Stellen und sammeln Sie die Probe in einem Eimer. Verrühren Sie den Inhalt anschließend gut und befüllen Sie eine Probeflasche zu drei Vierteln.


Zwischen und auch innerhalb der Wirtschaftsdünger-Arten schwanken – je nach Futter, Fütterungsart, Haltungsform und Wasserzusatz – die Nährstoffgehalte erheblich. Jeder aufnehmende Betriebsleiter sollte daher auf aktuelle Analysewerte bestehen. Zur Orientierung sind in der Übersicht 1 die mittleren Nährstoffgehalte nach den Ergebnissen der LUFA Nord-West dargestellt.


Was ist die Gülle Wert?

Werden die Nährstoffgehalte entsprechend der Übersicht 1 angesetzt und mit den Nährstoffpreisen der Mineraldünger bewertet, ergeben sich die in Übersicht 2 dargestellten Düngewerte. Der enthaltende Stickstoff wurde dabei jeweils nur mit dem anrechenbaren Anteil bewertet. Fraglich ist, ob alle Betriebe den Wert aller Nährstoffe für sich realisieren können. Besteht z.B. für Phosphor kein Düngebedarf, so hat der P-Gehalt im Wirtschaftsdünger für den Landwirt auch keinen Wert.


Nicht erfasst sind bei dieser monetären Bewertung die weiteren positiven Effekte der organischen Dünger. Hierunter fallen z.B. langfristig höhere Humusgehalte, und dass sie eine gleichmäßig fließende Stickstoffquelle darstellen.


Ein Düngewert von 8,30 €/m3 für Schweinegülle hört sich zunächst nicht hoch an. Nimmt aber ein Betrieb mit 150 ha Fläche im Mittel 20 m3/ha Gülle auf, kann man bis zu 24900 € an Düngerkosten einsparen. Davon gehen allerdings die Kosten für Lagerung, Transport, Ausbringung und Einarbeitung ab.


Für Betriebe mit Aufnahmekapazitäten kann es sich demnach durchaus lohnen, über den Einsatz von Gülle und Co. nachzudenken.


Das leisten die Inhaltsstoffe:

Damit sich die positiven Effekte der organischen Dünger auch einstellen, ist es wichtig, dass man die Wirkung kennt. Die neben den Makronährstoffen enthaltenen Mikronährstoffe tragen zur Pflanzenvitalität bei.


Phosphor ist in Wirtschaftsdüngern größtenteils organisch gebunden. Dieser P-Anteil wird mit einsetzender Mineralisation pflanzenverfügbar. Die Summe des wasserlöslichen und des leicht umsetzbaren organischen Phosphors liegt bei flüssigen Düngern bei ca. 80 bis 90%.


Auf ausreichend mit P versorgten Böden können Sie daher den Phosphor aus Wirtschaftsdüngern, trotz der hohen Immobilität im Boden und der geringen Wirkgeschwindigkeit, voll in die Düngeplanung einbeziehen. Die Pflanzen decken ihren aktuellen Bedarf auf diesen Böden aus dem Vorrat. Die Düngung dient dazu, ihn wieder aufzufüllen.


Liegen die Bodengehaltsklassen in A oder B und besitzen die Kulturen ein geringes P-Aneignungsvermögen (Mais, Kartoffeln), empfiehlt es sich jedoch, wasserlösliches Phosphat zu ergänzen. Da Phosphor im Boden kaum verlagert wird, sollte man Dünger wie Triple-Superphosphat oder DAP vor der Saat einarbeiten.


Kalium aus Wirtschaftsdüngern ist sofort pflanzenverfügbar und lässt sich in der Düngeplanung zu 100% anrechnen. Die Bindung an Ton- und Humusteilchen schützt vor Verlagerung im Boden. Auf leichten, tonarmen Böden sind dagegen Auswaschungsverluste bei der Düngeplanung zu berücksichtigen. Daher ist es sinnvoll, den Bedarf auf leichten Böden zu Beginn der Vegetation zu decken. Ein Aufdüngen über die Gehaltsklasse C oder eine Kalium-Vorratsdüngung ist auf solchen Böden kaum möglich. Eine gute Versorgung trägt z.B. im Raps zur Winterfestigkeit bei. Mist und Rindergülle enthalten oft den meisten Kali.


Schwefel ist in etwa zu 10% des N-Gehaltes enthalten. Er ist zu hohen Anteilen organisch gebunden und wird – analog zum Stickstoff – erst mit einsetzender Mineralisation pflanzenverfügbar. Ebenso unterliegt Schwefel der Auswaschungsgefahr, sodass eine Vorratsdüngung nicht möglich ist. Bei einer Herbstgabe von Wirtschaftsdüngern sollte der Schwefel im Frühjahr nur in geringem Maße berücksichtigt werden. Ein guter Anhaltspunkt sind die Frühjahrs-Nmin-Werte. Sind diese niedrig, ist auch mit niedrigen Smin-Werten zu rechnen. Für Pflanzen mit hohem, frühem Schwefelbedarf (z.B. Raps), sollten Sie eine mineralische Ergänzungsdüngung einplanen.


Magnesium lässt sich zu 100% anrechnen. Eine Vorratsdüngung ist, wie bei Kali, auf leichten Böden nicht möglich. Ausgehend von der Gehaltsklasse C benötigen Raps, Mais und Getreide eine jährliche MgO-Gabe von 40 kg/ha. Kartoffeln haben mit 60 kg/ha und Rüben mit 80 kg/ha einen höheren Bedarf. Eine regelmäßige Zufuhr organischer Dünger sowie magnesiumhaltiger Kalidünger und Kalk decken den Bedarf oft.


Zu beachten ist das Kalium-Magnesium-Verhältnis. Hohe Kalimengen verdrängen Magnesium bei der Aufnahme. Optimal ist ein Verhältnis von etwa 2 : 1.


Calcium aus flüssigen Wirtschaftsdüngern ist eher von geringer Bedeutung. Berücksichtigt werden sollten jedoch die Calciumfrachten aus Geflügelmist und HTK. Diese wirken basisch und spielen beim Kalkbedarf eine Rolle.


Stickstoff ist maßgebend:

Stickstoff ist das wichtigste Element. Organisch gebunden und als Ammonium (NH4) liefern Wirtschaftsdünger zwei unterschiedlich schnell wirkende N-Quellen. Das Ammonium ist direkt pflanzenverfügbar. Weil es an Ton- und Humusteilchen gebunden wird, ist es kaum auswaschungsgefährdet.


In warm-feuchten Böden wird es aber schnell nitrifiziert. Weil dieser Prozess Protonen freisetzt, sinkt der pH-Wert. Unter optimalen Bedingungen (Bodentemperatur 25°C, Wassergehalt 60 bis 80%) erfolgt die Nitrifikation in 10 bis 15 Tagen. Das entstandene Nitrat ist sehr gut wasserlöslich, wodurch das Auswaschungsrisiko steigt. Die Pflanzen nehmen es mittels Massenfluss mit dem Wasserstrom auf. Dadurch kann es, anders als bei Ammonium, zu einem „Luxuskonsum“ der Pflanze kommen.


Je nach Art, weisen Güllen spezifische NH4-Gehalte auf (Rindergülle 50 bis 60%; Schweinegülle 60 bis 70%; Gärreste ca. 70%). Schweinegülle oder Gärreste wirken daher kurz nach der Ausbringung intensiver. Die Nachwirkung im Folgejahr entspricht in etwa dem in der DüV vorgegebenen Wert von 10% des Gesamt-N.


Im Gegensatz zum Ammonium muss die organische N-Fraktion erst über Bakterien und Pilze mineralisiert werden. Dieser Prozess verläuft langsam. Günstig wirken sich ein enges C-/N-Verhältnis, ein neutraler pH-Wert und ein warmer Boden mit Wassergehalten um 50% aus.


Neben den vergleichsweise gut umsetzbaren organischen Anteilen gibt es auch schwer umsetzbare N-Fraktionen. Sie tragen zum Humusaufbau bei und erhöhen das N-Depot im Boden (siehe Übersicht 3).


Der Boden stellt sich ein

. Dass sich das Bodenleben auf die organische Düngung einstellt, belegen Versuche: Lag die Ausnutzung von Rindergülle im ersten Versuchsjahr bei 54% des Gesamt-N, stieg dieser Wert nach sieben Jahren auf 72%. Der Erfolg einer organischen Düngung steigerte sich somit über die Jahre. Eine Bewertung sollte daher langfristig erfolgen.


Besonders bei den Wirtschaftsdüngern mit hohem Anteil an organisch gebundenem Stickstoff (z.B. Rindermist, abgeschwächt auch Putenmist), ist die N-Wirkung im Jahr der Ausbringung eher verhalten. Aber gerade bei den Misten baut sich eine langsam fließende N-Quelle auf, die auch in den Folgejahren noch zur N-Versorgung beiträgt.


Langfristig positive Effekte sind auch für die Bodenfruchtbarkeit zu erwarten. Besonders auf leichteren, ton-ärmeren Böden ist für die Wasserspeicher- und Kationenaustauschkapazität der Humusgehalt maßgebend. Zwar bestimmen viele Faktoren den Humusgehalt, aber eine regelmäßige organische Düngung trägt zu einer positiven Entwicklung bei. Zudem ist die organische Substanz „Futter“ für die Bodenorganismen. Insgesamt ent-wickelt sich das Ertragspotenzial vor allem von leichteren Böden bei regelmäßiger Zufuhr positiv.


Zu welchen Kulturen?

Alle Kulturen profitieren von dem umfassenden Makro- und Mikronährstoffangebot. Allerdings nutzen Mais und Hackfrüchte den Stickstoff am effizientesten, da sie im Sommer zur Zeit der höchsten Umsetzung des organisch gebundenen Stickstoffs noch hohe Mengen verwerten.


Unter günstigen Bedingungen lassen sich im Mais Ausnutzungsgrade von ca. 70% des Gesamt-N-Gehaltes bei Gärresten und Rindergülle erreichen, bei Schweinegülle sogar 80%. Gemäß DüV muss man Mindestwerte von 50% bei Gärresten und Rindergülle, bzw. 60% bei Schweinegülle für das Jahr der Anwendung anrechnen. Hinzu kommt jeweils die Nachwirkung von 10% der Gesamt-N-Menge aus dem Vorjahr.


Dass beim Gülleeinsatz in Rüben kaum negative Auswirkungen auf die Qualität auftreten, zeigen aktuelle LWK-Versuche. Bewährt hat sich aber eine mineralische Ergänzung in Höhe von 30bis60 kg N/ha zu Vegetationsbeginn. Der Kaliumbedarf sollte ebenfalls über Mineraldünger ergänzt werden.


Auch zu Kartoffeln können Sie mit Wirtschaftsdüngern arbeiten. Dabei empfiehlt es sich, maximal 50% des gesamten N-Bedarfs über organische Dünger und den Rest als mineralische Startgabe zu düngen. Überhöhte Kali-, Chlorid- und N-Gaben können den Stärkegehalt senken. Hohe N-Nachlieferungen könnten zudem die Lagerfähigkeit beeinträchtigen.


Effizienter Einsatz:

Ein Problem stellt bei Hackfrüchten oft die bodenschonende Ausbringung im Frühjahr dar. In Rüben wäre eine Lösung, GPS-gesteuert in den zukünftigen Fahrgassen zu fahren. Zu Kartoffeln kann die Verteilung über Schleppschläuche mit anschließender Pflugfurche erfolgen.


In Mais erzielt die Unterfußplatzierung der Gülle gute Erfolge. In Kombination mit einer mineralischen Unterfußdüngung stieg der Maisertrag in Versuchen um 3%. Die alleinige Gülle-unterfußdüngung erreichte vergleichbare Erträge wie bei einer Gülleverteilung per Schleppschlauch plus mineralischer Unterfußdüngung.


Ähnlich positive Effekte einer Unterfußdüngung mit Gülle ergaben Versuche der LWK Niedersachsen in Rüben und Kartoffeln. Die höhere Nährstoffeffizienz kam vor allem auf leichteren Standorten zum tragen. Auf schwereren Böden besteht die Gefahr, dass bei der Gülleinjektion Verdichtungen entstehen.


Getreide erreicht die hohe N-Verwertung von Mais leider nicht. Dennoch belegen langjährig durchgeführte Versuche, dass keine Einbußen bei den Erträgen entstehen. In Getreide können Sie mit Ausnutzungsgraden von ca. 60% bei Gärresten und Rindergülle sowie 70% bei Schweinegülle kalkulieren. Weil die DüV bei der Nährstoffbilanz nicht zwischen den Kulturen unterscheidet, ist die gleiche Ausnutzung wie bei Mais und Hackfrüchten anzusetzen. Um die Bestockung trotz der geringeren Anfangswirkung der organischen Dünger abzusichern, empfiehlt es sich, mineralische und organische Dünger bei normaler Bestandesentwicklung zu kombinieren und startbetont zu düngen.


Bei Gerste, Roggen und Triticale konzentriert sich die N-Düngung auf die ersten beiden Gaben. Durch die län-ger anhaltende N-Wirkung der Wirtschaftsdünger ist eine Spätgabe nicht sinnvoll. Nur in sehr üppigen Beständen ist es ratsam, ca. 30 kg N/ha dafür vorzuhalten. Im Qualitätsweizen sollte man die Spätgabe in jedem Fall beibehalten. Sinnvoll ist es aber, sie von z.B. 80 kg N/ha auf ca. 40 kg N/ha zu reduzieren, um der späteren N-Mobilisierung Rechnung zu tragen.


Kniffelig bei Raps:

Beim Raps ist die Situation besonders. Erfolgt eine moderate Düngung mit Wirtschaftsdüngern im Herbst, kann Raps zwar einen Großteil des Stickstoffes binden und vor Verlagerung über Winter schützen. Diese Herbstgaben haben aber nicht immer höhere Erträge zur Folge.


Der sehr zeitige N-Bedarf der Bestände im Frühjahr führt dazu, dass der Raps mit einsetzender Mineralisation des organisch gebundenen Stickstoffs die N-Aufnahme größtenteils bereits abgeschlossen hat. Daher ist mit einer geringen Ausnutzung zu rechnen. Im Frühjahr sollte daher der Anteil des organischen Stickstoffs nicht zu hoch sein. Bewährt hat es sich, eine einmalige Gabe aus Wirtschaftsdüngern plus mineralischer Ergänzung zu Vegetationsbeginn zu düngen. Nur in sehr üppigen Beständen ist eine Aufteilung der mineralischen N-Düngung sinnvoll.


Welche Erfahrungen zwei Ackerbauern mit Gülle als Dünger gesammelt haben, lesen Sie in den Reportagen.


Kontakt: anne-katrin.rohlmann@topagrar.com

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