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Kann Soja Fruchtfolgen profitabel erweitern?

Lesezeit: 11 Minuten

Die klassischen Blattfrüchte wie Rüben und Raps, als Vorfrüchte für Weizen, geraten immer mehr unter Druck. Können Sojabohnen mittlerweile eine Alternative sein und die Fruchtfolge rentabel erweitern?


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In engen Getreidefruchtfolgen wird der Anbau von Raps und Rüben als Weizenvorfrucht zunehmend herausfordernder. Denn seit dem Verbot der neonikotinoiden Beizen fehlen in beiden Kulturen wirksame Werkzeuge gegen Schädlinge. Pflanzenbaulich sind Hülsenfrüchte eine adäquate Alternative zu den etablierten Blattfrüchten. Heimische Leguminosen wie Ackerbohnen und Erbsen sind zwar in manchen Regionen − häufig auf der Grundlage einer Subventionierung − von gewisser Relevanz. Ihr Nachteil ist aber, dass sie deutlich niedrigere und zudem schwankendere Erträge liefern als Getreide, dabei aber nur marginal höhere Preise erzielen. Folglich ist die Wirtschaftlichkeit in aller Regel schwach. Hinzu kommt, dass lediglich Fruchtfolgeanteile von 15% möglich sind, da ansonsten die Leguminosen-Müdigkeit droht. Wie ist dagegen die Anbauwürdigkeit von Soja einzustufen?


Sojabohne als Alternative?


Aktuell steigen die deutschen Sojaflächen stark an (+24% pro Jahr) – allerdings auf einem bisher sehr niedrigen Niveau von knapp 30000 ha. Daher soll im Rahmen eines von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) geförderten Projekts untersucht werden, wie groß die Potenziale des Sojabohnenanbaus in Deutschland und im europäischen Ausland sind.


Der große Charme von Sojabohnen:


  • Es handelt sich um ein hochwertiges Produkt mit wohl etablierten Wertschöpfungsketten – wenngleich diese bisher vor allem auf den Import ausgerichtet sind.
  • Soja ist auch in sehr engen Fruchtfolgen weitgehend selbstverträglich, wie die Erfahrungen in den USA mit reinen Mais-Soja-Fruchtfolgen zeigen.
  • Damit ließen sich typische Raps-Getreide-Fruchtfolgen entzerren, z.B. zu einer Rotation: Raps-Weizen-Sojabohne-Weizen. Dadurch wäre die Fruchtfolge um eine Sommerung ergänzt. Das ermöglicht sowohl einen Zwischenfruchtanbau als auch den Anbau eines zweiten Blattfruchtweizens.


Reifegruppe muss passen


Vergleicht man die Ergebnisse der Landessortenversuche von 2017 bis 2019, ähneln die durchschnittlichen Erträge der nördlichen Regionen mit ca. 30 dt/ha denen der süddeutschen Standorte. Lediglich die bayerischen Regionen erreichen im Mittel 47 dt/ha. Hier sind die Zahlen auch durch eine höhere Versuchsdichte besser abgesichert.


Grundsätzlich erreichen sehr frühe Sojabohnen (Reifegruppe 000) dort die Erntereife, wo sich auch mittelfrüher Körnermais (K240–250) erfolgreich anbauen lässt, wie z.B. im Leipziger Raum oder dem Münsterland. Die etwa zehn Tage später reifenden Linien (Reifegruppe 00) entsprechen Körnermaissorten der Reifegruppe K260–300, sie sind z.B. für Straubing und die Köln-Aachener-Bucht geeignet.


Der Zuchtfortschritt ermöglicht es, zunehmend auch mit frühreifen Linien gute Erträge zu erzielen. Dies kommt den Standorten im Norden zugute, die ungefähr bis zu einer Linie auf Höhe der Autobahn A2 reichen. Weiter nördliche Regionen dürften für den Soja-anbau erst einmal kaum infrage kommen. Weitere Anbautipps entnehmen Sie der Checkliste auf Seite 84.


Ertragssteigernde Ansätze


Frühe Sorten stellen eine unproblematische Ernte mit geringen Trocknungskosten sicher. Später reifende Sorten böten dagegen ein Potenzial von bis zu 20% Mehrertrag, allerdings mit möglicherweise einhergehenden Trocknungskosten. Deshalb sollte man zunächst prüfen, ob die Mehrerlöse der späten Sorten diese Kosten decken. Beispielsweise ließe sich bei einer Ertragssteigerung von 3 auf 3,6 t/ha ein Feuchtegehalt zur Ernte von bis zu 22% mithilfe der Mehrerlöse decken. Sind Trocknungskapazitäten vorhanden und die Anbaubedingungen günstig, könnten die Mehrerlöse durch den Ertrag die Mehrkosten für die Trocknung übersteigen.


Spezialmaschinen böten weitere Perspektiven. So ließen sich die Saatgutkosten durch die Aussaat mit einer Einzelkorndrillmaschine auf 50 cm-Reihen um bis zu 10% reduzieren. Dies würde außerdem eine späte Unkrautkontrolle mit der Hacke ermöglichen, für die es gegenwärtig keine chemische Option gibt.


Durch ein Flexschneidwerk am Mähdrescher ließen sich Ernteverluste um bis zu 0,5 t/ha verringern. Es erlaubt, die Sojabohnen mit sehr kurzer Stoppel zu ernten und damit die tiefer gelegenen Schoten zu erfassen. Ohne ein solches Schneidwerk ist das Risiko von Steinschäden am Mähdrescher bei niedriger Stoppel in der Regel zu hoch.


Wettbewerbsfähigkeit auf dem Prüfstand


Reichen diese Sojabohnenerträge und am Ende die erzielbaren Deckungsbeiträge aus, um mit anderen Kulturen konkurrieren zu können? Da nicht für alle Regionen Daten vorliegen, haben wir die Deckungsbeiträge (DB) für Nordrhein-Westfalen (NRW) und Bayern – in Straubingen werden Sojabohnen verarbeitet – genauer verglichen. Bei den zugrunde gelegten Daten ist Folgendes zu beachten:


  • Die Durchschnittserträge für Raps und Körnermais fallen aufgrund des Trockenjahres 2018 etwas niedriger aus.
  • Die unterstellten Preise für Soja (Mittel der Jahre 2015 bis 2018) sind in NRW aufgrund der Marktferne niedriger (320 €/t anstatt 360 €/t im Süden). Die aktuell höheren Preise für Soja wurden nicht berücksichtigt.
  • Das zertifizierte Saatgut führt zu hohen Kosten. Das Saatgutverkehrsgesetz sieht für Soja keine Nachbauregelung vor. Würde sich dies ändern, wären statt der hier unterstellten 300 €/ha Kosten in Höhe von 120 bis 150 €/ha langfristig plausibel.
  • Die Trocknung sorgt für die höheren variablen Maschinenkosten im Mais.
  • Eine staatliche Subvention für Leguminosen wird außen vor gelassen, weil es das Ziel ist, die tatsächlichen Potenziale der Sojabohnen auszuloten.
  • Spezialmaschinen wie Einzelkornsägeräte und Flexschneidwerke sind bisher meist nicht verfügbar und werden daher zunächst nicht berücksichtigt.


Vor diesem Hintergrund sind folgende Schlussfolgerungen für NRW aus der Analyse zu ziehen (Übersicht 1):


  • Wie zu erwarten, ist die Sojabohne rein von den Deckungsbeiträgen her in NRW weder im Vergleich zu Raps noch gegenüber Körnermais wettbewerbsfähig. Das gilt vor allem nicht bei den derzeitigen Rekordpreisen für Raps.
  • Allerdings: Wo Raps und Mais keine Alternativen sind (z.B. wegen bereits hoher Anteile in den Fruchtfolgen), steht Soja im Vergleich zu Roggen oder Ackerbohne vergleichsweise gut da.
  • Sollten sich die saatgutrechtlichen Bestimmungen ändern, ließe sich der Deckungsbeitrag um 150 €/ha steigern. Damit würde der Nachteil gegenüber Weizen und Mais schrumpfen. Der Vorteil gegenüber Roggen und Ackerbohnen würde substanziell.


Für Bayern fällt die Analyse deutlich vielversprechender aus:


  • Bei dem angenommenen Preisniveau kann Soja hier bereits mit Weizen konkurrieren und dürfte demnach allen anderen Getreidearten überlegen sein.
  • Für Bayern werden höhere Sojapreise unterstellt, weil aufgrund der regionalen Verarbeitung in Straubing geringere Transportkosten anfallen als in NRW. Mit geänderten saatgutrechtlichen Gegebenheiten könnte die Sojabohne in dieser Region künftig wirtschaftlich besser dastehen als Weizen und sogar Körnermais.


Vermarktung – eine Herausforderung


Sojabohnen sind einer der meistgehandelten Agrarrohstoffe. Daher sind Zahlen über Preise zuverlässig verfügbar – anders als z.B. bei Erbsen. Deutschland importiert Soja überwiegend aus den USA und Lateinamerika. Der Markt ist also grundsätzlich sehr aufnahmefähig. Das ist ein wichtiger Vorteil gegenüber heimischen Leguminosen.


Wichtig für das Verständnis des einheimischen Sojamarktes ist zunächst der Umstand, dass es Märkte für gentechnisch veränderte Ware und stark zunehmend für Ware aus nicht-gentechnisch (GVO-frei) veränderten Pflanzen gibt. Zwischen diesen beiden Märkten besteht eine erhebliche Preisspreizung. GVO-freie Ware wird frei Hoftor mit enormen Aufschlägen gehandelt. Die Ware stammt zu ca. 85% aus Brasilien. Da dort allerdings überwiegend GVO-Soja angebaut wird, fallen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zusätzliche Kosten an, um Verunreinigungen mit GVO-Ware zu verhindern und den Landwirten für höhere Produktionskosten bzw. teilweise geringere Erträge einen Ausgleich bieten zu können.


Trotz des attraktiven Marktumfeldes gestaltet sich die Vermarktung wegen der geringen Mengen schwierig. Sie machen es für die aufnehmende Hand sehr aufwendig, die Ware zu kontrollieren, anzunehmen, zu lagern und zu transportieren. Die Kosten steigen insbesondere stark an, wenn kleine Mengen per LKW transportiert werden müssen statt per Binnenschiff oder Bahn. Zudem findet die Verarbeitung der importierten Ware überwiegend hafennah statt. Folglich muss der Großteil der in Deutschland produzierten Ware weit transportiert werden.


Demzufolge gibt es in Deutschland bisher lediglich eine Ölmühle, die auch einheimische Ware verwertet. Die Mühle Straubing (Bayern) verarbeitete bei einem Gesamtvolumen von 300000 t im Jahr 2019 etwa 25000 t heimisches Soja, und damit fast ein Drittel der deutschen Ernte. In erster Linie wird die Anlage jedoch mit Ware aus Rumänien, Ungarn, Österreich, aber auch aus Serbien und der Ukraine versorgt.


Wie groß die Bedeutung von Vermarktungs- und Transportkosten ist, zeigt der Preisvergleich der Regionen Straubing und Celle. Während im Februar 2020 bayerische Landwirte ca. 360 €/t erzielten, erhielten ihre niedersächsischen Kollegen lediglich 320 €/t, also ca. 12% weniger. Ursächlich dafür sind die hohen Transportkosten der kleinen Chargen, die hauptsächlich per Lkw in den Süden gelangen.


Wenig Dezentrale Nachfrage


Vereinzelt gibt es aber auch dezentrale Nachfrage nach Sojabohnen: Kleine Toastanlagen, die ohne eine Trennung von Eiweiß und Öl einen sogenannten Vollfett-Sojatoast für GVO-frei produzierende Geflügelhalter erzeugen. Allerdings sind die Aufnahmekapazitäten dieser regionalen Anlagen auf wenige tausend Tonnen begrenzt. Die Landwirte müssen Lagerkapazitäten vorhalten, um das Soja einzulagern und die Toastanlage über das Jahr beschicken zu können.


Im Jahr 2019 wurden von diesen Verarbeitern für Vertragsware Preise zwischen 340 bis 350 €/t gezahlt, sodass die Landwirte, denen diese Vermarktungswege offenstehen, Preise wie in der Region Straubing erzielen konnten.


Prämie für GVO-freie Ware?


Da in Deutschland produzierte Ware per Gesetz gentechnikfrei ist, sollte man erwarten, dass inländische Anbieter auch die Prämie dafür zahlen. Wenn also der Wettbewerb auf allen Stufen funktioniert und keine anderen Probleme, wie z.B. fehlende regionale Verarbeitungskapazitäten, hinzukommen, würde sich der Gleichgewichtspreis für GVO-freie Ware wie folgt ergeben:


Berücksichtigt man die jeweiligen anfallenden Anteile und die Preisnotierungen für die Verwertung von Schrot, Schalen und Sojaöl der Jahre 2018 bis 2020, liegt der Sojabohnenwert bei rund 450 €/t. Abzüglich 40 €/t Verarbeitungs- und Handlingskosten sowie einer Marge für die Mühle, ergäbe sich ein Preis von 410 €/t frei Mühle. Zieht man dann noch 20 €/t für Erfassung und regionalen Transport ab, blieben ca. 390 €/t frei Hoftor.


Lässt sich dieser rechnerische Gleichgewichtspreis aber realisieren? Die Großhandelsnotierungen für Sojabohnen in der Region Straubing schwankten in den Jahren 2018 bis 2020 zwischen 332 und 376 €/t. Der mittlere Preis lag bei 357 €/t. Folglich ist der rechnerische Gleichgewichtspreis von 410 €/t im Schnitt um rund 50 €/t unterschritten worden. Mit Blick auf die Sojabohnenerlöse in den Deckungsbeitragsrechnungen heißt das, dass die Erlöse in Bayern unter Berücksichtigung von lokalem Transport und lokaler Erfassung von 20 €/t um ca. 30 €/t niedriger waren, als eigentlich langfristig zu erwarten gewesen wäre. Bei einem Ertrag von 3,2 t/ha ergibt dies einen Anstieg des Deckungsbeitrags um knapp 100 €/ha oder gut 20%.


Ergäben sich Kosteneinsparungen durch Nachbau sowie eine Erlössteigerung durch an den rechnerischen Gleichgewichtspreis angepasste Preise, würde dies den Deckungsbeitrag um 250 €/ha erhöhen. Damit wäre Soja dem Weizen und Mais deutlich überlegen.


Eine regionale Verarbeitung würde sogar zu einem Anstieg des Deckungsbeitrags um insgesamt rund 350 €/ha führen – damit wäre die Sojabohne innerbetrieblich ähnlich wettbewerbsfähig wie in Bayern.


Was müsste sich ändern?


In erster Linie ist die regionale Verarbeitung der Schlüssel für höhere Preise und bessere Wirtschaftlichkeit. Damit eine Ölmühle profitabel arbeiten kann, muss sie nach Experteneinschätzung mindestens 100000 t pro Jahr verarbeiten. Bei einem Ertrag von 3 t/ha werden somit ca. 33000 ha nötig. Um in diesem Punkt weiterzukommen, gibt es beispielsweise in Sachsen bereits eine Initiative zur Gründung einer Erzeugergemeinschaft – derartige Bemühungen sollten Politik und Verbände fördern.


Damit Landwirte den rechnerischen Gleichgewichtspreis erzielen können, müssen die dezentrale Nachfrage sowie die Konkurrenz unter den Verarbeitern steigen. Dadurch sollten mittel- bis langfristig ca. 10 bis 15% höhere Erzeugerpreise realisierbar sein. Dies würde die innerbetriebliche Wettbewerbsfähigkeit deutlich steigern.


Die Versuchsergebnisse sowie Erfahrungen von Praktikern zeigen, dass sich Erträge von 3,5 t/ha und mehr nachhaltig erzielen lassen. Daher sollten die entsprechenden Beratungsangebote sowie der Austausch unter Praktikern intensiviert werden. Vor allem bei vorhandener Trocknungskapazität kann es sich lohnen, auf die ertraglich besseren, spät abreifenden Sorten zu setzen. Die Mehrerlöse dürften die Kosten übersteigen.


Die Züchtung muss weiter darauf hinarbeiten, Soja für noch mehr Anbauregionen attraktiv zu machen. Da es sich um eine global bedeutende Kultur handelt, kann in den nächsten Jahren weiterhin mit interessanten Züchtungsfortschritten gerechnet werden. Dadurch wird auch die betriebswirtschaftliche Vorzüglichkeit weiter zunehmen.


Stand heute ist die Wirtschaftlichkeit des Sojaanbaus ohne staatliche Subventionen durchwachsen, im Süden allerdings durchaus schon attraktiv. Es ist möglich, die begrenzenden Rahmenbedingungen deutlich zu verbessern. Bei entsprechenden Bemühungen seitens der Politik und der Landwirte hat die Sojabohne langfristig großes Potenzial, weil sie auch ohne Subventionen in weiten Teilen Deutschlands für Ackerbaubetriebe eine wirtschaftlich attraktive Blattfrucht darstellt.


anne-katrin.rohlmann@topagrar.com


Unsere Autoren


Yelto Zimmer und Thies Böttcher, agri benchmark

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