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Kartoffeln: Konkurrenzlos glücklich

Lesezeit: 5 Minuten

Kartoffeln mögen keine Konkurrenz durch Gänsefuß, Winden-Knöterich oder Klettenlabkraut. Welche der aktuellen Herbizide gegen die Leitunkräuter noch helfen, weiß Klaus Gehring, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Freising.


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Gleich vorneweg: Es besteht keine Hoffnung auf neue, hochleistungsfähige Mittel oder Wirkstoffe gegen Unkräuter und -gräser in Kartoffeln. Nach Zulassung der Kombimittel Metric und Novitron stecken zwar weitere Präparate in der Pipeline. Diese sind jedoch – wie auch die beiden neuen Mittel – Rekombinationen bereits vorhandener Wirkstoffe. Nur die Formulierung ist eine andere.


Aufgrund der schon jetzt begrenzten Wirkstoffpalette stößt man in der Praxis immer mehr an Grenzen, die unliebsamen Unkräuter sicher auszuschalten. Umso wichtiger ist es, ein optimal an die Verunkrautung Ihres Standortes angepasstes Herbizidkonzept zu wählen und den Einsatz unter optimalen Bedingungen durchzuführen.


Welche Unkräuter der Hackfrucht besonders zu schaffen machen, zeigt eine aktuelle Ringversuchsserie der Pflanzenschutzdienste in Baden-Württemberg, Bayern und Rheinland-Pfalz. In Kartoffeln dominieren Bingelkraut (regional bedeutend), Gänsefuß, Winden-Knöterich, Schwarzer Nachtschatten, Klettenlabkraut und Franzosenkraut (siehe Übersicht 1). Als wesentliches Ungras tritt Hühnerhirse auf.


Die erzielte Wirkung der Herbizide gegen die Leitunkräuter war zum Teil ernüchternd. Neben Gänsefuß ließen sich eine Reihe von Leitunkräutern im Mittel über alle Versuchsvarianten regelmäßig sicher bekämpfen (siehe Übersicht 2). Als schwer bekämpfbare Problemunkräuter stellten sich Bingelkraut, Winden-Knöterich und der Schwarze Nachtschatten heraus. Ursache hierfür ist das Wirkungsspektrum der verfügbaren Mittel. Dabei zeigt sich Folgendes:


  • Alle Breitbandherbizide bekämpfen Klettenlabkraut mehr oder weniger gut. Es gibt jedoch kein Spezialpräparat zur gezielten Bekämpfung. Wie gut die Mittel es erfassen, bestimmen primär die Einsatzbedingungen und der Besatz.
  • Bei Bingelkraut sind sehr leistungsfähige Mittel nötig. Das Kombipräparat Metric (1,5 l/ha) und die Tankmischung Novitron + Sencor liquid (2,0 kg + 0,4 l je ha) waren im Versuch der Standardbehandlung aus Boxer + Sencor liquid (4,0 l + 0,4 l/ha) tendenziell überlegen. Extreme Trockenheit, lückiger Bestand und ein Spätauflaufen des Bingelkrauts überforderte aber alle Behandlungen.
  • Der Winden-Knöterich ist ein generell schwer zu regulierendes Leitunkraut. Breitbandmaßnahmen mit Boxer + Sencor bzw. Metric oder Artist + Centium oder Novitron + Sencor ermöglichen Wirkungsgrade im Schnitt von 80 bis 90%. Die Standortfaktoren, Besatzdichte und Witterung sorgen für ein besseres oder schlechteres Abschneiden der Produkte.
  • Schwarzer Nachtschatten ist das eigentliche Schreckgespenst für jeden Kartoffelbauer. Nach dem Verlust des Wirkstoffs Metosulam gibt es keine sichere Herbizidlösung mehr. Standard-Breitbandbehandlungen bekämpfen im Schnitt 60 bis maximal 80%. Die Verwandtschaft der Kartoffel mit dieser Unkrautart begrenzt dabei die Herbizideffizienz.


Sensible Sorten:

Die Empfehlungen zur Unkrautbekämpfung in Kartoffeln orientieren sich vorwiegend am Gesamtunkrautdruck vor Ort (siehe Übersicht 3). Welche Behandlungsvariante oder Tankmischungskomponente man letztlich bevorzugt, entscheidet sich dann meist nach dem spezifischen Wirkungsschwerpunkt gegen ein einzelnes Unkraut oder nach der spezifischen Kulturverträglichkeit. Die derzeit verfügbaren Behandlungen sind jedoch oft für die Kultur gleich gut verträglich. Ausschlaggebend ist vielmehr die Herbizidverträglichkeit der angebauten Sorte. So ist z.B. die Entgiftungsleistung gegen den Wirkstoff Metribuzin genetisch bedingt und hängt von der Metabolisierungsleistung der einzelnen Sorte ab. Unter Stress kann der Stoffwechsel zusätzlich beeinträchtigt sein. Daher muss man bei der Herbizidauswahl die sortenspezifische Metribuzin-Empfindlichkeit unbedingt berücksichtigen.


Termine und Mittel:

Primär setzt man die Herbizide im Vorauflauf ein (siehe Übersicht 4). Die Breitbandmittel greifen gegen Unkräuter vorwiegend in deren Keimphase bis zum Auflaufen. Sollten diese bei der Behandlung bereits das Laubblattstadium erreicht haben, lässt sich die Maßnahme mit dem Kontaktherbizid Quickdown kombinieren. Damit beseitigt man die Mehrzahl der weiter entwickelten Unkräuter.


Die Nachauflaufbehandlung dient vor allem dazu, die Ungräser in Schach zu halten. Dafür stehen verschiedene Gräsermittel zur Verfügung (s. Übersicht 5 auf Seite 74). Der Einsatz im 2- bis 4-Blattstadium der Ungräser ist günstig, da dann das Kartoffellaub diese noch nicht abdeckt.


Eine Sonderform sind die Rimsulfuron-Herbizide (z.B. Cato, Escep). Der Sulfonylharnstoff wirkt zusätzlich gegen Unkräuter und kann durchgewachsene Kamille, Hohlzahn, Taubnessel oder Amarant noch sicher erfassen. Die Wirkung lässt sich noch verstärken, wenn man Sencor in reduzierten Aufwandmengen (0,15 bis 0,2 l/ha Sencor liquid, maximal 0,9 l/ha in der Spritzfolge) ergänzt. Die Tankmischung belastet jedoch die Kulturverträglichkeit. Selbst in gut Metribuzin-verträglichen Sorten ist Fingerspitzengefühl und vielleicht der Einsatz mit abgehängten Düsen nötig, um der Kultur nicht nachhaltig zu schaden.


Auch bei der Ausbringtechnik und den Einsatzbedingungen gibt es einiges zu beachten. Der unverzichtbare Wirkstoff Clomazone (zum Beispiel in Novitron, Centium 36 CS, Metric) besitzt ein gewisses Abdriftrisiko und kann nach dem Einsatz verdunsten. Das Verdunstungsrisiko trifft auch auf den Wirkstoff Prosulfocarb (in Boxer, Filon) zu.


Um die Umwelt zu schonen und die Wirkung der Produkte auf der behandelten Fläche zu fördern, sollten Sie Abdrift vermeiden und Wirkstoffverluste durch Verdunsten reduzieren. Diese Risiken lassen sich durch den Einsatz von 90%-abdriftreduzierter Düsentechnik und den Einsatz bei möglichst niedrigen Lufttemperaturen (unter 20°C bis maximal 25°C) und geringer Windgeschwindigkeit begrenzen. Behandlungstermine am späten Nachmittag bis in die Abendstunden entschärfen zudem die in den ersten Stunden nach dem Ausbringen potenziell höhere Verdunstungsrate.


Gänsefuß noch bekämpfbar?

Wie gut die verfügbaren Mittel künftig noch die gängigen Unkräuter und -gräser bekämpfen, hängt auch von möglichen Herbizidresistenzen ab. Von besonderem Interesse ist der Weiße Gänsefuß. Dieser zählt oft zu den betroffenen Unkräutern. Weltweit sind knapp 50 Fälle aus verschiedenen Ländern dokumentiert. Meist handelt es sich um Resistenzen gegen die Herbizide aus der Gruppe der Photosystem-II-Hemmer (HRAC: C1). Damit ist der Basiswirkstoff Metribuzin (z.B. in Sencor) gefährdet. Risikomindernd wirken eine weite Fruchtfolge und die Kombination verschiedener Wirkmechanismusklassen bei den üblichen Herbizidstrategien.


Für Standorte mit einem hohen Besatz an Gänsefuß ist es sinnvoll, Metribuzin nicht regelmäßig einzusetzen. Als Alternativen stehen Basisherbizide, wie z.B. Bandur (HRAC: F3) oder Novitron (HRAC: F3), zur Verfügung, um die Selektion von Metribuzin-resistenten Gänsefuß-Typen zu vermeiden.

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