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Kohlhernie – beugen Sie vor!

Lesezeit: 7 Minuten

Hoch virulente Rassen des Kohlhernie-Erregers stellen Rapsanbauer vor weitere Herausforderungen. Welcher Kalk am besten gegen die Krankheit wirkt, zeigen neue Versuche. Wichtig ist auch, alle Vorbeugemaßnahmen konsequent umzusetzen.


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Keine Frage, für Rapsanbauer kommt es zurzeit knüppeldick: Fehlende Insektizidbeizen, schärfere Düngeregeln und die trockene Witterung, die in vielen Regionen die Aussaat in diesem Extremjahr nur eingeschränkt ermöglichte, hinterlassen ihre Spuren. So schätzt das von der UFOP beauftragte Marktforschungsunternehmen Produkt + Markt die Winterrapsanbaufläche zur Ernte 2019 auf nur noch rund 1 Mio. ha ein. Im Vergleich zur Erntefläche 2018 bedeutet das bundesweit ein Minus von 18,1%.


Und die Herausforderungen wachsen weiter. Denn der Kohlhernie-Erreger Plasmodiophora brassicae breitet sich nicht nur in den bekannten Befallsgebieten (Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein) aus, sondern tritt zunehmend auch in Thüringen, Bayern und Baden-Württemberg auf. Das zeigen dreijährige Monitoring-Ergebnisse des Julius Kühn-Instituts (JKI). Hinzu kommt, dass aggressive Rassen auf Einzelflächen die „Mendel-Resistenz“ der Sorten bereits durchbrechen.


Auf wackeligen Füßen:

Noch erzielt die Sortenresistenz auf den meisten Standorten eine Verminderung der Befallsstärke um bis zu 90%. Doch wie lange noch? Viele Landwirte setzen auf gefährdeten Standorten wohl aus Vorsorgegründen stark auf Sorten mit dieser sogenannten teilrassenspezifischen Resistenz, zumal die Erträge mit Normalsorten mithalten können.


Doch Vorsicht: Der verbreitete Einsatz übt einen enormen Selektionsdruck aus, sodass sich bestimmte Isolate des Kohlhernie-Erregers mittlerweile als mäßig oder stark virulent an resistenten Sorten erweisen. Zu bedenken ist auch, dass die Resistenz aller Sorten nur auf einem einzigen Gen beruht. Wie schnell man diese „verheizen“ kann, zeigen Erfahrungen aus Frankreich. Dort sind wegen des sehr häufigen Anbaus rund 60% der untersuchten Isolate „Mendel“-virulent.


Aus Sicht der Züchtung sollte daher ein prophylaktischer Anbau von resistenten Sorten ohne beobachteten Befall unterbleiben. Nur so lässt sich die Wirksamkeit der Resistenz möglichst lange erhalten. Welchen Weg die Züchtung in puncto Kohlhernie-resistente Sorten geht, lesen Sie im Interview auf Seite 62.


Welcher Kalk hilft am besten?

Eine verbreitete Strategie gegen den Erreger ist der Einsatz von Kalk. Wie effizient dies ist, wird allerdings kontrovers diskutiert. Wegen der bislang widersprüchlichen Forschungsergebnisse hat Stefanie Rüsch von der Universität Rostock im Rahmen ihrer Masterarbeit ein 7-wöchiges Experiment durchgeführt.


Der Aufbau: Im Gewächshaus wurde geprüft, inwieweit verschiedene Kalke den Befallsgrad von Kohlhernie in Raps senken können. Zum Einsatz kamen Gips, ein kohlensaurer Kalk, ein kohlensaurer Magnesiumkalk und zwei Branntkalke. Der Einsatz erfolgte in Einzel- und Kombinationsgaben. Die Varianten entnehmen Sie der Übersicht 1.


Der pH-Wert des Bodensubstrats lag bei 5,6. Um den Ziel-Boden-pH von 7 zu erreichen, wurden ein Tag vor Versuchsbeginn umgerechnet 13 t/ha CaO über die verschiedenen Kalkarten gegeben. Zu Beginn des Versuchs befand sich der Raps in EC12. Die Rapspflanzen wurden in das Kalk-Boden-Gemisch gesetzt und anschließend mit Dauersporen geimpft, die man aus Rapswurzelgallen extrahierte.


Mithilfe von wöchentlichen pH-Messungen ermittelte Rüsch die Veränderung des Boden-pH. Um die Unterschiede der Kalkarten hinsichtlich der Kohlhernie-Reduktion herausarbeiten zu können, wurden die Rapswurzeln in den Varianten mit einer Skala bonitiert:


  • 0 = Wurzel gesund (keine Gallen),
  • 1 = sehr kleine bis kleine Wurzelgallen an den Seitenwurzeln,
  • 2 = mittlere bis große Wurzelgallen an den Seitenwurzeln und/oder an der Pfahlwurzel,
  • 3 = Pfahlwurzel besteht aus einer großen Galle, kaum noch gesundes Wurzelwerk vorhanden.


Aus der Anzahl Pflanzen in jeder Befallsklasse ließ sich der Befallsindex (BI) ermitteln, der Werte von 0 bis 1 annehmen kann. Ein BI = 0 bedeutet, dass der Bestand vollkommen gesund ist. Bei einem BI = 1 waren alle Pflanzen stark mit Kohlhernie befallen. Hier die wichtigsten Ergebnisse:


  • In der kalkfreien Kontrolle lag der BI bei durchschnittlich 0,53. Die Gaben von kohlensaurem Magnesiumkalk senkten den Befall auf BI 0,28. Der Einsatz von kohlensaurem Kalk verminderte den BI auf 0,12. Eine statistisch absicherbare Reduktion ließ sich mit Branntkalk erreichen. Im Vergleich zur kalkfreien Variante sank der BI um rund 95% auf 0,02.
  • Der Einsatz der Kalke war nur erfolgreich, wenn er zu Versuchsbeginn erfolgte. So wirkte sich im Versuch der Einsatz von Gips an Tag 8 nicht mehr auf den Kohlherniebefall aus, während das Präparat zu Versuchsbeginn den Befall deutlich verminderte. Das heißt: In der Praxis ist es wichtig, den Kalk kurz vor der Rapsaussaat zu geben.


Im Versuch ging es auch um die Frage, wie sich der pH-Wert des Bodens generell auf den Kohlherniebefall auswirkt. Die Ergebnisse entnehmen Sie der Übersicht 2. So ließ sich im Versuch feststellen, dass pH-Werte von über 6,5 als befallsmindernd einzustufen sind.


Fazit: Um Kohlhernie einzudämmen, eignen sich in erster Linie CaO-haltige Kalke (Branntkalke). Diese erreichten im Versuch eine statistisch absicherbare Reduktion des Befalls um 95% gegenüber der Kontrolle. Das liegt daran, dass diese Kalke mit dem Bodenwasser und nicht wie CaCO3-haltige Kalke mit den Säuren im Boden reagieren. Im Freiland müssen Landwirte jedoch davon ausgehen, dass die Befallsminderung durch Branntkalk geringer ausfällt. Bezieht man Freilandversuche mit ein, ist mit rund 66% Befallsminderung zu rechnen.


Kalke mit CaCO3-Bindung (kohlensaure Kalke, Magnesiumkalke) waren im Versuch weniger effektiv.


So beugen Sie vor:

Am besten ist es natürlich, sich den Erreger von vornherein vom Leib zu halten. Dazu empfiehlt Dr. Jana Peters von der LFA Mecklenburg-Vorpommern Folgendes:


  • Bekämpfen Sie Ausfallraps möglichst sofort, aber unbedingt innerhalb von drei Wochen. Andernfalls setzt ein Vermehrungszyklus ein, der massenhaft Dauersporen produziert.23


  • Schalten Sie kruzifere Unkräuter wie Hederich, Hirtentäschel, Rauke-Arten oder Ackerhellerkraut in Rapsfruchtfolgen konsequent aus. Denn diese fördern die Krankheit und sorgen für eine Verjüngung der Sporen im Boden.24


  • Bauen Sie keine kruziferen Zwischenfrüchte wie Senf, Ölrettich oder Futterraps an.25


  • Erhöhen Sie den pH-Wert des Bodens auf 6,5 bis 7,2. Kohlhernie ist ab pH 6,5 eingeschränkt und ab 7,2 inaktiv.26


  • Halten Sie eine mindestens drei-, besser vierjährige Anbaupause ein. Die Halbwertzeit der Sporen – die Zeit, in der 50% der Sporen absterben – liegt bei 3,6 Jahren.27


  • Achten Sie auf die Fruchtfolgeglieder. Günstig sind Kartoffeln, Rüben, Sommergetreide und Deutsches Weidelgras.28


  • Legen Sie höchsten Wert auf eine gute Feldhygiene: Bearbeiten Sie Befallsflächen zuletzt. Reinigen Sie zudem Maschinen, Geräte und Arbeitsschuhe, die mit verseuchtem Boden in Kontakt waren, auf dem betroffenen Schlag. Verfüttern Sie keine Herbst- oder Steckrüben, da der Erreger eine Darmpassage überlebt. Ein Restrisiko durch Wind- oder Bodenerosion bzw. Wildwechsel bleibt aber bestehen.29


  • Verringern Sie Staunässe, indem Sie die Drainagen offen halten. Wichtig ist es auch, die Bodenstruktur zu verbessern und Verdichtungen zu vermeiden.30


Kontrollieren Sie die Flächen und Bestände zusätzlich immer wieder auf Befall. Einen Verdacht können Sie mit einem sogenannten Biotest überprüfen. Das funktioniert wie folgt: Entnehmen Sie an verschiedenen Stellen im Schlag Bodenproben aus den oberen 5 cm. Säen Sie dann eine anfällige Wirtspflanze wie Chinakohl oder Radieschen (Kohlarten reagieren am stärksten) in einen Topf (10 bis 20 Samen/Topf, 0,5 bis 0,7 cm tief). Halten Sie die Erde feucht und stellen Sie den Probetopf bei 20 bis 25°C an einen sonnigen Platz. Diese Bedingungen sind sechs Wochen einzuhalten.


Falls der Boden genug Sporen enthält, werden die Wurzelwucherungen (Gallen) nach rund sechs bis acht Wochen an den Wurzeln sichtbar. Dann kann eine Einteilung in Befallsklassen erfolgen (0 = kein Befall; 1 = leichter Befall, wenige Wucherungen; 2 = starker Befall, deutliche Wucherungen von größer als 1 cm). Geeigneter Durchführungszeitraum ist von Mai bis Juli.


Strategie bei Befall:

Tritt trotz aller Vorsicht Kohlhernie auf Ihrer Fläche auf, empfiehlt sich der Anbau von Sorten mit teilrassenspezifischer Resistenz wie Alasco, Andromeda, Archimedes, Aristoteles, Menhir, Mentor, PT 235, PT 242, SY Alibaba oder SY Alister – aber nur dann! Verzichten Sie in jedem Fall auf Sortenmischungen und Nachbau.


Bei Befall ist es zudem wichtig, rund 12 bis 15 Tage später zu säen. Dass sich damit das Krankheitsausmaß (Größe der Tumore, Befallsstärkeindex) stark senken lässt, zeigen zweijährige Versuche des Rapool-Rings. Der Grund dafür ist, dass sich der Erreger bei Temperaturen von 13°C kaum noch entwickeln kann. In der Regel wird diese Grenze im Norden ab dem 10. September, im Süden und Osten ab dem 15. September und im Westen ab dem 20. September unterschritten. Kontakt:


matthias.broeker@topagrar.com

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