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Landwirtschaft: CO2-Sünder oder Retter?

Lesezeit: 6 Minuten

Kürzlich hat die EU auch für Kohlendioxid Minderungsziele festgelegt. Ob ein intensiver Ackerbau mehr Treibhausgase freisetzt als fixiert, wurde nun wissenschaftlich untersucht.


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Mit dem Green Deal hat die EU-Kommission Anfang März die Klimaneutralität bis 2050 in der EU beschlossen. Ab dann darf man in Europa nicht mehr Kohlendioxid (CO2) erzeugen, als wieder gebunden wird. Als Zwischenziel gilt eine Senkung der Emission von 50 bis 55% bis 2030 im Vergleich zum Niveau von 1990. Von der Landwirtschaft fordert die Politik u.a. eine Reduktion des Pflanzenschutzmittel- und Düngereinsatzes.


Ob die Forderungen nach mehr Klimaneutralität der Landwirtschaft gerechtfertigt sind, prüfte ein Forschungsteam rund um Prof. Dr. Hansgeorg Schönberger. Ihr Hauptziel dabei war, die CO2-Bilanz von Ackerkulturen wissenschaftlich fundiert darzustellen. Um die Wirkung der verschiedenen Treibhausgase vergleichbar zu machen, wurden die Emissionen von Methan und Lachgas in sogenannte CO2-Äquivalente (CO2-e) umgerechnet. Es gilt:


  • 1 kg Kohlendioxid (CO2) = 1 kg CO2-e
  • 1 kg Methan (CH4) = 25 kg CO2-e
  • 1 kg Lachgas (N2O) = 298 kg CO2-e


Mithilfe dieser Werte lassen sich sämtliche Treibhausgasemissionen im Ackerbau bewerten. Diese entstehen durch


  • Emissionen aus dem Boden,9


  • die Bereitstellung von Betriebsmitteln (Saatgut, Dünger, Pflanzenschutz) und Technik sowie10


  • die Bewirtschaftung.11


1. So hoch sind die Emissionen aus dem Boden


Durch Mineralisation wird im Laufe der Vegetationszeit jährlich 1% Humus abgebaut – das lässt sich aus langjährigen Versuchen ableiten. In einem mittelschweren Boden mit 30 cm Krume entsprechen 2% Humusgehalt einer Kohlenstoffmenge von 52 t/ha C im Boden. Werden davon 1% mineralisiert, sind das 522 kg C bzw. eine Freisetzung von 1900 kg/ha CO2.


Der berechnete Humusabbau innerhalb eines Jahres und die dadurch ausgelöste CO2-Freisetzung hängen auch davon ab, wie intensiv man den Boden bearbeitet. Erfolgt der Humusabbau bis 20 cm Tiefe (eher flache Bearbeitung), gehen knapp 1300 kg/ha CO2 in die Luft. Wird der Boden bis auf 30 cm intensiv gelockert und durchlüftet, liegt die CO2-Freisetzung bei 1900 kg/ha. Weitere Informationen dazu entnehmen Sie der Übersicht 1.


Durch Stroh und Ernterückstände von Getreide wird Humus im Boden wieder aufgebaut. Innerhalb von 20 Jahren stieg der Humusgehalt von Testflächen in Beratungsbetrieben der N.U. Agrar GmbH durch eine regelmäßige Strohdüngung von 1,7 auf 2,3% an. Diese Ergebnisse decken sich weitgehend mit Erkenntnissen aus Südbayern (Roggenstein, J. Dennert, 2020). Die Zunahme betrug in dieser Zeit umgerechnet 28 t/ha Humus (= 15 t/ha Corg) bzw. jährlich 750 kg/ha Corg. Bei 9 t/ha Stroh + Wurzeln entspricht dies einer Corg-Reproduktion von 87 kg Humus-C pro Tonne Ernterückstände und liegt damit in der Größenordnung, die auch die LUFA angibt.


Der Humusaufbau hängt von der zugeführten Masse an Stroh + Wurzel und damit vom Ertrag ab. Bei 50 dt/ha Ertrag fallen 6700 kg/ha Stroh + Wurzeln an, bei 78 dt/ha – das entspricht dem Durchschnittsertrag in Deutschland in den Jahren 2013 bis 2018 – sind es 9200 kg/ha. Bei hohen Erträgen von 10 t/ha liegt die Menge an Ernterückständen sogar bei 10700 kg/ha (wenn das Stroh auf dem Acker bleibt). Daraus errechnet sich eine Corg-Reproduktion von 397 kg/ha bei 5 t/ha Ertrag, von 547 kg/ha bei 7,8 t/ha und von 637 kg/ha bei 10 t/ha Ertrag. Die CO2-Festlegung im Humus steigt somit von 1458 kg/ha über 2000 kg/ha auf 2329 kg/ha.


Zwischenfazit: Die Erhebungen belegen eindeutig, dass sich höhere Getreideerträge positiv auf den Humushaushalt und die CO2-Festlegung im Humus auswirken. Bei einem durchschnittlichen Weizenertragsniveau von 78 dt/ha halten sich die CO2-Freisetzung aus dem Humusabbau (bis 30 cm) und die CO2-Festlegung durch den Humusaufbau die Waage. Voraussetzung dabei ist, dass das Stroh auf dem Acker bleibt, was auf wenigstens zwei Drittel der Praxisflächen der Fall ist.


Allerdings gibt es Unterschiede zwischen den Kulturen: Weil der Boden zu Getreide in der Regel nicht tiefer als 20 cm gelockert wird, hält sich der Humusabbau in Grenzen. In diesem Fall werden im Boden durch den Humusaufbau 730 kg/ha CO2 mehr gebunden als freigesetzt. Selbst wenn man 2 kg/ha Stickstoffverluste durch Lachgasbildung annimmt, die zu einer CO2-e-Freisetzung von 400 kg/ha führen, werden durch die Strohdüngung und den Humusaufbau im Boden unter Weizen immer noch 300 kg/ha CO2 der Atmosphäre entzogen.


Anders sieht es bei Rüben aus: Geht man von 2% Humusmineralisation aus, die unter Rüben oft bis in eine Tiefe von 30 cm reicht, setzt das rechnerisch 3800 kg/ha CO2 frei. Im Vergleich dazu ist der Beitrag der Ernterückstände (Wurzelreste, Blatt) zum Humusaufbau zu vernachlässigen. Zusammen mit den hohen Lachgasverlusten – vor allem durch die Rotte des Rübenblattes – in Höhe von 1000 kg/ha CO2-e ergeben sich 4800 kg/ha CO2-e, die aus dem Feld unter Rüben in die Luft gelangen.


2. Emissionen durch BetriebsmittelHerstellung


Um Ackerbau betreiben zu können, sind Betriebsmittel erforderlich. Weil deren Herstellung Energie kostet, setzt der Prozess CO2 frei. Auch dieser Anteil gehört in die Bilanz.


Bei der Düngung gelangt während der Synthese von 100 kg/ha N als Harnstoff fast eine halbe Tonne CO2 (490 kg) in die Luft. Bei der Produktion von 100 kg Phosphat entweichen 195 kg CO2. Die Gewinnung und das Verarbeiten von Düngesalzen (Kali) in derselben Menge schlägt mit knapp 50 kg zu Buche.


Die Angaben über die CO2-Freisetzung bei der Produktion von Pflanzenschutzmitteln schwanken von 10 bis 40 kg pro kg Wirkstoff, der Median liegt bei 25 kg CO2. Somit verursacht die Herstellung von Pflanzenschutzpräparaten eine eher geringe Emission.


Für die Berechnung der (indirekten) CO2-Freisetzung durch das Herstellen von Maschinen wurde der Energieansatz von Heyland und Solansky aktualisiert und in CO2-Äquivalente umgewandelt. Die Werte lassen sich nur als Anhaltspunkt heranziehen, da die Nutzungsdauer und Auslastung der Technik erheblich schwanken. Mit 80 bis 120 kg/ha CO2 pro ha kann man sie zudem vernachlässigen.


Auch die Digitalisierung spielt in diesem Kontext eine Rolle. Insgesamt werden dadurch in Deutschland 33 Mio. t CO2 freigesetzt (SWR, 13.7.2018). Wenn die Landwirtschaft daran einen Anteil von 3% hat, sind das rund 1 Mio. t. Bezogen auf die Ackerfläche von 12 Mio. ha sind das 80 kg/ha CO2.


3. Emissionen durch die Bewirtschaftung


Zudem beansprucht das Bewirtschaften der Flächen Energie. Pro 100 l Diesel gehen 265 kg CO2 in die Luft. Insgesamt ist mit folgenden Emissionen zu rechnen:


  • Je nach Intensität setzt die Bodenbearbeitung 200 bis 300 kg/ha CO2 frei  – zusammen mit dem Mähdrusch liegt der Getreideanbau dann bei rund 350 kg/ha CO2.
  • Im Rübenanbau steigt der Wert vor allem durch den Roder und die Abfuhr auf 1050 kg/ha CO2. Allerdings wird zu Rüben weniger Stickstoff eingesetzt.
  • Die chemische Unkrautbekämpfung verursacht gegenüber einer rein mechanischen Unkrautkontrolle eine um 100 kg/ha geringere CO2-Emission.
  • Der Verbrauch von Saatgut setzt kein CO2 frei, da sich der Keimling und die junge Pflanze aus dem Saatgut versorgen.

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