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Mit dem Jäteflieger gegen Unkräuter

Lesezeit: 7 Minuten

Der Markt für Biozwiebeln boomt, der Anbau ist allerdings eine Herausforderung. Martin Becker vom Biohof Eilte hat Lösungen gefunden – und das auf Böden mit hohem Unkrautdruck.


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Für Spaziergänger in Ahlden (Niedersachsen) ist es ein bekanntes Bild: Ein Jäteflieger tuckert langsam über ein Zwiebelfeld und viele Hände zupfen rasend schnell Unkraut aus dem Boden – das Ganze dauert rund zwei Monate. „Nur mit diesem immensen Aufwand ist es möglich, auf unseren Flächen überhaupt Biozwiebeln anzubauen“, erklärt Landwirt Martin Becker vom Biohof Eilte.


Trotz des hohen Unkrautdrucks auf seinen Schlägen und den für Zwiebeln eigentlich zu niedrigen pH-Werten von 5,2 bis 5,4 ist es Becker und seinem Vorgänger Heiner Helberg gelungen, den Anbau erfolgreich in den 270 ha-Ackerbaubetrieb zu integrieren. Die Erträge liegen mittlerweile bei durchschnittlich 300 dt/ha. Die 40 ha Zwiebeln sind zusammen mit den rund 50 ha Kartoffeln auf dem Bioland-Hof die wichtigsten Kulturen. „Damit verdienen wir unser Geld“, sagt der Landwirt. Allerdings ist vor allem der Biozwiebelanbau in jedem Jahr für ihn und seine Mitarbeiter eine Herausforderung.


Ausgeklügelter Anbauplan:

Bei der Fruchtfolgeplanung achtet Becker darauf, dass Zwiebeln nur alle 4 bis 5 Jahre auf einer Fläche stehen. Andernfalls gäbe es Probleme mit Krankheiten und Nematoden. Eine feste Fruchtfolge gibt es bei ihm wegen häufiger Flächenwechsel zurzeit nicht. „Meist stehen die Zwiebeln bei uns nach Körnerleguminosen oder Kartoffeln“, sagt Martin Becker. „Der Anbau nach Kartoffeln hat den Charme, dass wir den Durchwuchs in den späteren Zwiebelbeständen einfach wegjäten können.“ Nach früher Kartoffelernte bleibt zudem noch ausreichend Zeit für eine Zwischenfrucht. Nach seinen Erfahrungen eignen sich dafür am besten Mischungen mit Ölrettich. „Die Rettiche wurzeln tief und hinterlassen eine gute Bodenstruktur – das liebt die Zwiebel.“


Nach später Kartoffelernte ist ein Zwischenfruchtanbau dagegen nicht mehr möglich. In diesen Fällen baut er die Zwiebeln lieber nach frühräumenden Früchten wie Wintergerste oder Erbsen an. Nach diesen Kulturen ist das Zeitfenster für Ölrettich und Co. wieder groß genug. Weiterer Vorteil: Räumt z.B. Wintergerste den Acker im Folgejahr sehr früh, kann er bereits im Herbst mit der Bodenbearbeitung zu Zwiebeln beginnen. Das reduziert den Unkrautdruck. Zusätzlich kann er bei dem Arbeitsgang 10 bis 15 t/ha Kompost und rund 1 t/ha Kalk (pH-Wert-Anhebung) streuen und mit eingrubbern.


Im zeitigen Frühjahr arbeitet der Landwirt den Zwischenfruchtaufwuchs ein, dann folgt der Pflug. Abhängig von der Nährstoffversorgung der Fläche streut er auf den gepflügten Acker nochmals 10 t/ha Kompost, den er flach in die Krume mischt. Die 60 bis 80 kg/ha Kali, die Zwiebeln benötigen, düngt der Landwirt über Patentkali oder Kalimagnesia. „Mit dieser Strategie lässt sich der Nährstoffbedarf des Schwachzehrers Zwiebel meist decken“, erklärt er.


Bei sehr geringen N-Vorräten im Boden kann allerdings eine zusätzliche N-Gabe sinnvoll sein. In diesen Fällen nutzt Becker Haarmehlpellets aus getrockneten und pelletierten Schweineborsten. Dieser Dünger ist nach seinen Erfahrungen von der Wirkung her gut kalkulierbar. „Spätestens Ende Juli muss der Stickstoff aufgebraucht sein, weil die Zwiebeln sonst nicht vernünftig in die Abreife gehen“, erklärt er.


Achillesferse sind bei Becker die niedrigen pH-Werte der Flächen. Um diese in Richtung der optimalen 6,5 im Oberboden zu erhöhen, streut er kurz vor der Aussaat der Zwiebeln nochmals Kalk. „Das hebt den pH-Wert in den oberen Zentimetern des Bodens leicht an und verbessert dort die Nährstoffverfügbarkeit der flach wurzelnden Zwiebeln. So mogeln wir uns irgendwie durch – auch auf Nicht-Zwiebel-Böden“, sagt Becker.


Becker setzt auf Direktsaat:

Die bei der organischen Düngung entstandenen Spuren zieht er mit der Kreiselegge wieder glatt. Das erfolgt bei ihm GPS-gesteuert. „Beim Bearbeiten wollen wir Überlappungen und zusätzliche Spuren unbedingt vermeiden,“ so seine Erklärung. Ideal für Zwiebeln ist ein gut abgesetztes, feines Saatbett. Die Aussaat mit einem Reihenabstand von 50 cm erfolgt bei Becker in Direktsaat meist im März, sobald die Böden befahrbar sind. Gegenüber gesteckten Zwiebeln sind gesäte häufig schalenfester und besser lagerfähig. Weil sie aber oft ungleichmäßiger auflaufen, ist das Risiko un- einheitlicher Kaliber bei diesem Verfahren höher.


Becker baut nur Hybridsorten an. Mit den Sorten Profit und Highbound hat er gute Erfahrungen gemacht. Zudem baut er die mehltauresistente Sorte Highlander an.


Die Saatstärke liegt bei ihm bei ca. 80 bis 90 Pflanzen je m2. Eine geringere Pflanzendichte würde zwar die Ausbreitung von Falschem Mehltau verzögern, bei guten Wachstumsbedingungen aber den Anteil an Übergrößen fördern.


Bei der Ablagetiefe ist es ihm wichtig, 2,5 cm möglichst exakt einzuhalten. Diese Tiefe gibt dem Unkraut einen erwünschten Wachstumsvorsprung, was für den Erfolg der späteren Unkrautbekämpfung enorm wichtig ist.


Voller Einsatz gegen Unkraut:

„Mit der Strategie der Unkrautkontrolle steht und fällt der gesamte Zwiebelanbau“, erklärt Martin Becker. Er geht dabei wie folgt vor: Kurz bevor der Keimling die Bodenoberfläche durchstößt, werden die Unkräuter flächig abgeflammt. „Für uns ist dies die erste und wichtigste Maßnahme“, erklärt er. „In diesem Jahr haben wir zwei Nächte durchgearbeitet, weil das Zeitfenster für den Einsatz eng ist.“ Sobald das sogenannte Bügelstadium erreicht ist (Keimblatt durchstößt den Boden bügelförmig), ist das „flächige Abflammen“ nicht mehr möglich.


Sind die Zwiebelreihen vom Schlepper aus sichtbar, erfolgt der Einsatz einer Hohlscheiben-Hacke, die von den Reihen aus weg arbeitet. Anschließend stehen die Reihen auf einem 4 cm breiten Steg. „Genau dies ist der Bereich, der im ersten Durchgang gejätet werden muss“, sagt Becker. Der Startschuss für das „große Jäten“ fällt etwa zwei Wochen nach dem ersten Abflammen.


Für diese schweißtreibende Arbeit hat Becker sechs polnische Mitarbeiter angestellt. „Sie sind ein eingespieltes Team und machen das schon seit Jahren“, sagt er. Das Unkraut rupfen sie liegend von Hand von einem sogenannten Jäteflieger aus. Dieser wird von einem Schlepper gezogen – die Fahrgeschwindigkeit steuert dabei einer der „Jäter“.


„Bei geringem Unkrautdruck benötigen sie für einen Hektar etwa einen Tag“, so Becker. „Dann können bereits zwei Jätedurchgänge in der Saison ausreichen“. Doch das ist beileibe nicht die Regel: Bei hohem Unkrautdruck sind oft nur 0,5 ha zu schaffen. Zusätzlich können in solchen Jahren drei bis vier Jätedurchgänge erforderlich werden.


Mit nur einem Jäteflieger ist die Arbeit oft nicht zu schaffen. Daher hat Becker über einen Dienstleister eine zweite Truppe beschäftigt, die zu Fuß unterwegs ist und das Unkraut jätet. Zu Spitzenzeiten sind mehr als 30 Leute auf dem Acker.


Anfang Juli, bei einer Zwiebelhöhe von 20 cm, flammt er die Unkräuter zwischen den Reihen erneut ab und Anfang August ein drittes Mal. Am häufigsten kommen bei ihm Melde, Schwarzer Nachtschatten, Franzosenkraut und Hühnerhirse vor. Die meisten davon lassen sich gut jäten. „Probleme bereitet aber Hühnerhirse – sie reißt oft nur ab, treibt erneut aus und stirbt auch beim Abflammen nicht richtig ab“, so Becker.


Viele Herausforderungen:

Nicht immer läuft alles glatt. „Auf 7 ha war in diesem Jahr der Unkrautdruck so hoch, dass wir nicht mehr hinterher gekommen sind“, berichtet er. Dann muss er schnell entscheiden. „Lieber beizeiten umbrechen, als am Ende auch die anderen Zwiebeln zu vernachlässigen“, so seine Erfahrungen.


Mit Schädlingen wie Lauchmotte und Zwiebelminierfliege hat Becker kaum Probleme. Zugute kommt ihm dabei, dass er der einzige Betrieb mit Zwiebelanbau in der Region ist. Das senkt den Krankheits- und Schädlingsdruck.


Ein zunehmendes Problem ist allerdings der Nematodenbesatz. Damit sich dieser nicht aufschaukelt, will er nun die Rasse im Labor genau bestimmen lassen. „Nur wenn wir mehr über diese Schädlinge wissen, können wir gezieltere Maßnahmen einleiten“, so Becker. Mit dieser frühen Vorbeugemaßnahme will er den Zwiebelanbau auf zukunftssichere Beine stellen. Pia Fehrenbach

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