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Mit Sensoren gegen Trockenstress

Lesezeit: 7 Minuten

Den Wasserbedarf exakt zu bestimmen, ist herausfordernd. Wie Sensoren helfen, untersuchen zwei Projekte in Niedersachsen und Brandenburg.


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Unsere Autoren


Dr. Beate Zimmermann und Rainer Schlepphorst, Forschungsinstitut für Bergfolgelandschaften e.V.; Dominic Meinardi, Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften; Martin Kraft, Thünen-Institut für Agrartechnologie


Landwirte müssen Wasser künftig sparsamer einsetzen: Für jeden Schlag und jede Kultur ist der richtige Zeitpunkt und die optimale Wassermenge festzulegen. Doch den aktuellen Bewässerungsbedarf, den u.a. die im Wurzelraum gespeicherte Wassermenge bestimmt, kann man nicht mit bloßem Auge erfassen. Auch Bodenfeuchtemessungen oder die klimatische Wasserbilanz lassen nur ungefähre Schlüsse auf den tatsächlichen Wasserbedarf zu.


Infrarot-Sensoren können hingegen den Wasserversorgungszustand der Kulturen sehr genau und zeitnah erfassen und diesen dann mittels Algorithmus in eine Bewässerungsempfehlung umsetzen. Mit diesem Thema beschäftigen sich in Niedersachsen und Brandenburg zwei Projekte der Europäischen Innovationspartnerschaft, kurz EIP. Mehr zu EIP, den Projektteilnehmern und den operationellen Gruppen lesen Sie auf Seite 71.


Zuerst Temperatur messen


Beide Projektgruppen untersuchen den optimalen Einsatz von Zusatzwasser, unter nachhaltigen und ökonomischen Gesichtspunkten. Im Mittelpunkt steht dabei die Temperatur der Pflanzen. Sie gibt Auskunft darüber,


  • ob die Pflanze gerade optimal mit Wasser versorgt ist und somit durch ihre Verdunstung gekühlt wird,
  • oder, ob die Pflanze unter Wassermangel leidet. Dann verdunstet sie nur geringe Mengen und zeigt dies durch eine erhöhte Blatttemperatur.


Die Forscher messen die Pflanzentemperaturen mittels Infrarot-Thermographie. Das ist berührungslos und auf großer Fläche möglich. Hinter dem sperrigen Begriff verbergen sich Sensoren wie z.B. Wärmebildkameras, die die Wärmestrahlung von Objekten erfassen. Die Strahlungsenergie der Pflanzen bzw. Pflanzenbestände lässt sich in Temperaturen umrechnen. In Verbindung mit weiteren Faktoren wie Lufttemperatur, Globalstrahlung und Luftfeuchte kann man aus den Temperaturen schließlich den Wasserversorgungszustand der Kultur ableiten. Der größte Vorteil der Infrarot-Thermographie gegenüber herkömmlichen Methoden besteht darin, dass die Information direkt von den Pflanzen stammt. Alle anderen Einflussfaktoren auf die Wasserversorgung, wie die Bodenbeschaffenheit, werden automatisch berücksichtigt.


Doch die Thermaldaten aus den Sensoren lassen sich nicht ohne Weiteres in praktische Bewässerungsempfehlungen umsetzen. Dazu müssen sie in Kennzahlen des Wasserversorgungszustandes der Kulturpflanzen umgerechnet werden. Diese Kennzahlen ermitteln die beiden Projektgruppen auf unterschiedlichen Wegen.


Team Niedersachsen


Das Projekt „Sensorgestütze Beregnungssteuerung in Kartoffeln“ arbeitet in Uelzen, Niedersachsen. Dort entwickeln die Teilnehmer der sog. operationellen Gruppe (s. Seite 71) seit Juni 2016 Sensoren und ein Berechnungsmodell, um den Trockenstress von Kartoffeln anhand des Crop Water Stress Index zu bestimmen. Dieser CWSI sagt in Echtzeit etwas über die Wasserversorgung von Pflanzen aus. Ziel ist, mithilfe des CWSI den optimalen Beregnungszeitpunkt zu ermitteln. Dabei gilt es Wasser zu sparen, bei gleichem Ertrag und gleicher Qualität.


Zunächst erfassen Wärmesensoren die Temperatur der Kartoffelpflanzen an der Bestandsoberfläche. Steigt die Bestandstemperatur, ist dies ein Indikator für eine eingeschränkte Wasserversorgung und sagt so etwas über den Beregnungsbedarf aus. Zusätzlich messen die Beteiligten die Bodenfeuchte in verschiedenen Tiefen, die Wuchshöhe der Pflanzen sowie umfassende meteorologische Daten wie Globalstrahlung, Windgeschwindigkeit, Lufttemperatur, -feuchtigkeit und -druck.


Das geschieht mittels Sensoren. Diese sind für die Anbausaison stationär im Feld installiert, sowohl auf den Versuchsflächen der Landwirtschaftskammer (LWK) Niedersachsen in Hamerstorf als auch bei einem Landwirt in der Region. Zudem sind mobile Sensoren an einem Trecker bzw. an einer Drohne im Einsatz.


Anhand der gesammelten Daten berechnet ein Algorithmus den CWSI. Dieser bezeichnet das Verhältnis


  • der aktuellen Temperaturdifferenz aus vor Ort gemessenen Bestands- und Lufttemperaturen
  • zu der Temperaturdifferenz aus Bestands- und Lufttemperatur unter maximalem Trockenstress.


Die Werte liegen zwischen null und eins. Strebt der CWSI gen null, dann ist der Bestand mit ausreichend Wasser versorgt und verdunstet sehr viel. Bei einem CWSI-Wert in Richtung eins leidet der Pflanzenbestand unter Trockenstress und verdunstet nicht.


Der CWSI spiegelt die Bodenfeuchte, also die nutzbare Feldkapazität, kurz nFk, sehr gut wider. Das zeigt Folgendes: Die LWK hat auf den Versuchsfeldern in Hamerstorf zwei Beregnungsvarianten eingesetzt. Eine optimal beregnete Variante (nFK 50%; CWSI 0,5) und eine reduziert beregnete Variante (nFK 35%, CWSI 0,65). Die optimale Variante wurde mit 228 mm beregnet und die reduzierte Variante mit 170 mm. Das Ergebnis überzeugt: Der CWSI-Wert sinkt nach einer Regengabe deutlich, abhängig von der Menge. In den darauf folgenden Tagen steigt der Wert wieder.


Gut funktionieren die Messungen nur bei Sonnenschein und trockener Luft: Ist es wolkenlos, zeigt der CWSI einen beständigen Verlauf. Allerdings schwankt der Wert bei Bewölkung, da die Blätter beschattet sind. Das Berechnungsmodell wird in dem Projekt fortlaufend überprüft und überarbeitet. In der diesjährigen Anbausaison prüfen die Teilnehmer den CWSI in der Beregnungssteuerung zu Kartoffeln. Die Auswertung steht noch aus.


Mit dem entwickelten CWSI-Modell können Landwirte die Beregnung so steuern, dass die Wasserversorgung exakt auf die Kartoffelpflanze angepasst ist. So ist eine ressourcenschonende und nachhaltige Beregnung möglich, nach der auch ein effizienter Anbau von Kartoffeln bei einer eingeschränkten Wasserverfügbarkeit (Dürreperioden, Klimawandel) realistisch ist. Zudem können Landwirte den Ertrag optimieren und die Qualität sicherstellen.


Team Brandenburg


Einen erweiterten Ansatz verfolgt das Brandenburger Projektteam „Precision Irrigation“. Um den schlag- oder teilschlagbezogenen Bewässerungsbedarf von Winterweizen, Silomais und Kartoffeln zu ermitteln, setzen sie das Berechnungsmodell Irrigama ein. Das Modell berechnet die Bodenfeuchte und darauf aufbauend die Verdunstung. Fällt die Verdunstung unter ein Referenzniveau und sind für die kommenden Tage keine Niederschläge in Sicht, empfiehlt der Algorithmus eine für die jeweilige Kulturart optimale Bewässerungsgabe. Die Infrarot-Thermografie, also die Temperaturmessung der Pflanzen, nutzen die Forscher, um ihre Ergebnisse zu überprüfen.


Irrigama ist bereits seit vielen Jahren im Praxiseinsatz. Seine Vorläufer wurden in der DDR für die großflächig wirtschaftenden Produktionsgenossenschaften entwickelt. Auch heute konzentriert sich der Einsatz in den ostdeutschen Bundesländern. Das Projekt will Irrigama treffsicherer und anwenderfreundlicher gestalten. Dazu gehört auch, den aktuellen Wasserversorgungszustand der Pflanzen zu erfassen und die Information an das Steuerprogramm weiterzugeben.


Im Brandenburger Team ging es zunächst darum, eine Methodik für die Aufnahme und Auswertung der Drohnen-Thermalbilder zu entwickeln – eine Lösung „von der Stange“ existiert dafür bisher nicht. Für die über 25 ha großen und mit Kreisregnern ausgerüsteten Flächen sind Methoden mit einer guten Flächenabdeckung notwendig – z.B. eine Drohne mit Wärmebildkamera. Auch Karten der Sentinel-Satelliten dienen als Entscheidungshilfe. Diese erlauben eine Aussage über den Wasserversorgungszustand, ähnlich wie die Aufnahmen der Wärmebildkamera.


Inzwischen ist das Team in der Lage, exakte Temperaturbilder zu erzeugen und in Verdunstungsmengen umzurechnen. Die Ergebnisse bestätigen die aus Bodenuntersuchungen bekannten großen räumlichen Schwankungen der Wasserversorgung auf den Versuchsschlägen. Da die Fläche voll erfasst ist, fällt es leicht, daraus detailliert den Bewässerungsbedarf abzuleiten, wie die Übersicht unten beschreibt:


Die Wärmebildkamera an der Drohne ermittelt die Temperaturunterschiede im Maisbestand (links). Daraus berechnet ein Modell, wie viel Wasser der Mais verdunstet (Mitte). Wie gut der Wasserversorgungszustand ist (rechts), ermittelt das Modell Irrigama über ein hinterlegtes Referenzniveau. Seit Anfang Juni 2018 können die Projektteilnehmer zwei Versuchsflächen erfolgreich teilflächenspezifisch beregnen, auf Basis der Irrigama-Empfehlung. Das soll Wasser- sowie Energiekosten sparen und zudem gleichmäßigere Erträge bringen.


Allerdings sind auch der Drohne Grenzen gesetzt. Mehr als 12 ha pro Tag kann sie nicht erfassen. Zudem nimmt die Datenverarbeitung viel Zeit in Anspruch. Deshalb sucht das Team nun nach Lösungen, mit denen sie bis zum Projektende 2020 Thermaldaten mit vertretbarem Aufwand erfassen (Drohne) bzw. abrufen (Satellit) und in die Irrigama-Bewässerungssteuerung einbinden können. Bereits jetzt hat das Steuermodell durch das Projekt einen neuen Namen bekommen: Irrigama steering. Zudem sind Oberfläche und Funktionen modernisiert. Nach Abschluss der aktuell laufenden Testphase soll Irrigama steering als Software zusammen mit Beratungsdienstleistungen für die Landwirtschaftspraxis verfügbar sein.


friederike.mund@topagrar.com


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•Einsatzstrategien •Wasserkooperation •Beregnungstechnik ▶Optimal steuern•Beregnung Grünland

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