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Mit weiten Getreidereihen zu mehr Biodiversität

Lesezeit: 5 Minuten

Ein lichter Getreidebestand mit blühender Untersaat bietet Ackervögeln viel Platz und fördert Insekten. Doch ist die Maßnahme praktikabel? Hier einige Erfahrungen dazu.


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Landwirte, die nicht wissen, was es mit dem Versuchsblock in einem Weizenfeld in Schleswig-Holstein auf sich hat, würden sicherlich vermuten, dass hier bei der Bestandsführung etwas schiefgelaufen ist. Keine Frage, für die Region um die Ortschaft Reinfeld, in der 10 t/ha Weizen keine Seltenheit sind, ist ein lichter Getreidebestand, aus dem dann noch Kamille oder blühender Klee schauen, tatsächlich ungewöhnlich.


Bewirtschafter dieses Schlages ist Klaas Röhr. Er nimmt an dem Modellvorhaben „Weite-Reihe-Getreide mit blühender Untersaat“ teil. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert und von Dr. Rainer Oppermann und seinem Team vom Institut für Agrarökologie und Biodiversität (ifab) in Zusammenarbeit mit dem Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e.V. (KTBL) wissenschaftlich begleitet. Ziel ist es, die Artenvielfalt zurück in die Nutzfläche zu bringen (siehe auch Interview auf Seite 92).


so sieht Röhrs Strategie aus


Für die Teilnahme am Projekt sprach für Klaas Röhr in erster Linie die Möglichkeit, damit die Bodenfruchtbarkeit zu erhöhen und gleichzeitig etwas für die Artenvielfalt zu tun. Erste Erfahrungen mit der weiten Reihe sammelte er 2020 in Sommergerste. Aus seiner Sicht blieb der Erfolg aber aus. „Wir haben es nicht geschafft, die Untersaat vernünftig zu etablieren. Und um einen bedeckten Boden geht es mir nun mal hauptsächlich“, so der Ackerbauer.


Der nächste Versuch sollte vielversprechender sein. Am 21. September säte Röhr auf einem halben Hektar seinen Weizen mit 30% geringerer Aussaatstärke (170 statt 240 Körner pro m²) und einem Reihenabstand von 37,5 cm. Dazu schloss er an seiner mechanischen Säkombination immer zwei nebeneinanderliegende Säschieber.


Auf der einen Hälfte dieses Versuchsblocks streute er einige Tage später – vor angekündigtem Regen – mit einem Quad und Schneckenkornstreuer eine leguminosenreiche Untersaatmischung. Aufgrund seiner Erfahrung aus der Sommergerste wählte Röhr eine um ca. 30% höhere Aussaatmenge. Für einen besseren Bodenschluss walzte er das Saatgut anschließend an.


Bei der Düngung der „weiten Reihen“ verzichtet Röhr auf die dritte Gabe und düngt auch in den ersten beiden weniger. In Summe kommt er so auf ca. Zweidrittel des normalen N-Düngebedarfs. „Auch wenn es schwer zu beziffern ist, etwas Stickstoff liefern mir ja auch die Leguminosen“, ist sich der Landwirt sicher.


Auch wenn Klaas Röhr den Eindruck hatte, dass die Parzellen mit der weiten Reihe – und gerade die mit der Untersaat – in der Vegetation etwas vitaler aussahen, hat er sie bei anstehenden Fungizid- oder Wachstumsreglermaßnahmen genauso behandelt wie den Rest des Schlages. Anders ist es beim Herbizideinsatz. Hier verlangen sowohl die Teilnahmebedingungen des Projektes, als auch die Untersaat selbst einen Verzicht. Dies weiß gerade die Kamille für sich zu nutzen. „Die Unkräuter im Griff zu halten, das ist die größte Herausforderung in diesem System“, ordnet Röhr diesen Aspekt ein.


Sein Zwischenfazit: Weil sich die Untersaat in dieser Saison gut entwickelt hat, spricht Röhr der Maßnahme eine bodenverbessernde Wirkung zu. Den Effekt für die Biodiversität kann er uneingeschränkt bestätigen: „Wenn ich durch den Bestand ging, hat es überall gesummt, es waren sehr häufig Hasen und Rehe zu beobachten und viele Vögel kamen zur Nahrungssuche auf die Versuchsparzelle.“ Wenn die Versuchsblöcke geerntet sind, möchte Röhr sie anhand der Ertrags- und Qualitätsdaten ökonomisch auswerten.


In Nauen läuft es anders


Etwas anders geht die Agro-Farm Nauen aus Brandenburg bei der Anlage der weiten Reihe vor. „Wir schließen jede zweite Tülle an der Sämaschine, wodurch wir die Getreidereihen in einem Abstand von 22 cm säen“, berichtet Stefanie Peters, die die weite Reihe und weitere Biodiversitätsmaßnahmen im Betrieb verantwortet. Die Aussaatstärke des Getreides beläuft sich, in den bis zu 10 ha großen Blöcken, auf 70% der normalen Menge (140 statt 200 Körner je m²). Die Untersaat wird dann in einer zweiten Überfahrt mit der gleichen Maschine in die Zwischenräume, gesät.


Die „Nauener“ nehmen genau wie Röhr an dem Modellvorhaben „Weite-Reihe-Getreide mit blühender Untersaat“ teil, sammeln aber auch abseits des Projektes bereits seit 2017 Erfahrungen mit dem Anbau von Getreide in weiter Reihe. Somit düngen sie heute die Flächen mit der weiten Reihe mit etwa 70 bis 100% der normalen Menge.


Fungizid- und Wachstumsreglermaßnahmen führen die Nauener – genau wie Berufskollege Röhr – schlageinheitlich durch. Weniger gut waren hier aber die Erfahrungen mit dem Herbizidverzicht. Der Unkrautdruck ist auf den Flächen so hoch, dass sich Stefanie Peters gemeinsam mit Ihrem Vater Dirk Peters, Geschäftsführer der Agro-Farm Nauen, dazu entschieden hat, die weite Reihe künftig nicht mehr mit Untersaat anzulegen. Ein aufwendigerer Drusch mit geringeren Erträgen von bis zu 20% sowie schlechtere Qualitäten und ein feuchtes Korn zur Ernte untermauern die Entscheidung.


Das Zwischenfazit: Auch wenn auf der Agro-Farm künftig keine Untersaat im Getreide stehen wird, so möchte Stefanie Peters dennoch am Verfahren der weiten Reihe festhalten – und das auch außerhalb von Projekten oder Förderungen. „Was wir selbst beobachten konnten und uns vom ifab bestätigt wurde ist, dass die Anzahl an Feldvögeln durch die Maßnahme gestiegen ist“, so Stefanie Peters.


Ausblick


Die Erfahrungen der Praktiker zeigen, dass Insekten, Feldvögel und Boden von der Maßnahme profitieren. Sie berichten aber auch, dass Bestände, die mit weiter Reihe und Untersaat gesät wurden, sehr herausfordernd sind. Damit sich das Verfahren wirtschaftlich darstellen lässt, und auch andere Landwirte auf den Zug aufspringen, müsse es laut der Pioniere eine adäquate Förderung geben. ▶


daniel.dabbelt@topagrar.com

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