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Multikopter als Helfer gegen Maiszünsler

Lesezeit: 8 Minuten

Immer mehr Landwirte gehen dem Zünsler mit Koptern an den Kragen. Bei eher leichtem Befall reicht das biologische Verfahren aus. Tritt Starkbefall auf, geht kein Weg an Insektiziden vorbei.


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Mit rund 35 km/h fliegt der Multikopter über den Maisacker. Alle 10 Meter wirft er eine Kugel ab. Nach wenigen Stunden packt der „Pilot“ den Flieger samt der Fernbedienung wieder ein – Auftrag erledigt.


Was aussieht wie ein Spielzeug, ist für Landwirt Frank Edelbauer aus Bad Nauheim in Hessen ein wertvoller Helfer gegen Maiszünsler. In den Kugeln befinden sich Trichogramma-Schlupfwespen, die ihre Eier in die Gelege des Maiszünslers legen und somit das Schlüpfen der Raupe verhindern. „Die Wirkung dieser biologischen Methode reicht bei uns in der Regel aus“, erklärt der Landwirt. Um den Druck von vornherein zu senken, ist es für ihn selbstverständlich, im Herbst die Maisstoppeln konsequent zu zerkleinern.


Vorher hat Edelbauer den Schädling chemisch bekämpft. „Nachdem ich vor vielen Jahren wegen eines witterungsbedingt späten Flugzeitpunktes der Zünsler mit der Feldspritze nicht mehr durch den hohen Maisbestand fahren konnte, bin ich auf das biologische Verfahren umgestiegen“, erklärt er.


Einmal eingeben und fertig:

Ohne den Multikopter war die Ausbringung sehr arbeits- und zeitaufwendig. „Wir haben zu Anfangszeiten auf den 20 ha Mais den Nützling über visitenkartengroße Kartons ausgebracht, die wir auf das Maisblatt geschoben haben“, erzählt der Landwirt. „Damit waren wir zu zweit einen ganzen Tag beschäftigt.“


Später kamen die Trichogramma-Kapseln, die man mit der Hand einfacher und schneller ausbringen konnte, auf den Markt. Mühsam blieb der Einsatz aber allemal. „Wenn man schnell durch den Bestand lief, konnte es passieren, dass man sich an den Maisblättern schnitt“, sagt er. „Außerdem bin ich immer mit einem mulmigen Gefühl durch den Mais gelaufen. Schließlich gibt es auch bei uns viele Wildschweine.“


Ein Quantensprung, so der Landwirt, ist nun die Ausbringung von Trichogramma mithilfe von Koptern. Der Maschinenring Wetterau bietet seinen Mitgliedern dies seit drei Jahren als Dienstleistung an. Seitdem nutzt auch Frank Edelbauer dieses Angebot.


Der Ablauf ist einfach: Über die Homepage des Maschinenrings gibt der Landwirt einmal im Jahr alle notwendigen Schlagdaten ein. Diese werden dann in das Programm „farmpilot“, ein digitales Farm-Management-System, importiert. Der Dienstleister bekommt den Auftrag und kann die Trichogramma-Schlupfwespen mit einem Multikopter ausbringen.


Die Navigation zu den Schlägen erfolgt dabei automatisch. „Der Dienstleister bekommt über das System die Aufträge und die Kartenansichten mit Satellitenbildern“, erklärt Anastasia Schwarzkopf von der Firma Arvato Systems. „So kann er die Aufträge hintereinander abarbeiten.“ Diese Zuordnung von Aufträgen funktioniert nicht nur mit der Trichogramma-Ausbringung. Zusätzlich kann man das System bei der Bodenbeprobung oder der Maisernte nutzen.


Wie die Heinzelmännchen…

Für den Maschinenring Wetterau übernimmt die Firma „Agripilots“ das Ausbringen per Kopter. „Durch den externen Dienstleister können wir sicherstellen, dass alle Genehmigungen für den Drohnen-Einsatz vorliegen“, sagt Eckhard Baumgarten, Geschäftsführer vom Maschinenring Wetterau. Denn wer eine Drohne einsetzt, muss auch eine Fluggenehmigung dafür haben.


Ist ein Einsatz ausgeführt, wird dieser in der „farmpilot“-Datenbank abgehakt. „So können wir sehen, welche Schläge bereits abgeflogen wurden. Meist arbeitet sich der Multikopter von Südhessen über die Wetterau bis nach Nordhessen hoch“, erklärt Baumgarten. Das passt ganz gut, weil es in Südhessen meist etwas wärmer ist und der Maiszünsler dort auch früher mit seinem Flug beginnt.


Wenn der Zünsler zufliegt, bleibt für die Bekämpfung nur ein kurzes Zeitfenster. Sobald der Pflanzenschutzdienst Hessen anhand von Kontrollfallen den optimalen Zeitpunkt für die Behandlung ermittelt hat, muss der Dienstleister starten. Und das funktioniert in der Wetterau offensichtlich gut: Die Ausbringung – so die Erfahrung des Landwirts – erfolgt zeitnah und zuverlässig. „Ich bekomme zwar Bescheid, dass die Drohne kommt, muss mich selbst aber um nichts kümmern.“ Bisher ist er auch noch nie dabei gewesen, wenn der Multikopter seine Arbeit verrichtet hat. Nur aufgrund der Kügelchen im Bestand hat er gesehen, dass der Auftrag erfüllt worden ist.


Das Angebot wird im Einzugsgebiet des Maschinenrings Wetterau gut angenommen. Eine Drohne fliegt mittlerweile rund 300 ha Mais mit den Trichogramma-Kapseln ab. Tendenz steigend!


Beim Start befinden sich im Behälter unter dem Multikopter Kapseln für ca. zwei bis drei ha Fläche. Anhand der Daten, die die Schlag- und Auftragserfassung des MR-Wetterau dem Dienstleister zu Verfügung stellt, ermittelt die Software ein Flugraster für jeden Schlag. Das Fliegen und Abwerfen der Kapseln erfolgt dann per Autopilot.


Die Drohne fliegt in etwa 10 bis 15 m Höhe über dem Maisbestand und wirft alle zehn Meter eine Kugel ab. „Die Verteilung ist absolut genau“, ist Eckhard Baumgarten überzeugt. Wie viel Hektar die Drohne pro Tag schafft, hängt von den Schlaggrößen ab. Sind die Schläge eher klein und muss man die Drohne häufiger ein- und auspacken, weil die Schläge nicht nebeneinander liegen, dann sind 50 ha pro Tag realistisch. Stehen große, benachbarte Schläge auf der Liste, dann sind bis zu 80 ha am Tag möglich.


Wirkung hängt vom Wetter ab:

Weil im Silomais die Ernte früher ansteht, reicht eine einmalige Ausbringung der Schlupfwespen in der Regel aus. Bei Körnermais ist eventuell ein zweiter Einsatz erforderlich. Die Wirkung erfolgt in mehreren Schüben. „In den Kugeln befindet sich eine Vielzahl von Eiern mit jeweils unterschiedlichen Schlupfterminen“, erklärt Eckhard Baumgarten die Gründe dafür. Weil die Tiere zeitlich versetzt schlüpfen, verlängert sich die Wirkung.


Wie hoch der Bekämpfungserfolg des Maiszünslers durch Trichogramma letztendlich tatsächlich ausfällt, hängt vor allem vom Wetter ab. „Im Jahr 2015 waren die Temperaturen in der Wetterau während des Einsatzes extrem hoch und die Wirkung deshalb nur gering. Für uns stellte sich die Frage, ob die Trichogramma überhaupt geschlüpft und geflogen sind“, sagt Frank Edelbauer. Generell gilt: Hohe Temperaturen und starke Niederschläge unmittelbar nach dem Ausbringen beeinträchtigen die Schlupfwespen und damit den Behandlungserfolg. Ist es dagegen trocken und mit ca. 15°C nicht zu warm, bringen die Schlupfwespen nach Erfahrung von Landwirt Frank Edelbauer in Kombination mit einer konsequenten Stoppelbearbeitung einen zufriedenstellenden Erfolg.


Und die Kosten?

Landwirte, die den Service vom Maschinenring Wetterau in Anspruch nehmen, bezahlen für das Ausbringen mit dem Multikopter 62 € je ha netto (bei einmaliger Ausbringung, inklusive der Trichogramma). Ein zweimaliger Einsatz kostet 86 €/ha. „Für meinen Betrieb ist das Angebot günstiger, als wenn ich die Schlupfwes-pen-Kugeln zusammen mit meinem Mitarbeiter im Bestand verteile“, sagt Frank Edelbauer. „Die Arbeit ist erledigt, ohne dass die Arbeitskraft von Betriebsleiter oder Mitarbeitern benötigt wird.“


Anders als in Baden-Württemberg, wo das biologische Verfahren im Rahmen des FAKT-Programms mit 60 €/ha gefördert wird, erhalten Landwirte in Hessen keine finanzielle Unterstützung. „Schön wäre es natürlich schon“, so Frank Edelbauer. „Davon mache ich meine Entscheidung aber nicht abhängig.“ Weil er mit dem Trichogramma-Einsatz per Drohne positive Erfahrungen gemacht hat, will er auch künftig dabei bleiben. „Solange es möglich ist, den Zünsler auf biologische Art und Weise zu bekämpfen, werde ich das auch weiterhin tun“, sagt er.


Und eins fügt er hinzu: Das Zerkleinern der Maisstoppeln im Herbst direkt nach der Ernte ist ein absolutes Muss – egal, ob beim Silo- oder Körnermais. Er selbst nutzt dafür einen Frontmulcher am Schlepper. Die Scheibenegge im Heck arbeitet dann die Erntereste in den Boden. Zudem pflügt er die meisten Flächen im Herbst zur Weizenaussaat. Mit dieser Strategie verbleibt keine Stoppel, die der Zünslerlarve als Winterquartier dienen könnte, zurück.


Wie Edelbauer zerkleinern auch die meisten anderen Landwirte in der Region die Maisstoppeln. „Eine erfolgreiche Bekämpfung gelingt nur, wenn alle an einem Strang ziehen“, sagt der Landwirt. Dies bestätigt auch Eckhard Baumgarten. „Es ist auf den Betrieben angekommen, dass die Stoppelbearbeitung in der ganzen Region wichtig ist, um das Zünslerproblem in den Griff zu bekommen. „Es gibt nur wenige, die glauben, es sei unnötig.“


Hohe Akzeptanz:

Der Einsatz von Trichogramma reicht in Gebieten mit geringem bis mittlerem Maiszünsler-befall häufig aus. Weil das Verfahren bei einmaligem Einsatz nicht teurer ist als Insektizide, ist es eine gute Alternative dazu.


Sehr positiv kommt das System offenbar bei der Bevölkerung an. „Wenn die Drohne unterwegs ist, werde ich oft von Erholungssuchenden in der Gemarkung angesprochen“, erzählt Frank Edelbauer. „Viele fragen, was die Drohne denn gerade machen würde. Wenn ich ihnen dann erzähle, dass es eine Möglichkeit ist, um den Maiszünsler effektiv zu bekämpfen, dann reagieren die Leute meist sehr interessiert.“


Anja Rose


Anja Rose


Bei Starkbefall reicht das Verfahren in der Regel jedoch nicht aus. Wie Sie dann reagieren können, lesen Sie im neben-stehenden Kasten.

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