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„Nicht ohne meinen Striegel“

Lesezeit: 5 Minuten

Mit seinem erfolgreichen Weidemanagement erreicht Jörg Riecken aus Schleswig-Holstein eine Leistung von 10000 kg pro Kuh und Jahr – und hat nun sogar mehr Freizeit. Sein Rezept: das „irische System“, also Vollweidehaltung mit saisonaler Abkalbung.


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Ein Kuhstall mit 96 Holstein-Friesian, 40 Kälbern und das Jungvieh – klingt nach einem durchschnittlichen Milchkuhbetrieb. Doch der Grünhof von Jörg Riecken (35) in Großbarkau, Schleswig-Holstein, ist anders: Im Som-mer hat der Betriebsleiter Zeit um zu bauen, Urlaub zu machen oder für den Ackerbau. Denn der Stall steht gut vier Monate leer, Kühe und Nachzucht leben dann auf der Weide.


Möglich macht das die saisonale Abkalbung im Herbst: Kalbezeit ist vom 10. September bis Ende Januar, die ersten Tiere kalben noch auf der Weide, das Gros bis Weihnachten (80%). In diesem Jahr sind 50 Färsen dabei, das Erstkalbealter (EKA) liegt mit knapp 30 Monaten etwas über dem regionalen Vergleichswert. Dafür sind Rieckens Tiere sehr fruchtbar, in 90 Tagen hat er 110 Tiere erfolgreich belegt. „Durch die Weide ist die Fruchtbarkeit deutlich besser“, ist sich der Landwirt sicher.


Das erste Drittel der Laktation, die hochlaktierende Phase, erreichen die Kühe über den Winter. Bis zum Weidegang im April kann Riecken die Tiere über eine Totale Mischration (TMR) voll ausfüttern und die hohe genetische Milchleistung erreichen. Mit sinkender Milchmenge stellt er auf Weide um.


Viel Weide, viel Leistung


Ab April kommen die Kühe auf die Kurzrasenweide, zu Beginn auf Portionen von 3 bis 4 ha. Um Weidetetanie vorzubeugen, gewöhnt Riecken sie in den ersten Wochen an die Weide, mit einer bis vier Stunden/Tag je nach Vegetation. Danach sind sie noch bis zum 1. Schnitt über Nacht im Stall.


Später sind die Kühe Tag und Nacht draußen, Riecken füttert in dieser Zeit pure Maissilage zu, bis das Silo leer ist. Kraftfutter gibt es das ganze Jahr lang im Melkstand. So fängt Riecken die sinkende Milchleistung auf. Pro kg energiekorrigierte Milch (ECM) setzt er 277 g Kraftfutter ein. Auf die Zufütterung von Grundfutter verzichtet der Landwirt von Juni bis August. Die Kühe kommen dann auf Parzellen von bis zu 8 ha/Tag, je nach Aufwuchs. Rieckens Hauptziel: Die Tiere sollen die Koppel runter fressen, ohne Futterreste zu hinterlassen.


Striegeln, striegeln, striegeln


Um trotz Weidehaltung eine hohe Milchleistung von knapp über 10000 kg zu erreichen, ist die richtige Weidepflege das A und O. „Und da geht nichts ohne den Striegel“, sagt Riecken. Sein Schatz auf dem Hof: Ein 6 m-Striegel mit 6-reihig angeordneten Zinken und ei-nem Strichabstand von 2,5 cm. Sobald es die Witterung im März zulässt, ist Riecken damit auf seinen 75 ha Dauergrünland unterwegs. Ob er die Narbe durchlüftet oder die Jährige Rispe entfernt: Ohne den Striegel geht nichts. Damit bringt Riecken auch die Nachsaat aus, 10 kg/ha spätes Deutsches Weidelgras. Das ist auch Hauptbestandsbildner der Narbe. „Es macht sie trittfest und leistungsstark“, erklärt er.


Mehr braucht die Narbe als Pflege nicht. Nur ein Reinigungsschnitt steht im Mai/Juni und im Herbst an. Dann mäht Riecken die Weide mit einem Trommelmähwerk auf 4 cm Wuchshöhe. Am liebsten nachmittags bei Sonnenschein: „Das Gemähte welkt dann leicht an und die Kühe fressen es gut.“


So wie Riecken seine Milchkuhherde führt, sieht er nur einen Nachteil. „Wenn die Kühe ausbrechen. Aber die Vorteile überwiegen bei Weitem“, erzählt er. Überzeugt hat ihn die gute Klauengesundheit im Sommer. Klauenpflege einmal pro Jahr reicht und es gibt keine Probleme mit Mortellaro. Einzig in feuchten Jahren trete öfter Panaritium auf. Auch die Eutergesundheit passt, laut Herdenvergleich des Landeskontrollverbandes (LKV) hat die Herde im Durchschnitt 116000 Zellen. „Die Herde hat kaum Probleme mit Milchfieber“, erklärt Riecken weiter.


Für die Zukunft gerüstet


Die Herausforderung „Nachzucht“ ist durch das späte Erstkalbealter gut in den Betrieb integriert. Die neuen Kälber bleiben über Winter im Stall, und kommen im Mai auf die Weide. Riecken achtet darauf, dass sie auf speziellen „Kälberweiden“ laufen. Kühe und Gülle kommen dort nicht drauf, um den Parasitendruck gering zu halten. Bis September bleiben die Kälber draußen. Der Stall trocknet über Sommer ab und ist im Herbst bereit, um gesunde Kälber aufzunehmen. Das Jungvieh läuft von April bis November auf der Weide.


Neben diesen Vorteilen ist das System von Riecken vor allem eins: günstig. Aus dem Grundfutter melkt er 4200 kg ECM/Kuh und Jahr. Das Grundfutter kostet ihn 11,3 ct/kg ECM, das sind rund 1,5 ct weniger als der Durchschnitt. Auch die Kraftfutterkosten liegen mit 9,0 ct/kg ECM um 0,5 ct/kg ECM niedriger als der Schnitt. Als Vorteil sieht Riecken besonders die geringen Arbeitserledigungskosten von 8,2 ct/kg ECM. Damit produziert er im Vergleich 2,5 ct/kg ECM günstiger.


Das macht sich besonders im Sommer bemerkbar, dann ist auf dem Grünhof Stall-freie Zeit. Bis auf das Melken findet sämtliche Arbeit für die zwei Lehrlinge und den Betriebsleiter draußen statt. So bleibt Jörg Riecken mehr Zeit für die 60 ha Ackerland. Seit Sommer 2018 baut der Landwirt zudem an seinem Tierwohlstall für 130 Kühe auf 144 Plätzen. Der soll im September 2019 fertig sein. ▶

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