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Organische Dünger richtig bewerten

Lesezeit: 11 Minuten

Organische Dünger dürfen Sie nicht über einen Kamm scheren. Sie wirken nicht nur unterschiedlich, auch in der Humus- und Nährstoffzufuhr klaffen Welten. Dr. Schönberger, N.U. Agrar in Schackenthal, informiert.


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Seit Mitte der 90er-Jahre liegen die Erträge auf Schlägen mit regelmäßiger organischer Düngung nachhaltig höher als auf Schlägen, die 20 Jahre und länger weder mit Mist noch mit Gülle gedüngt wurden (Übersicht 1). Vor allem in Jahren mit ungünstiger, nass-kalter (z. B. 2002) oder trockener Witterung (beispielsweise 2003 und 2007) brachen die regelmäßig organisch gedüngte Schläge im Ertrag weniger stark ein.


Vielfältige Effekte


Der positive Effekt der organischen Düngung war anfangs noch auf die Zufuhr von Schwefel bzw. auf die Volldüngerwirkung von Gülle und Mist zurückzuführen. Mittlerweile zeigt sich aber, dass auch gut mit Phophor, Kali und Schwefel versorgte Flächen gegenüber regelmäßig organisch gedüngten Standorten ins Hintertreffen geraten.


Allein durch die zusätzliche Humuszufuhr lassen sich 6 bis 10 dt/ha höhere Erträge (Getreideeinheiten) jedoch nicht erklären, zumal wenn das Stroh auf dem Acker bleibt und somit Unterschiede im Humusgehalt nicht nachzuweisen sind.


Es scheint vorwiegend der Einfluss der organischen Düngung auf die Mikroorganismen und die Enzymaktivität im Boden zu sein, der sich inzwischen stark bemerkbar macht. Dadurch wird die Umsetzung der Nährstoffe im Boden gefördert, beispielhaft dafür ist die Phosphatmobilisierung aus den P-Reserven des Bodens oder die Freisetzung von organisch gebundenem Stickstoff (Übersicht 2, S. 60).


Auf die höhere Aktivität der Mikroorganismen (weniger auf die Stickstoffzufuhr) ist zurückzuführen, dass der Stroh­abbau mit Gülle viel zügiger abläuft. Folge: Die Belastung mit Krankheitserregern, die auf den Ernterückständen überdauern, ist geringer.


Regelmäßige organische Düngung mit Mist, Gülle, Gärresten oder Klärschlamm verdoppelt die Enzymaktivität. Damit lässt sich erklären, dass Herbizide auf organisch gedüngten Flächen schneller abgebaut werden und weniger Schaden anrichten. Umgekehrt kann aber auch die Herbizidwirkung häufiger Probleme bereiten.


Verbesserte Bodenstruktur


Nicht zu unterschätzen ist der Einfluss der organischen Düngung auf physikalische Eigenschaften des Bodens. Die kleinsten Bodenpartikel, die Tonminerale, werden durch Calziumbrücken zu tragfähigen Aggregaten verbunden. Im nassen Boden werden die Calziumbrücken durch die viel kleineren Wasserstoff-Ionen gelockert. Durch mechanische Belastung, verstärkt durch Vibrationen, brechen diese Brücken ein und die Struktur wird zerstört.


Humuspartikel in den Aggregaten wirken wie Federbeine. Sie machen die Aggregate elastischer und verhindern den Zusammenbruch der Brücken. Böden mit ausreichend hohen Humusgehalten haben deshalb eine stabilere Bodenstruktur. Der „Einbau der Federbeine“ erfolgt durch die so genannte Lebendverbauung mit Hilfe von Regenwürmern, aber auch durch das Einwachsen von Pilzen und Aktinomyceten sowie von Haarwurzeln in die Bodenpartikel.


Regelmäßige organische Düngung mit Gülle, Mist oder mit Gärresten erhöht den Regenwurm-Anteil um 30 %, Aktinomyceten und Bakterien verdoppeln sich und die Anzahl der Hefe- und Fadenpilze nimmt um 50 bzw. 30 % zu.


Allein durch Einarbeitung von Stroh ist dieser Effekt nicht zu erzielen. Dagegen trägt die Gründüngung z. B. mit Ölrettich, Senf, Phacelia oder Leguminosen zur Stabilisierung der Bodenstruktur bei, wenn die Haarwurzeln in die Mikro-Aggregate hineinwachsen können.


Die Menge an organischen Düngern, die wir ausbringen dürfen, wird durch die Düngerverordnung festgelegt. Ob das in jedem Fall so sinnvoll ist oder nicht, sei dahin gestellt. Wir erhalten dadurch aber eine Vergleichsbasis.


Große Unterschiede bei der Humuszufuhr…


Gehen wir von anrechenbaren 80 kg Stickstoff je Hektar aus, die mit (flüssigen) organischen Düngern im Herbst maximal ausgebracht werden dürfen, dann werden dem Boden damit ganz unterschiedliche Mengen an organisch gebundenem Kohlenstoff (Corg) zugeführt. Corg multipliziert mit dem Faktor 1,7 ergibt den Humusgehalt, bzw. der Humusgehalt multipliziert mit 0,6 den Corg-Anteil.


Die Werte schwanken zwischen 240 kg je ha Corg mit 1,2 t/ha Fleischknochenmehl und 3 400 kg-Corg, die mit 14 t/ha Grünschnitt-Kompost ausgebracht werden, in denen 80 kg/ha N enthalten sind.


Bei durchschnittlichem Humusgehalt von 2 % (1,2 % Corg) sind in der Krume bis 30 cm 50 t/ha Corg enthalten. Davon werden etwa 1 bis 2 % im Jahr abgebaut – also zwischen 500 und 1 000 kg/ha Corg.


Im Vergleich dazu kommen mit Ernterückständen von Getreide und Raps zwischen 3 000 und 4 500 kg/ha Corg auf den Acker zurück, wenn das Stroh nicht abgefahren wird. Allein die Wurzelreste und Stoppeln enthalten zwischen 900 und 1 500 kg/ha Corg.


Zwischen 60 und 75 % des Corg in den Ernterückständen wird abhängig von Bodenfeuchte und Bodenwärme im Herbst sowie der Intensität der Bodenbearbeitung abgebaut, die restlichen 25 bis 40 % dienen der Humusreproduktion im Boden. Bei regelmäßiger Strohdüngung ist also der Humushaushalt nicht in Gefahr.


Mit Maisstroh kommen sogar 4 000 bis 6 000 kg/ha Corg wieder zurück. Humusarme Böden lassen sich deshalb durch den Anbau von Körnermais und die Zufuhr von Grünschnitt- bzw. Biokompost am schnellsten wieder auf Vordermann zu bringen.


Anders sieht die Situation bei Hackfrüchten aus: Mit 400 dt/ha Rübenblatt oder 300 dt/ha Kartoffelkraut werden maximal 1 600 kg je ha Corg in den Boden gebracht, die auch weitgehend zersetzt werden.


Auch die Gründüngung liefert eher bescheidene Werte. Bis zur Blüte produziert ein Senfbestand zwischen 1 000 und 2 000 kg/ha Corg, der zum größten Teil wieder abgebaut wird. Maximal stehen 200 kg je ha Corg aus der Gründungung für die Humusreproduktion zur Verfügung. Das Beispiel Gründüngung zeigt uns aber, dass die reine Mengenbewertung nicht viel bringt, wenn andere Effekte (wie z. B. auf die Bodenstruktur) nicht berücksichtigt werden.


… und bei der Stickstoff-Zufuhr


Mit den in der Übersicht 3 (Seite 62) angegebenen Mengen organischer Dünger werden 100 kg/ha N ausgebracht, von denen nach Abzug von 20 % Verlusten 80 kg angerechnet werden können.


Der in den organischen Düngern enthaltene NH4- Stickstoff ist in der Wirkung mit Harnstoff zu bewerten. Allerdings führt die höhere N-Konzentration im Düngerkorn zu einer schnelleren Stimulierung der Mikroorganismen im Boden (Priming-Effekt). In einem trocken-kalten Frühjahr wirken deshalb Mineraldünger schneller.


Die höchsten NH4-Anteile enthalten Schweine-, Hühner- und Biogasgülle sowie flüssiger Klärschlamm. Der NH4-Stickstoff ist sofort nach der Ausbringung verfügbar.


Der in der organischen Substanz enthaltene Stickstoff muss dagegen erst mineralisiert werden. Dazu ist die Einarbeitung notwendig. Erfolgt das nicht, kommt nur der NH4-Anteil zur Wirkung. Dabei treten je nach Bodenart, -feuchtigkeit, pH-Wert und Temperaturen zum Teil erhebliche Verluste auf.


Die Freisetzung des im organischen Dünger enthaltenen Stickstoffs ist vom C:N-Verhältnis abhängig. Bei einem weiten C : N-Verhältnis wird der Stickstoff wesentlich langsamer freigesetzt. Sehr langsam ist die N-Freisetzung aus Komposten (C : N = 35 : 1) und aus flüssigem Klärschlamm (C : N = 40 : 1). Die Mineralisierung zieht sich über Jahre hin.


Kompost aus Bioabfällen und Rindermist sind mit C : N-Werten von 20 : 1 etwa gleich zu bewerten, 7 bis 8 Monate nach der Einarbeitung ist mit der Stickstoffwirkung zu rechnen. Eine N-Wirkung von Puten- und Schweinemist sowie von festem Klärschlamm (C : N unter 15 : 1) ist zu erwarten, sobald die Bodentemperatur über 10 °C gestiegen ist.


Noch schneller wird der Stickstoff aus Gülle mineralisiert. Aufgrund des engeren C : N-Verhältnisses kommt die N-Wirkung aus Gärsubstraten etwas früher.


Sehr schnell wird Fleischknochenmehl (C : N = 2,5 : 1) umgesetzt. Bei früher Einarbeitung vor Raps sind im Herbst bereits 30 bis 50 % des Stickstoffs verfügbar. Wird Fleischknochenmehl erst im Oktober eingearbeitet, werden maximal noch 10 bis 20 % des Stickstoffs im Herbst mineralisiert, der Rest im Frühjahr.


Mit den Ernterückständen des Getreides verbleiben ca. 40 bis 60 kg/ha N auf dem Feld, von denen im Folgejahr maximal 20 % mobilisiert werden. Rapsstroh enthält zwischen 80 und 120 kg/ha N, von denen 60 % in der Folgekultur wieder freigesetzt werden. Mit Rübenblatt werden ca. 30 bis 50 kg/ha schnell verfügbarer Stickstoff auf den Acker zurückgeführt.


Organische Dünger = (flüssige) Volldünger


Das in organischen Düngern und in den Ernterückständen enthaltene Kali wirkt wie ein Mineraldünger und steht voll zur Verfügung, wenn die Zellwände abgebaut werden.


Getreidestroh enthält zwischen 70 und 100 kg/ha Kali und 20 kg/ha P2O5, Rapsstroh zwischen 120 und 140 kg Kali und 25 bis 30 kg P2O5. Mit Rübenblatt verbleiben zwischen 100 und 140 kg K2O und 25 bis 30 kg/ha P2O5 auf dem Acker.


Mit Zwischenfrüchten werden, außer durch die N-Fixierung der Leguminosen, nur die vorher entzogenen Nährstoffe wieder zurückgeliefert. Die Auswaschung von Stickstoff wird jedoch verringert. Durch die Gründüngung wird allerdings in Trockenphasen der Nährstoffvorrat tieferer Schichten zusätzlich beansprucht und die Kopflastigkeit in der obersten Bodenschicht erhöht, wenn danach keine wendende Bodenbearbeitung erfolgt.


Phosphor liegt meist als organisch gebundenes Phytin-Phosphat vor, das bei ausreichend hohen pH-Werten durch Phytasen sehr schnell verfügbar wird. Dieses Phosphat wirkt fast so schnell wie wasserlösliche mineralische P-Dünger.


Im Fleischknochenmehl, zum Teil auch im Hühnertrockenkot und im mit Kalk gefällten, festen Klärschlamm liegt das Phosphat zum Großteil als Ca-Phosphat vor, das insbesondere bei höheren pH-Werten sehr langsam wirkt. Die starke pH-Absenkung von SSA begünstigt jedoch die P-Freisetzung auch aus diesen organischen Düngern.


Ungünstiger ist Klärschlamm zu bewerten, dessen Phosphat durch Eisenzugabe gefällt wurde. Fe-Phosphate gehen nur im basischen Milieu in Lösung. Somit ist die P-Wirkung aus diesen Klärschlämmen bei pH-Werten unter 7 sehr gering.


Mit den auf 80 kg/ha N begrenzen Mengen bringen wir mit Puten- und Schweinemist sowie mit Hühnergülle mehr Phosphat aus, als eine durchschnittliche Ernte netto entzieht. Rindermist, Schweinegülle und Gärsubstrate (mit Gülle) decken den Nettoentzug von 60 kg/ha P2O5, während Rindergülle, NawaRo-Gülle oder Komposte weniger zuführen.


Der Magnesium-Anteil in organischen Düngern reicht dagegen meist aus, den laufenden Mg-Bedarf zu decken. Mit Fleischknochenmehl und flüssigem Klärschlamm wird weniger Magnesium gedüngt als benötigt.


Nennenswerte Kalkmengen kommen mit festen Klärschlämmen, deren Phospha­te durch Kalk gefällt wurden, auf den Acker. Der Kalk reicht auf den meisten Standorten aus, um die Kalkverluste einer 3-jährigen Fruchtfolge (200 kg/ha CaO pro Jahr) zu ersetzen. 50 % der Kalkverlus­te in 3 Jahren werden durch Komposte aus­geglichen. Hühnertrockenkot, Hühnergülle, Putenmist und flüssiger Klärschlamm decken annähernd die Kalkverluste eines Jahres. Die Kalkzufuhr durch Rinder- und Schweinegülle ist dagegen minimal.


Wie wirken Mist, Gülle und Co. auf das Bodenleben?


Hierzu gibt es nur wenige direkt verwertbare Untersuchungen. Positiv sind alle organischen Dünger zu bewerten, in denen biologische Rotte- oder Gärprozesse ablaufen, ohne dass das Substrat zu hoch (auf über 80 °C) erhitzt wird. Letzteres ist bei der Kompostierung von Grüngut oder Abfällen aus der Biotonne der Fall.


Die Erhitzung im Stapel führt zu einer Pasteurisierung. Damit werden Keime, aber auch nützliche Mikroorganismen abgetötet und Enzyme zerstört. Kompost begünstigt aber die Entwicklung der Mikroorganismen im Boden. Regelmäßige Zufuhr von gut verrottetem Mist wirkt auf das Bodenleben besser als die Ausbringung von flüssigen Substraten.


Enzyme kommen frei im Boden oder im Organismus von Mikroorganismen und anderen Bodenlebewesen (z. B. auch in Regenwürmern) vor. Am bekanntesten ist die Urease, die für die Umwandlung von Harnstoff in NH4 verantwortlich ist.


Der mikrobielle Abbau von Herbiziden erfolgt letztlich auch auf enzymatischem Weg, da die Mikroorganismen Enzyme bilden, um Herbizide und andere synthetische Stoffe abzubauen.


Organische Dünger effektiv einsetzen


Festmist benötigt aufgrund des weiten C : N-Verhältnisses zwischen 7 und 8 Monate, bevor mit einer N-Wirkung zu rechnen ist. Deshalb wird Festmist (Rinder-, Schweine- oder Putenmist) am besten vor Stoppelgetreide oder zu Zwischenfrüchten vor Mais ausgebracht. Zu Raps, Zuckerrüben oder vor Kartoffeln gedüngt, kommt die N-Wirkung aus dem Mist meist zu spät. Sie schadet dann mehr als sie nützt, weil Öl-, Zucker- oder Stärkegehalte beeinträchtigt werden.


Ähnlich ist auch die Ausbringung von Klärschlamm zu sehen. Während der hohe NH4-Anteil im flüssigen Klärschlamm durch den nachfolgenden Raps am besten verwertet wird, ist fester Klärschlamm mit geringem NH4-Anteil besser vor Stoppelgetreide geeignet, da die N-Wirkung erst verzögert im Frühjahr eintritt.


Auch Grünschnitt- oder Biokomposte werden besser vor (Stoppel-)Getreide gestreut als vor Raps, weil anfangs mit einer N-Sperre aufgrund des weiten C : N-Verhältnisses zu rechnen ist. Zudem lassen sich Unkräuter, deren Samen in Komposten noch keimfähig sein können, im Getreide leichter bekämpfen.


Fleischknochenmehl ist unbedingt sofort nach der Ausbringung einzuarbeiten und darf deshalb nicht auf die Kultur gedüngt werden. Der Dünger wird durch Raps zusammen mit SSA (partielle Versauerung) effektiver verwertet als durch (Stoppel-)Getreide.


Organische Flüssigdünger mit hohen Kali-Gehalten werden am effektivsten entweder vor kalibedürftigen Kulturen oder in das stehende Getreide vor Raps ausgebracht.


P-haltige organische Flüssigdünger werden am besten von Früchten mit schlechtem P-Aneignungsvermögen (Win­tergerste, Mais) oder hohem P-Bedarf in der kalten Jahreszeit (Winterraps) verwertet. Steht die P-Zufuhr im Vordergrund, ist es am effektivsten, die P-haltige Gülle mit der Saat einzuarbeiten oder rechtzeitig im Herbst oder im zeitigen Frühjahr auszubringen.

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