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Raps: Kühler Kopf trotz Schädlingsbefall

Lesezeit: 10 Minuten

Raps ist robuster als viele meinen. Bekämpfen Sie daher Rüssler, Käfer und Mücke erst, wenn die Schadschwelle überschritten ist. Nur so wirken die vorhandenen Insektizide auch künftig noch sicher, so Marcus Hahn, Pflanzenschutzdienst Mecklenburg-Vorpommern.


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Die meisten Rapsglanzkäfer könnten bereits heute in Pyrethroiden Typ II baden ohne am Wirkstoff zu sterben. Sie würden vielleicht höchstens ertrinken – zugegeben, das Szenario ist etwas übertrieben. Jedoch bringt es die Bekämpfungssituation auf den Punkt: Die Schädlinge im Raps in Schach zu halten, wird aufgrund ihrer Resistenz und der geringen Auswahl an Wirkstoffgruppen immer kniffeliger. Und dabei geht es nicht mehr nur um den Glanzkäfer.


Künftige Resistenzen bei Rapsschädlingen zu vermeiden und den Druck auf die vorhandenen Wirkstoffe zu reduzieren, ist daher wichtiger denn je. Das gelingt jedoch nur, wenn Sie auf jede unnötige Insektizidmaßnahme verzichten. Weiterer Vorteil: Man schützt so auch die Gegenspieler der Schädlinge, wie z. B. die Schlupfwespe, die gerne in die Glanzkäferlarve ihr Ei ablegt.


Schaden nicht überbewerten:

Viele Landwirte überschätzen häufig die möglichen Mindererträge durch Schädlinge. Nicht jeder Große Rapsstängelrüssler, Gefleckte Kohltriebrüssler, Glanzkäfer, Kohlschotenrüssler oder -mücke verursacht sofort Mindererträge im Raps. Denn die heutigen Sorten kompensieren einiges. Dass sich der Kreuzblütler bei einem Glanzkäferbefall als äußerst zäh erweist, zeigen auch die ersten Ergebnisse eines aktuellen Feldversuches des Pflanzenschutzdienstes Mecklenburg-Vorpommern (s. Kasten Seite 77). Bevor Sie ein Insektizid ausbringen, ist daher die Höhe des Befalls auf der Fläche genau abzuschätzen.


Ihr wichtigstes Hilfsmittel, den Bestand zu überwachen, ist die Gelbschale. Mit ihr lässt sich leicht das Erwachen und der Zuflug der Stängel- und Triebrüssler ab Anfang Februar feststellen. Zudem sind die Funde in der Schale der Maßstab für ihre Bekämpfungsschwelle. Erst wenn diese überschritten ist, müssen Sie mit Ertragsverlusten rechnen, und ein Insektizideinsatz ist gerechtfertigt. Die Schwelle liegt beim Großen Rapsstängelrüssler bei 10 Käfern je Gelbschale in 3 Tagen oder 3 Käfern pro 25 Pflanzen. Ab der Kleinstknospe (BBCH 50/51) müssen Sie gegen den Gefleckten Kohl­triebrüssler ab 30 Käfern je Schale in 3 Tagen oder 1 Käfer pro Pflanze eingreifen.


Nicht ohne Gelbschale:

Damit die Gelbschalen ihren Zweck auch erfüllen, beachten Sie Folgendes:


  • Spätestens, wenn das Wachstum der Bestände im Frühjahr beginnt und die Flächen schneefrei sind, gehört auf jeden Rapsschlag eine Gelbschale. Mit Schalen auf dem Altrapsschlag überwachen Sie erfolgreich das Erwachen der Stängelrüssler.
  • Günstig ist es, die Schale etwa 20 m hinter dem Vorgewende im Bestand zu platzieren. So stellen Sie sicher, nicht nur den Randbefall der Rapsfläche zu erfassen.
  • Die Schale sollte immer auf Höhe des Rapses angebracht sein.
  • Optimal ist sie mit Wasser und einem Tropfen Spülmittel befüllt, um die Oberflächenspannung zu brechen.
  • Schützen Sie die Nützlinge durch ein Gitter auf der Schale.


Das Angebot an Gelbschalen reicht von rund bis eckig. Auch ändern sie mit der Zeit ihre Farbe. Ob die unterschiedlichen Gelbschalen die Schädlingsfunde vom Erdfloh im Herbst beeinflussen, untersucht derzeit ein bundesweites Projekt des Julius Kühn-Institutes. Ergebnisse gibt es derzeit noch keine. Sie könnten aber auch für die Frühjahrsschädlinge ein erster Hinweis sein.


Schadschwelle Glanzkäfer:

Mit der Gelbschale lässt sich bei Glanzkäfern nur der Zuflug feststellen, nicht aber die Befallsstärke erfassen. Diese ermitteln Sie wie folgt: Klopfen Sie die Käfer an mindestens 5 Stellen im möglichst abgetrockneten Bestand vom Haupttrieb von 5 Pflanzen über einer Schale ab und zählen sie diese.


Bis BBCH 55 richten Rapsglanzkäfer in einem schwachen Bestand bei mehr als 4 Käfern/Pflanze, in einem kräftigen erst bei mehr als 8 Käfern/Pflanze einen ertragsrelevanten Schaden an. Ab BBCH 55 (Einzelblüten sichtbar) und bei einem schwachen Wuchs müssen es mehr als 5 Käfer/Pflanze oder in einem vitalen mehr als 10 sein, um die Bekämpfungsschwelle zu überschreiten.


Gegen den Kohlschotenrüssler und die -mücke ist ab mittlerer Knospe (BBCH 53) ein Insektizideinsatz ab 1 Käfer pro Pflanze bei schwacher Kohlschotenmücken-­Prognose sinnvoll. Begutachten Sie dafür mindestens 25, besser 50 Pflanzen. Bei starker Mücken-­Prognose reichen bereits 0,5 Käfer je Pflanze. In Bundesländern, in denen es keine Prognose gibt, liegt der Richtwert bei 1 Mücke pro 3 bis 4 Pflanzen (Voll­blüte). Die Kohlschotenmücke ist jedoch leicht mit der nützlichen Schlupfwespe zu verwechseln (s. Kasten Seite 74).


Was fliegt im Jahr 2016?

Wie stark die Schädlinge im Frühjahr 2016 tatsächlich die Rapsbestände befallen, lässt sich aktuell nicht voraussagen. Vieles hängt von der Winterwitterung und damit ihren Überlebenschancen ab. Meist überwintern mehr Schadinsekten unter kühlen Bedingungen. Bei einem milden Winter greifen Bakterien und Pilze die überdauernden Stadien der Insekten leicht an und vernichten diese.


Zudem beeinflusst die Rapsanbaudichte die Befallssituation. Stand in der Saison 2014/15 viel Raps vor Ort, ist tendenziell von einem stärkeren Auftreten der Schädlinge auszugehen. Bei eng zusammenliegenden Schlägen kann sich der Befall jedoch auch extrem unterscheiden. Diesen Effekt belegen die Überwachungsmaßnahmen des amtlichen Pflanzenschutzdienstes Mecklenburg-Vorpommern. Es ist daher sinnvoll, jeden Schlag einzeln zu bewerten.


Auch die natürlichen Standortbedingungen können das Schädlingsvorkommen fördern. Flächen an Waldrändern sind meist stärker betroffen als offene Lagen. Dort finden die Käfer mehr Rückzugsorte. So zieht sich z. B. der Glanzkäfer gerne in die Streu zurück.


Aktuelle Insektizidpalette:

Ist eine Insektizidbehandlung nötig, stehen verschiedene Produkte zur Verfügung (siehe Übersicht 3 auf Seite 78). Neue Mittel gibt es nur wenige und mit einer neuen Wirkstoffgruppe ist wahrscheinlich auch 2016 nicht zu rechnen. Daher gibt es nur Kandidaten aus den Wirkstoffgruppen der Pyrethroide und Neonikotinoide. Gegen Rapsglanzkäfer sind mit Plenum 50 WG (Pymetrozine) und Avaunt (Oxadiazine) noch zwei Produkte aus anderen Gruppen zugelassen. Ein Blick auf die Resistenzsituation in Deutschland verrät, wie wichtig es ist, die vorhandenen Produkte geschickt einzusetzen.


Nach aktuellen Aussagen des Resistenzausschusses der Länder wirken die Pyrethroide Typ II gegen den Rapsglanzkäfer bundesweit nicht mehr ausreichend. Bis auf wenige Ausnahmen sind nur noch resistente bzw. stark resistente Populationen anzutreffen. In Feldversuchen sind die Pyrethroide Typ I noch erfolgreich, Labortests deuten jedoch bereits heute auf eine schleichende Verringerung der Sensitivität hin. Auch das Neonikotinoid Biscaya zeigte in sogenannten Röhrchentests in einigen Bundesländern, z. B. Mecklenburg-Vorpommern, nicht immer die gewünschten Wirkungsgrade. Avaunt und Plenum 50 WG haben weiterhin Erfolg.


Beim Kohlschotenrüssler weitet sich die Pyrethroid-Resistenz immer stärker aus. Neben Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen sind nun weitere Bundesländer betroffen. Verschärfend kommt hinzu, dass gegen den Kohlschotenrüssler alle Pyrethroide (Typ I und II) gleichermaßen ihre Wirkung verlieren. Ein Wechsel zu Pyrethroiden Typ I – wie beim Glanzkäfer sinnvoll –bringt keinen Erfolg.


Bislang weisen der Große Rapsstängelrüssler und der Gefleckte Kohltrieb­rüssler noch keine Resistenzen auf. Gegen diese wirken die Pyrethroide sicher.


Die Wirkung der wenigen Produkte möglichst lange aufrecht zu erhalten, gelingt nur mit einem geschickten Wirkstoffwechsel. Ziel ist es dabei, die Schädlinge sicher zu bekämpfen und weitere Resistenzen zu vermeiden. Bislang sieht die jährlich vom Fachausschuss „Pflanzenschutzresistenz – Insektizide“ veröffentlichte Antiresistenz-Strategie für 2016 noch aus wie 2015. Zu Redaktionsschluss lag die abschließende Version jedoch noch nicht vor. Sollte es noch zu Änderungen kommen, informiert Sie top agrar. Die Strategie sieht bislang daher wie folgt aus:


Hat die Anzahl an Stängelschädlingen in Ihrem Bestand die Bekämpfungsschwelle erreicht, sollten Sie mit den wirksamsten Produkten aus den Pyrethroiden Typ I oder II gegen diese vorgehen (s. Übersicht 3, S. 78). Vor allem beim Großen Rapsstängelrüssler ist es entscheidend, die Maßnahme sofort umzusetzen, da dieser vor der Eiablage nur einen sehr kurzen Reifungsfraß durchführt. Sind zusätzlich Glanzkäfer im Bestand aktiv, sollte Trebon 30 EC (Pyrethroid Typ I) zum Einsatz kommen. Haben Sie es dabei mit einem Glanzkäferstarkbefall zu tun und hat der Raps BBCH 51 erreicht, empfiehlt sich eine Mischung aus Pyrethroid plus Avaunt (B1) oder Plenum 50 WG (B1). Beachten Sie dabei unbedingt die B1-Auflage der Mischung!


Keine Blüten im Bestand:

Avaunt und Plenum 50 WG (je maximal 1 Anwendung) sind vor der Blüte die Grund­pfeiler der Glanzkäferkontrolle. Denn Versuche des Pflanzenschutzdienstes Mecklenburg-Vorpommern bestätigen ihre Vorteile als am längsten wirkende Mittel. So wies z. B. Plenum 50 WG nach 7 Tagen noch einen Wirkungsgrad von über 50 % auf. Beide Produkte sind gegen Rapsglanzkäfer zugelassen und haben eine Nebenwirkung gegen Stängel- und Triebschädlinge (siehe Übersicht 1 auf Seite 74). Diese Nebenwirkung reicht jedoch alleine nicht aus.


Sind die ersten Blüten im Bestand offen, müssen Sie wegen der Bienengefährlichkeit auf andere Produkte umsteigen. Dafür eignen sich z. B. Mavrik (B4) oder Trebon (B2). Bedenken Sie jedoch: Gegen Glanzkäfer müssen Sie in der Blüte nur im Extremfall behandeln. Die Käfer sind dann sogar eher von Nutzen, denn sie kommen an die Pollen ohne die Blüten zu zerstören und sorgen gleichzeitig für Bestäubung.


Während der Blüte ist dagegen besonders auf den Kohlschotenrüssler zu achten. Liegt der Befall über der Bekämpfungsschwelle, sollten Sie wegen der nicht bekannten Resistenzsituation der Pyrethroide das Neonikotinoid Biscaya einsetzen. Damit die Wirkung der Neonikotinoide auch künftig erhalten bleibt, sind diese möglichst nur einmal in der Saison anzuwenden.


Tipps für optimale Wirkung:

Der Bekämpfungserfolg der aktuellen Insektizide liegt noch bei bis zu 80 % – aber nur, wenn Sie diese unter optimalen Bedingungen ausbringen. Damit die Mittel wie gewünscht wirken, ist die Wirkstoffgruppe so oft wie möglich zu wechseln. Denn ein sich wiederholender Kontakt zwischen Mittel und Schädling fördert die Problematik. Am besten nutzen Sie jede Gruppe nur einmal pro Saison. Zudem müssen Sie die volle Aufwandmenge einsetzen, um nicht noch mehr Wirkungsgrade zu verlieren und optimalen Bekämpfungserfolg zu realisieren.


Vor allem in Beständen ab BBCH 51 ist eine ausreichende Wassermenge von mindestens 300 l/ha sicherzustellen. Nur so lassen sich die Pflanzen optimal benetzen und der Schädling kommt eher mit dem Mittel in Kontakt.


Auch die Temperatur beeinflusst den Bekämpfungserfolg. Beim Einsatz von Pyrethroiden sind 5 bis 15° C optimal. Ist es deutlich wärmer, baut sich der Wirkstoff schnell ab und verliert so seine Wirkung. Da Neonikotinoide und die Produkte Plenum 50 WG und Avaunt auch als Kontaktgift wirken, ist es entscheidend, dass die Schädlinge bei der Maßnahme aktiv sind. Denn ist es z. B. kalt, ziehen sich die Käfer an geschützte Stellen zurück. Dort treffen die Mittel sie häufig nicht. Beim Insektizid Mavrik ist Citronensäure zur Stabilität der Tankmischung nötig.


Jeder Nützling zählt:

Um vor allem Honigbienen zu schützen und zu verhindern, dass sich Wirkstoffe im Honig anreichern, gibt es beim Insektizideinsatz im Raps einige Auflagen einzuhalten. Wer dagegen verstößt, muss mit Prämienabzügen rechnen.


Jedes Mittel ist in eine Bienengefährdungsstufe B1 bis B4 eingeteilt. B1 entspricht „bienengefährlich“, B4 „nicht bienengefährlich“. Zeigt sich auf Ihrer Fläche die erste Blüte, egal ob Unkraut oder Raps, dürfen Sie B1-Mittel nicht mehr ausbringen. Daher empfiehlt es sich, bereits 3 Tage vor dem Öffnen der ersten Blüten auf einen Einsatz zu verzichten.


Bei B2-Mitteln ist die Maßnahme nach dem täglichen Bienenflug bis ­spätestens 23 Uhr erlaubt. Günstig für Wild- und Honigbienen sowie weitere Bestäuber ist es, wenn Sie in blühenden Beständen grundsätzlich erst nach dem täglichen Bienenflug in den Abend­stunden behandeln. Bei einigen Produkten ist dies bereits durch die Auflage NN 410 geregelt. Beachten Sie auch ­Folgendes: Mischen Sie Pyrethroide (B4) mit Azol-Fungiziden, erhöht sich die Bienengefährlichkeit bei den meisten Mitteln.

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