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Raps: Schädlinge nur noch regulieren?

Lesezeit: 9 Minuten

Wegen zunehmender Resistenzen und weniger Wirkstoffen wird die Schädlingskontrolle im Raps eine immer größere Herausforderung. Daher gilt mehr denn je: Befall und Schadschwelle genau ermitteln und dort gezielt behandeln, wo es nötig ist.


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Der Schädlingszuflug ist größtenteils eine regionale Angelegenheit. Wo einerseits örtlich mehrere Insektizideinsätze notwendig sind, erntet man anderswo darüber nur Kopfschütteln. Das zeigt deutlich: Nur eigene Kontrollen führen zu zielgerichteten Maßnahmen. Die dafür zur Verfügung stehenden Mittel schwinden jedoch rasant.


Herausforderung Resistenzmanagement


Die Pyrethroide dominieren die Anwendungen – mit all ihren negativen Auswirkungen. Ihre Einflüsse auf Begleitinsekten sind nicht unerheblich. Zudem fördern immer gleiche Wirkmechanismen die Resistenzen. So ist die Pyrethroidresistenz schon lange nicht mehr nur auf den Rapsglanzkäfer beschränkt, auch Rapserdfloh, Grüne Pfirsichblattlaus, Schwarzer und Gefleckter Kohltriebrüssler sowie Kohlschotenrüssler haben spürbar nachgezogen. Überdenken Sie daher besonders die Anzahl der Anwendungen mit Präparaten dieser Wirkstoffgruppe. Doch das ist gar nicht so einfach. Denn mit dem Wegfall von Biscaya fehlt ein weiterer Wirkstoff außerhalb der Pyrethroide. Die inzwischen sehr stark eingeschränkte Wirkstoffpalette lässt realistisch betrachtet keine optimale Resistenzvermeidungsstrategie mehr zu.


Mit der Wirkstoffverarmung und der weiteren Zunahme von Resistenzen treten mittlerweile Bekämpfungslücken zutage. Man muss sich wohl daran gewöhnen, nicht mehr von einer Bekämpfung, sondern einer Regulierung der Schadinsekten zu sprechen.


Gelbschalen früh aufstellen


Um die Resistenzentwicklung nicht weiter zu beschleunigen, gilt es, die Einsatzhäufigkeit von Insektiziden zu begrenzen. Das funktioniert aber nur, wenn man den tatsächlichen Zuflug von Rapsschädlingen auf der eigenen Fläche ermittelt. Dabei ist die Gelbschale zur Überwachung unverzichtbar. Weil der tatsächliche Nutzen groß ist, sollte jeder Landwirt die Zeit für eine regelmäßige Kontrolle investieren.


Die Gelbschale sollte je nach Region schon im Februar auf den Flächen stehen, um den Zuflug des Großen Rapsstängelrüsslers nicht zu verpassen. Besonders Südhanglagen erwärmen sich schneller und die Käfer erwachen hier aus der Überwinterung auf den letztjährigen Rapsflächen zeitiger.


Die Gelbschalen sind mit einem Gitter zu versehen, um vor allem Hummeln fernzuhalten. Diese sind im Gegensatz zu Honigbienen auch bei deutlich kühleren Temperaturen unterwegs. Um die Gelbschalen „fängig“ zu halten, ist es wichtig, regelmäßig das Wasser (plus Spüli) zu wechseln.


Die Schädlinge im Überblick


Damit Sie entscheiden können, ob eine Bekämpfung erforderlich ist oder nicht, ist es notwendig, die Schädlinge und die Schadschwellen (siehe Praxistipp) zu kennen:


  • Der Große Rapsstängelrüssler erwacht schon bei Bodentemperaturen von ca. 5°C auf Rapsflächen des Vorjahres. Danach sucht er zügig nahegelegene Rapsschläge zur Eiablage auf. Mit dem Vollzug der Eiablage beginnt bereits die Schädigung des Rapses – denn das Weibchen scheidet bei der Herstellung der Einischen Wuchsstoffe aus, die für die typischen, auffälligen Verdrehungen der Stängel verantwortlich sind. Die Bekämpfung muss demzufolge zeitnah (innerhalb von drei Tagen) mit dem Zuflug erfolgen. Resistenztechnisch ist die Welt beim Rapsstängelrüssler zum Glück noch in Ordnung.
  • Den Gefleckten Kohltriebrüssler erkennt man an dem weißen Fleck auf dem Rücken. Er vollzieht nach dem Zuflug in die Rapsbestände einen ausgiebigen Reifungsfraß. Für eine eventuelle Bekämpfung besteht somit je nach Witterung ein 10- bis 14-tägiges Zeitfenster. Nach erfolgter Eiablage wachsen die Rapsstängel gerade weiter, sodass die Larven äußerlich oft unentdeckt bleiben. In Resistenztests des JKIs zeigte sich eine beginnende Pyrethroidresistenz.
  • Der Rapsglanzkäfer wird ab 8°C im Winterquartier aktiv, um dann bei 12°C dieses zu verlassen. Erreichen die Temperaturen 15°C, beginnt die Besiedlung der Rapsfelder.


Wie stark sich der Käferdruck entwickelt, hängt von der Sterberate im Winterquartier (warm und feucht fördert die Sterberate), von der Frühjahrswitterung und der geografischen Lage des Schlages ab. Eine kalte Ostwindwetterlage bremst z.B. den Zuflug der Käfer. Bei wechselhafter Witterung mit kühlen Temperatur-​abschnitten oder starken Winden kommt es zu einer längeren, teils verzettelten Zuflugphase. Dann gilt es, die Nerven zu bewahren und auf die Bekämpfungsschwellen zu achten. „Alles voll schwarzer Käfer…“ ist auf jeden Fall kein Spritzargument. Erst das Auszählen pro Pflanze entscheidet über eine Maßnahme. Mit den Starkbefallsjahren im Hinterkopf, wird der Schaden des Rapsglanzkäfers häufig überbewertet.


Das Ziel des Käfers ist der Pollen. Der Schaden ist umso größer, je kleiner die Knospen sind. Nur bei wirklich sehr starkem Rapsglanzkäferdruck mit mehreren Zuflugwellen verursachen auch die geschlüpften Larven in der Blüte noch Schäden.


Beim Rapsglanzkäfer hat die metabolische Resistenz gegen Pyrethroide in den letzten Jahren weiter zugenommen. Zusätzlich muss man inzwischen von einer beginnenden Resistenz gegen Neonikotinoide sprechen.


  • Beim Kohlschotenrüssler ist die Pyrethroidresistenz (kdr-Resistenz) mittlerweile sehr stark fortgeschritten. Das ist bei genauerer Betrachtung auch kaum verwunderlich. Denn das zeitlich frühe Auftreten der Rüssler bedeutet oft, dass sie unfreiwillig eine Pyrethroidgabe im Rahmen der Rapsglanzkäferbehandlung erhalten. Mit zunehmender Einsatzhäufigkeit steigt der Selektionsdruck und damit auch die Resistenzgefahr.


Zusätzlich war die Bekämpfung der Schotenschädlinge und die Spritzung gegen Weißstängeligkeit über viele Jahre hinweg eine kombinierte Maßnahme. Weil Kohlschotenrüssler und -mücke häufig später auftraten, bekamen sie nur noch Teilmengen des Pyrethroids ab.


  • Die Kohlschotenmücke hat – auch ohne die Vorarbeit des Kohlschotenrüsslers – die letzten Jahre zunehmend an Bedeutung gewonnen. Das spätere Auftreten verlangt in der Regel eine separate Spritzung zum Blütenende, entkoppelt von der Vollblütenbehandlung. Da die Mücke erst in die Bestände einfliegen muss und dies hauptsächlich bei windstillem warmem Wetter tut, reichen Randbehandlungen oft völlig aus.


Mit Biscaya, das gezielt auf die Larven in der Schote wirkte, konnte man den Zuflug und die Eiablage abwarten. Das ist mit dem Wegfall des Insektizids nun vorbei. Pyrethroide funktionieren nicht, da das Kontaktmittel die Mücke nicht erreicht. Andere Produkte haben keine Zulassung. Daher gibt es gegen diesen Schädling zurzeit eine Bekämpfungslücke, für die es momentan keine Lösung gibt. Ertragsverluste sind damit einzukalkulieren.


Nützliche Gegenspieler


Nützlinge tragen zur Bekämpfung von Rapsschädlingen bei. So ernähren sich z.B. Bodenräuber, wie räuberische Laufkäfer, Kurz​flügler und Spinnen von zur Verpuppung abwandernden Larven. Die Eier der Kohlfliege und des Rapserdflohs stehen ebenfalls auf dem Speiseplan.


In der Blüte sind Schlupfwespenarten (Tersilochus ssp., Phradis ssp.) aktiv, welche die Larven des Rapsglanzkäfers besiedeln und dort ihre Eier ablegen. Insektizidspritzungen beeinflussen die Population der Schlupfwespen direkt. Mavrik Vita/Evure würden die Schlupfwespen z.B. schonen – andere Pyrethroide dagegen nicht.


Den Bienenschutz im Fokus


Bei jedem Einsatz gilt es, den Bienenschutz im Auge zu behalten. Die Angaben zur Bienengefährlichkeit der Mittel beziehen sich auf Solo-Anwendungen. Bei der Kombination mit Ergosterol-Biosynthese-Hemmern wie z.B. Tebuconazol kommt es zur Veränderung der Bienengefährlichkeit (B2 oder B1!). Nach guter fachlicher Praxis sollte die Kombination zweier B4-Insektizide unterbleiben, da diese in punkto Bienen​gefährlichkeit dann als B1 betrachtet werden.


Zielgerichtete Strategien


Grundsätzlich muss die Voraussetzung für eine Bekämpfung immer das Überschreiten der Bekämpfungsschwellen sein. Pyrethroide sollten so wenig wie möglich zum Einsatz kommen. Umfassende Infos zu den einzelnen Mitteln finden Sie auf Seite 102.


Folgende Strategien sind zu empfehlen, bei denen immer der Bienenschutz zu beachten ist:


  • Stängel- und Triebrüssler ohne Rapsglanzkäfer lassen sich bei frühem Auftreten (Februar bis März) mit Pyrethroiden der Klasse II in Schach halten, z.B. 0,075 l/ha Karate Zeon oder 0,08 l/ha Nexide (beide B4).


Bei spätem Auftreten mit ersten Rapsglanzkäfern sollten Pyrethroide der neuen Generation (Klasse I) zum Einsatz kommen, z.B. 0,2 l/ha Trebon 30 EC (B2). Mavrik Vita/Evure (B4) hat keine Indikation gegen Stängelrüssler.


  • Rapsglanzkäfer ohne Stängelrüssler sind ein Fall für Avaunt/Sindoxa (0,17 l/ha). Diese Möglichkeit des Wirkstoffwechsels gilt es zu nutzen. Der Einsatz darf aber nur so lange erfolgen, wie nichts blüht (B1!). Sind Blüten vorhanden, kann mit 0,2 l/ha Mavrik Vita/Evure (Pyrethroid I) oder 0,2 l/ha Mospilan SG (Neonikotinoid) gegen Rapsglanzkäfer behandelt werden (beides B4).
  • Gegen Kohlschotenrüssler und -mücke gibt es eine Bekämpfungslücke. Mospilan SG ist nicht erlaubt. Pyrethroide weisen gegen Kohl​schotenrüssler in einigen Regionen Resistenzen auf und wirken gegen Kohlschotenmücken nur minimal. Zudem hat der Pyrethroideinsatz in der Blüte negative Effekte auf die Schlupfwespen.


Was bewirken Alternativprodukte?


In Versuchen auf zwei Standorten in Schleswig-Holstein wurde neben den klassischen Insektiziden auch die Wirkung von zwei Alternativprodukten getestet. Neudosan Neu, ein Kaliumsalz natürlicher Fettsäuren, wirkt nur auf direkt getroffene Schädlinge. Tropfnass ausgebracht, profitiert das Produkt von einer lang anhaltenden Blattfeuchte. Im Gegensatz dazu bevorzugt Eradicoat als Maltodextrin (Mehrfachzucker auf Basis von Glucose) eine schnelle Antrocknung. Beide Produkte wurden mit 600 l Wasser pro ha ausgebracht. Die Ergebnisse (siehe Übersicht 1):


  • Bei der Bekämpfung gegen den Rapsglanzkäfer erreichten die alternativen Präparate insgesamt Wirkungsgrade um 50%. Auffällig waren die Schwankungen zwischen den Boniturterminen, die keine eindeutigen Rückschlüsse erlauben. Neudosan Neu ähnelt von der Wirkung her ansatzweise einem Pyrethroid, allerdings mit deutlich geringerem Wirkungs​grad. Es profitierte zudem von dem ausbleibenden Neuzuflug.


Trebon 30 EC zeigte dagegen eine starke Sofortwirkung, die auch lange anhielt, da kein neuer Zuflug nach der Behandlung einsetzte.


Avaunt zeigte eine gute Dauerwirkung. Das Neonicotinoid konnte die Wirkung hingegen nicht bis zum Schluss durchhalten.


  • Der Befall mit Kohlschotenmücke lag in der Kontrolle deutlich unter dem Vorjahresniveau. Mospilan SG erreichte nicht die Wirkungsstärke von Biscaya. Die Behandlungen zum Termin des Hauptzufluges der Kohlschotenmücke mit Mavrik Vita, Neudosan Neu und Eradicot, zeigt die begrenzten Einfluss​möglich​keiten auf die adulte Mücke. Alle drei Produkte weisen eine ausgeprägte Kontaktwirkung auf, die bei so filigranen und bewegungsfreudigen Insekten wenig zielführend ist. Wirkungsgrade, bestenfalls um 40%, reichen besonders bei stärkerem Zuflug nicht aus.


anne-katrin.rohlmann@topagrar.com


Unsere Autorin


Manja Landschreiber, LWK Schleswig-Holstein

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