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Rüben: Kein Ärger mehr mit Nematoden

Lesezeit: 9 Minuten

Engere Fruchtfolgen und trocken-warme Frühjahre fördern Nematodenbefall. Was die neuen toleranten Sorten leisten und worauf Sie beim Anbau achten sollten, erklärt Dr. Ulrich Lehrke, LWK Niedersachsen, Hannover.


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Die Erträge von Rüben setzen ihren Höhenflug fort. So lagen die mittleren Zuckererträge im Norden in der letzten Kampagne bei über 13 t/ha. Die Rübenerträge erreichten im Schnitt etwa 700 dt/ha bei Zuckergehalten von deutlich über 18 %.


Grund dafür ist neben den ackerbaulichen Aspekten auch der Züchtungsfortschritt. So steigt der Zuckerertrag in den letzten Jahren kontinuierlich um rund 1,5 dt/ha pro Jahr an. Einen großen Einfluss auf die Zuwächse haben dabei Resistenz- und Toleranzgene. Neben der Toleranz gegenüber Rizomania spielt mittlerweile die Nematoden-Toleranz der Sorten eine immer größere Rolle. Das Angebot neuer Sorten in diesem Segment wird immer breiter.


Das leisten die „Neuen“!

Bei den nematodentoleranten Sorten dominieren derzeit Hella (ertragsbetont, Spätrodung), Kristallina und Belladonna (zuckerreich, Frührodung) den Markt. In diesem Jahr kommen die Neuzulassungen Kleist, Brix und Finola hinzu. Da diese Sorten allerdings erst zur Nachbestellung im Winter angeboten wurden, wird im Frühjahr wohl oft nur ein Probeanbau erfolgen. In Übersicht 1 sind die dreijährigen Sortenergebnisse der nematodentoleranten Kandidaten dargestellt. Bei den neuen Rübensorten sind die zweijährigen Wertprüfungs(WP)-Ergebnisse mit einbezogen. Der Ertragsvergleich erfolgt zwischen den Varianten „Mit Nematodenbefall“ und „Ohne Nematodenbefall“. Neben den Erträgen finden Sie in der Übersicht auch die Eigenschaften der Sorten. Hier das Wichtigste im Überblick:


  • Auf den Standorten mit Nematodenbefall fällt die anfällige Sorte im Zuckerertrag um fast 20 % im Vergleich zu den besten toleranten Sorten ab. Im Geldbeutel entspricht das einem Verlust von über 500 €/ha! Die Wirtschaftlichkeit des Anbaus von toleranten Sorten steht damit auf Befallsstandorten außer Frage.
  • Im Gegensatz dazu fällt der Ertrag der toleranten Sorten auf Nichtbefallsflächen gegenüber der anfälligen Sorte nur um 1 bis 2 % ab. Das Risiko, eine tolerante Sorte angebaut zu haben, ohne dass es nötig war, liegt bei etwa 50 bis 100 €/ha.
  • Beim Vergleich der Sorten anhand des Zuckerertrages (dreijähriger Mittelwert) wird deutlich, dass auf Befallsstandorten die neue Sorte Finola als zuckerreicher, früher Typ mit deutlichem Abstand die Nase vorn hat. Allerdings relativieren die einjährigen aktuellen Ertragszahlen diesen Eindruck, sodass Sie die WP-Zahlen nicht überbewerten sollten. Zudem handelt es sich hierbei um von den Züchtern eingeschicktes Saatgut. Das Saatgut der regulären Sortenprüfungen stammt dagegen aus dem Markt.


Die ebenfalls noch recht neue Sorte Kristallina ist charakteristisch ähnlich wie Finola. Sie erreicht ebenfalls hohe Zuckererträge. Beide Sorten weisen neben vergleichbaren Rübenerträgen eine gute innere Qualität und eine gute Blattgesundheit auf. Wermutstropfen ist die Blattbildung, die vor allem in der frühen Phase nicht optimal verläuft. Hieraus ergeben sich Probleme bei der Unkrautunterdrückung.


  • Gefolgt wird Finola von der ertragsbetonten Sorte Hella und den neuen Sorten Brix und Kleist. Hella als bereits ältere Sorte ist sehr ertragsstark, fällt jedoch beim Zuckergehalt und vor allem bei der inneren Qualität (Amino-N) ab. Ihr Anbau empfiehlt sich nur auf Standorten mit einer hohen Nematodenbelastung (mehr als 500 Eier und Larven/100 g Boden).


Die neuen Sorten Brix und Kleist überzeugen im Zuckerertrag – anders als Finola – auch in den aktuellen Sortenprüfungen. Beide zeigen gute innere Qualitäten, jedoch Schwächen bei der Blattgesundheit.


  • Auf Standorten ohne Befall sind ebenfalls die neuen Sorten Finola, Kleist und Brix an der Spitze. Damit lässt sich der Züchtungsfortschritt deutlich untermauern. Auffällig ist hier das schlechte Abschneiden von Hella und Belladonna.


Aus für resistente Rüben?

Nemata als einzige nematodenresistente Sorte konnte in beiden Anbausituationen nicht überzeugen. Unter Befall ist der Ertragsvorteil auf lediglich 6 % beschränkt, unter Nichtbefall fällt der Ertrag dagegen um 16 % stark ab.


Neben der niedrigen Ertragsleistung hat sich zudem bereits vor einigen Jahren im Labor gezeigt, dass beim Anbau dieser Sorten ein schneller Verlust der Resistenz zu erwarten ist. Bei den toleranten Sorten ist diese Gefahr wegen der breiteren genetischen Basis und des geringen Selektionsdruckes deutlich geringer (vergleichbar mit der Rizomaniatoleranz).


Dennoch halten einige Landwirte und Berater den Anbau resistenter Sorten bei sehr starkem Befall für richtig, um den Druck langfristig zu reduzieren. Denn resistente Sorten können die Nematoden biologisch bekämpfen und damit den Besatz langfristig senken. Die Minderung ist in etwa dem Zwischenfruchtanbau von Ölrettich gleichzusetzen.


Tolerante Sorten vermehren dagegen die Nematoden leicht. Die Vermehrungsrate liegt im Vergleich zum Ausgangsbefall bei etwa 1,5 bis 3. Beim Anbau einer anfälligen Sorte steigt der Nematodenbesatz jedoch um das 3 bis 10-fache des Ausgangsbefalls an (im Mittel etwa Faktor 5). Beträgt der Nematodenbefall vor dem Anbau der Rüben demnach 300 Eier und Larven/100 g Boden, steigt der Wert nach den Rüben auf etwa 1 500 Eier und Larven/100 g Boden an.


Angekurbelt werden die Vermehrungsraten dabei von der Klimaveränderung. Denn höhere Temperaturen beschleunigen den Ablauf des Vermehrungszyklus. So können Nematoden mittlerweile in der Vegetation zwei oder gar drei Generationen durchlaufen.


Der Anbau nematodentoleranter Sorten kann somit vor allem in engen dreijährigen Fruchtfolgen dazu führen, dass sich Nematoden weiter ausbreiten. Allerdings unterscheiden sich die toleranten Sorten hinsichtlich ihrer Vermehrungsraten. Neue Untersuchungen dazu zeigen, dass z. B. Pauletta, Hella, Kristallina und Finola eine eher geringe Vermehrungsrate aufweisen.


Durch den intensiven Rübenanbau um die Verarbeitungsstandorte herum stehen mittlerweile viele Rüben in dreijährigen Fruchtfolgen. Um die Nematodenbelastung zu begrenzen bzw. zu reduzieren, empfiehlt sich zusätzlich der Anbau von Zwischenfrüchten.


Mehrertrag mit Zwischenfrucht:

Vor allem auf Standorten mit höherer Nematodenverseuchung sollten Sie daher den Anbau von Zwischenfrüchten intensivieren. Versuchsergebnisse der letzten Jahre dazu zeigen, dass auf Standorten mit langjährigem Rübenanbau die Zwischenfrucht kombiniert mit einer toleranten Sorte die Erträge erhöht.


Am besten lassen sich die Nematoden nach wie vor mit Ölrettich bekämpfen. Der Anbau sollte jedoch möglichst vor dem 10. August erfolgen. Ölrettich hat in der Jugendentwicklung einen hohen Wasserbedarf.


Weil Senf aber anspruchsloser ist, dominiert er weitgehend den Anbau. Leider wird die Aussaat in der Praxis immer weiter nach hinten verschoben. Schuld daran ist Weizen als Vorfrucht und die Arbeitsspitze im August. Die biologische Bekämpfung der Nematoden gelingt allerdings nur, wenn im Spätsommer und Herbst die Bodentemperaturen möglichst lange über 8 °C liegen. Vor allem in einem kühlen Herbst, wie z. B. in 2010, reduziert ein später Senf nicht die Nematoden.


Die Saat der Zwischenfrucht sollte daher unmittelbar nach der Ernte mit kombinierten Geräten erfolgen. Auf Grubber aufgesattelte pneumatische Säschienen sind hierzu gut geeignet. Warten Sie nicht, bis das Ausfallgetreide aufgelaufen ist. Sofern Sie organische Dünger nicht zeitgerecht ausbringen können, ist es auch denkbar, diese erst in den wachsenden Bestand zu düngen.


Weniger gut geeignet als Zwischenfrucht zur Nematodenreduktion ist Phacelia. Hier haben Versuche kaum Effekte auf Nematoden und Rübenertrag gezeigt. Auch „moderne“ Zwischenfruchtmischungen mit Zusatz von Phacelia und Leguminosen sind in Fruchtfolgen mit Rüben hinsichtlich der Nematodenvermehrung ungeeignet. Oft enthalten sie zudem auch Arten, wie z. B. Buchweizen, die früh aussamen und im Frühjahr Probleme bei der Unkrautbekämpfung nach sich ziehen.


Somit bleiben Senf und Ölrettich erste Wahl bei den Zwischenfrüchten. Bei den Sorten reicht die Resistenzstufe 2 aus. Wichtiger ist, dass der Ölrettich anfangs eine gute Massenwüchsigkeit zeigt. Bei Senf spielt die Blühneigung eine gro-ße Rolle. Denn sobald die Senfbe-stände blühen, wird die Nematodenreduktion eingestellt.


Tolerante Sorte – ja oder nein?

Wie stark die Nematoden die Rüben schädigen, hängt neben der Besatzdichte (siehe Kasten) vor allem von den Vermehrungsbedingungen des Jahres ab. Starke Schäden treten insbesondere in warmen und trockenen Jahren auf. Nematoden reduzieren die Wurzelentwicklung der Rüben. Daher sind Wasser- und Nährstoffdefizite die Ursachen für hohe Ertragsverluste.


Die Schadensschwelle liegt nach wie vor bei 500 Eiern und Larven/100 g Boden. Versuche zeigen jedoch, dass auf vielen Standorten bereits unter dieser Schwelle ein Anbau von toleranten Sorten sinnvoll ist. Derzeit stehen häufig Schwellenwerte von 200 bis 300 Eier und Larven/100 g Boden in Diskussion. Hier eine Empfehlung, abhängig von der Situation (Berücksichtigung der Vermehrung der Nematoden durch Fruchtfolge und Zwischenfruchtanbau):


  • Situation I, kein Befall: Anbau rizomaniatoleranter Sorten.
  • Situation II, schwacher Befall von 50 bis 200 Eier und Larven/100 g Boden: In dreijährigen Fruchtfolgen ohne Zwischenfruchtanbau bzw. bei später Zwischenfruchtaussaat oder bei Raps in Rübenfruchtfolgen empfiehlt sich der Anbau rizomania- und nematodentoleranter Sorten.


In vierjährigen oder dreijährigen Fruchtfolgen mit intensivem Zwischenfruchtanbau reicht der Anbau rizomania-toleranter Sorten aus.


  • Situation III, Befall mit mehr als 200 bis 300 Eier und Larven/100 g Boden: Anbau rizomania- und nematodentoleranter Sorten.


N-Effizienz verbessert:

Weil ein Befall die Wurzelbildung schädigt, wird die Wasser- und Nährstoffaufnahme der Rüben behindert. Viele Anbauer bringen daher eine höhere N-Gabe aus. Gleichzeitig weisen befallene Rüben eine sehr gute innere Qualität (niedrige Amino-N-Gehalte) auf, was auch für eine niedrigere N-Aufnahme spricht.


Tolerante und resistente Sorten besitzen dagegen eine bessere Nährstoff- und Wasseraufnahme, wie Versuche in den letzten Jahren gezeigt haben (Übersicht 2, Seite 85). In toleranten Sorten können Sie daher die N-Düngung deutlich zurückfahren, ohne dass Ertragsnachteile zu befürchten sind. In den Versuchen über mehrere Jahre bestätigte sich ein möglicher Abschlag von etwa 20 kg N/ha in Bezug auf die Sollwertdünge-Empfehlung von 160 kg N/ha abzüglich Nmin.


Auch ein aktueller Versuch auf einem tiefgründigen Standort im Süden Hannovers bestätigt, dass tolerante Sorten bereits bei einer Düngung unter Sollwert den optimalen Ertrag erzielen (Ertragsunterschied nicht signifikant). Dagegen stieg der Ertrag bei der anfälligen Sorte mit höherer Düngung noch an. Einige Landwirte beobachten zudem, dass tolerante Sorten unter Wasserstress, auch bei geringem Nematodenbefall, länger durchhalten.

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