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Rüben: Rote Karte für Blattverluste

Lesezeit: 8 Minuten

Gegen Cercospora hilft nur das volle Programm: Gesunde Sorten, die richtige Mittelwahl und ein punktgenauer Spritztermin. Empfehlungen gibt Dr. Christian Lang vom Verband der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer.


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Nach wie vor sind Blattkrankheiten die größte Gefahr für den Rübenertrag. Daher beginnt in wenigen Wochen wieder das bundesweite Blattkrankheiten-Monitoring. Vor allem bei den derzeit niedrigen Rübenpreisen müssen Erträge und Zuckergehalte stimmen. Beides leidet aber massiv unter dem Druck der zunehmenden Resistenzen.


Die Folgen, dass sich die Bekämpfung der Pilze nur auf wenige Wirkstoffe beschränkt, sind bereits deutlich zu spüren: In vielen Anbauregionen sind mittlerweile Resistenzen oder sogenanntes Shifting von Erregern nachweisbar. Die Fungizidstrategie könnte schon bald vollständig auf dem Prüfstand stehen, wenn weitere Mittel aufgrund von Anwendungsverboten oder ausgelaufenen Zulassungen wegfallen. Mehr dazu lesen Sie im Standpunkt auf Seite 65.


Nicht am falschen Ende sparen:

Lassen Sie sich trotz niedriger Rübenpreise nicht dazu verleiten, an der Fungizidintensität zu sparen. Im Jahr 2017 waren bei Befallsdruck in der Regel sogar drei Behandlungen wirtschaftlich. Richten Sie die Intensität daher weiterhin am Witterungsverlauf, an der Empfindlichkeit der Sorte und auch am Wirkverlust der eingesetzten Fungizide aus.


Die wichtigste Blattkrankheit bleibt Cercospora. Das wird auch bei wärmer werdender Witterung (Klimawandel) so bleiben, wie unsere Studien dazu zeigen. Bei unterlassener Bekämpfung kann der verursachte Schaden erheblich sein und im Extremfall den Bereinigten Zuckerertrag um bis zu 40% drücken.


Der pilzliche Erreger überdauert in Form von Sporen auf Blattresten bis zu zwei Jahre im Boden. Ideal sind für ihn Temperaturen von 25 bis 30°C und eine relative Luftfeuchte von über 90%. Bei stärkerem Befall droht die vollständige Zerstörung des Blattapparates. Danach wächst die Rübe neu aus und verbraucht bereits vorhandenen Zucker – dies gleicht einem Hagelschaden.


Mehltau und Ramularia wirken sich auf die Erträge weit weniger stark aus. Beide Krankheiten werden bei den aktuellen Schwellenwerten in der Praxis einfach als befallene Blätter mitgezählt.


Der Termin muss sitzen!

Vor allem bei feuchter-warmer Witterung ist ab etwa Mitte Juni bzw. 4 bis 6 Wochen nach Reihenschluss der Rüben mit einer Ausbreitung der Krankheiten zu rechnen. Seien Sie in dieser Phase wachsam, um den ersten Behandlungstermin nicht zu versäumen. Das gilt im Übrigen für anfällige und widerstandsfähige Sorten gleichermaßen. Eine Hilfestellung leisten hierbei die Blattkrankheiten-Warndienste in allen Anbaugebieten.


Diese ersetzen aber nicht die eigenen Kontrollen. Wie stark der Befall auf Ihrem Schlag ist, können Sie mit der „Blattrupfmethode“ ermitteln. Gehen Sie dazu quer über den Schlag und ziehen Sie wahllos 100 Blätter aus dem mittleren Blattapparat. Bei der Kontrolle gilt jedes Blatt als befallen, das ein Symptom einer Blattkrankheit aufweist.


Eine Behandlung ist angeraten, wenn Richtwerte, die für festgesetzte Termine gelten, überschritten werden. Die Schwellenwerte zum Einsatz von Fungiziden entnehmen Sie der Übersicht 1.


Um insbesondere den Termin für die Erstbehandlung gut zu terminieren, steht zusätzlich mit Cercbet1 ein Rechenmodell zur Verfügung. Es errechnet auf Grundlage von Witterungsdaten den Termin für das Erstauftreten von Blattkrankheiten. Ein zweites Modell – Cercbet 3 – erstellt aus Wetterdaten und schlag- bzw. regionsspezifischen Daten eine Prognose, ob die Bekämpfungsschwelle für Cercospora in den nächsten 3 Tagen überschritten wird und ein Fungizideinsatz angeraten ist. Somit erhalten Sie regionsspezifische Hinweise über die Befallssituation, die Ihnen eine termingenaue Behandlung erleichtern. Probieren Sie es doch einfach mal aus unter www.isip.de (Entscheidungshilfen – Hackfrüchte).


Welche Fungizidstrategie?

Der Einsatztermin von Fungiziden hat zwar den größten Einfluss auf die Wirksamkeit. Aber auch die Behandlungsbedingungen, die Mittelwahl und die Sorte spielen eine Rolle. In puncto Witterung genügt beispielsweise schon Tau, um eine schnelle Ausbreitung von Krankheiten zu begünstigen. Eine Bewässerung wirkt wie ein Turbo bei der Infektion. Reduzieren Sie daher keinesfalls die Aufwandmengen, da dies Resistenzen ungemein fördern würde.


Weil die Wirkung von Fungiziden derzeit schwindet, gilt es, die Strategie anzupassen. Untersuchungen von Flächen mit schlechter Fungizidwirkung ergaben, dass bei einem Teil der Proben gegen Strobilurine resistente Cercosporastämme auftraten. Dies bedeutet, dass die Strobilurine auf den betroffenen Schlägen nicht mehr wirken. In diesen Fällen sind Azol-Spritzfolgen ein Muss.


Auf Flächen, auf denen die Strobilurine aber noch wirken, sollte man bei starkem Befallsdruck oder frühem Befallsbeginn (1. Julihälfte) mit einem Strobilurin-haltigen Fungizid bzw. einer passenden Mittelkombination beginnen. Für die Folgespritzung eignen sich dann Azole. Beispiele für Spritzfolgen entnehmen Sie der Übersicht 2.


Für eine erfolgreiche Krankheitskontrolle ist es wichtig, die Befallsentwicklung der Krankheitserreger genau zu beobachten und die Behandlungsstrategie flexibel nach der Witterung auszurichten. Im letzten Jahr gab es in vielen Gemarkungen sowohl Schläge mit Totalausfall als auch mit gutem Bekämpfungserfolg.


Vor allem in Starkbefallsgebieten (Beregnung, Tallagen) mit regelmäßig hohem Cercosporabefall ist die Kombination aus blattgesunden Sorten und schwellenorientiertem Fungizideinsatz dringend zu empfehlen. Dennoch ist auch bei blattgesunden Sorten der frühe Einsatz der Fungizide entscheidend. Vorteil der Cercospora-toleranten Sorten ist die langsamere Ausbreitung des Befalls im Bestand, sodass der Endbefall geringer ist und man die letzte Spritzung möglicherweise einsparen kann.


Auf Notfallzulassungen achten:

Berücksichtigen Sie immer die regionalen Hinweise, da sich aufgrund von Notfallzulassungen Veränderungen ergeben können. Optimale Spritzfolgen sind in hohem Maß davon abhängig.


Inzwischen wurden Anträge für eine Notfallzulassung (Gefahr im Verzug) von Kontaktfungiziden wegen der Minderwirkung der Strobilurine gestellt. Zudem soll damit die Resistenzentwicklung gebremst werden.


Aktuell liegen aber noch keine Genehmigungen vor. Wegen der nachlassenden Wirkung der zugelassenen Mittel hat die Arge Zuckerrübe Südwest im Starkbefallsjahr 2017 die Leistung von Kontaktfungiziden geprüft. Mehr dazu unter www.topagrar.com/rueben618


So wirkt’s besser:

Leider vergehen in der Praxis zwischen der „Warnung“ und dem Fungizideinsatz oft noch zu viele Tage. Handeln Sie unbedingt zügig, weil bei einer zu späten Maßnahme die Wirkungsgrade stark abfallen. Ein Befall kann sich dann sehr schnell im Bestand ausbreiten, sodass man auch mit Folgebehandlungen oft keine wirksame Kontrolle mehr erreicht.


Mit einer zu frühen Spritzung verschenken Sie andersherum zu viel Wirkpotenzial der Fungizide. Wegen des natürlichen Abbaus der Wirkstoffe sind in diesen Fällen meist frühe Nachbehandlungen erforderlich. Das verteuert die Strategie unnötig.


Gleiches gilt für die zweite Behandlung. Die Wirkdauer der ersten Maßnahme kann sich bei hohen Temperaturen, starkem Wachstum oder Bewässerung auf 3 Wochen verkürzen. Wer erst nach 5 bis 6 Wochen behandelt, hält die Explosion nicht mehr auf.


Damit der Fungizideinsatz gut wirkt, ist es wichtig, auf vitale Blätter und bei höherer Luftfeuchtigkeit zu applizieren. Das fördert die Aufnahme der Fungizide. Sehr hohe Temperaturen beim Einsatz reduzieren dagegen den Bekämpfungserfolg. Behandeln Sie demnach besser morgens sehr früh in einen schwachen Tau als abends bei Hitze. Die Temperaturen nach einem Sommertag sind auch abends oft viel zu hoch! Für den Behandlungserfolg sind zusammenfassend folgende Punkte wichtig:


  • Führen Sie die Erstbehandlung unmittelbar bei Erreichen der Behandlungsschwelle durch.
  • Wenden Sie Strobilurine nur einmal in der Spritzfolge an (zur ersten Behandlung). Bei nachgewiesener Strobiresistenz eignen sich Azole (evtl. kombiniert mit Kontaktmitteln, falls genehmigt).
  • Volle Aufwandmengen der Fungizide sind ein Muss.
  • Applizieren Sie bei unter 25°C! Behandeln Sie an heißen Sommertagen in den frühen Morgenstunden (ein leichter Taubelag ist positiv) oder am späten Abend bei nicht zu hoher Temperatur.
  • Wählen Sie eine Wasseraufwandmenge von 300 bis 400 l/ha.
  • Wechseln Sie bei Mehrfachbehandlungen die Mittel.


Generell gilt: Der Behandlungstermin ist wichtiger als die Mittelwahl!


Gesunde Sorten beugen vor:

Denken Sie bereits jetzt an die nächste Saison und beachten Sie Folgendes: Weil ein Nematodenbefall kombiniert mit Blattkrankheiten in der Vergangenheit die Rüben vor allem in warmen Gebieten in die Knie zwang, war der Schwenk hin zu nematodentoleranten Sorten unumgänglich. Mit der Nematodentoleranz der neuen Sorten geriet aber die Widerstandsfähigkeit gegen Blattkrankheiten in den Hintergrund – züchterisch lassen sich nun mal nicht sofort alle guten Eigenschaften in eine Sorte transportieren. Gerade das zeigt, wie dringend wir neue Züchtungsmethoden benötigen.


Dennoch: Alle Landwirte sind gut beraten, bei der anstehenden Saatgutbestellung für 2019 möglichst auch gesündere Sorten auf stark von Blattkrankheiten gefährdeten Flächen zu säen. Ob 2019 noch die heutigen Mittel verfügbar sind, ist eher zu bezweifeln – von der Wirkung ganz zu schweigen.


Berücksichtigen Sie dabei, dass die Sortenversuche von nematodentoleranten Sorten alle mit Blattbehandlung durchgeführt werden. Somit wurden die Erträge meist mit relativ gesunden Rüben erreicht. Die Praxis sieht jedoch oft anders aus. Das Prüfwesen bietet die Infos nur über Umwege: Beachten Sie die Hinweise zur Blattgesundheit in den Versuchen ohne Nematodenbefall.


Kontakt:


matthias.broeker@topagrar.com

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