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So machen Sie Ihr Grünland klimafit

Lesezeit: 10 Minuten

Die Klimaveränderung hat auch das Grünland fest im Griff: Die Vegetationsperiode verlängert sich, Dürren schmälern die Erträge, Schädlinge breiten sich aus. Doch Landwirte können mit kurz- und langfristigen Maßnahmen reagieren.


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Fehlender Frost im Winter, ausgiebige Dürre im Sommer, dazwischen ein zu trockenes Frühjahr und nun das dritte Trockenjahr in Folge – man könnte den Eindruck gewinnen, dass nichts mehr so ist, wie es war. Das gilt besonders für Grünland. Aber hat sich unser Klima in den letzten Jahren wirklich so stark gewandelt? Wie wirkt sich das auf die Betriebe und speziell auf die Grünlandbauern aus? Und gibt es probate Möglichkeiten, der Klimaveränderung zu begegnen?


Längere Vegetation


Dass sich etwas verändert hat, bestätigen z.B. neuere Untersuchungen von Gustafson (2017): Demnach ist die Vegetationsperiode, in der Gras wachsen kann (Tage über 5°C), jetzt um zehn Tage länger als noch vor 50 Jahren. Dadurch können Schnitttermine oder der Weideauftrieb in der Regel früher im Jahr stattfinden.


Ein früherer Weideauftrieb bringt jedoch auch Schattenseiten mit sich: Tritt in der nachfolgenden Zeit eine Kältephase ein, in der das Wachstum stoppt, wird das Weidegras zu tief abgefressen. Dann ist der Aufwuchs für den zweiten Umtrieb eventuell schon stark geschädigt. Zudem können empfindliche Gräser, z.B. das Deutsche Weidelgras, bei trockenheitsbedingtem Wachstumsstau und starker Sonneneinstrahlung verstärkt Fruktane bilden. Ein erhöhter Fruktangehalt kann vor allem bei Pferden auf Weiden mit hohen Anteilen von Deutschem Weidelgras zu Stoffwechselproblemen wie Hufrehe führen. Das heißt: Auch wenn ein früherer Auftrieb positiv ist, sollte man den Aufwuchs während der Beweidung unbedingt kontrollieren.


Mehr Regen, anders verteilt


Neben dem Vegetationszeitraum haben sich auch die Niederschläge verändert. Sicherlich hängen diese sehr stark von den lokalen Bedingungen ab, wie das zurückliegende Jahr deutlich zeigte. Allerdings kann man feststellen, dass sich die Regenfälle in Richtung Herbst oder Winter verschieben, so der Deutsche Wetterdienst (siehe Übersicht 1): Fiel früher vielerorts der Niederschlag hauptsächlich in den Sommermonaten, so ist das jetzt offensichtlich etwas mehr im Herbst von September bis November der Fall. Damit fehlt häufig besonders in der Hauptwachstumszeit Wasser für eine gute Ertragsbildung.


Auch die Düngung ist durch fehlende Niederschläge betroffen: Vor allem die Güllegaben sind in Trockenphasen nahezu wirkungslos. Setzt der Regen später ein, muss man sogar mit einer höheren Auswaschung rechnen, wenn der vertrocknete Bestand nicht in der Lage ist, die zugeführten Nährstoffe aufzunehmen.


Daher empfiehlt es sich, den Termin für die Gülleausbringung auf feuchtere Wetterphasen zu verschieben. Nicht zielführend ist allerdings eine Gülleausbringung im Herbst. Denn in diesem Zeitraum fallen oft stärkere Niederschläge bei geringem Wachstum der Bestände. Damit ist ein Ausbringen in diesen Zeiten letztlich auch nicht sonderlich effizient.


Trockenheit verändert


Auch wenn es zwischendurch sehr trocken ist und die Erträge in diesen Trockenphasen sehr stark sinken: Die Vegetation passt sich an die veränderten Bedingungen an. Das passiert allerdings sehr langsam. Auch hier zeigt sich durch die höhere Artenzahl eine wesentliche Besonderheit von Grünland gegenüber Ackerkulturen. Gehen einzelne Pflanzen im Grünland z.B. durch Trockenheit stark zurück, können andere Pflanzenarten aufgrund ihrer speziellen morphologischen Eigenschaften die entstandenen Lücken schließen. Artenvielfalt ist also wie eine Absicherung zu sehen.


Besonders Pflanzen mit tiefgehenden Wurzeln, wie Stumpfblättriger Ampfer, Schafgarbe, Luzerne oder Rotklee, nehmen in der Regel zu. Dagegen gehen Pflanzen mit flachen Wurzelsystemen bei Trockenheit oft sehr stark zurück, wie die Gemeine Rispe. Auch die wichtige Grünlandart Deutsches Weidelgras leidet dann enorm. Dank der hohen Resilienz (Widerstandskraft) kann es sich allerdings nach Trockenphasen weit besser erholen als andere Grünlandpflanzen. Das zeigen Untersuchungen aus der Schweiz. Diese belegen ebenfalls, dass sich die Leguminosen Weiß- und Rotklee nach Trockenphasen längst nicht so gut erholen wie Deutsches Weidelgras.


Generell haben Pflanzen in der Natur drei Hauptstrategien, zu reagieren. Sie versuchen,…


  • …der Trockenheit entweder durch eine beschleunigte oder verzögerte Entwicklung zu entkommen (Notreife),15


  • …sich an Trockenheit durch Wasserabgabe oder -aufnahme anzupassen oder16


  • …Trockenheit durch physiologische Veränderungen zu tolerieren (Blattrollen bei Mais).17


Im Hinblick auf die Trockenheitstoleranz beim Grünland kommt es letztlich darauf an, welche Pflanzen sich im Bestand befinden. Reagieren können Sie zum einen, indem Sie Grünlandpflanzenbestände gezielt durch die Einsaat von trockenheitsverträglicheren Pflanzen für Trockenphasen stabilisieren. Dafür bieten sich vor allem die Gräser Rohrschwingel, Knaulgras oder Wiesenschweidel sowie die Leguminosen Luzerne oder Rotklee an. Dieser Umbau der Bestände braucht allerdings Zeit. Für Weideflächen sind die angeführten Pflanzen eher nicht oder nur schlecht geeignet. Sie werden nämlich von den Weidetieren nicht gerne gefressen, sei es weil die Kutikula zu hart ist oder die Blattränder zu scharf sind.


Zum anderen können Sie trockenheitsbedingte Ertragsrückgänge akzeptieren, bei der gewohnten Nachsaat von leistungsfähigem Deutschen Weidelgras bleiben und auf die meist eintretende, allerdings sortenbedingt unterschiedliche, Erholung dieses Leitgrases hoffen. Wichtig bei Grünlanderneuerung oder -verbesserung ist in jedem Fall die richtige Mischung. Einzelarten – und seien es auch gute und trockenheitsverträglichere Sorten des Deutschen Weidelgrases – reagieren weit empfindlicher auf klimatische Veränderungen als Mischungen. Daher werden vor allem Leguminosen in den Zeiten der Klimaveränderung wichtiger.


Fehlende Winterkälte…


Sind die Winter langfristig zu warm und fehlt es an Frost, dann können viele Schadorganismen gut überleben und sich im Frühjahr ungehindert vermehren. Das ist u.a. ein Grund für die immer wieder auftretende extrem starke Mäusepopulation, die Grünland auch in diesem Jahr wieder massiv schädigte. Hier gilt ganz klar der alte Grundsatz: Wehret den Anfängen und fangt die erste Maus! Können sich Mäuse ungehindert vermehren, ist es nicht mehr weit bis zur totalen Vernichtung von Grünland. Lange und kalte Winter würden die Populationen vermindern.


Andererseits wirken lange Winter erheblich auf das pflanzliche Wachstum, denn sie verstärken die Gefahr von Auswinterungen bei anfälligen Grasarten und -sorten. Diese Schäden können unter solchen Bedingungen teilweise extrem ansteigen. Das zeigt sich im Frühjahr besonders bei Grasarten, die im Winter nicht völlig das Wachstum einstellen, wie z.B. dem Deutschen Weidelgras. Dagegen stellen Wiesenrispe oder auch Rohrschwingel, Knaulgras oder Wiesenlieschgras ihr Wachstum im Winter ein und sind damit sehr winterhart. Will man als Landwirt auf unterschiedliche Bedingungen reagieren, ist es wichtig, die richtige Arten- oder Sortenwahl bei Grünlandverbesserungsmaßnahmen zu wählen. Verwenden Sie dazu die Empfehlungssorten der Länderdienststellen!


…mehr Engerlinge


Ein sekundär auftretender, aber gleichwohl sehr negativer Effekt der Trockenheit zeigte sich dieses Jahr auf vielen Grünlandflächen: Weil durch lange Trockenphasen geschwächte Grasbestände meist locker sind und sich daher schnell erwärmen, wirkt das oft einladend auf Mai- und Junikäfer. Dies gilt insbesondere für frisch abgeerntete Flächen. Dort legen die Käfer in den Flugzeiten ihre Eier in den Boden. In der Folge fressen die daraus entstehenden Larven, die Engerlinge, die Wurzeln der schwachen Bestände ab und lassen restlos zerstörtes Grünland zurück. Derzeit sind z.B. mehr als 1000 ha Grünland im Schwarzwald stark betroffen.


Wer Abhilfe schaffen will, kann vorbeugend zu den Flugzeiten der Mai- oder Junikäfer die Grünlandbestände wachsen lassen. So eignen sich diese nur schlecht für die Eiablage. Achten Sie zudem darauf, dass die Stoppeln der Bestände mindestens 7 cm lang bleiben. Andernfalls haben die Gräser nicht genügend Reservestoffe für einen starken Wiederaustrieb.


Veränderter Futterzuwachs


Vor allem in den Weidebetrieben soll durch die Grünlandbestände regelmäßig genügend Futter verfügbar sein. Der Futterzuwachs verläuft im Mittel wie in der Übersicht 2 dargestellten dunkelgrünen Kurve. Im Frühjahr steht viel, im Sommer weniger und im Spätsommer wieder mehr Futter zur Verfügung.


Kommt es allerdings zu Trockenphasen im Sommer, verändert sich der Futterzuwachs teils erheblich (hellgrüne Kurve). Das fehlende Futter im Sommer kann man eigentlich nur durch das Verfüttern vorher angelegter Vorräte ausgleichen. Zudem führt das verspätet wieder einsetzende Wachstum im Herbst zu einem hohen Futterangebot. Dieses ist nur durch entsprechendes Weidemanagement wieder auszugleichen.


Kurzfristige Maßnahmen


Um auf klimabedingte Einschränkungen kurzfristig zu reagieren, haben Landwirte einige Möglichkeiten. Gibt es drastische Futterausfälle, können Betroffene natürlich Futter zukaufen. Das erfordert zum Teil erhebliche Finanzmittel, und in Trockenphasen sind zudem Futtermittel nur schlecht oder zu teuren Preisen erhältlich. Eine andere, evtl. noch teurere Anpassung ist, den Viehbestand abzustocken, um sich an die Futterverfügbarkeit anzupassen. Generell erhöht eine ausgereizte Flächenknappheit das Risiko, bei wetterbedingten Ertragsausfällen stärker von Futterknappheit betroffen zu sein – gerade in Regionen mit hohen Bodenpreisen.


Künftig müssen Grünlandbauern immer wieder mit mehr oder weniger großen Ertragsschwankungen rechnen. Daher kommt es umso mehr darauf an, einerseits die Vorräte von Grundfutter zu erhöhen und andererseits die Futtererträge vor allem in Phasen bester Wachstumsbedingungen zu steigern. Tun Sie alles, um die Bestände widerstandsfähig zu halten! Dabei hilft Folgendes:


  • Heben Sie die Schnitthöhe auf 7 bis 10 cm an, um den Boden zu beschatten. Sinnvoll ist es auch, die Schnittfrequenz in Trockenphasen zu reduzieren.
  • Schaffen Sie Porenvolumen für Wasser und Wurzeln, indem Sie Verdichtungen möglichst vermeiden und die Durchwurzelung fördern.
  • Vermeiden Sie mechanische Schäden an der Narbe, um die Wasserverdunstung zu minimieren.
  • Lassen Sie die Gräser unverletzt (vertikutieren, striegeln etc.), d.h. warten Sie die erste Erholungsphase der Gräser ab und striegeln Sie erst dann, um die Gemeine Rispe zu bekämpfen.


Wichtig ist auch, das Grünland im Frühsommer gut mit Kalium zu versorgen. Das verringert die Verdunstung und der Bestand ist toleranter gegenüber Hitze. Dabei steuert Kalium die Verdunstungsrate. Liegt ausreichend Kalium vor, schließen die Schließzellen der Blätter; liegt wenig vor, öffnen sie sich.


Überlegenswert kann auch eine Grünlandbewässerung sein. Allein für Grünland lohnt sich eine Beregnung allerdings nicht. Sie wird wirtschaftlich wahrscheinlich nur dann sinnvoll sein, wenn der Betrieb bereits Bewässerungstechnik für Kulturen mit hoher Wertschöpfung nutzt. Zudem sind stets auch rechtliche Fragen hinsichtlich der Wasserentnahme zu klären.


Was Langfristig hilft


Wie man dauerhaft reagieren kann, wird u.a. in der Klimabroschüre 2020 der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) beschrieben (im Druck). Dort heißt es: „Langfristig kann ein optimiertes Management der Grünlandflächen dazu beitragen, die Kohlenstoffspeicherung in den Böden zu erhöhen. Dadurch kann Grünland stabiler im Klimawandel bestehen.“ Dazu tragen folgende Maßnahmen bei:


  • Bei notwendigen Grünlandverbesserungsmaßnahmen empfiehlt es sich, Mischbestände anzulegen oder Rotklee, bzw. auf kalkreichen Standorten Luzerne (mit max. 10 kg/ha), in bestehende Grünlandbestände nachzusäen.
  • Hilfreich ist auch ein Weidemanagement, das neben der Ausdehnung der Weideperiode je nach Standort die Einzeltierleistung (mehr trockenheitsgefährdete Standorte mit extensiven Weidesystemen) oder die Flächenleistung (weniger trockenheitsgefährdete Standorte mit intensiven Weidesystemen wie Portionsweide und Kurzrasenweide) als Ziel hat und gleichzeitig die Treibhausgas-Emissionen vermindert.
  • Die Ansaat nutzungs- und standortangepasster Arten und Sorten kann die Produktion erhöhen, da die Pflanzenbestände dann resistenter gegen Trockenheit sind. Leguminosen können zudem die Bodenfruchtbarkeit verbessern.
  • Die regelmäßige Zufuhr von organischen Düngern (Gülle, Gärreste, Stallmist, Kompost u.a.) wirkt einem verstärkten Humusabbau entgegen.


friederike.mund@topagrar.com

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