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Soja im Süden – für wen es sich rechnet

Lesezeit: 7 Minuten

Die Preismisere bei Raps und Getreide lässt manche Landwirte nach Alternativen suchen. Praktiker aus Bayern und Baden-Württemberg haben eine gefunden – die Sojabohne.


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Grundsätzlich ist der Anbau von Soja dort möglich, wo auch Körnermais gut wächst“, erklärt Jürgen Recknagel vom Landwirtschaftlichen Technologiezentrum (LTZ) Augustenberg und Geschäftsführer des deutschen Sojaförderrings. Ein stärkeres Interesse am Sojaanbau beobachtet Recknagel bereits seit mehreren Jahren. „Die Diskussion um gentechnikfreie Lebensmittel, die Züchtung von frühreifen Sorten und der Klimawandel haben den Sojaanbau auch hierzulande beflügelt“, so der Berater.


Nach seiner Schätzung wurden in Deutschland in der Saison 2009 auf etwa 1 600 ha Sojabohnen angebaut. Dies war doppelt so viel wie im Jahr zuvor. Ursache hierfür dürften das schlechte Preisniveau der gängigen Marktfrüchte und die zwischenzeitlich sehr hohen Betriebsmittelpreise sein.


Anbauschwerpunkte liegen im Umland von Augsburg, in den Gäulagen um Heilbronn und Ochsenfurt sowie in Niederbayern. Sogar in Niedersachsen gibt es erste Anbauversuche. Eine Besonderheit ist darüber hinaus die Erzeugung von Bio-Soja im Rheingraben, das größtenteils zu Tofu verarbeitet wird.


Einige südliche EU-Länder, wie Ungarn, Rumänien, aber auch Österreich, bauen bereits seit längerem Soja an. Allein die Österreicher haben im Jahr 2009 auf über 25 000 ha Soja angebaut.


Bislang wird erst ein kleiner Teil der angebauten Sojabohnen in der menschlichen Ernährung, etwa als Sojamilch, verwendet. Langfristig ist hier jedoch mit einem steigenden Bedarf zu rechnen. So expandierte z. B. der österreichische Sojamilch-Hersteller Mona erst kürzlich nach Deutschland. Er nahm die Produktion von Sojaprodukten in Schwerin auf. Rund 60 ha Soja werden künftig hierfür im Raum Heilbronn angebaut.


Eine genügsame Pflanze


Auch Peter Ludwig, Landwirt aus Mering bei Augsburg, setzt auf die Sojabohne. Rund 80 ha Fläche mit 35 bis 50 Bodenpunkten bewirtschaftet der Nebenerwerbslandwirt (500 m Höhe, 750 mm Niederschlag und 7,3 °C Durchschnittstemperatur). Er baut Raps, Weizen, Sommergerste und seit sieben Jahren rund 10 ha Sojabohnen an.


Von der Soja-Kultur ist er überzeugt: „Im Vergleich mit den gängigen Marktfrüchten ist Soja sehr arbeitsextensiv.“ So muss Ludwig keinen teuren Stickstoff düngen, denn als Leguminose holt sie sich Stickstoff mittels Knöllchenbakterien aus der Luft. Auch auf Fungizide und Insektizide lässt sich meist verzichten. Weitere Vorteile sprechen für den Sojaanbau:


Hoher Vorfruchtwert der Kultur sorgt für bis zu 10 dt/ha Mehrertrag des Weizens und spart bis 30 kg N/ha;


garer Boden sorgt für ideale Bestellbedingungen zur Folgekultur;


wegen des niedrigen Dünger- und Pflanzenschutzmittelaufwandes ist der Anbau mit weniger Risiko verbunden als etwa der Rapsanbau.


Mehr über Anbautechnik, Ernte und Lagerung von Sojabohnen lesen Sie im Kasten auf Seite 84.


„Mit der genügsamen Sojabohne kann es nur besser werden“, dachte sich Armin Neckermann, Soja-Pionier aus Wittighausen bei Tauberbischofsheim in Baden-Württemberg. Statt Braugerste anzubauen, probierte er im letzten Jahr auf 2,3 ha den Anbau aus. „Der Versuch ist geglückt! Wir haben auf Anhieb 31 dt/ha geerntet und das mit nur 15 % Feuchte“, so der Landwirt


Braugerste raus, ­Soja rein


In seinem 350 ha-Betrieb baut Neckermann üblicherweise Rüben, Weizen, Roggen, Sonnenblumen, Sommer- und Wintergerste an. Der Jahresniederschlag beträgt 650 mm auf 300 m Höhe. Für den Anbau wählte er einen Schlag mit Lößauflage. Das milde Klima ermöglicht eine zeitige Aussaat (bis spätestens Mitte April) und eine trockene Ernte (bis Ende September). Trocknungskosten entfallen also in der Regel.


Das regionale Landhandelsunternehmen Agro-Schuth in Heilbronn erfasst und reinigt die Sojabohnen. Die Anbauberatung und Antragstellung für die Pflanzenschutzmittel-Ausnahmegenehmigung nach § 18b Pflanzenschutzge­-setz führt Jürgen Unsleber, Pflanzenbau­-be­rater beim Heilbronner Landhändler, durch.


Gerne würde Neckermann die Eiweißfrucht künftig mit mehr Fläche einplanen. Einziges Problem: Die Kapazitäten des Vermarkters sind begrenzt. Daher sucht dieser derzeit nach Alternativen, um re­gionales und GVO-freies Soja zu vermarkten.


Sojabohnen weniger krankheitsanfällig


Ludwig und Neckermann lassen die Sojabohnen von ihrem Berufskollegen Josef Asam aus Kissing bei Augsburg verarbeiten. Dieser mischt seit über zehn Jahren selbst Futter, das er und mehrere Kollegen an Legehennen verfüttern. „Wir sind überzeugt, dass das Ei besser schmeckt, wenn die Hennen selbst gemischtes Futter fressen, denn anders als bei Fertigfutter wechseln so die Komponenten nicht“, so Asam. Die Qualität ist ihm besonders wichtig, denn die Eier seiner 4 000 Legehennen vermarktet er direkt.


Ein logischer Schritt war es daher, dass er vor gut zehn Jahren auch einen Eiweißträger aus heimischem Anbau suchte. Erbsen, Bohnen und Lupinen stellten sich als zu anfällig gegen Krankheiten und Schädlinge heraus, doch der Soja-Anbau glückte. Unter Asams Anleitung bauten bald auch Berufskollegen in der Region die Eiweißfrucht an. Mittlerweile sind es 70 Anbauer mit rund 600 ha Anbaufläche.


Seit der vergangen Anbausaison hat sich der Kreis der Anbauer auch auf das nordöstliche Baden-Württemberg und das angrenzende Bayern ausgeweitet. „Gerade auf rübenfähigen Böden wie etwa dem Ochsenfurter Gau und dem Heilbronner Lössbecken passen die Wachstumsfaktoren wie Wärme, Sonneneinstrahlung und Wasser ideal“, so Berater Unsleber.


1,5 Mio. € in neue Soja­aufbereitung investiert


Die Anbauer liefern die Sojabohnen nach der Ernte direkt an Josef Asam, der sie reinigt und einlagert. Da sie ab 13 % Feuchte mehrere Monate lagerfähig sind, ist unter Umständen eine Trocknung nötig. Die Anbauer beteiligt Asam aber erst an den Trocknungskosten, wenn der Wassergehalt über 16 % liegt.


In seinem Futterwerk bereitet er Getreide und Sojabohnen auf. Um das Soja-Eiweiß verfügbar zu machen, ist ein Pro-teinaufschluss nötig. Außerdem müssen Bitterstoffe vermindert werden. Asam nutzt hierfür eine Wärme- und Druckbehandlung der Bohnen (hydrothermisches-mechanisches Ver­fahren).


Etwa ein Drittel der Bohnen wird vor dem Proteinaufschluss entölt. Das vollentölte Sojaschrot wird nach dem Proteinaufschluss in Futtermitteln für Schweine oder Kaninchen eingesetzt. Der Fettgehalt des Futters wäre sonst zu hoch. Die Anlage zur Sojaaufbereitung hat Asam erst vor zwei Jahren für 1,5 Mio. € neu gebaut. Jährlich durchlaufen die Anlage derzeit 1 500 t Sojabohnen.


Label „Unser Land“ bringt Aufpreis


Doch mit konventionellen Futterwerken kann Asam nicht konkurrieren. So kostet Sojaschrot mit 55 €/dt (vollentölt) fast das Doppelte als importiertes GVO-freies Soja. Dementsprechend mehr kostet auch das Legehennenfutter.


Dass der Soja-Anbau und die Vermarktung des Futters dennoch wirtschaftlich sind, liegt an der besonderen Vermarktung der Produkte, durch die sich ein Mehrerlös erzielen lässt. Josef Asam gehört der Initiative „Unser Land“ an. Unter diesem Label sind rund 40 Höfe im Umland von München zusammengeschlossen.


Hand in Hand mit den Verarbeitern und dem Handel bieten die Landwirte Produkte wie Eier, Wurst oder Käse an. Der Verkauf erfolgt über Rewe und Tengelmann sowie durch zwei Vertragsmetzger. Wichtiges Vermarktungsargument der Marke ist, dass die Produkte mit GVO-freien, regionalen Futtermitteln erzeugt werden.


Im Januar legen Josef Asam und die beteiligten Landwirte gemeinsam mit den Vermarktern den Soja-Preis für die kommende Saison fest. Die Landwirte können dann klar kalkulieren, ob sich ein Soja-Anbau lohnt.


Der garantierte Preis von 40 €/dt ließ in 2009 die Anbaufläche stark auf rund 600 ha steigen. In der aktuellen Saison liegt das Preisniveau mit ca. 30 €/dt deutlich niedriger, da sich auch der regionale Anbau zunehmend am Weltmarkt orientiert. Dennoch: Im Vergleich mit mancher Sommerung (z. B. Sommergetreide) und mit Blick auf die Fruchtfolgevorteile ist Soja durchaus interessant, wie unsere Deckungsbeitragskalkulation (siehe Übersicht, Seite 84) zeigt.


Wir fassen zusammen


Der Anbau von Sojabohnen ist mitt­lerweile dank frühreifer Sorten und bedingt durch den Klimawandel in vielen Teilen Süddeutschlands möglich. Als Leguminose, Sommerung und dank der positiven Eigenschaften als Vorfrucht ist die Sojabohne zweifelsfrei eine Bereicherung für die Fruchtfolge.


Noch ist ein Anbau in Deutschland jedoch nur wirtschaftlich, wenn neben der GVO-Freiheit auch die regionale Herkunft vom Verbraucher honoriert wird. Hier ist noch Aufklärungsarbeit zu leisten. Die Initiative „Unser Land“ ist ein Beispiel, wie es funktionieren kann.


Matthias Häfner

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