Erosionsschutz ist ab Sommer CC-relevant. Das hat Folgen für den Rübenanbau in erosionsgefährdeten Regionen. Eine Alternative zur Mulchsaat stellt Dr. Wilfried Hermann, Uni Hohenheim, Ihinger Hof, vor.
Gesunkene Rübenpreise, Kostendruck, Klimawandel, Erosionsschutz: Dies waren die Gründe, über unser Anbauverfahren bei Rüben nachzudenken. Zudem eröffnete die Anschaffung eines automatischen Lenksystems mit Korrektursignal neue Möglichkeiten: Bei der Streifenlockerung (Strip-Tillage) wird nur dort gelockert, wo später die Reihen der Kulturpflanzen stehen. Der Rest des Feldes bleibt unbearbeitet. Die Rübensaat erfolgt in einem zweiten Arbeitsgang exakt in die vorgelockerten Streifen. Für die Lockerung und Aussaat ist ein automatisches Lenksystem mit RTK-Genauigkeit (± 2,5 cm) erforderlich, um später die gelockerten Streifen exakt wiederzufinden.
Streifenlockerung findet in den USA bei Mais und Soja vermehrt Anhänger.Dort löst sie auf schweren, kalten Standorten, die im Frühjahr nur langsam abtrocknen, die klassische Direktsaat ab.
Streifenlockerung seit 2007 im Praxistest
Die Streifenlockerung zu Rüben testen wir seit 2007 in der Praxis und in Exaktversuchen auf der Versuchsstation Ihinger Hof der Universität Hohenheim (siehe Kasten). Ein optimaler Erosions- und Verdunstungsschutz lässt sich bei Rüben nur erreichen, wenn möglichst viel Stroh auf der Bodenoberfläche verbleibt. Daher haben wir bei der Streifenlockerung komplett auf die Stoppelbearbeitung verzichtet und Ausfallgetreide sowie Unkräuter mit Glyphosat kontrolliert. Die Streifenlockerung auf 18 bis 20 cm Tiefe erfolgte im Zeitraum Mitte September bis Mitte Oktober, um auf den schweren Böden über Winter die Frostgare auszunutzen. Dazu haben wir einen 6-reihigen Streifenlockerer (Horsch Focus Prototyp) mit einer Reihenweite von 50 cm verwendet. Im Herbst 2009 kam zusätzlich ein Streifenlockerer mit Räumsternen der Fa. Yetter aus den USA zum Einsatz.
Gezogen wurden die Geräte von einem 160 PS-Schlepper mit automatischem RTK?GPS?gestütztem Lenksystem. Die betriebseigene RTK-Referenzstation ermöglicht eine Genauigkeit des Lenksystems von ± 2,5 cm. Die Fahrgeschwindigkeit lag bei 6 bis 8 km/h. An den Streifenlockerer war ein Rollkuli oder eine Prismenwalze angehängt, um die ca. 10 cm hoch geformten Dämme nachzubearbeiten, ohne den Damm einzuebnen. So ließ sich eine gleichmäßigere Dammoberfläche erreichen.
Die Streifenlockerung lässt sich auch schrittweise in das betriebsübliche Anbauverfahren wie folgt eingliedern:
Beim Zwischenfruchtanbau zur Nematodenbekämpfung oder zum Schutz vor Nitratauswaschung bei organischer Düngung kann die Lockerung in der stehenden Zwischenfrucht streifenweise durchgeführt werden.
Streifenlockerung ist auch nach Stoppelbearbeitung möglich. Dies bietet sich zum Einebnen von Fahrspuren nach einer feuchten Getreideernte bzw. bei schlechter Stroh- und Spreuverteilung an. Nachteil: Die Stoppelbearbeitung mindert den Erosions- und Verdunstungsschutz.
Wichtig ist es, bei der Streifenlockerung die Ernte- bzw. Zwischenfruchtreste durch Bearbeiten aus der späteren Saatrille zu entfernen. Denn diese verhindern auf schweren und kalten Böden im Frühjahr häufig das Abtrocknen. Entsprechend waren die Bodentemperaturen in Saattiefe tagsüber in den gelockerten Streifen vor der Aussaat um bis zu 1,5 °C höher als in der Mulchsaatvariante (s. Übersicht 1). Die Folge: Die gelockerten Streifen trockneten im Vergleich zu Mulch- oder Direktsaatflächen mit hohen Mengen an Zwischenfrucht- oder Strohresten schneller ab, so dass sich die Rüben 2 bis 4 Tage früher säen ließen.
Zur Aussaat im Frühjahr haben wir die im Herbst zur Streifenlockerung verwendeten Fahrspuren abgespeichert und erneut verwendet. Auf allen Vorgewendeflächen erfolgte die Aussaat ebenfalls ohne erneute Bodenbearbeitung in diesem System. Die Saat von 100 000 Körnern/ha erfolgte mit einem mulchsaatfähigen Rübeneinzelkornsägerät mit Räumscheiben. Der automatisch gelenkte Schlepper war mit Breitbereifung 800/65 R 32 und einer Prismenwalze als Frontpacker ausgestattet, um die Dämme einzuebnen und im gelockerten Streifen ein Saatbett zu schaffen. Hilfreich war dies vor allem im Frühjahr 2007 (keine Frostgare).
Ohne super genaues Lenksystem klappt es nicht
Unsere bisherigen Erfahrungen habnen Folgendes gezeigt:
Ein Lenksystem mit RTK-GPS-Genauigkeit ist Voraussetzung dafür, bei der Aussaat die vorgelockerten Reihen möglichst exakt zu treffen. Lenkung und Wiederfindung der gelockerten Streifen im Frühjahr haben weitgehend problemlos funktioniert. Wichtig ist es, die A-B-Linien im Terminal des Lenksystems eindeutig zu benennen und abzuspeichern.
Eine ebene Feldoberfläche und breite Bereifung bei der Aussaat vermeiden Kippbewegungen des Schleppers um seine Längsachse. Das verbessert die Lenkgenauigkeit.
Bei der Lockerung und Aussaat Spurreißer zu benutzen, um von Hand zu lenken, scheidet aus.
n An einzelnen Stellen, bei denen Hecken oder Bäume die GPS-Satellitensignale abschatteten, wurden die vorge-lockerten Streifen nicht ausreichend genau getroffen. Die Folge: Ein schlechterer Feldaufgang und ein höherer Anteil an beinigen Rüben. Die zusätzliche Nutzung von Satelliten des russischen Glonass-Systems kann Abhilfe schaffen.
Für Geräte mit größerer Arbeitsbreite, die angehängt bzw. aufgesattelt werden, kann eine GPS-Gerätelenkung am Seitenhang von Vorteil sein. Derartige Lenksysteme sind bereits auf dem Markt. Die Industrie entwickelt derzeit gelenkte Anhängegeräte.
Streifenlockerung mindestens ertragsgleich
Die Streifenlockerung war im Praxisvergleich der benachbarten Mulchsaat bei Proberodungen im dreijährigen Mittel ertraglich um 12 % und beim Bereinigten Zuckerertrag um 8 % überlegen. In Exaktversuchen haben wir im Durchschnitt der Jahre 2008 und 2009 keinen statistisch gesicherten Unterschied im Bereinigten Zuckerertrag festgestellt (s. Übersicht 2).
Die höheren bzw. gleich hohen Rüben- bzw. Bereinigten Zuckererträge überraschten. Denn die im Strip-Till-Verfahren gesäten Rüben hinkten den Mulchsaatrüben bis zum Reihenschluss im Blattwachstum hinterher. Feldaufgang bzw. Bestandesdichte zur Ernte waren im Praxisvergleich (2007 bis 2009) und in den Exaktversuchen (2008 und 2009) gegenüber der Mulchsaat um 1 Pflanze/m2 geringer. Die Ursachen für den verringerten Feldaufgang: Wegen der unregelmäßigen Strohverteilung ließ sich das Stroh nur unvollständig aus der Reihe räumen und hatte eine etwas zu flache Saat an diesen Stellen zur Folge.
Die Ernte mit einem 6-reihigen Selbstfahrer lief insgesamt problemlos. Die nur streifenweise tiefe Lockerung führte dazu, dass die Tragfähigkeit sehr gut war.
Der hervorragende Erosionsschutz durch Streifenlockerung zeigte sich Anfang Juni 2008, als auf den ganzflächig gelockerten Mulchsaatflächen Boden abgeschwemmt wurde. Nach Streifenlockerung war dagegen durch die verbesserte Wasserinfiltration in Kombination mit der starken Strohmulchauflage in den unbearbeiteten Zwischenräumen keinerlei Bodenerosion zu beobachten.
Das ist so zu erklären: Die Strohauflage und der Boden zwischen den Reihen, der von der Getreide- bis zur Rübenernte im Folgejahr ungestört bleibt, bietet Regenwürmern ein Schlaraffenland. Ihre Röhren sorgen für eine hervorragende Wasserinfiltration und verhindern so den Oberflächenabfluss des Niederschlagswassers. Zudem bremst die Strohauflage die Energie der aufprallenden Regentropfen. Das am Abfluss gehinderte Regenwasser dringt in den Boden ein und füllt dort den Wasservorrat auf. Zusätzlich vermindert die Strohmulchauflage zwischen den Reihen die unproduktive Verdunstung. Strei-fengelockerten Rüben steht daher in Trockenjahren mehr Wasser zur Verfügung.
Spareffekte durch Reihendüngung möglich
Die N-Düngung haben wir in allen Versuchsjahren einheitlich breitflächig nach EUF durchgeführt, obwohl der Horsch Focus mit Reihendüngeeinrichtung ausgerüstet war. Denn wir wollten den Effekt der Streifenlockerung unabhängig von einer Reihendüngung testen, In der Praxis bietet sich aber eine Kombination der Grunddüngung mit der Streifenlockerung im Herbst an. Sofern die Streifenlockerung im Frühjahr durchgeführt werden kann, lassen sich alle Nährstoffe in den gelockerten Streifen einbringen. Eine Reihendüngung würde gleichzeitig die Gefahr der Festlegung des Stickstoffs im Strohmulch mindern. Weitere Einspareffekte sind zu erwarten, wenn die Grundnährstoffe unter der Pflanzenreihe platziert werden. In weiteren Versuchen wollen wir dies untersuchen.
Wie bei allen nichtwendenden Bodenbearbeitungsverfahren ist das Beseitigen der Altunkräuter vor der Saat mit Glyphosat entscheidend für den Erfolg des Anbauverfahrens. Die Unkräuter liefen nach der Saat bei Streifenlockerung im Vergleich zur Mulchsaat später und verzettelter auf. Mit entsprechender Beobachtung und der Auswahl blattaktiver Herbizide ließ sich trotz der Strohmulchauflage zwischen den Reihen in jedem Jahr ein unkrautfreier Bestand erzielen. Einen höheren Herbizidaufwand im Vergleich zur Mulchsaat konnten wir nicht feststellen.
Aufgrund des Strohmulchs finden Schnecken Deckung. Wie bei Mulchsaatverfahren üblich, ist auch bei der Streifenlockerung eine regelmäßige Schneckenkontrolle wichtig. Eine Anwendung von Schneckenkorn nach der Saat reichte – wie bei Mulchsaat – in jedem Jahr aus.
Durch die Streifenlockerung konnten wir bei der Streifenlockerung im Vergleich zur betriebsüblichen Mulchsaat nach Senfzwischenfrucht auf vier Arbeitsgänge verzichten. Insgesamt haben wir rund 1 Akh pro ha und 10 l Diesel/ha gespart und den Kostenaufwand insgesamt um rund 57 € je ha gesenkt (siehe Übersicht 3).
Dies spricht vor dem Hintergrund der mindestens gleich hohen Erträge und des hervorragenden Erosionsschutzes sowie den mittelfristig wieder steigenden Energiekosten eindeutig für dieses Anbauverfahren. Eine überbetriebliche Nutzung des Streifenlockerers und des Schleppers mit RTK-GPS-Lenksystem bzw. eine Vergabe an ein Lohnunternehmen bietet sich an.
Fazit für die Praxis
Die Streifenlockerung kombiniert die Vorteile der konventionellen Bestellung (tiefe Lockerung, Ertragssicherheit) mit den Vorteilen von Direktsaatverfahren (Erosionsschutz, Kosteneinsparung). Wir haben mit dem Verfahren auch bei Mais und Raps gute Erfahrungen gemacht.
Künftig sollten weitere Versuche auf mehr Standorten erfolgen. Ebenso sollten die Geräte für den Einsatz in der stehenden Stoppel weiter optimiert und die Möglichkeiten der kombinierten Lockerung und Reihendüngung untersucht werden.
Die Streifenlockerung bietet auch vor dem Hintergrund der Einführung des Cross Compliance-relevanten Erosionskatasters interessante Möglichkeiten, den Rübenanbau weiterzuentwickeln, ohne auf Ertrag verzichten zu müssen. Weitere Informationen: www.streifenlockerung.de