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Strip Till – Strohfeuer oder dauerhafte Praxis?

Lesezeit: 6 Minuten

Der Hype um die Strip Till-Technik nimmt ab. Hält das Verfahren nicht das, was es verspricht? Doch – man muss nur die Kniffe des Einsatzes kennen.


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Noch vor kurzer Zeit war das Thema Strip Till in aller Munde. Dass es darum etwas ruhiger geworden ist, liegt vor allem daran, dass das System zur Bodenart und zu den Kulturen passen muss. Ein Allroundverfahren, das „generell“ funktioniert, ist es nicht.


Ursprünglich kommt das Strip Till-Verfahren aus typischen Direktsaat-Regionen. Dort sorgt es für eine deutlich intensivere Bewirtschaftung im Vergleich zum herkömmlichen No Till-System. In Mitteleuropa hingegen ist die ganzflächige, krumentiefe Lockerung das gängigste Verfahren in der Grundbodenbearbeitung – entweder mit Pflug oder Grubber.


Die Umstellung auf ein Strip Till-System bedeutet für Betriebe in Deutschland daher in aller Regel die Intensität des Bodeneingriffs zu verringern. Das kann einen geringeren Wurzelraum zur Folge haben. Anders als beim Wechsel von Direktsaat zu Strip Till sind deshalb nicht zwangsläufig Mehrerträge zu erwarten.


Welche Vorteile bietet Strip Till?


Doch auch unter mitteleuropäischen Bedingungen gibt es pflanzenbauliche Gründe, die für die Strip Till-Technik sprechen:


  • Der größte Effekt besteht darin, dass vorlaufende Zinken die Saatreihe von Ernterückständen befreien. Das vermindert die Aufgangsverluste und wirkt sich positiv auf die Jugendentwicklung der Kultur aus. Anders als in den gängigen Mulchsaatsystemen kommt es somit zu keiner frühzeitigen Konkurrenz zwischen Stroh und Saatkörnern um Wasser sowie Nährstoffe.
  • Abhängig von der Intensität der Vorarbeit verbleiben vergleichsweise viele Ernterückstände auf der Oberfläche zwischen den Streifen. Dies liegt an den schmalen (Meißel-)Scharen der Strip Till-Geräte. Weil eine Einmischung selbst bei hohen Fahrgeschwindigkeiten kaum stattfindet, schützen die verbleibenden Rückstände an der Oberfläche effektiv vor Erosion und Verdunstung.


Nicht zu unterschätzen ist zudem der Effekt auf die Bodentemperatur. In den vergangenen Hitzesommern kam die isolierende Wirkung der Ernterückstände besonders deutlich zum Tragen. Bei Temperaturen über 40 °C keimen nur noch wenige Arten. Zu ihnen gehört der Weiße Gänsefuß. Er konnte sich bei dieser Hitze in frisch bestellten Ackergras- und Rapsbeständen ungestört entwickeln, während die Kulturpflanzen nur zögerlich aufliefen. Durch die kühlende Mulchauflage behielten die Kulturpflanzen länger ihre Konkurrenzkraft und der Weiße Gäsefuß hatte es schwerer.


  • Zusätzlich ist es mit der Strip Till-Technik möglich, Dünger platziert in den Streifen abzulegen. Abhängig von der Ablagetiefe lassen sich unterschiedliche Ziele erreichen.


Eine Unterfußdüngung 5 bis 10 cm unter dem Saatkorn beschleunigt die Blattbildung in der Jugendphase. Eine Unterflurdüngung in 20 bis 25 cm Tiefe „erzieht“ die Wurzel bei richtiger Nährstoffauswahl (Ammoniumphosphate) zu zügigem Tiefenwachstum. Zudem bleiben die tief abgelegten Depots auch bei ausgetrocknetem Oberboden lange in Lösung und damit pflanzenverfügbar. Stresssituationen überstehen die Kulturen dann besser.


Idealerweise kombiniert man die Unterfuß- und Unterflurdüngung, wobei der Schwerpunkt insbesondere bei Rüben und Raps auf der tieferen Ablage liegen sollte. Wird bereits im Oberboden eine zu hohe Nährstoffmenge angeboten, verliert die Wurzel den Drang, tiefere Schichten zu erschließen.


Welche Systeme gibt es?


Damit sich die Vorteile auch einstellen, muss das Strip Till-System zur Bodenart passen. Grundsätzlich ist zwischen One-Pass-Systemen und absetzigen Verfahren zu unterscheiden.


Die One-Pass-Systeme kombinieren Bodenlockerung und Aussaat in einem Arbeitsgang und sind sicherlich das, was die meisten unter Strip Till verstehen. Die zusätzlichen Vorteile dieses Verfahrens liegen auf der Hand. Die Saat erfolgt in bearbeitungsfeuchte Böden, was vor allem bei Trockenheit den Aufgang absichert. Zudem wird der gelockerte Boden nicht mehr überfahren – das senkt die Gefahr von nachträglichen Verdichtungen durch den Drillschlepper. Die One-Pass-Maschinen haben allerdings ihre natürlichen Einsatzgrenzen. Auf Folgendes ist unbedingt zu achten:


  • Weil z.B. stark humose Böden bei Trockenheit dazu neigen, sehr „puffig“ zu werden, lässt sich mit einer einmaligen Überfahrt meist keine ausreichende Rückverfestigung erreichen. Der Streifen bleibt „überlocker“ – ein Problem für die Pflanzenwurzel, die stets einen gewissen Gegendruck an der Wurzelspitze benötigt, um weiterzuwachsen. Mittlerweile sind Hohlräume und zu lockere Böden fast genauso oft Auslöser von Wurzeldeformationen wie typische Bodenverdichtungen.


Zudem fehlt bei unzureichender Rückverfestigung der kapillare Anschluss, sodass sich der erhoffte sichere Feldaufgang nicht einstellt. Eine langsame Fahrgeschwindigkeit und schwere Packer können in gewissem Umfang Abhilfe schaffen.


  • Auf schluffigen Böden kann es bei feuchten Verhältnissen leicht zum sogenannten Blumentopfeffekt kommen. Dabei verschmiert das Schar die Wände des Schlitzes so stark, dass die Wurzel diesen vertikalen Schmierhorizont nicht durchwachsen kann. Der Wurzelraum bleibt auf den Schlitz (=Blumentopf) begrenzt. Insbesondere für Rüben ist das ein Problem, da dies die Ausdehnung des Rübenkörpers behindert.
  • Auf schweren, tonigen Böden ist auf ausreichend Feinerde zu achten, um den gezogenen Schlitz wieder vollständig zu verschließen. Entstehen dagegen Hohlräume, stören diese nicht nur das Wurzelwachstum, sondern bilden auch exzellente Rückzugsorte für Schnecken und Mäuse.


Folgen Starkniederschläge, werden im schlimmsten Fall sogar noch feine Bodenteilchen in den Schlitz gespült und akkumulieren sich an dessen Boden auf dem Bearbeitungshorizont. Trocknen diese Teilchen ein, entsteht der typische „Betonboden“ – eine undurchdringbare Barriere für die Wurzel.


Tonige Böden absetzig bearbeiten


Auf Böden, die mehr als 20% Ton oder Humusgehalte von über 5% aufweisen, sind absetzige Verfahren deshalb sicherer. Dabei zieht man zunächst den Schlitz, eventuell kombiniert mit der Düngerablage. Die Saat erfolgt mit einem gewissen zeitlichen Abstand.


Wer Sommerungen wie Rüben im Strip Till-Verfahren auf schweren Böden anbauen will, muss die Schlitze zwingend bereits im Herbst anlegen. Die Aussaat im Frühjahr folgt dann ohne oder mit minimaler Vorarbeit direkt auf die „Herbststreifen“. Genaue Positionierungstechnik (RTK) ist dabei Pflicht.


Sonderfall: Im Herbst zu Raps fehlt meist die Zeit für ein absetziges Verfahren. Durch den Einsatz sehr schmaler Schare (maximal 20 mm) kann unter günstigen Bedingungen auch eine One-Pass-Maschine auf schweren Böden gute Ergebnisse liefern.


Nicht jede Kultur profitiert von Strip Till


Wichtig zu wissen ist auch, welche Kulturen positiv auf eine Streifenbearbeitung reagieren. Generell gilt, dass Pfahlwurzler wie Rüben und Raps gut dazu passen. Aber auch bei den Büschelwurzlern sind Effekte erkennbar, die allerdings meist auf anderen Ursachen wie der platzierten Düngung beruhen und nicht direkt mit dem Strip Till-System verknüpft sind.


Getreide, Mais und Kartoffeln honorieren einen ganzflächig durchwurzelbaren Boden. Alle 30 cm einen Schlitz zu ziehen wird den Anforderungen ihres Wurzelsystems nicht gerecht. Wer dann noch zwei Getreidereihen jeweils versetzt neben einen Schlitz sät, führt das System ad absurdum. Denn in diesen Fällen gibt man auch noch den Vorteil einer von Ernterückständen geräumten Saatreihe auf. Den Reihenabstand im Getreide auf 30 cm zu erweitern ist hingegen nicht zu empfehlen, da Reihenabstand und Ertrag negativ korreliert sind.


Fazit: Strip Till-Maschinen lassen sich in Kulturen mit allorhizem Wurzelsystem (Pfahlwurzlern) erfolgreich einsetzen. Aus diesen Maschinen „Allrounder“ zu machen und auch Kulturen mit homorhizem Wurzelsystem (Büschelwurzler) damit auszusäen, ist eher betriebswirtschaftlichen Zwängen als pflanzenbaulicher Vernunft geschuldet.


matthias.broeker@topagrar.com


Unser Autor


Gerrit Hogrefe, N.U. Agrar GmbH

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